Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.Weltspiegel kühne Bilder des Grauens, die eine erschütternde Sprache reden. Strobl meistert Damit sei der Neigen beendet. Es gibt einen deutschen Ro.mein, einen ge¬ ZVeltspiegel Athen und London. Über die tieferen Ursachen des Regierungswechsels Weltspiegel kühne Bilder des Grauens, die eine erschütternde Sprache reden. Strobl meistert Damit sei der Neigen beendet. Es gibt einen deutschen Ro.mein, einen ge¬ ZVeltspiegel Athen und London. Über die tieferen Ursachen des Regierungswechsels <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0311" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338334"/> <fw type="header" place="top"> Weltspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1130" prev="#ID_1129"> kühne Bilder des Grauens, die eine erschütternde Sprache reden. Strobl meistert<lb/> das alles mit einer virtuosen Geschicklichkeit, bleibt aber stets über seinem Stoffe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1131"> Damit sei der Neigen beendet. Es gibt einen deutschen Ro.mein, einen ge¬<lb/> sunden und dabei doch künstlerisch hochstehenden, einen Roman, der die Kräfte auf¬<lb/> zeigt, die im deutschen Volke an der Arbeit sind, von innen aus einen Genesungs¬<lb/> prozeß durchzuführen. Man verschone uns nur mit dem lauten Getriebe einer<lb/> Klique, die sich einbildet, den modernen Roman, die Kunst überhaupt, für sich allein<lb/> gepachtet zu haben, und deren ganzes Schaffen nichts anderes ist, als eine atemlose<lb/> Hetze hinter Sensationen, ein lüsternes Spiel auf den Saiten der Sexualität. Eine<lb/> derartige Bereicherung unseres deutschen Schrifttums aber sei dankend und energisch<lb/> abgelehnt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> ZVeltspiegel</head><lb/> <p xml:id="ID_1132" next="#ID_1133"> Athen und London. Über die tieferen Ursachen des Regierungswechsels<lb/> in Griechenland sind noch keine authentischen Nachrichten zu bekommen und die¬<lb/> jenigen griechischen Persönlichkeiten, die sie liefern könnten, tun dies schon deshalb<lb/> nicht, weil es noch nicht einmal feststeht, ob der Wechsel des Regimes auch<lb/> einen wirklichen Umschwung der griechischen Außenpolitik bedeutet. Die aufge¬<lb/> tauchten Nachrichten über Truppeimieutereicn in Kleinasien wird man vorderhand<lb/> mit äußerstem Mißtrauen auszunehmen haben und anscheine« d geht in den leitenden<lb/> Kreisen Athens eine starke Strömung darauf aus, zwar, schon im Interesse<lb/> nationaler Selbständigkeit, König Konstantin zurückzurufen, aber die Errungen¬<lb/> schaften des Krieges nicht fahren zu lassen. Im ««runde wäre damit nur der<lb/> letzte Schritt zur Krönung der venizelistischen Politik getan: Griechenland zur nicht<lb/> nur großen, sondern auch selbständigen Mittelmeermacht werden zu lassen. Dadurch<lb/> würde vor allem Italien einen auf die Dauer recht gefährlichen Rivalen bekommen,<lb/> besonders wenn die Griechen, soweit es tunlich wäre, auf eine sehr kostspielige<lb/> gewaltsame Befestigung ihres so rasch angewachsenen Machtbereichs verzichteten und<lb/> die dabei ersparten Mittel anderweitig nutzbar machen würden. Eine Internatio-<lb/> nalisierung Smyruas z. B. würde Griechenland, abgesehen von ideellen Gesichts¬<lb/> punkten wesentliche Nachteile kaum bringen, und auch bezüglich Thraziens könnte es<lb/> ihnen genügen, wenn es in irgendeiner Form Bulgarien entzogen bliebe. Natürlich<lb/> sind die Italiener viel zu klug, sich irgendein Mißbehagen anmerken zu lassen; sie<lb/> wissen sehr wohl, daß eine innere und äußere Konsolidierung Griechenlands, solange<lb/> das entwaffnete Bulgarien zwar in Fragen des Zugangs zum Ägäischen Meer<lb/> «u Griechenland in starkem, durch Frankreich heimlich verstärktem Gegensatz steht,<lb/> jedoch als Machtfaktor auf dem Balkan augenblicklich selbständige Bedeutung kaun,<lb/> besitzt, die Sttdslawen trotz aller inneren, namentlich auch infolge des Wahl¬<lb/> ausfalles von Kroatien ausgehenden Hemmungen ihrem Einfluß zugänglich machen<lb/> und zu weiterem Ausbau der im Vertrag von Rapallo vorgesehenen italienisch¬<lb/> südslawischen Annäherung treiben muß, und es ist möglich, daß man in Italien schon<lb/> jetzt für den Balkan eine ähnliche Politik ins Auge faßt, wie sie England Deutschland '<lb/> und Frankreich gegenüber verfolgt: bei scheinbarem Desinteressement und unter dein<lb/> Gesichtspunkt der Erhaltung des Friedens einen Gegner gegen den anderen aus¬<lb/> zuspielen. Es darf nicht übersehen werden, daß diese Politik einstweilen durch die<lb/> Bestrebungen Frankreichs, Bulgaren und Südslawen in der mazedonischen Frage ein¬<lb/> ander anzunähern, absichtlich oder unabsichtlich Unterstützung erhält. Auch in der<lb/> türkischen Frage ist eine Annäherung Frankreichs an Italien zu verzeichnen, nicht<lb/> umsonst wird auf der Durchreise nach London Graf Sforza bei Millerand Station</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0311]
Weltspiegel
kühne Bilder des Grauens, die eine erschütternde Sprache reden. Strobl meistert
das alles mit einer virtuosen Geschicklichkeit, bleibt aber stets über seinem Stoffe.
Damit sei der Neigen beendet. Es gibt einen deutschen Ro.mein, einen ge¬
sunden und dabei doch künstlerisch hochstehenden, einen Roman, der die Kräfte auf¬
zeigt, die im deutschen Volke an der Arbeit sind, von innen aus einen Genesungs¬
prozeß durchzuführen. Man verschone uns nur mit dem lauten Getriebe einer
Klique, die sich einbildet, den modernen Roman, die Kunst überhaupt, für sich allein
gepachtet zu haben, und deren ganzes Schaffen nichts anderes ist, als eine atemlose
Hetze hinter Sensationen, ein lüsternes Spiel auf den Saiten der Sexualität. Eine
derartige Bereicherung unseres deutschen Schrifttums aber sei dankend und energisch
abgelehnt.
ZVeltspiegel
Athen und London. Über die tieferen Ursachen des Regierungswechsels
in Griechenland sind noch keine authentischen Nachrichten zu bekommen und die¬
jenigen griechischen Persönlichkeiten, die sie liefern könnten, tun dies schon deshalb
nicht, weil es noch nicht einmal feststeht, ob der Wechsel des Regimes auch
einen wirklichen Umschwung der griechischen Außenpolitik bedeutet. Die aufge¬
tauchten Nachrichten über Truppeimieutereicn in Kleinasien wird man vorderhand
mit äußerstem Mißtrauen auszunehmen haben und anscheine« d geht in den leitenden
Kreisen Athens eine starke Strömung darauf aus, zwar, schon im Interesse
nationaler Selbständigkeit, König Konstantin zurückzurufen, aber die Errungen¬
schaften des Krieges nicht fahren zu lassen. Im ««runde wäre damit nur der
letzte Schritt zur Krönung der venizelistischen Politik getan: Griechenland zur nicht
nur großen, sondern auch selbständigen Mittelmeermacht werden zu lassen. Dadurch
würde vor allem Italien einen auf die Dauer recht gefährlichen Rivalen bekommen,
besonders wenn die Griechen, soweit es tunlich wäre, auf eine sehr kostspielige
gewaltsame Befestigung ihres so rasch angewachsenen Machtbereichs verzichteten und
die dabei ersparten Mittel anderweitig nutzbar machen würden. Eine Internatio-
nalisierung Smyruas z. B. würde Griechenland, abgesehen von ideellen Gesichts¬
punkten wesentliche Nachteile kaum bringen, und auch bezüglich Thraziens könnte es
ihnen genügen, wenn es in irgendeiner Form Bulgarien entzogen bliebe. Natürlich
sind die Italiener viel zu klug, sich irgendein Mißbehagen anmerken zu lassen; sie
wissen sehr wohl, daß eine innere und äußere Konsolidierung Griechenlands, solange
das entwaffnete Bulgarien zwar in Fragen des Zugangs zum Ägäischen Meer
«u Griechenland in starkem, durch Frankreich heimlich verstärktem Gegensatz steht,
jedoch als Machtfaktor auf dem Balkan augenblicklich selbständige Bedeutung kaun,
besitzt, die Sttdslawen trotz aller inneren, namentlich auch infolge des Wahl¬
ausfalles von Kroatien ausgehenden Hemmungen ihrem Einfluß zugänglich machen
und zu weiterem Ausbau der im Vertrag von Rapallo vorgesehenen italienisch¬
südslawischen Annäherung treiben muß, und es ist möglich, daß man in Italien schon
jetzt für den Balkan eine ähnliche Politik ins Auge faßt, wie sie England Deutschland '
und Frankreich gegenüber verfolgt: bei scheinbarem Desinteressement und unter dein
Gesichtspunkt der Erhaltung des Friedens einen Gegner gegen den anderen aus¬
zuspielen. Es darf nicht übersehen werden, daß diese Politik einstweilen durch die
Bestrebungen Frankreichs, Bulgaren und Südslawen in der mazedonischen Frage ein¬
ander anzunähern, absichtlich oder unabsichtlich Unterstützung erhält. Auch in der
türkischen Frage ist eine Annäherung Frankreichs an Italien zu verzeichnen, nicht
umsonst wird auf der Durchreise nach London Graf Sforza bei Millerand Station
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