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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Härtung faßt die ganze Epoche des
deutschen Kaiserreichs bis zum Weltkrieg zu¬
sammen, die ungleichen Hälften der Bismarck-
schen Reichssicherung und der Wilhelmmi¬
schen Weltpolitik. Härtung ist ein sorgfältig
abwägender, ernsthafter und geschmackvoller
Geschichtsschreiber. Sein Standpunkt ist ein
gemäßigt machtpolitischer mit .nationaler
Wärme. Quellenstudien geben dem Buch
einen soliden Untergrund, doch kann nicht
geleugnet werden, daß die Anwendung einer
rein buchmäßigen Forschungsmethode auf
Geschichte, die doch noch vielfach lebende
Geschichte ist, häufig die Entfernung des
Historikers von der unmittelbaren Anschauung
verrät.

Conrad Bornhak, Deutsche Geschichte unter
Kaiser Wilhelm II. Leipzig und Erlangen.
1921. A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung
Dr. Werner scholl. M. 27.-, eleg. geb.
M. 35.--.

Die Geschichtsepoche von 1890 bis 1914
hat sich zumal für den Deutschen jetzt so
abgerundet und für alle, die sie unerlebter,
-inen so hervorragenden Platz in ihrer Er¬
fahrungswelt gewonnen, daß wir in nächster
Zeit zweifellos von Berufenen und Un¬
berufenen eine große Fülle geschichtlicher
Darstellungen über diese Zeit erhalten
werden. Der vorliegende Versuch des Ber¬
liner Rechtslehrers ist zwar weder die ab¬
schließende Darstellung noch das Volksbuch,
an dem sich die Jugend wird emporarbeiten
können, aber er nimmt unter den Anläufen
zu diesem Ziel einen beachtenswerten Platz
ein. In leichtem, fesselnden Plauderton
führt Bornhak nicht nur durch die Politische,
sondern auch die kulturelle, literarische und
wirtschaftliche Entwicklung. Er schildert die
Vorkriegsjahrzehnte nicht als verlorenes
Paradies, aber auch nicht mit der Herab¬
setzung, die vielfach Mode geworden ist. Es

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sind manche wertvolle Seiten in dem Buch
hervorzuheben, so z, B. die Einreihung
Bethmann Hollwegs bei Haugwitz und Man-
teuffel und die verhängnisvolle "Logik der
Schwäche" (der Ausdruck stammt von Tir-
pitz), welche die Regierungsart Bethmanns
schon vor dem Krieg charakterisierte. (Ins¬
besondere Seite 296 ff.) Auch Bülow (Seite
200 ff.) ist gut charakterisiert. Dem außen¬
politischen Urteil Bornhaks merkt man häufig
das Entferntsein von den Ereignissen an.
So ist beispielsweise seine Beurteilung der
sogenannten englischen Bündnispläne um die
Jahrhundertwende ausgesprochen naiv. (Seite
20ö ff.) Man vergleiche demgegenüber, was in
den Grenzboten (1921, Heft 14/15) von
ganz eingeweihter und beachtenswerter Seite
mitgeteilt worden ist.

Otto Hammam, Der mißverstandene Bis-
marck. Zwanzig Jahre deutscher Welt-
Politik. Verlag von Reimar Hobbing in
Berlin. 1921. Preis geb. M. 24.--.

Kernpunkt des Buches ist der versuchte
Nachweis, daß nicht die Handels-, sondern
die Kriegsslotteneifersucht Englands den
Krieg verschuldet habe. Wir halten diese
These, wie die Leser der Grenzboten wissen,
sür irrig und längst widerlegt, nicht zum
mindesten durch die Tatsachen des "Kriegs
nach dem Krieg" widerlegt. Schwer ver¬
ständlich bleibt es, wie ein deutscher Po¬
litiker es für möglich und nützlich halten
kann, heute, im Zeichen des Amel-Dumping
des Wirtschaftskrieges, eine, derartig über¬
holte These zu verfechten. Aber man hat
aus diesen wie aus den früheren Schriften
HammannS schon ein zu deutliches Bild von
der Persönlichkeit und subalternen Begabung
dieses ehemaligen Pressebeamten des Aus¬
wärtigen Amtes erhalten, um sich über
weitere, politisch schwer zu rechtfertigende
Schreibseligkeiten des Verfassers nicht mehr
zu Wundern.

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Verantwortlich Hans von Lodenstern in Berlin.
Schriftleitung und Verlag: Berlin S^V 11, Tempelhofer User 35",, Fernruf - Lützow SSW.
Verlag: K. F. Ko-Hier, Abteilung Grenzboten, Berlin.
Druck: "Der Reichsbote" G. in, S. H. in Berlin S^V 11, Dessauer Strase SS/S7

Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestört.


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Härtung faßt die ganze Epoche des
deutschen Kaiserreichs bis zum Weltkrieg zu¬
sammen, die ungleichen Hälften der Bismarck-
schen Reichssicherung und der Wilhelmmi¬
schen Weltpolitik. Härtung ist ein sorgfältig
abwägender, ernsthafter und geschmackvoller
Geschichtsschreiber. Sein Standpunkt ist ein
gemäßigt machtpolitischer mit .nationaler
Wärme. Quellenstudien geben dem Buch
einen soliden Untergrund, doch kann nicht
geleugnet werden, daß die Anwendung einer
rein buchmäßigen Forschungsmethode auf
Geschichte, die doch noch vielfach lebende
Geschichte ist, häufig die Entfernung des
Historikers von der unmittelbaren Anschauung
verrät.

Conrad Bornhak, Deutsche Geschichte unter
Kaiser Wilhelm II. Leipzig und Erlangen.
1921. A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung
Dr. Werner scholl. M. 27.-, eleg. geb.
M. 35.—.

Die Geschichtsepoche von 1890 bis 1914
hat sich zumal für den Deutschen jetzt so
abgerundet und für alle, die sie unerlebter,
-inen so hervorragenden Platz in ihrer Er¬
fahrungswelt gewonnen, daß wir in nächster
Zeit zweifellos von Berufenen und Un¬
berufenen eine große Fülle geschichtlicher
Darstellungen über diese Zeit erhalten
werden. Der vorliegende Versuch des Ber¬
liner Rechtslehrers ist zwar weder die ab¬
schließende Darstellung noch das Volksbuch,
an dem sich die Jugend wird emporarbeiten
können, aber er nimmt unter den Anläufen
zu diesem Ziel einen beachtenswerten Platz
ein. In leichtem, fesselnden Plauderton
führt Bornhak nicht nur durch die Politische,
sondern auch die kulturelle, literarische und
wirtschaftliche Entwicklung. Er schildert die
Vorkriegsjahrzehnte nicht als verlorenes
Paradies, aber auch nicht mit der Herab¬
setzung, die vielfach Mode geworden ist. Es

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sind manche wertvolle Seiten in dem Buch
hervorzuheben, so z, B. die Einreihung
Bethmann Hollwegs bei Haugwitz und Man-
teuffel und die verhängnisvolle „Logik der
Schwäche" (der Ausdruck stammt von Tir-
pitz), welche die Regierungsart Bethmanns
schon vor dem Krieg charakterisierte. (Ins¬
besondere Seite 296 ff.) Auch Bülow (Seite
200 ff.) ist gut charakterisiert. Dem außen¬
politischen Urteil Bornhaks merkt man häufig
das Entferntsein von den Ereignissen an.
So ist beispielsweise seine Beurteilung der
sogenannten englischen Bündnispläne um die
Jahrhundertwende ausgesprochen naiv. (Seite
20ö ff.) Man vergleiche demgegenüber, was in
den Grenzboten (1921, Heft 14/15) von
ganz eingeweihter und beachtenswerter Seite
mitgeteilt worden ist.

Otto Hammam, Der mißverstandene Bis-
marck. Zwanzig Jahre deutscher Welt-
Politik. Verlag von Reimar Hobbing in
Berlin. 1921. Preis geb. M. 24.—.

Kernpunkt des Buches ist der versuchte
Nachweis, daß nicht die Handels-, sondern
die Kriegsslotteneifersucht Englands den
Krieg verschuldet habe. Wir halten diese
These, wie die Leser der Grenzboten wissen,
sür irrig und längst widerlegt, nicht zum
mindesten durch die Tatsachen des „Kriegs
nach dem Krieg" widerlegt. Schwer ver¬
ständlich bleibt es, wie ein deutscher Po¬
litiker es für möglich und nützlich halten
kann, heute, im Zeichen des Amel-Dumping
des Wirtschaftskrieges, eine, derartig über¬
holte These zu verfechten. Aber man hat
aus diesen wie aus den früheren Schriften
HammannS schon ein zu deutliches Bild von
der Persönlichkeit und subalternen Begabung
dieses ehemaligen Pressebeamten des Aus¬
wärtigen Amtes erhalten, um sich über
weitere, politisch schwer zu rechtfertigende
Schreibseligkeiten des Verfassers nicht mehr
zu Wundern.

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Verantwortlich Hans von Lodenstern in Berlin.
Schriftleitung und Verlag: Berlin S^V 11, Tempelhofer User 35»,, Fernruf - Lützow SSW.
Verlag: K. F. Ko-Hier, Abteilung Grenzboten, Berlin.
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[0366] Bücherschau Härtung faßt die ganze Epoche des deutschen Kaiserreichs bis zum Weltkrieg zu¬ sammen, die ungleichen Hälften der Bismarck- schen Reichssicherung und der Wilhelmmi¬ schen Weltpolitik. Härtung ist ein sorgfältig abwägender, ernsthafter und geschmackvoller Geschichtsschreiber. Sein Standpunkt ist ein gemäßigt machtpolitischer mit .nationaler Wärme. Quellenstudien geben dem Buch einen soliden Untergrund, doch kann nicht geleugnet werden, daß die Anwendung einer rein buchmäßigen Forschungsmethode auf Geschichte, die doch noch vielfach lebende Geschichte ist, häufig die Entfernung des Historikers von der unmittelbaren Anschauung verrät. Conrad Bornhak, Deutsche Geschichte unter Kaiser Wilhelm II. Leipzig und Erlangen. 1921. A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung Dr. Werner scholl. M. 27.-, eleg. geb. M. 35.—. Die Geschichtsepoche von 1890 bis 1914 hat sich zumal für den Deutschen jetzt so abgerundet und für alle, die sie unerlebter, -inen so hervorragenden Platz in ihrer Er¬ fahrungswelt gewonnen, daß wir in nächster Zeit zweifellos von Berufenen und Un¬ berufenen eine große Fülle geschichtlicher Darstellungen über diese Zeit erhalten werden. Der vorliegende Versuch des Ber¬ liner Rechtslehrers ist zwar weder die ab¬ schließende Darstellung noch das Volksbuch, an dem sich die Jugend wird emporarbeiten können, aber er nimmt unter den Anläufen zu diesem Ziel einen beachtenswerten Platz ein. In leichtem, fesselnden Plauderton führt Bornhak nicht nur durch die Politische, sondern auch die kulturelle, literarische und wirtschaftliche Entwicklung. Er schildert die Vorkriegsjahrzehnte nicht als verlorenes Paradies, aber auch nicht mit der Herab¬ setzung, die vielfach Mode geworden ist. Es sind manche wertvolle Seiten in dem Buch hervorzuheben, so z, B. die Einreihung Bethmann Hollwegs bei Haugwitz und Man- teuffel und die verhängnisvolle „Logik der Schwäche" (der Ausdruck stammt von Tir- pitz), welche die Regierungsart Bethmanns schon vor dem Krieg charakterisierte. (Ins¬ besondere Seite 296 ff.) Auch Bülow (Seite 200 ff.) ist gut charakterisiert. Dem außen¬ politischen Urteil Bornhaks merkt man häufig das Entferntsein von den Ereignissen an. So ist beispielsweise seine Beurteilung der sogenannten englischen Bündnispläne um die Jahrhundertwende ausgesprochen naiv. (Seite 20ö ff.) Man vergleiche demgegenüber, was in den Grenzboten (1921, Heft 14/15) von ganz eingeweihter und beachtenswerter Seite mitgeteilt worden ist. Otto Hammam, Der mißverstandene Bis- marck. Zwanzig Jahre deutscher Welt- Politik. Verlag von Reimar Hobbing in Berlin. 1921. Preis geb. M. 24.—. Kernpunkt des Buches ist der versuchte Nachweis, daß nicht die Handels-, sondern die Kriegsslotteneifersucht Englands den Krieg verschuldet habe. Wir halten diese These, wie die Leser der Grenzboten wissen, sür irrig und längst widerlegt, nicht zum mindesten durch die Tatsachen des „Kriegs nach dem Krieg" widerlegt. Schwer ver¬ ständlich bleibt es, wie ein deutscher Po¬ litiker es für möglich und nützlich halten kann, heute, im Zeichen des Amel-Dumping des Wirtschaftskrieges, eine, derartig über¬ holte These zu verfechten. Aber man hat aus diesen wie aus den früheren Schriften HammannS schon ein zu deutliches Bild von der Persönlichkeit und subalternen Begabung dieses ehemaligen Pressebeamten des Aus¬ wärtigen Amtes erhalten, um sich über weitere, politisch schwer zu rechtfertigende Schreibseligkeiten des Verfassers nicht mehr zu Wundern. Verantwortlich Hans von Lodenstern in Berlin. Schriftleitung und Verlag: Berlin S^V 11, Tempelhofer User 35»,, Fernruf - Lützow SSW. Verlag: K. F. Ko-Hier, Abteilung Grenzboten, Berlin. Druck: „Der Reichsbote" G. in, S. H. in Berlin S^V 11, Dessauer Strase SS/S7 Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto. Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestört.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/366>, abgerufen am 04.07.2024.