Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.Das Rappsche Abenteuer Hauptstadt. Aus der Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung trotz dem General¬ Einen äußeren Fehler beging der Admiral, indem er in seinem Befehl Als Admiral von Trotha um 4 Uhr nachmittags zu Kapp ging, war Ich hatte mich indessen meinerseits bemüht, in der Eile Politiker und IV. Am Sonntag, den 14. März, begann sich das Bild der Lage im Reiche Das Rappsche Abenteuer Hauptstadt. Aus der Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung trotz dem General¬ Einen äußeren Fehler beging der Admiral, indem er in seinem Befehl Als Admiral von Trotha um 4 Uhr nachmittags zu Kapp ging, war Ich hatte mich indessen meinerseits bemüht, in der Eile Politiker und IV. Am Sonntag, den 14. März, begann sich das Bild der Lage im Reiche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0346" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337191"/> <fw type="header" place="top"> Das Rappsche Abenteuer</fw><lb/> <p xml:id="ID_2382" prev="#ID_2381"> Hauptstadt. Aus der Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung trotz dem General¬<lb/> streik aufrecht zu erhalten, aus dem Wunsch seine Untergebenen zu decken, und<lb/> aus dem Befehl der mit unbekanntem Ausenthalt geflüchteten Negierung, es solle<lb/> kein Widerstand geleistet werden, schloß Trotha das Notrecht, ja die Pflicht,<lb/> mit der einzigen derzeit anwesenden Regierungsgewalt äußerlich im Einver¬<lb/> nehmen zu handeln. Auf dem Zusammenhalt des militärischen Organismus<lb/> beruhte jetzt in der ungeheuren Verwirrung einzig die Sicherheit, ja die Existenz<lb/> der Nation. Für solche Lagen war der formale Eid der alten Regierung<lb/> gegenüber nicht gedacht. Es mußte auf den eigenen Kopf hin gehandelt werden.<lb/> Indem Admiral von Trotha die Leitung der Marine behielt, erwarb er sich<lb/> das Verdienst, ein unabsehbares Chaos zu verhüten. Seine Stellung gegen<lb/> die Gruppe Kapps aber faßte er dahin auf, seinen ganzen Einfluß dafür ein¬<lb/> zusetzen, sie rasch zur Vernunft und zum Einlenken zu bringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2383"> Einen äußeren Fehler beging der Admiral, indem er in seinem Befehl<lb/> vom 13. März erklärte: „Ich habe mich mit der Marine der neuen Re¬<lb/> gierung zur Verfügung gestellt und erwarte, daß die Marine, wie bisher, ge¬<lb/> schlossen meinen Befehlen folgt." Es hätte genügt, und seiner eigenen Meinung<lb/> besser entsprochen, wenn er ohne Beziehung ans die neue Negierung einfach<lb/> erklärt hätte, seinen Dienst weiter zu versehen. Indes hatte sich ihm aus dem<lb/> November 1918 das berühmte „Sich zur Verfügung stellen" auch einer inner¬<lb/> lich nicht anerkannten, aber tatsächlich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen<lb/> Ordnung maßgebenden revolutionären Regierungsgewalt gegenüber in Erinne¬<lb/> rung gehalten. Der Soldat glaubt sich außerdem verpflichtet, in jeder Lage<lb/> klar zu sprechen. Wer die Betätigung des Admirals vor und nach Ausbruch<lb/> des Putsches kennt, ist sich nicht im Zweifel darüber, daß seine Ehre trotz der<lb/> ungeschickten Formulierung dieses Befehles intakt geblieben ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_2384"> Als Admiral von Trotha um 4 Uhr nachmittags zu Kapp ging, war<lb/> der Gedanke einer „Kammer der Arbeit" schon am frühen Nachmittag durch<lb/> gewichtige Kreise der Wirtschaft an Kapp herangebracht worden. Über die<lb/> Möglichkeit, Kapp und Genossen von der Notwendigkeit ihres raschen Abtretens<lb/> zu überzeugen, sprach sich der Admiral, nachdem er einen offenbar nicht günstigen<lb/> persönlichen Eindruck von den Verschwörern erhalten hatte, pessimistisch aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_2385"> Ich hatte mich indessen meinerseits bemüht, in der Eile Politiker und<lb/> Beamte verschiedener Richtungen zu einer Aktion in dem obenerwähnten Sinne<lb/> zusammenzubringen. Bei den verschiedenen Aussprachen war nur eine Stimme<lb/> über die Aussichtslosigkeit und Schädlichkeit des Kappschen Unternehmens, ohne<lb/> daß sich freilich die Persönlichkeit fand, welche sich einen genügenden Einfluß<lb/> auf die Dinge zugetraut hätte.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> IV.</head><lb/> <p xml:id="ID_2386"> Am Sonntag, den 14. März, begann sich das Bild der Lage im Reiche<lb/> zu entschleiern. Es war nicht günstig für Kapp. Nur ein völlig einiges Zu¬<lb/> sammenwirken der gesamten Militärmacht hätte den Verschwörern wenigstes<lb/> einen guten Rückzug — mehr freilich auch nicht — verschaffen können.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0346]
Das Rappsche Abenteuer
Hauptstadt. Aus der Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung trotz dem General¬
streik aufrecht zu erhalten, aus dem Wunsch seine Untergebenen zu decken, und
aus dem Befehl der mit unbekanntem Ausenthalt geflüchteten Negierung, es solle
kein Widerstand geleistet werden, schloß Trotha das Notrecht, ja die Pflicht,
mit der einzigen derzeit anwesenden Regierungsgewalt äußerlich im Einver¬
nehmen zu handeln. Auf dem Zusammenhalt des militärischen Organismus
beruhte jetzt in der ungeheuren Verwirrung einzig die Sicherheit, ja die Existenz
der Nation. Für solche Lagen war der formale Eid der alten Regierung
gegenüber nicht gedacht. Es mußte auf den eigenen Kopf hin gehandelt werden.
Indem Admiral von Trotha die Leitung der Marine behielt, erwarb er sich
das Verdienst, ein unabsehbares Chaos zu verhüten. Seine Stellung gegen
die Gruppe Kapps aber faßte er dahin auf, seinen ganzen Einfluß dafür ein¬
zusetzen, sie rasch zur Vernunft und zum Einlenken zu bringen.
Einen äußeren Fehler beging der Admiral, indem er in seinem Befehl
vom 13. März erklärte: „Ich habe mich mit der Marine der neuen Re¬
gierung zur Verfügung gestellt und erwarte, daß die Marine, wie bisher, ge¬
schlossen meinen Befehlen folgt." Es hätte genügt, und seiner eigenen Meinung
besser entsprochen, wenn er ohne Beziehung ans die neue Negierung einfach
erklärt hätte, seinen Dienst weiter zu versehen. Indes hatte sich ihm aus dem
November 1918 das berühmte „Sich zur Verfügung stellen" auch einer inner¬
lich nicht anerkannten, aber tatsächlich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung maßgebenden revolutionären Regierungsgewalt gegenüber in Erinne¬
rung gehalten. Der Soldat glaubt sich außerdem verpflichtet, in jeder Lage
klar zu sprechen. Wer die Betätigung des Admirals vor und nach Ausbruch
des Putsches kennt, ist sich nicht im Zweifel darüber, daß seine Ehre trotz der
ungeschickten Formulierung dieses Befehles intakt geblieben ist.
Als Admiral von Trotha um 4 Uhr nachmittags zu Kapp ging, war
der Gedanke einer „Kammer der Arbeit" schon am frühen Nachmittag durch
gewichtige Kreise der Wirtschaft an Kapp herangebracht worden. Über die
Möglichkeit, Kapp und Genossen von der Notwendigkeit ihres raschen Abtretens
zu überzeugen, sprach sich der Admiral, nachdem er einen offenbar nicht günstigen
persönlichen Eindruck von den Verschwörern erhalten hatte, pessimistisch aus.
Ich hatte mich indessen meinerseits bemüht, in der Eile Politiker und
Beamte verschiedener Richtungen zu einer Aktion in dem obenerwähnten Sinne
zusammenzubringen. Bei den verschiedenen Aussprachen war nur eine Stimme
über die Aussichtslosigkeit und Schädlichkeit des Kappschen Unternehmens, ohne
daß sich freilich die Persönlichkeit fand, welche sich einen genügenden Einfluß
auf die Dinge zugetraut hätte.
IV.
Am Sonntag, den 14. März, begann sich das Bild der Lage im Reiche
zu entschleiern. Es war nicht günstig für Kapp. Nur ein völlig einiges Zu¬
sammenwirken der gesamten Militärmacht hätte den Verschwörern wenigstes
einen guten Rückzug — mehr freilich auch nicht — verschaffen können.
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