Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Brauchen wir ein Reichssprachamt?

Brauchen wir ein Reichssprachamt?
Rarl Schneider Von Dr.

er traurige Ausgang des Krieges hat unter andern Dingen auch
eine Frage, die bisher im wesentlichen eine Angelegenheit der Ge¬
lehrten war oder doch in den Augen der meisten als solche erschien,
zu erhöhter Bedeutung für die geistige Selbstbehauptung wie die
äußere Geltung des deutschen Volkes erhoben: nämlich die Frage,
ob es möglich ist, die deutsche Sprache durch bewußte Pflege zu
einem unseres Volkes würdigeren und zum Wettbewerb mit anderen Sprachen
länglicheren Werkzeug des deutschen Geistes zu machen als es unser bis jetzt
übliches Deutsch mit seiner weitgehenden Unfestlgkeit, Ordnungs- und Regellosigkeit,
seinen vielen Schwerfälligkeiten, seiner starken Durchsetzung mit Fremdwörtern
und manchen anderen Mängeln war. Kann doch kein Zweifel darüber sein, daß
die Behauptung des deutschen Volkstums inner- und außerhalb der Neichsgrenzen
heute, wo die Machtmittel des alten Reiches zerbrochen sind, mehr denn je eine
Frage des deutschen Sprachwillens geworden ist; wie auch darüber wohl Über¬
einstimmung besteht, daß die weitgehende Unkenntnis der deutschen Sprache im
Ausland, die uns politisch und wirtschaftlich so außerordentlich geschadet hat, nicht
zum letzten in der in den genannten Mängeln begründeten schweren Erlernbarkeit
der deutschen Sprache ihren Grund hat. Es ist auch klar, daß die durch den
uns auferlegten Friedensvertrag unter fremde Herrschaft geratenen Glieder unseres
Volkstums um so mehr Neigung haben werden, an ihrer Muttersprache festzu¬
halten und sie ihren Kindern als kostbarstes Erbteil zu hinterlassen, je mehr sie
das Deutsche als eine etwa dem Französischen, Polnischen oder Englischen gegen¬
über mindestens gleichwertige, in vieler Hinsicht aber überlegene Sprache erkennen
müssen. Gewiß ist solcher deutscher Sprachwille in der Regel mehr Folge als
Grund völkischen Empfindens, das immer in dem angeborenen Bewußtsein der
Zugehörigkeit zur deutschen Blutsgemeinschaft, in der Kenntnis der deutschen
Vergangenheit und der in unserem Volkstum enthaltenen geistig-sittlichen Werte
seine eigentliche Wurzel haben wird; aber er geht doch ebenso mit innerer Not¬
wendigkeit aus ihm hervor, wie von ihm aus die Frage, ob ein besserer Zustand
der deutschen Sprache als der heutige wünschens- und erstrebenswert ist, unbedingt
bejaht werden wird. Damit ist aber auch ohne weiteres auch ausgesprochen, daß
gegebenenfalls eine behördliche Stelle zur Pflege der deutschen Sprache -- also
das vielumstrittene "Reichssprachamt" -- ins Leben gerufen werden muß --
wenn nämlich gezeigt werden kann, daß die als wünschenswert erkannte Besserung
der deutschen Sprache auf keinem anderen Wege erreichbar ist, daß aber anderer¬
seits all die Einwände, die bisher gegen die Unentbehrlichkeit und Wirkungs¬
möglichkeit eines solchen Sprachamts erhoben worden sind, eingehender Prüfung
nicht stand zu halten vermögen.

Daß unsere heutige Sprache Mängel und Widersprüche in großer Zahl in
sich trägt, liegt auch der oberflächlichen Betrachtung klar, und es wird kaum be¬
stritten werden, daß mindestens eine große Zahl von ihnen hätte beseitigt werden
können oder auch nie in unsere Sprache eingedrungen wäre, wenn auch bei uns
wie in Frankreich schon vor Jahrhunderten eine regelnde Behörde den Sprach¬
gebrauch überwacht und in den von ihr für richtig erkannten Bahnen gehalten
hätte. Wenn z. V. bei uns die Wörter auf -- sal und -- mis teils weiblichen,
teils sächlichen Geschlechts sind, wie die Trübsal, das Labsal; die Erkenntnis,
das Bekenntnis; die Wörter auf -- tum teils männlich, teils sächlich wie der
Irrtum, der Reichtum -- noch bei Goethe auch der Wachstum -- aber das
Christentum usw.; wenn wir jemandem einen Gefallen erweisen, aber doch an
einer Sache ein Wohlgefallen finden; wenn selbst Zusammensetzungen mit dem
gleichen Hauptwort verschiedenes Geschlecht aufweisen wie der Edelmut, aber die
Langmut, die Großmut -- so wird jedermann zugeben, daß hier erhebliche


Brauchen wir ein Reichssprachamt?

Brauchen wir ein Reichssprachamt?
Rarl Schneider Von Dr.

er traurige Ausgang des Krieges hat unter andern Dingen auch
eine Frage, die bisher im wesentlichen eine Angelegenheit der Ge¬
lehrten war oder doch in den Augen der meisten als solche erschien,
zu erhöhter Bedeutung für die geistige Selbstbehauptung wie die
äußere Geltung des deutschen Volkes erhoben: nämlich die Frage,
ob es möglich ist, die deutsche Sprache durch bewußte Pflege zu
einem unseres Volkes würdigeren und zum Wettbewerb mit anderen Sprachen
länglicheren Werkzeug des deutschen Geistes zu machen als es unser bis jetzt
übliches Deutsch mit seiner weitgehenden Unfestlgkeit, Ordnungs- und Regellosigkeit,
seinen vielen Schwerfälligkeiten, seiner starken Durchsetzung mit Fremdwörtern
und manchen anderen Mängeln war. Kann doch kein Zweifel darüber sein, daß
die Behauptung des deutschen Volkstums inner- und außerhalb der Neichsgrenzen
heute, wo die Machtmittel des alten Reiches zerbrochen sind, mehr denn je eine
Frage des deutschen Sprachwillens geworden ist; wie auch darüber wohl Über¬
einstimmung besteht, daß die weitgehende Unkenntnis der deutschen Sprache im
Ausland, die uns politisch und wirtschaftlich so außerordentlich geschadet hat, nicht
zum letzten in der in den genannten Mängeln begründeten schweren Erlernbarkeit
der deutschen Sprache ihren Grund hat. Es ist auch klar, daß die durch den
uns auferlegten Friedensvertrag unter fremde Herrschaft geratenen Glieder unseres
Volkstums um so mehr Neigung haben werden, an ihrer Muttersprache festzu¬
halten und sie ihren Kindern als kostbarstes Erbteil zu hinterlassen, je mehr sie
das Deutsche als eine etwa dem Französischen, Polnischen oder Englischen gegen¬
über mindestens gleichwertige, in vieler Hinsicht aber überlegene Sprache erkennen
müssen. Gewiß ist solcher deutscher Sprachwille in der Regel mehr Folge als
Grund völkischen Empfindens, das immer in dem angeborenen Bewußtsein der
Zugehörigkeit zur deutschen Blutsgemeinschaft, in der Kenntnis der deutschen
Vergangenheit und der in unserem Volkstum enthaltenen geistig-sittlichen Werte
seine eigentliche Wurzel haben wird; aber er geht doch ebenso mit innerer Not¬
wendigkeit aus ihm hervor, wie von ihm aus die Frage, ob ein besserer Zustand
der deutschen Sprache als der heutige wünschens- und erstrebenswert ist, unbedingt
bejaht werden wird. Damit ist aber auch ohne weiteres auch ausgesprochen, daß
gegebenenfalls eine behördliche Stelle zur Pflege der deutschen Sprache — also
das vielumstrittene „Reichssprachamt" — ins Leben gerufen werden muß —
wenn nämlich gezeigt werden kann, daß die als wünschenswert erkannte Besserung
der deutschen Sprache auf keinem anderen Wege erreichbar ist, daß aber anderer¬
seits all die Einwände, die bisher gegen die Unentbehrlichkeit und Wirkungs¬
möglichkeit eines solchen Sprachamts erhoben worden sind, eingehender Prüfung
nicht stand zu halten vermögen.

Daß unsere heutige Sprache Mängel und Widersprüche in großer Zahl in
sich trägt, liegt auch der oberflächlichen Betrachtung klar, und es wird kaum be¬
stritten werden, daß mindestens eine große Zahl von ihnen hätte beseitigt werden
können oder auch nie in unsere Sprache eingedrungen wäre, wenn auch bei uns
wie in Frankreich schon vor Jahrhunderten eine regelnde Behörde den Sprach¬
gebrauch überwacht und in den von ihr für richtig erkannten Bahnen gehalten
hätte. Wenn z. V. bei uns die Wörter auf — sal und — mis teils weiblichen,
teils sächlichen Geschlechts sind, wie die Trübsal, das Labsal; die Erkenntnis,
das Bekenntnis; die Wörter auf — tum teils männlich, teils sächlich wie der
Irrtum, der Reichtum — noch bei Goethe auch der Wachstum — aber das
Christentum usw.; wenn wir jemandem einen Gefallen erweisen, aber doch an
einer Sache ein Wohlgefallen finden; wenn selbst Zusammensetzungen mit dem
gleichen Hauptwort verschiedenes Geschlecht aufweisen wie der Edelmut, aber die
Langmut, die Großmut — so wird jedermann zugeben, daß hier erhebliche


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0112" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336402"/>
          <fw type="header" place="top"> Brauchen wir ein Reichssprachamt?</fw><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Brauchen wir ein Reichssprachamt?<lb/><note type="byline"> Rarl Schneider</note> Von Dr.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_380"> er traurige Ausgang des Krieges hat unter andern Dingen auch<lb/>
eine Frage, die bisher im wesentlichen eine Angelegenheit der Ge¬<lb/>
lehrten war oder doch in den Augen der meisten als solche erschien,<lb/>
zu erhöhter Bedeutung für die geistige Selbstbehauptung wie die<lb/>
äußere Geltung des deutschen Volkes erhoben: nämlich die Frage,<lb/>
ob es möglich ist, die deutsche Sprache durch bewußte Pflege zu<lb/>
einem unseres Volkes würdigeren und zum Wettbewerb mit anderen Sprachen<lb/>
länglicheren Werkzeug des deutschen Geistes zu machen als es unser bis jetzt<lb/>
übliches Deutsch mit seiner weitgehenden Unfestlgkeit, Ordnungs- und Regellosigkeit,<lb/>
seinen vielen Schwerfälligkeiten, seiner starken Durchsetzung mit Fremdwörtern<lb/>
und manchen anderen Mängeln war. Kann doch kein Zweifel darüber sein, daß<lb/>
die Behauptung des deutschen Volkstums inner- und außerhalb der Neichsgrenzen<lb/>
heute, wo die Machtmittel des alten Reiches zerbrochen sind, mehr denn je eine<lb/>
Frage des deutschen Sprachwillens geworden ist; wie auch darüber wohl Über¬<lb/>
einstimmung besteht, daß die weitgehende Unkenntnis der deutschen Sprache im<lb/>
Ausland, die uns politisch und wirtschaftlich so außerordentlich geschadet hat, nicht<lb/>
zum letzten in der in den genannten Mängeln begründeten schweren Erlernbarkeit<lb/>
der deutschen Sprache ihren Grund hat. Es ist auch klar, daß die durch den<lb/>
uns auferlegten Friedensvertrag unter fremde Herrschaft geratenen Glieder unseres<lb/>
Volkstums um so mehr Neigung haben werden, an ihrer Muttersprache festzu¬<lb/>
halten und sie ihren Kindern als kostbarstes Erbteil zu hinterlassen, je mehr sie<lb/>
das Deutsche als eine etwa dem Französischen, Polnischen oder Englischen gegen¬<lb/>
über mindestens gleichwertige, in vieler Hinsicht aber überlegene Sprache erkennen<lb/>
müssen. Gewiß ist solcher deutscher Sprachwille in der Regel mehr Folge als<lb/>
Grund völkischen Empfindens, das immer in dem angeborenen Bewußtsein der<lb/>
Zugehörigkeit zur deutschen Blutsgemeinschaft, in der Kenntnis der deutschen<lb/>
Vergangenheit und der in unserem Volkstum enthaltenen geistig-sittlichen Werte<lb/>
seine eigentliche Wurzel haben wird; aber er geht doch ebenso mit innerer Not¬<lb/>
wendigkeit aus ihm hervor, wie von ihm aus die Frage, ob ein besserer Zustand<lb/>
der deutschen Sprache als der heutige wünschens- und erstrebenswert ist, unbedingt<lb/>
bejaht werden wird. Damit ist aber auch ohne weiteres auch ausgesprochen, daß<lb/>
gegebenenfalls eine behördliche Stelle zur Pflege der deutschen Sprache &#x2014; also<lb/>
das vielumstrittene &#x201E;Reichssprachamt" &#x2014; ins Leben gerufen werden muß &#x2014;<lb/>
wenn nämlich gezeigt werden kann, daß die als wünschenswert erkannte Besserung<lb/>
der deutschen Sprache auf keinem anderen Wege erreichbar ist, daß aber anderer¬<lb/>
seits all die Einwände, die bisher gegen die Unentbehrlichkeit und Wirkungs¬<lb/>
möglichkeit eines solchen Sprachamts erhoben worden sind, eingehender Prüfung<lb/>
nicht stand zu halten vermögen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_381" next="#ID_382"> Daß unsere heutige Sprache Mängel und Widersprüche in großer Zahl in<lb/>
sich trägt, liegt auch der oberflächlichen Betrachtung klar, und es wird kaum be¬<lb/>
stritten werden, daß mindestens eine große Zahl von ihnen hätte beseitigt werden<lb/>
können oder auch nie in unsere Sprache eingedrungen wäre, wenn auch bei uns<lb/>
wie in Frankreich schon vor Jahrhunderten eine regelnde Behörde den Sprach¬<lb/>
gebrauch überwacht und in den von ihr für richtig erkannten Bahnen gehalten<lb/>
hätte. Wenn z. V. bei uns die Wörter auf &#x2014; sal und &#x2014; mis teils weiblichen,<lb/>
teils sächlichen Geschlechts sind, wie die Trübsal, das Labsal; die Erkenntnis,<lb/>
das Bekenntnis; die Wörter auf &#x2014; tum teils männlich, teils sächlich wie der<lb/>
Irrtum, der Reichtum &#x2014; noch bei Goethe auch der Wachstum &#x2014; aber das<lb/>
Christentum usw.; wenn wir jemandem einen Gefallen erweisen, aber doch an<lb/>
einer Sache ein Wohlgefallen finden; wenn selbst Zusammensetzungen mit dem<lb/>
gleichen Hauptwort verschiedenes Geschlecht aufweisen wie der Edelmut, aber die<lb/>
Langmut, die Großmut &#x2014; so wird jedermann zugeben, daß hier erhebliche</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0112] Brauchen wir ein Reichssprachamt? Brauchen wir ein Reichssprachamt? Rarl Schneider Von Dr. er traurige Ausgang des Krieges hat unter andern Dingen auch eine Frage, die bisher im wesentlichen eine Angelegenheit der Ge¬ lehrten war oder doch in den Augen der meisten als solche erschien, zu erhöhter Bedeutung für die geistige Selbstbehauptung wie die äußere Geltung des deutschen Volkes erhoben: nämlich die Frage, ob es möglich ist, die deutsche Sprache durch bewußte Pflege zu einem unseres Volkes würdigeren und zum Wettbewerb mit anderen Sprachen länglicheren Werkzeug des deutschen Geistes zu machen als es unser bis jetzt übliches Deutsch mit seiner weitgehenden Unfestlgkeit, Ordnungs- und Regellosigkeit, seinen vielen Schwerfälligkeiten, seiner starken Durchsetzung mit Fremdwörtern und manchen anderen Mängeln war. Kann doch kein Zweifel darüber sein, daß die Behauptung des deutschen Volkstums inner- und außerhalb der Neichsgrenzen heute, wo die Machtmittel des alten Reiches zerbrochen sind, mehr denn je eine Frage des deutschen Sprachwillens geworden ist; wie auch darüber wohl Über¬ einstimmung besteht, daß die weitgehende Unkenntnis der deutschen Sprache im Ausland, die uns politisch und wirtschaftlich so außerordentlich geschadet hat, nicht zum letzten in der in den genannten Mängeln begründeten schweren Erlernbarkeit der deutschen Sprache ihren Grund hat. Es ist auch klar, daß die durch den uns auferlegten Friedensvertrag unter fremde Herrschaft geratenen Glieder unseres Volkstums um so mehr Neigung haben werden, an ihrer Muttersprache festzu¬ halten und sie ihren Kindern als kostbarstes Erbteil zu hinterlassen, je mehr sie das Deutsche als eine etwa dem Französischen, Polnischen oder Englischen gegen¬ über mindestens gleichwertige, in vieler Hinsicht aber überlegene Sprache erkennen müssen. Gewiß ist solcher deutscher Sprachwille in der Regel mehr Folge als Grund völkischen Empfindens, das immer in dem angeborenen Bewußtsein der Zugehörigkeit zur deutschen Blutsgemeinschaft, in der Kenntnis der deutschen Vergangenheit und der in unserem Volkstum enthaltenen geistig-sittlichen Werte seine eigentliche Wurzel haben wird; aber er geht doch ebenso mit innerer Not¬ wendigkeit aus ihm hervor, wie von ihm aus die Frage, ob ein besserer Zustand der deutschen Sprache als der heutige wünschens- und erstrebenswert ist, unbedingt bejaht werden wird. Damit ist aber auch ohne weiteres auch ausgesprochen, daß gegebenenfalls eine behördliche Stelle zur Pflege der deutschen Sprache — also das vielumstrittene „Reichssprachamt" — ins Leben gerufen werden muß — wenn nämlich gezeigt werden kann, daß die als wünschenswert erkannte Besserung der deutschen Sprache auf keinem anderen Wege erreichbar ist, daß aber anderer¬ seits all die Einwände, die bisher gegen die Unentbehrlichkeit und Wirkungs¬ möglichkeit eines solchen Sprachamts erhoben worden sind, eingehender Prüfung nicht stand zu halten vermögen. Daß unsere heutige Sprache Mängel und Widersprüche in großer Zahl in sich trägt, liegt auch der oberflächlichen Betrachtung klar, und es wird kaum be¬ stritten werden, daß mindestens eine große Zahl von ihnen hätte beseitigt werden können oder auch nie in unsere Sprache eingedrungen wäre, wenn auch bei uns wie in Frankreich schon vor Jahrhunderten eine regelnde Behörde den Sprach¬ gebrauch überwacht und in den von ihr für richtig erkannten Bahnen gehalten hätte. Wenn z. V. bei uns die Wörter auf — sal und — mis teils weiblichen, teils sächlichen Geschlechts sind, wie die Trübsal, das Labsal; die Erkenntnis, das Bekenntnis; die Wörter auf — tum teils männlich, teils sächlich wie der Irrtum, der Reichtum — noch bei Goethe auch der Wachstum — aber das Christentum usw.; wenn wir jemandem einen Gefallen erweisen, aber doch an einer Sache ein Wohlgefallen finden; wenn selbst Zusammensetzungen mit dem gleichen Hauptwort verschiedenes Geschlecht aufweisen wie der Edelmut, aber die Langmut, die Großmut — so wird jedermann zugeben, daß hier erhebliche

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/112
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/112>, abgerufen am 15.01.2025.