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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Wir bitten die Freunde derre
den Bezug zum IV. Vierteljahr 1919
erneuern zu wollen. -- Bestellungen
nimmt jede Buchhandlung und jede
Poftanftalt entgegen. Preis 12.-- M.Verlag der
Grensboten
G. in. b. S.
Berlin SW n

Die Altdeutschen und der Ginheitsstaat
Dr. Manfred "Liiner von

in 1. und 2. September hat der Altdeutsche Verband seinen Tag
in Berlin abgehalten und seine "Hochziele" besprochen. Von
der Einheitsbewegung, die im Reich immer deutlicher geworden
ist und besonders am 1. Oktober ihre Triumphe gefeiert hat --
Eintritt der Wirksamkeit der Neichswehrbefehlstellen in Süd¬
deutschland, des Neichswehrministeriums, der Reichsstenergemein-
lchaft und der Übergang der württembergischen Post ans Reich, -- war nicht
mit einem einzigen Wort die Rede.

Das ist doch recht auffallend. Wir müssen ja alle umlernen oder uns
umstellen, wenn wir heutzutage mitwirken wollen. Die Lage Deutschlands in
der Welt ist nun einmal eine leider so gänzlich andere geworden, daß man
erwarten sollte, gerade diejenigen Gruppen, die ihre Ziele nicht nur nicht
erreicht haben, sondern die derselben zum Teil geradezu beraubt worden sind,
wußten sich andere setzen, indem sie den unabänderlichen Tatsachen Rechnung
fragen. Natürlich kann nicht erwartet werden, daß der monarchisch gerichtete
Altdeutsche Verband republikanisch werde. Aber seine eigentlich deutschen Ziele
können doch wirklich, wenn man dem Tatsächlichen Rechnung trägt, kaum ein¬
fach die gleichen geblieben sein, wie früher. Es gibt heute andere deutsche
Ä'ele als vor fünf Jahren. Und eines der ersten ist zweifellos die Kräftigung
des deutschen Bewußtseins innerhalb unserer Grenzen. Dabei darf man am
allerwenigsten süddeutsche Verhältnisse außer acht lassen.

Gerade zu diesem Ziel der Kräftigung kann kaum etwas mehr beitragen
und besser stimmen, als die vereinheitlichenden Probleme, welche im Reich
lebendig geworden sind. Daß die partikularistischen Strömungen und Hemmungen
unsere Deutschheit nicht fördern, steht fest. Ein Mann, der gewiß nüchtern
denkt und frei von allem galoppierenden Idealismus ist, der württembergische
^manzminister a. D. Pistorius, spricht in einem Buche über die neue Steuer-
s>emeinschaft mannhaft von den Schäden, welche die partikulare Steuerverschieden¬
heit im Reich auch während des Krieges mit sich gebracht habe.

Ein Partikularist hat keinen Anspruch darauf, weitsichtig genannt zu
werden, und or muß es sich gefallen lassen, wenn man an seiner tieferen Deutschheit
Weifelt. Die Einheitsfreunde dagegen dürfen sich -- welcher Richtung sie
sonst angehören mögen -- bewußt sein, einen deutschen Gedanken zu vertreten,


Grenzboten IV 1S19 3


Wir bitten die Freunde derre
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erneuern zu wollen. — Bestellungen
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Berlin SW n

Die Altdeutschen und der Ginheitsstaat
Dr. Manfred «Liiner von

in 1. und 2. September hat der Altdeutsche Verband seinen Tag
in Berlin abgehalten und seine „Hochziele" besprochen. Von
der Einheitsbewegung, die im Reich immer deutlicher geworden
ist und besonders am 1. Oktober ihre Triumphe gefeiert hat —
Eintritt der Wirksamkeit der Neichswehrbefehlstellen in Süd¬
deutschland, des Neichswehrministeriums, der Reichsstenergemein-
lchaft und der Übergang der württembergischen Post ans Reich, — war nicht
mit einem einzigen Wort die Rede.

Das ist doch recht auffallend. Wir müssen ja alle umlernen oder uns
umstellen, wenn wir heutzutage mitwirken wollen. Die Lage Deutschlands in
der Welt ist nun einmal eine leider so gänzlich andere geworden, daß man
erwarten sollte, gerade diejenigen Gruppen, die ihre Ziele nicht nur nicht
erreicht haben, sondern die derselben zum Teil geradezu beraubt worden sind,
wußten sich andere setzen, indem sie den unabänderlichen Tatsachen Rechnung
fragen. Natürlich kann nicht erwartet werden, daß der monarchisch gerichtete
Altdeutsche Verband republikanisch werde. Aber seine eigentlich deutschen Ziele
können doch wirklich, wenn man dem Tatsächlichen Rechnung trägt, kaum ein¬
fach die gleichen geblieben sein, wie früher. Es gibt heute andere deutsche
Ä'ele als vor fünf Jahren. Und eines der ersten ist zweifellos die Kräftigung
des deutschen Bewußtseins innerhalb unserer Grenzen. Dabei darf man am
allerwenigsten süddeutsche Verhältnisse außer acht lassen.

Gerade zu diesem Ziel der Kräftigung kann kaum etwas mehr beitragen
und besser stimmen, als die vereinheitlichenden Probleme, welche im Reich
lebendig geworden sind. Daß die partikularistischen Strömungen und Hemmungen
unsere Deutschheit nicht fördern, steht fest. Ein Mann, der gewiß nüchtern
denkt und frei von allem galoppierenden Idealismus ist, der württembergische
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s>emeinschaft mannhaft von den Schäden, welche die partikulare Steuerverschieden¬
heit im Reich auch während des Krieges mit sich gebracht habe.

Ein Partikularist hat keinen Anspruch darauf, weitsichtig genannt zu
werden, und or muß es sich gefallen lassen, wenn man an seiner tieferen Deutschheit
Weifelt. Die Einheitsfreunde dagegen dürfen sich — welcher Richtung sie
sonst angehören mögen — bewußt sein, einen deutschen Gedanken zu vertreten,


Grenzboten IV 1S19 3
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/33>, abgerufen am 15.01.2025.