Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Großgrundbesitz, Sozialisierung und innere Kolonisation oevölkerung das Land verlassen, so muß der Nachwuchs der Landbevölkerung Eine Festigung des deutschen Volksbvdens durch innere Kolonisation muß Dazu kommt noch, daß die Aussichten für eine neue Blüte unserer Industrie Durch Zerkleinerung der Güter wird der Boden intensiver bewirtschaftet II. Auf welche Weise soll nnn eine Beseitigung des übermäßigen Großgrund¬ Das ist unmöglich, da der Ackerbau nicht in rationeller und intensiver Weise Die Grundlage des Ackerbaues ist und bleibt daher das private Eigentum Der landwirtschaftliche Grund und Boden ist eben keine Ware, sondern ein Auch aus politischen Gründen kann eine Sozialisier ung der ganzen deutschen III. Wenn nun eine Aufhebung des Grundbesitzmonopols in der Landwirtschaft 2"
Großgrundbesitz, Sozialisierung und innere Kolonisation oevölkerung das Land verlassen, so muß der Nachwuchs der Landbevölkerung Eine Festigung des deutschen Volksbvdens durch innere Kolonisation muß Dazu kommt noch, daß die Aussichten für eine neue Blüte unserer Industrie Durch Zerkleinerung der Güter wird der Boden intensiver bewirtschaftet II. Auf welche Weise soll nnn eine Beseitigung des übermäßigen Großgrund¬ Das ist unmöglich, da der Ackerbau nicht in rationeller und intensiver Weise Die Grundlage des Ackerbaues ist und bleibt daher das private Eigentum Der landwirtschaftliche Grund und Boden ist eben keine Ware, sondern ein Auch aus politischen Gründen kann eine Sozialisier ung der ganzen deutschen III. Wenn nun eine Aufhebung des Grundbesitzmonopols in der Landwirtschaft 2»
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335209"/> <fw type="header" place="top"> Großgrundbesitz, Sozialisierung und innere Kolonisation</fw><lb/> <p xml:id="ID_89" prev="#ID_88"> oevölkerung das Land verlassen, so muß der Nachwuchs der Landbevölkerung<lb/> und mit ihm allmählich das deutsche Volk in geistiger und körperlicher Beziehung<lb/> gefährdet werden. Sodann füllen statt der abwandernden Deutschen slawische,<lb/> auf tieferer Kulturstufe stehende Wanderarbeiter die leer gewordenen Räume.</p><lb/> <p xml:id="ID_90"> Eine Festigung des deutschen Volksbvdens durch innere Kolonisation muß<lb/> erfolgen, wenn das deutsche Volkstum nicht wie Spreu im Winde vor den anderen,<lb/> es umdrängenden Völkern verwehen soll. Notwendig ist demnach, daß das Land<lb/> wieder bevölkert und seine Volksdichtigkeit erhöht wird. Dies kann nnr geschehen,<lb/> wenn man den übermäßigen Großgrundbesitz beseitigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_91"> Dazu kommt noch, daß die Aussichten für eine neue Blüte unserer Industrie<lb/> bei den unsicheren und trüben politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen,, wenig¬<lb/> stens für die nächste Zeit, nicht allzu groß sind. Es nutz also ein größerer Teil<lb/> des deutschen Volkes wieder in der Landwirtschaft Unterkunft finden, wenn er nicht<lb/> zur Auswanderung gezwungen sein soll. Auch gefährdet ein übermäßiger Gro߬<lb/> grundbesitz in Privatbauten wie jedes Monopol, auf die Dauer die politische<lb/> Freiheit des Volkes.</p><lb/> <p xml:id="ID_92"> Durch Zerkleinerung der Güter wird der Boden intensiver bewirtschaftet<lb/> werden und dies auch der deutschen Volkswirtschaft zugute kommen. Wird doch<lb/> auf der gleichen Fläche Land desto mehr Vieh gehalten, je kleiner die einzelnen<lb/> Wirtschaften sind. Dasselbe gilt vom Obst-, Gemüsebau und von demjenigen der<lb/> Hllnde'sgewächse. Auch der Hackfrüchtebau, der Zuckerrübenbau, wird nicht leiden,<lb/> da Güter in genügender Größe bestehen bleiben müssen und auch genossenschaft¬<lb/> licher Zusammenschluß des Kleingrundbesitzes Ersatz bietet.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> II.</head><lb/> <p xml:id="ID_93"> Auf welche Weise soll nnn eine Beseitigung des übermäßigen Großgrund¬<lb/> besitzes geschehen, soll und kann überhaupt aller Landwirtschaft benutzte Grund und<lb/> Boden in sozialistisches Produktiveigentum umgewandelt und sämtliche landwirt¬<lb/> schaftlichen Betriebe vergesellschaftet werden?</p><lb/> <p xml:id="ID_94"> Das ist unmöglich, da der Ackerbau nicht in rationeller und intensiver Weise<lb/> durch Prvdnttivqesellschaften betrieben weiden kann. Es gibt daher auch keine<lb/> Aktiengesellschaften oder sonstige Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, die reinen<lb/> Acte-dar betreiben. Dies hängt damit zusammen, daß die Maschine in der Land¬<lb/> wirtschaft nie derart menschliche Arbeit ersparen kann wie in der Industrie und<lb/> die landwirtschaftliche Arbeit wegen der Ungewißheit und Unsicherheit des Wetters<lb/> niemals so organisiert und derartig in einzelne Arbeitsprozesse zerlegt und geteilt<lb/> werden kann, wie es die Industrie mit steigendem Vorteil zu tun vermag. Gesell¬<lb/> schaften des bürgerlichen Rechts in der Landwirtschaft sind erst möglich, sobald es<lb/> sich um die industrielle Verwertung von Erzeugnissen der Landwirtschaft handelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_95"> Die Grundlage des Ackerbaues ist und bleibt daher das private Eigentum<lb/> und die Selbstbemirtschaftung des Eigentümers; denn nur der Eigentümer, schon<lb/> nicht einmal in gleicher Weise der langjährige Pächter, wird im eigenen Interesse<lb/> den Boden die nötige Pflege und Melioration angedeihen lassen, die verhindert,<lb/> daß der Boden verarmt, statt daß seine Erträgnisse, wie es die Volksernährung<lb/> erfordert, wachsen.</p><lb/> <p xml:id="ID_96"> Der landwirtschaftliche Grund und Boden ist eben keine Ware, sondern ein<lb/> Produktionsmittel. Aber man rann dieses Produktionsmittel nicht einer Maschine<lb/> gleichstellen, die in kurzer Zeit durch den Gebrauch verbraucht wird, während der<lb/> Boden ewig ist und immer wieder durch Melioration erneuert werden kann.'</p><lb/> <p xml:id="ID_97"> Auch aus politischen Gründen kann eine Sozialisier ung der ganzen deutschen<lb/> Landwirtschaft nicht stattfinden, denn es gibt in Deutschland keine Macht, die so<lb/> stark wäre, daß sie auch der deutschen Bauernschaft ihren Grundbesitz nehmen und<lb/> ihn vergesellschaften könnte.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> III.</head><lb/> <p xml:id="ID_98" next="#ID_99"> Wenn nun eine Aufhebung des Grundbesitzmonopols in der Landwirtschaft<lb/> nicht im Wege der sozialistischen Vergesellschaftung .möglich und für das deutsche</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 2»</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
Großgrundbesitz, Sozialisierung und innere Kolonisation
oevölkerung das Land verlassen, so muß der Nachwuchs der Landbevölkerung
und mit ihm allmählich das deutsche Volk in geistiger und körperlicher Beziehung
gefährdet werden. Sodann füllen statt der abwandernden Deutschen slawische,
auf tieferer Kulturstufe stehende Wanderarbeiter die leer gewordenen Räume.
Eine Festigung des deutschen Volksbvdens durch innere Kolonisation muß
erfolgen, wenn das deutsche Volkstum nicht wie Spreu im Winde vor den anderen,
es umdrängenden Völkern verwehen soll. Notwendig ist demnach, daß das Land
wieder bevölkert und seine Volksdichtigkeit erhöht wird. Dies kann nnr geschehen,
wenn man den übermäßigen Großgrundbesitz beseitigt.
Dazu kommt noch, daß die Aussichten für eine neue Blüte unserer Industrie
bei den unsicheren und trüben politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen,, wenig¬
stens für die nächste Zeit, nicht allzu groß sind. Es nutz also ein größerer Teil
des deutschen Volkes wieder in der Landwirtschaft Unterkunft finden, wenn er nicht
zur Auswanderung gezwungen sein soll. Auch gefährdet ein übermäßiger Gro߬
grundbesitz in Privatbauten wie jedes Monopol, auf die Dauer die politische
Freiheit des Volkes.
Durch Zerkleinerung der Güter wird der Boden intensiver bewirtschaftet
werden und dies auch der deutschen Volkswirtschaft zugute kommen. Wird doch
auf der gleichen Fläche Land desto mehr Vieh gehalten, je kleiner die einzelnen
Wirtschaften sind. Dasselbe gilt vom Obst-, Gemüsebau und von demjenigen der
Hllnde'sgewächse. Auch der Hackfrüchtebau, der Zuckerrübenbau, wird nicht leiden,
da Güter in genügender Größe bestehen bleiben müssen und auch genossenschaft¬
licher Zusammenschluß des Kleingrundbesitzes Ersatz bietet.
II.
Auf welche Weise soll nnn eine Beseitigung des übermäßigen Großgrund¬
besitzes geschehen, soll und kann überhaupt aller Landwirtschaft benutzte Grund und
Boden in sozialistisches Produktiveigentum umgewandelt und sämtliche landwirt¬
schaftlichen Betriebe vergesellschaftet werden?
Das ist unmöglich, da der Ackerbau nicht in rationeller und intensiver Weise
durch Prvdnttivqesellschaften betrieben weiden kann. Es gibt daher auch keine
Aktiengesellschaften oder sonstige Gesellschaften des bürgerlichen Rechts, die reinen
Acte-dar betreiben. Dies hängt damit zusammen, daß die Maschine in der Land¬
wirtschaft nie derart menschliche Arbeit ersparen kann wie in der Industrie und
die landwirtschaftliche Arbeit wegen der Ungewißheit und Unsicherheit des Wetters
niemals so organisiert und derartig in einzelne Arbeitsprozesse zerlegt und geteilt
werden kann, wie es die Industrie mit steigendem Vorteil zu tun vermag. Gesell¬
schaften des bürgerlichen Rechts in der Landwirtschaft sind erst möglich, sobald es
sich um die industrielle Verwertung von Erzeugnissen der Landwirtschaft handelt.
Die Grundlage des Ackerbaues ist und bleibt daher das private Eigentum
und die Selbstbemirtschaftung des Eigentümers; denn nur der Eigentümer, schon
nicht einmal in gleicher Weise der langjährige Pächter, wird im eigenen Interesse
den Boden die nötige Pflege und Melioration angedeihen lassen, die verhindert,
daß der Boden verarmt, statt daß seine Erträgnisse, wie es die Volksernährung
erfordert, wachsen.
Der landwirtschaftliche Grund und Boden ist eben keine Ware, sondern ein
Produktionsmittel. Aber man rann dieses Produktionsmittel nicht einer Maschine
gleichstellen, die in kurzer Zeit durch den Gebrauch verbraucht wird, während der
Boden ewig ist und immer wieder durch Melioration erneuert werden kann.'
Auch aus politischen Gründen kann eine Sozialisier ung der ganzen deutschen
Landwirtschaft nicht stattfinden, denn es gibt in Deutschland keine Macht, die so
stark wäre, daß sie auch der deutschen Bauernschaft ihren Grundbesitz nehmen und
ihn vergesellschaften könnte.
III.
Wenn nun eine Aufhebung des Grundbesitzmonopols in der Landwirtschaft
nicht im Wege der sozialistischen Vergesellschaftung .möglich und für das deutsche
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