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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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[Beginn Spaltensatz]

Verbindung mit dem Schwarzen Meere er¬
langen könnte. Durch die an die Karpathen
sich anlehnende Grenze würde Polen gleich¬
zeitig eine unmittelbare Verbindung mit dem
westlichen Slawentum und Rußland bis zu
dem tief nach Asien reichenden östlichen Koloß
herstellen, dessen ungeheure Rohstoffmengen
auf allen Wegen nach dem Westen fließen
würden. Nicht zu übersehen seien serner die
schiffbaren Flüsse Dnjestr und Pruth, deren
Läufe für den Verkehr und Handel Polens
von ungeheurer Bedeutung seien. Durch die
Karpathengrenze würden die in Ostgalizien
befindlichen Petroleumquellen und Kalilager
in den Besitz Polens gelangen, wobei von
besonderem Wert das Kali sei, dessen vor¬
zügliche Qualität eine erfolgreiche Konkurlenz
mit dem deutschen Kali ermöglichen würde.

Die Ostgrenze Polens müßte an die
Pinfker Sümpfe stoßen und von da in süd¬
licher Richtung über Luninies -- Sarny --
Duvno--Rowno bis Berdiczew, Proskurow,
Winica und in nördlicher Richtung in gerader
Linie über Litauen und Weißrußland bis
zur Polozker Linie verlaufen. Da Polen
voraussichilich keine eigenen Kolonien haben
werde, müsse es eine solche Ausdehnung
haben, daß die Polnischen Rückwanderer aus
Amerika und Westfalen es hinfort nicht nichr
nötig hätten, "nach Sachsen" zu gehen, son¬
dern, ohne sich mißhandeln zu lassen und
ohne den Deutschen zu dienen, im eigenen
Lande Erwerb finden würden, insbesondere
in Wolhynien und Podolien, wo die großen
staatlichen Latifundien ein vorzügliches An¬
siedelungsgelände wären.

Die Entscheidung über die Grenzen
Polens dui fe nicht der Klugheit der Politiker
und Statistiker auf dem Friedenskongreß
überlassen weiden, sondern die Polen müßten
ihre Wünsche schon heute durch Erkämpfung
der Grenzen, die ihnen unerläßlich erschien en,
unterstützen. Nicht umsonst leisteten Deutsch¬
land und Osterreich den Nuthenen in den
Kämpfen um das reiche Ostgalizien, die
sog. "österreichische Ukraine", Beistand. Auch
die Polen müßten dieses wichtige Moment
verstehen. Die Westgrenze sei als für die
Polen günstig entschieden zu betrachten; ihre
ganze Wehrmacht der drei Teilgebiete müsse
zum entscheidenden Kampf um die Polnische

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Ostgrenze verwendet werden. Denn in der
endgültigen Regelung dieser Grenze bestehe
für die Polnische Sache zugleich die größte
Gefahr und der größte Triumph.

Die Schriftleitung des "KurjerPoznanski"
macht zu diesen größenwahnsinnigen Aus¬
führungen zwar hinsichtlich der Ostgrenze
einige bescheidene Vorbehalte, läßt aber im
übrigen keinen Zweifel daran, daß ste in
ihnen eine brauchbare Grundlage zu ernsten
Erörterungen sieht.

4. Auslandsmesse

Daß nicht der gesamte Verband von
blinder Polenfreundlichkeit erfüllt ist, zeigt
ein Aussatz im "Manchester Guardian" vom
18. Februar 1919. Darin heißt es über
den Gegenstand "Deutsche und Polen":

Wie viele, fragen wir uns, werden sich
Wohl gewahr, daß, wenn die Zeitungen von
dem deutschen Angriff gegen die Polen sprechen,
der wahre Sachverhalt der ist, daß die Polen
einen großen Teil deutschen Gebiets über¬
rannt haben, und das Vorgehen der Deutschen
nur ein Versuch ist, sie zurückzudrängen oder
sie daran zu hindern, noch weiter vorzugehen.
Die Provinz Posen, wo die Polen einge¬
brochen sind, ist seit über hundert Jahre
deutsch oder Preußisch gewesen, und wenn sie
auch an vielen Stellen von Polen bewohnt
ist, welche die Deutschen vergebens zu ver¬
deutschen bemüht waren, trifft dies doch nicht
überall zu, und auf jeden Fall haben die
Polen kein Recht, den Beschlüssen der Friedens¬
konferenz vorzugreifen und ein Gebiet zu
überrennen, welches einen einheitlichen Teil
des deutschen Staates bildet.

Zweifellos würde der größte Teil der
Provinz Posen an das wiedererrichtete Polen
kommen; den deutschen Widerstand gegen den
Polnischen Überfall jedoch als einen Angriff
der Deutschen gegen die Polen hinzustellen,
ist schnöde Heuchelei. Trotzdem befleißigen
sich nahezu alle Zeitungen und Reuter in
seinen amtlichen Telegrammen dieser heuch¬
lerischen Sprache, Es mag Wohl unbequem
sein, die Polen aus dein von ihn^n unrecht¬
mäßigerweise besetzten Gebiet wieder heraus¬
zubekommen, aber weshalb wird dies nicht
zugestanden, anstatt vorzugehen, daß Deutsch-

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Verbindung mit dem Schwarzen Meere er¬
langen könnte. Durch die an die Karpathen
sich anlehnende Grenze würde Polen gleich¬
zeitig eine unmittelbare Verbindung mit dem
westlichen Slawentum und Rußland bis zu
dem tief nach Asien reichenden östlichen Koloß
herstellen, dessen ungeheure Rohstoffmengen
auf allen Wegen nach dem Westen fließen
würden. Nicht zu übersehen seien serner die
schiffbaren Flüsse Dnjestr und Pruth, deren
Läufe für den Verkehr und Handel Polens
von ungeheurer Bedeutung seien. Durch die
Karpathengrenze würden die in Ostgalizien
befindlichen Petroleumquellen und Kalilager
in den Besitz Polens gelangen, wobei von
besonderem Wert das Kali sei, dessen vor¬
zügliche Qualität eine erfolgreiche Konkurlenz
mit dem deutschen Kali ermöglichen würde.

Die Ostgrenze Polens müßte an die
Pinfker Sümpfe stoßen und von da in süd¬
licher Richtung über Luninies — Sarny —
Duvno—Rowno bis Berdiczew, Proskurow,
Winica und in nördlicher Richtung in gerader
Linie über Litauen und Weißrußland bis
zur Polozker Linie verlaufen. Da Polen
voraussichilich keine eigenen Kolonien haben
werde, müsse es eine solche Ausdehnung
haben, daß die Polnischen Rückwanderer aus
Amerika und Westfalen es hinfort nicht nichr
nötig hätten, „nach Sachsen" zu gehen, son¬
dern, ohne sich mißhandeln zu lassen und
ohne den Deutschen zu dienen, im eigenen
Lande Erwerb finden würden, insbesondere
in Wolhynien und Podolien, wo die großen
staatlichen Latifundien ein vorzügliches An¬
siedelungsgelände wären.

Die Entscheidung über die Grenzen
Polens dui fe nicht der Klugheit der Politiker
und Statistiker auf dem Friedenskongreß
überlassen weiden, sondern die Polen müßten
ihre Wünsche schon heute durch Erkämpfung
der Grenzen, die ihnen unerläßlich erschien en,
unterstützen. Nicht umsonst leisteten Deutsch¬
land und Osterreich den Nuthenen in den
Kämpfen um das reiche Ostgalizien, die
sog. „österreichische Ukraine", Beistand. Auch
die Polen müßten dieses wichtige Moment
verstehen. Die Westgrenze sei als für die
Polen günstig entschieden zu betrachten; ihre
ganze Wehrmacht der drei Teilgebiete müsse
zum entscheidenden Kampf um die Polnische

[Spaltenumbruch]

Ostgrenze verwendet werden. Denn in der
endgültigen Regelung dieser Grenze bestehe
für die Polnische Sache zugleich die größte
Gefahr und der größte Triumph.

Die Schriftleitung des „KurjerPoznanski"
macht zu diesen größenwahnsinnigen Aus¬
führungen zwar hinsichtlich der Ostgrenze
einige bescheidene Vorbehalte, läßt aber im
übrigen keinen Zweifel daran, daß ste in
ihnen eine brauchbare Grundlage zu ernsten
Erörterungen sieht.

4. Auslandsmesse

Daß nicht der gesamte Verband von
blinder Polenfreundlichkeit erfüllt ist, zeigt
ein Aussatz im „Manchester Guardian" vom
18. Februar 1919. Darin heißt es über
den Gegenstand „Deutsche und Polen":

Wie viele, fragen wir uns, werden sich
Wohl gewahr, daß, wenn die Zeitungen von
dem deutschen Angriff gegen die Polen sprechen,
der wahre Sachverhalt der ist, daß die Polen
einen großen Teil deutschen Gebiets über¬
rannt haben, und das Vorgehen der Deutschen
nur ein Versuch ist, sie zurückzudrängen oder
sie daran zu hindern, noch weiter vorzugehen.
Die Provinz Posen, wo die Polen einge¬
brochen sind, ist seit über hundert Jahre
deutsch oder Preußisch gewesen, und wenn sie
auch an vielen Stellen von Polen bewohnt
ist, welche die Deutschen vergebens zu ver¬
deutschen bemüht waren, trifft dies doch nicht
überall zu, und auf jeden Fall haben die
Polen kein Recht, den Beschlüssen der Friedens¬
konferenz vorzugreifen und ein Gebiet zu
überrennen, welches einen einheitlichen Teil
des deutschen Staates bildet.

Zweifellos würde der größte Teil der
Provinz Posen an das wiedererrichtete Polen
kommen; den deutschen Widerstand gegen den
Polnischen Überfall jedoch als einen Angriff
der Deutschen gegen die Polen hinzustellen,
ist schnöde Heuchelei. Trotzdem befleißigen
sich nahezu alle Zeitungen und Reuter in
seinen amtlichen Telegrammen dieser heuch¬
lerischen Sprache, Es mag Wohl unbequem
sein, die Polen aus dein von ihn^n unrecht¬
mäßigerweise besetzten Gebiet wieder heraus¬
zubekommen, aber weshalb wird dies nicht
zugestanden, anstatt vorzugehen, daß Deutsch-

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[0358] Pressestimmen Verbindung mit dem Schwarzen Meere er¬ langen könnte. Durch die an die Karpathen sich anlehnende Grenze würde Polen gleich¬ zeitig eine unmittelbare Verbindung mit dem westlichen Slawentum und Rußland bis zu dem tief nach Asien reichenden östlichen Koloß herstellen, dessen ungeheure Rohstoffmengen auf allen Wegen nach dem Westen fließen würden. Nicht zu übersehen seien serner die schiffbaren Flüsse Dnjestr und Pruth, deren Läufe für den Verkehr und Handel Polens von ungeheurer Bedeutung seien. Durch die Karpathengrenze würden die in Ostgalizien befindlichen Petroleumquellen und Kalilager in den Besitz Polens gelangen, wobei von besonderem Wert das Kali sei, dessen vor¬ zügliche Qualität eine erfolgreiche Konkurlenz mit dem deutschen Kali ermöglichen würde. Die Ostgrenze Polens müßte an die Pinfker Sümpfe stoßen und von da in süd¬ licher Richtung über Luninies — Sarny — Duvno—Rowno bis Berdiczew, Proskurow, Winica und in nördlicher Richtung in gerader Linie über Litauen und Weißrußland bis zur Polozker Linie verlaufen. Da Polen voraussichilich keine eigenen Kolonien haben werde, müsse es eine solche Ausdehnung haben, daß die Polnischen Rückwanderer aus Amerika und Westfalen es hinfort nicht nichr nötig hätten, „nach Sachsen" zu gehen, son¬ dern, ohne sich mißhandeln zu lassen und ohne den Deutschen zu dienen, im eigenen Lande Erwerb finden würden, insbesondere in Wolhynien und Podolien, wo die großen staatlichen Latifundien ein vorzügliches An¬ siedelungsgelände wären. Die Entscheidung über die Grenzen Polens dui fe nicht der Klugheit der Politiker und Statistiker auf dem Friedenskongreß überlassen weiden, sondern die Polen müßten ihre Wünsche schon heute durch Erkämpfung der Grenzen, die ihnen unerläßlich erschien en, unterstützen. Nicht umsonst leisteten Deutsch¬ land und Osterreich den Nuthenen in den Kämpfen um das reiche Ostgalizien, die sog. „österreichische Ukraine", Beistand. Auch die Polen müßten dieses wichtige Moment verstehen. Die Westgrenze sei als für die Polen günstig entschieden zu betrachten; ihre ganze Wehrmacht der drei Teilgebiete müsse zum entscheidenden Kampf um die Polnische Ostgrenze verwendet werden. Denn in der endgültigen Regelung dieser Grenze bestehe für die Polnische Sache zugleich die größte Gefahr und der größte Triumph. Die Schriftleitung des „KurjerPoznanski" macht zu diesen größenwahnsinnigen Aus¬ führungen zwar hinsichtlich der Ostgrenze einige bescheidene Vorbehalte, läßt aber im übrigen keinen Zweifel daran, daß ste in ihnen eine brauchbare Grundlage zu ernsten Erörterungen sieht. 4. Auslandsmesse Daß nicht der gesamte Verband von blinder Polenfreundlichkeit erfüllt ist, zeigt ein Aussatz im „Manchester Guardian" vom 18. Februar 1919. Darin heißt es über den Gegenstand „Deutsche und Polen": Wie viele, fragen wir uns, werden sich Wohl gewahr, daß, wenn die Zeitungen von dem deutschen Angriff gegen die Polen sprechen, der wahre Sachverhalt der ist, daß die Polen einen großen Teil deutschen Gebiets über¬ rannt haben, und das Vorgehen der Deutschen nur ein Versuch ist, sie zurückzudrängen oder sie daran zu hindern, noch weiter vorzugehen. Die Provinz Posen, wo die Polen einge¬ brochen sind, ist seit über hundert Jahre deutsch oder Preußisch gewesen, und wenn sie auch an vielen Stellen von Polen bewohnt ist, welche die Deutschen vergebens zu ver¬ deutschen bemüht waren, trifft dies doch nicht überall zu, und auf jeden Fall haben die Polen kein Recht, den Beschlüssen der Friedens¬ konferenz vorzugreifen und ein Gebiet zu überrennen, welches einen einheitlichen Teil des deutschen Staates bildet. Zweifellos würde der größte Teil der Provinz Posen an das wiedererrichtete Polen kommen; den deutschen Widerstand gegen den Polnischen Überfall jedoch als einen Angriff der Deutschen gegen die Polen hinzustellen, ist schnöde Heuchelei. Trotzdem befleißigen sich nahezu alle Zeitungen und Reuter in seinen amtlichen Telegrammen dieser heuch¬ lerischen Sprache, Es mag Wohl unbequem sein, die Polen aus dein von ihn^n unrecht¬ mäßigerweise besetzten Gebiet wieder heraus¬ zubekommen, aber weshalb wird dies nicht zugestanden, anstatt vorzugehen, daß Deutsch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/358>, abgerufen am 18.12.2024.