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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Der französische Revcmchogedanke und deutsche Französelei

Waldersee gesehen. Und man sieht es auch bei der Rede des Herrn
Massabuau. Wo findet er in der französischen Presse Zustimmung?
Charles Ferry wollte gestern in der Kammer gegen die "gehässige Ver¬
leumdung" protestieren, daß sein Bruder Jules ein Einvernehmen mit
Deutschland erstrebt habe, und dieser Protest wurde überflüssig, da der
tapfere Herr Massabuau ... alle seine Ausführungen über die Beziehungen
zwischen Deutschland und Frankreich aus dem Bericht über seine Rede
gestrichen hatte... Diese Rede war nicht das Ergebnis einer veränderten
Stimmung der Franzosen, sondern eines überreichen Frühstücks."

Die bisher wiedergegebenen, bis ins Jahr 1901 zurückreichenden Urteile
ver "Voss. Ztg." führen auch die Feldmannsche Behauptung, daß es die Politik
Deutschlands war, die, besonders seit der Marokkoaffüre von 1905, einen
Umschwung in der französischen Friedensbewegung bewirkte, gründlich aä absuräum.
Es sei aber noch für eine hervorragende einzelne Persönlichkeit Frankreichs,
nämlich für den bisherigen Präsidenten der Republik Deschanel, aus Ur. 544
der "Voss. Ztg." vom 20. November 1903 der Beweis geliefert, wie vollständig
das aggressive Verhalten auf französischer Seite lag. Am bezeichneten Orte
schreibt der Pariser Mitarbeiter im Bericht über die Verhandlungen der Kammer:


"Deschcmels Liebäugeln mit den Nationalisten ... nimmt jetzt statt
der früheren Hurraphrasen auf den Militarismus die Form feind¬
seliger Äußerungen gegen Deutschland an. Diese Angriffe ziehen
sich wie ein roter Faden durch die ... Rede und bilden das einzige
Bemerkenswerte an ihr."

Um aber die Bloßstellung, in welche die "Voss. Ztg." durch die vorbehalt¬
lose Übernahme des Ergebnisses Feldmcmnscher "Sammeltätigkeit" geraten ist,
vollständig zu gestalten, will es das Unglück, daß die "Voss. Ztg." vom
12. November 1904 (Ur. 533) in ihrem Leitaufsatz "Auswärtige Politik" sogar
die Annäherungsrede des Abgeordneten James als "zweideutig, mehr als
zweideutig" mit folgender Begründung zurückgewiesen hat: "Er besteht darauf,
daß ,das vor 34 Jahren durch die Gewalt gebrochene Recht wiederhergestellt
werde/ Will sagen, Deutschland soll Elsaß-Lothringen an Frankreich zurückgeben...
Es hieße der Ehre der deutschen Nation etwas vergeben, wollte man sich lang
und breit bemühen, den Nachweis zu führen, daß die Anschuldigungen des Herrn
Jaurds ebenso unberechtigt sind wie seine Forderungen."


IV. Halt-, Würde- und Sinnlosigkeit der Französelei.

Die verspätete Mohrenwäsche, die jetzt in der "Voss. Ztg." an der
französischen Revanchepolitik vorgenommen wurde, bedeutet also vom Standpunkte
der "Voss. Ztg." selbst eine Vergewaltigung der wirklichen Begeben¬
heiten. Nicht unerwähnt kann hierbei der Umstand bleiben, daß die der
Vergangenheit angehörigen Urteile der "Voss. Ztg.", mit Ausnahme zweier
über die Revanchereden Andre's und Pelletans, von demselben Redakteur ver¬
antwortet wurden, der nun Feldmann gestattet hat, die französische Revanche¬
politik auf Kosten Deutschlands zu entlasten! Diese grundlose Anklage Deutsch¬
lands steht in engster Verbindung mit dem von der "Voss. Ztg." gleich¬
falls ohne Borbehalt aufgenommenen Beeinflussungsversuch eines Franzosen, der


Grenzboten I 1921 ?
Der französische Revcmchogedanke und deutsche Französelei

Waldersee gesehen. Und man sieht es auch bei der Rede des Herrn
Massabuau. Wo findet er in der französischen Presse Zustimmung?
Charles Ferry wollte gestern in der Kammer gegen die „gehässige Ver¬
leumdung" protestieren, daß sein Bruder Jules ein Einvernehmen mit
Deutschland erstrebt habe, und dieser Protest wurde überflüssig, da der
tapfere Herr Massabuau ... alle seine Ausführungen über die Beziehungen
zwischen Deutschland und Frankreich aus dem Bericht über seine Rede
gestrichen hatte... Diese Rede war nicht das Ergebnis einer veränderten
Stimmung der Franzosen, sondern eines überreichen Frühstücks."

Die bisher wiedergegebenen, bis ins Jahr 1901 zurückreichenden Urteile
ver „Voss. Ztg." führen auch die Feldmannsche Behauptung, daß es die Politik
Deutschlands war, die, besonders seit der Marokkoaffüre von 1905, einen
Umschwung in der französischen Friedensbewegung bewirkte, gründlich aä absuräum.
Es sei aber noch für eine hervorragende einzelne Persönlichkeit Frankreichs,
nämlich für den bisherigen Präsidenten der Republik Deschanel, aus Ur. 544
der „Voss. Ztg." vom 20. November 1903 der Beweis geliefert, wie vollständig
das aggressive Verhalten auf französischer Seite lag. Am bezeichneten Orte
schreibt der Pariser Mitarbeiter im Bericht über die Verhandlungen der Kammer:


„Deschcmels Liebäugeln mit den Nationalisten ... nimmt jetzt statt
der früheren Hurraphrasen auf den Militarismus die Form feind¬
seliger Äußerungen gegen Deutschland an. Diese Angriffe ziehen
sich wie ein roter Faden durch die ... Rede und bilden das einzige
Bemerkenswerte an ihr."

Um aber die Bloßstellung, in welche die „Voss. Ztg." durch die vorbehalt¬
lose Übernahme des Ergebnisses Feldmcmnscher „Sammeltätigkeit" geraten ist,
vollständig zu gestalten, will es das Unglück, daß die „Voss. Ztg." vom
12. November 1904 (Ur. 533) in ihrem Leitaufsatz „Auswärtige Politik" sogar
die Annäherungsrede des Abgeordneten James als „zweideutig, mehr als
zweideutig" mit folgender Begründung zurückgewiesen hat: „Er besteht darauf,
daß ,das vor 34 Jahren durch die Gewalt gebrochene Recht wiederhergestellt
werde/ Will sagen, Deutschland soll Elsaß-Lothringen an Frankreich zurückgeben...
Es hieße der Ehre der deutschen Nation etwas vergeben, wollte man sich lang
und breit bemühen, den Nachweis zu führen, daß die Anschuldigungen des Herrn
Jaurds ebenso unberechtigt sind wie seine Forderungen."


IV. Halt-, Würde- und Sinnlosigkeit der Französelei.

Die verspätete Mohrenwäsche, die jetzt in der „Voss. Ztg." an der
französischen Revanchepolitik vorgenommen wurde, bedeutet also vom Standpunkte
der „Voss. Ztg." selbst eine Vergewaltigung der wirklichen Begeben¬
heiten. Nicht unerwähnt kann hierbei der Umstand bleiben, daß die der
Vergangenheit angehörigen Urteile der „Voss. Ztg.", mit Ausnahme zweier
über die Revanchereden Andre's und Pelletans, von demselben Redakteur ver¬
antwortet wurden, der nun Feldmann gestattet hat, die französische Revanche¬
politik auf Kosten Deutschlands zu entlasten! Diese grundlose Anklage Deutsch¬
lands steht in engster Verbindung mit dem von der „Voss. Ztg." gleich¬
falls ohne Borbehalt aufgenommenen Beeinflussungsversuch eines Franzosen, der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/111>, abgerufen am 27.12.2024.