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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

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daran, die Lösung des Problems in Angriff zu
nehmen. Die Volksratsbewegung schuf
die Voraussetzung für alle weitere Arbeit:
den einheitlichen organisatorischen Zu¬
sammenschluß der Deutschen als Deutschtum.
Wohl ist es nicht restlos gelungen, diese or¬
ganisatorische Aufgabe im Rahmen der
Volksratsbewegung zu lösen. Zu stark er¬
wies sich deutscher Parteigeist und deutsche
Eigenbrödclei selbst in der Stunde der Not.
Aber nur der VolkSrntsbewegung ist es zu
danken, daß die Aufgabe gesehen Wurde und
daß sie jetzt auch von den Kreisen zu lösen
versucht wird, die der Volksratsbewegung
ferner stehen.

Nur wer die Politische Lage des Deutsch¬
tums in Posen und Westpreußen vor dem
November 1Se3 kennt, kann die gewaltige
Leistung ermessen, die von der Volksrats¬
bewegung vorangebracht wurde. In der
"Vereinigung des deutschen Volkstums in
Polen", in der sich in weiterer Entwicklung
der Volksratsbewegung die Deutschen in
Polen ihre einheitliche Vertretung geschaffen
haben, ist bereits der größte Teil der Auf¬
gabe geleistet, die darin besteht, das
Deutschtum in Polen zu einer lebendigen,
in sich geschlossenen völkischen Einheit zu
machen.

So paradox es klingt: für das Gssamt-
deutschtum liegt in dieser Entwicklung eine
gewisse Gefahr. Das Naturwidrige der
Friedensbedingungen, die die Abtretung des
Gebietes im Osten an die Polen betreffen,
zeigt sich ja darin, daß die organische Ein¬
heit des gesamten deutschen Volkslebens
willkürlich zerrissen Wird. Viel stärker als
die Gemeinsamkeiten des gleichen Landes
waren ja die Gemeinsamkeiten in Beruf,
Klasse, Weltanschauung und Partei, die
zwischen Teilen der Deutschen im Osten
und Teilen der Deutschen im übrigen Reich
bestanden. Die Aufrichtung der politischen
Grenzen zwingt dazu, diese Gemeinsamkeiten
zu zerreißen und die Gemeinsamkeit des
Volkstums der örtlichen Heimat voranzu¬
stellen.

Wer aber den Glauben an die Zukunft
eines einheitlichen Deutschtums über alle
staatlichen Grenzen hinweg bewahrt, der
muß schon jetzt der Gefahr entgegenarbeiten,

[Spaltenumbruch]

daß die Entwicklung, die zum Zusammen¬
schluß der abgesprengten Volksteile in sich
führt, über das Ziel hinausschießt.

Den Schaden von einer solchen Ent¬
wicklung würde das gesamte Deutschtum und
jeder für sich, das Deutschtum im Mutter¬
lands und das Deutschtum in der Diaspora,
tragen. Nur wenn der Strom völkischer
Zusammengehörigkeit trotz der Politischen
Trennung über die Grenzen hinwegflaten
lau", wird das Deutschtum in der Diaspora
die Gefahr überwinden, steril zu werden
und im Kleinkampfe um die wirtschaft¬
liche Existenz zu verkümmern.

Es muß gelingen, diese Gedanken bei
beiden Teilen schon heute lebendig zu
machen. Fühlen die Deutschen in Polen,
daß ihre Not im Mutterlande mitgetragen
wird, dann wird die Arbeit, die sie für ihr
Volkstum leisten, nicht auf Abwege führen,
sondern dem gesamten Deutschtum Frucht
tragen. Die "Vereinigung des deutschen
Volkstums in Polen" wendet sich an die
Deutschen im Mutterlande mit der Bitte um
Hilfe. Wird diese Bitte erhört, dann ist
damit mehr erreicht, als eine bloß augen¬
blickliche Unterstützung für die Ausgaben der
nächsten Zukunft, bann ist damit erreicht,
daß alle Verbitterung des vergangenen
Jahres von dem dankbaren Gefühl, gemein¬
same Not gemeinsam tragen zu dürfen fort¬
,
M. N?. geschwemmt wird.

England und der baltische Handel.

Als Maßnahme gegen den Bolschewismus
wird von englischer Seile ein großzügig
geplantes englisch baltisches Abkommen be¬
zeichnet, welches, sollte es zustande kommen,
die völlige wirtschaftliche und politische Ab¬
hängigkeit der baltischen Staat n von Eng¬
land nach sich ziehen und weiter dem Handel
mit Groß-Nußland zugunsten Englands
die Wege ebnen würde. Im Handelsteil
der "Vossischsn Zeitung" vom 27. Januar
1920 wird der englische wirtschaftliche Vor¬
stoß auf die baltischen Länder in einem
Aufsatze "Das englische Baltikum" näher
geschildert. Das Ziel ist nach dem Ver¬
fasser des genannten Artikels etwa folgendes:

"Eine englische Bautengruppe" will
mit weitgehendster Unterstützung der englischen

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Drinnen und draußen

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daran, die Lösung des Problems in Angriff zu
nehmen. Die Volksratsbewegung schuf
die Voraussetzung für alle weitere Arbeit:
den einheitlichen organisatorischen Zu¬
sammenschluß der Deutschen als Deutschtum.
Wohl ist es nicht restlos gelungen, diese or¬
ganisatorische Aufgabe im Rahmen der
Volksratsbewegung zu lösen. Zu stark er¬
wies sich deutscher Parteigeist und deutsche
Eigenbrödclei selbst in der Stunde der Not.
Aber nur der VolkSrntsbewegung ist es zu
danken, daß die Aufgabe gesehen Wurde und
daß sie jetzt auch von den Kreisen zu lösen
versucht wird, die der Volksratsbewegung
ferner stehen.

Nur wer die Politische Lage des Deutsch¬
tums in Posen und Westpreußen vor dem
November 1Se3 kennt, kann die gewaltige
Leistung ermessen, die von der Volksrats¬
bewegung vorangebracht wurde. In der
„Vereinigung des deutschen Volkstums in
Polen", in der sich in weiterer Entwicklung
der Volksratsbewegung die Deutschen in
Polen ihre einheitliche Vertretung geschaffen
haben, ist bereits der größte Teil der Auf¬
gabe geleistet, die darin besteht, das
Deutschtum in Polen zu einer lebendigen,
in sich geschlossenen völkischen Einheit zu
machen.

So paradox es klingt: für das Gssamt-
deutschtum liegt in dieser Entwicklung eine
gewisse Gefahr. Das Naturwidrige der
Friedensbedingungen, die die Abtretung des
Gebietes im Osten an die Polen betreffen,
zeigt sich ja darin, daß die organische Ein¬
heit des gesamten deutschen Volkslebens
willkürlich zerrissen Wird. Viel stärker als
die Gemeinsamkeiten des gleichen Landes
waren ja die Gemeinsamkeiten in Beruf,
Klasse, Weltanschauung und Partei, die
zwischen Teilen der Deutschen im Osten
und Teilen der Deutschen im übrigen Reich
bestanden. Die Aufrichtung der politischen
Grenzen zwingt dazu, diese Gemeinsamkeiten
zu zerreißen und die Gemeinsamkeit des
Volkstums der örtlichen Heimat voranzu¬
stellen.

Wer aber den Glauben an die Zukunft
eines einheitlichen Deutschtums über alle
staatlichen Grenzen hinweg bewahrt, der
muß schon jetzt der Gefahr entgegenarbeiten,

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daß die Entwicklung, die zum Zusammen¬
schluß der abgesprengten Volksteile in sich
führt, über das Ziel hinausschießt.

Den Schaden von einer solchen Ent¬
wicklung würde das gesamte Deutschtum und
jeder für sich, das Deutschtum im Mutter¬
lands und das Deutschtum in der Diaspora,
tragen. Nur wenn der Strom völkischer
Zusammengehörigkeit trotz der Politischen
Trennung über die Grenzen hinwegflaten
lau», wird das Deutschtum in der Diaspora
die Gefahr überwinden, steril zu werden
und im Kleinkampfe um die wirtschaft¬
liche Existenz zu verkümmern.

Es muß gelingen, diese Gedanken bei
beiden Teilen schon heute lebendig zu
machen. Fühlen die Deutschen in Polen,
daß ihre Not im Mutterlande mitgetragen
wird, dann wird die Arbeit, die sie für ihr
Volkstum leisten, nicht auf Abwege führen,
sondern dem gesamten Deutschtum Frucht
tragen. Die „Vereinigung des deutschen
Volkstums in Polen" wendet sich an die
Deutschen im Mutterlande mit der Bitte um
Hilfe. Wird diese Bitte erhört, dann ist
damit mehr erreicht, als eine bloß augen¬
blickliche Unterstützung für die Ausgaben der
nächsten Zukunft, bann ist damit erreicht,
daß alle Verbitterung des vergangenen
Jahres von dem dankbaren Gefühl, gemein¬
same Not gemeinsam tragen zu dürfen fort¬
,
M. N?. geschwemmt wird.

England und der baltische Handel.

Als Maßnahme gegen den Bolschewismus
wird von englischer Seile ein großzügig
geplantes englisch baltisches Abkommen be¬
zeichnet, welches, sollte es zustande kommen,
die völlige wirtschaftliche und politische Ab¬
hängigkeit der baltischen Staat n von Eng¬
land nach sich ziehen und weiter dem Handel
mit Groß-Nußland zugunsten Englands
die Wege ebnen würde. Im Handelsteil
der „Vossischsn Zeitung" vom 27. Januar
1920 wird der englische wirtschaftliche Vor¬
stoß auf die baltischen Länder in einem
Aufsatze „Das englische Baltikum" näher
geschildert. Das Ziel ist nach dem Ver¬
fasser des genannten Artikels etwa folgendes:

„Eine englische Bautengruppe" will
mit weitgehendster Unterstützung der englischen

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[0194] Drinnen und draußen daran, die Lösung des Problems in Angriff zu nehmen. Die Volksratsbewegung schuf die Voraussetzung für alle weitere Arbeit: den einheitlichen organisatorischen Zu¬ sammenschluß der Deutschen als Deutschtum. Wohl ist es nicht restlos gelungen, diese or¬ ganisatorische Aufgabe im Rahmen der Volksratsbewegung zu lösen. Zu stark er¬ wies sich deutscher Parteigeist und deutsche Eigenbrödclei selbst in der Stunde der Not. Aber nur der VolkSrntsbewegung ist es zu danken, daß die Aufgabe gesehen Wurde und daß sie jetzt auch von den Kreisen zu lösen versucht wird, die der Volksratsbewegung ferner stehen. Nur wer die Politische Lage des Deutsch¬ tums in Posen und Westpreußen vor dem November 1Se3 kennt, kann die gewaltige Leistung ermessen, die von der Volksrats¬ bewegung vorangebracht wurde. In der „Vereinigung des deutschen Volkstums in Polen", in der sich in weiterer Entwicklung der Volksratsbewegung die Deutschen in Polen ihre einheitliche Vertretung geschaffen haben, ist bereits der größte Teil der Auf¬ gabe geleistet, die darin besteht, das Deutschtum in Polen zu einer lebendigen, in sich geschlossenen völkischen Einheit zu machen. So paradox es klingt: für das Gssamt- deutschtum liegt in dieser Entwicklung eine gewisse Gefahr. Das Naturwidrige der Friedensbedingungen, die die Abtretung des Gebietes im Osten an die Polen betreffen, zeigt sich ja darin, daß die organische Ein¬ heit des gesamten deutschen Volkslebens willkürlich zerrissen Wird. Viel stärker als die Gemeinsamkeiten des gleichen Landes waren ja die Gemeinsamkeiten in Beruf, Klasse, Weltanschauung und Partei, die zwischen Teilen der Deutschen im Osten und Teilen der Deutschen im übrigen Reich bestanden. Die Aufrichtung der politischen Grenzen zwingt dazu, diese Gemeinsamkeiten zu zerreißen und die Gemeinsamkeit des Volkstums der örtlichen Heimat voranzu¬ stellen. Wer aber den Glauben an die Zukunft eines einheitlichen Deutschtums über alle staatlichen Grenzen hinweg bewahrt, der muß schon jetzt der Gefahr entgegenarbeiten, daß die Entwicklung, die zum Zusammen¬ schluß der abgesprengten Volksteile in sich führt, über das Ziel hinausschießt. Den Schaden von einer solchen Ent¬ wicklung würde das gesamte Deutschtum und jeder für sich, das Deutschtum im Mutter¬ lands und das Deutschtum in der Diaspora, tragen. Nur wenn der Strom völkischer Zusammengehörigkeit trotz der Politischen Trennung über die Grenzen hinwegflaten lau», wird das Deutschtum in der Diaspora die Gefahr überwinden, steril zu werden und im Kleinkampfe um die wirtschaft¬ liche Existenz zu verkümmern. Es muß gelingen, diese Gedanken bei beiden Teilen schon heute lebendig zu machen. Fühlen die Deutschen in Polen, daß ihre Not im Mutterlande mitgetragen wird, dann wird die Arbeit, die sie für ihr Volkstum leisten, nicht auf Abwege führen, sondern dem gesamten Deutschtum Frucht tragen. Die „Vereinigung des deutschen Volkstums in Polen" wendet sich an die Deutschen im Mutterlande mit der Bitte um Hilfe. Wird diese Bitte erhört, dann ist damit mehr erreicht, als eine bloß augen¬ blickliche Unterstützung für die Ausgaben der nächsten Zukunft, bann ist damit erreicht, daß alle Verbitterung des vergangenen Jahres von dem dankbaren Gefühl, gemein¬ same Not gemeinsam tragen zu dürfen fort¬ , M. N?. geschwemmt wird. England und der baltische Handel. Als Maßnahme gegen den Bolschewismus wird von englischer Seile ein großzügig geplantes englisch baltisches Abkommen be¬ zeichnet, welches, sollte es zustande kommen, die völlige wirtschaftliche und politische Ab¬ hängigkeit der baltischen Staat n von Eng¬ land nach sich ziehen und weiter dem Handel mit Groß-Nußland zugunsten Englands die Wege ebnen würde. Im Handelsteil der „Vossischsn Zeitung" vom 27. Januar 1920 wird der englische wirtschaftliche Vor¬ stoß auf die baltischen Länder in einem Aufsatze „Das englische Baltikum" näher geschildert. Das Ziel ist nach dem Ver¬ fasser des genannten Artikels etwa folgendes: „Eine englische Bautengruppe" will mit weitgehendster Unterstützung der englischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/194>, abgerufen am 27.07.2024.