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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Materialien zur Polenpolitik

Materialien zur Polenpolitik

[Beginn Spaltensatz]

Die Rolle der Polnischen Geistlichkeit im
Kampfe um den Boden beleuchtet folgende
Notiz des "Przswodnik Katolicki" (Posen),
Ur, 86 vom 8, September 1918, "In der
Stadt Budsin mit 2200 Einwohnern kann
sich ein polnischer Gärtner niederlassen. Die
Lage ist eine zuträgliche an der Bahnstrecke
Posen--Schneidemühl. Außerdem wird ihm
die Pflege des Kirchhofes'gegen ein Entgelt von
600 bis 800 M, jährlich zugesichert. Es ist
ferner eine Wirtschaft von einem evangelischen
Deutschen bei Budsin an der Chaussee käuf¬
lich. Die Wirtschaft ist etwa 300 Morgen
groß und der Morgen kommt auf etwa
800 Mark zu stehen, -- Schließlich ist eine
180 Morgen große Wirtschaft, 7 Kilometer
von der Stadt entfernt, zum Preise von
118000 Mark zu erwerben. In diesen Sachen
wollen sich Reflektanten durch die Redaktion
des "Przewodnik Katolicki" an den Unter¬
zeichneten wenden. Geistlicher Stachowiak,
Budsin, Bezirk Vromberg."

Die Warschauer Polcnpartcic" und die
polnische Frage. In einem Warschauer Brief
der Krakauer "Nowa Nefonna" (Ur. 386 vom
4. September 1918) heißt es: "Was aber die
Lösung der polnischen Frage selbst anbelangt,
so überwiegt im nationalen Zentrum und im
Schoße der polnischen Demokratie folgende
Meinung: die österreichisch-Polnische Lösung
wäre von allen gegenwärtig möglichen Lösungen
bei der gegenwärtig Politischen .Konjunktur
unzweifelhaft die beste. Jedoch steht ihr der
entschiedene Widerstand Deutschlands im Wege
und macht sie Problematisch. Der Widerstand
gegen diese Lösung ist gegenwärtig weit größer
als vor einem Jahre, ja sogar als vor einem
halben Jahre. Aus diesem Grunde ist ein
weiteres Festhalten an dieser Lösung für uns
gewagt und zwar aus folgenden Gründen:
1. wir haben keine Gewißheit, ja nicht ein¬
mal dieWahrscheinlichkeit, daß sich dieseLösung
später durchführen ließe; 2. es könnte uns
eine andere Lösung, die zwar weniger
günstig ist, aber immerhin unserem Volke
neue Aussichten der Entwicklung bietet, un¬
möglich gemacht werden.

[Spaltenumbruch]

Die Deutschen halten daran fest, daß sie
im Falle der österreichisch-polnischen Lösung
einige Westkreise des Königreichs ihrem Staate
einverleiben werden. Bei einer anderen Kom¬
bination hingegen werden sie im Westen
nichts vom Königreich wegnehmen und als
Austausch für vier Kreise des Gouvernements
Suwalki sind sie bereit, das Gouvernement
Grodno und vielleicht noch etwas mehr an
das Königreich abzutreten.

Außerdem versprechen die Deutschen im
Falle dieser zweiten Lösung, mit der Berufung
des Erzherzogs Karl Stephan auf den Thron,
uns die Verwaltung zu übergeben, die beiden
Okkupationen aufzuheben, sich selbst nur die
militärische Oberaufsicht vorzubehalten und
sich mit der Ausstellung eines Polnischen Heeres
von einigen zehntausend Mann einverstanden
zu erklären.

Durch die zweite Lösung der Polnischen
Frage würde also der Bau des Polnischen
Staates bedeutend vorwärts gebracht werden.
DaS Königreich würde seine Westgrenze be¬
halten und seine Ostgrenze weiter vorschieben.
Alles dies würde-schon vor Beendigung des
gegenwärtigen Krieges geschehen, wodurch
unsere Stellung bei den allgemeinen Friedens-
verhandlungen bedeutend gestärkt Werden
würde.

Die Ablehnung dieser Vorschläge würde
uns noch nicht die Sicherheit gewähren, später
eine Lösung im Polnisch-österreichischen Sinne
zu erlangen. Natürlich würde das Verbleiben
Galiziens außerhalb des Polnischen Staates
mit großem Schaden für das Volk verknüpft
sein. Es entsteht aber die Frage, wie die
von deutscher Seite gemachten Schwierigkeiten
zu überwinden Wären. Gegen diese zweite
Lösung erklärt sich die Liga des Polnischen
Staatswesens, die damit rechnet, daß in
einem Jahre die Deutschen in der Ange¬
legenheit des Polnischen Staates nichts mehr
zu sagen haben werden.

Ein Teil der Mitglieder des zwischen-
parleilichen Klubs spricht sich gegenwärtig,
wenn auch zunächst leise, für die österreichisch-
Polnische Lösung aus. Dies ist jedoch durch-

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Die Rolle der Polnischen Geistlichkeit im
Kampfe um den Boden beleuchtet folgende
Notiz des „Przswodnik Katolicki" (Posen),
Ur, 86 vom 8, September 1918, „In der
Stadt Budsin mit 2200 Einwohnern kann
sich ein polnischer Gärtner niederlassen. Die
Lage ist eine zuträgliche an der Bahnstrecke
Posen—Schneidemühl. Außerdem wird ihm
die Pflege des Kirchhofes'gegen ein Entgelt von
600 bis 800 M, jährlich zugesichert. Es ist
ferner eine Wirtschaft von einem evangelischen
Deutschen bei Budsin an der Chaussee käuf¬
lich. Die Wirtschaft ist etwa 300 Morgen
groß und der Morgen kommt auf etwa
800 Mark zu stehen, — Schließlich ist eine
180 Morgen große Wirtschaft, 7 Kilometer
von der Stadt entfernt, zum Preise von
118000 Mark zu erwerben. In diesen Sachen
wollen sich Reflektanten durch die Redaktion
des „Przewodnik Katolicki" an den Unter¬
zeichneten wenden. Geistlicher Stachowiak,
Budsin, Bezirk Vromberg."

Die Warschauer Polcnpartcic» und die
polnische Frage. In einem Warschauer Brief
der Krakauer „Nowa Nefonna" (Ur. 386 vom
4. September 1918) heißt es: „Was aber die
Lösung der polnischen Frage selbst anbelangt,
so überwiegt im nationalen Zentrum und im
Schoße der polnischen Demokratie folgende
Meinung: die österreichisch-Polnische Lösung
wäre von allen gegenwärtig möglichen Lösungen
bei der gegenwärtig Politischen .Konjunktur
unzweifelhaft die beste. Jedoch steht ihr der
entschiedene Widerstand Deutschlands im Wege
und macht sie Problematisch. Der Widerstand
gegen diese Lösung ist gegenwärtig weit größer
als vor einem Jahre, ja sogar als vor einem
halben Jahre. Aus diesem Grunde ist ein
weiteres Festhalten an dieser Lösung für uns
gewagt und zwar aus folgenden Gründen:
1. wir haben keine Gewißheit, ja nicht ein¬
mal dieWahrscheinlichkeit, daß sich dieseLösung
später durchführen ließe; 2. es könnte uns
eine andere Lösung, die zwar weniger
günstig ist, aber immerhin unserem Volke
neue Aussichten der Entwicklung bietet, un¬
möglich gemacht werden.

[Spaltenumbruch]

Die Deutschen halten daran fest, daß sie
im Falle der österreichisch-polnischen Lösung
einige Westkreise des Königreichs ihrem Staate
einverleiben werden. Bei einer anderen Kom¬
bination hingegen werden sie im Westen
nichts vom Königreich wegnehmen und als
Austausch für vier Kreise des Gouvernements
Suwalki sind sie bereit, das Gouvernement
Grodno und vielleicht noch etwas mehr an
das Königreich abzutreten.

Außerdem versprechen die Deutschen im
Falle dieser zweiten Lösung, mit der Berufung
des Erzherzogs Karl Stephan auf den Thron,
uns die Verwaltung zu übergeben, die beiden
Okkupationen aufzuheben, sich selbst nur die
militärische Oberaufsicht vorzubehalten und
sich mit der Ausstellung eines Polnischen Heeres
von einigen zehntausend Mann einverstanden
zu erklären.

Durch die zweite Lösung der Polnischen
Frage würde also der Bau des Polnischen
Staates bedeutend vorwärts gebracht werden.
DaS Königreich würde seine Westgrenze be¬
halten und seine Ostgrenze weiter vorschieben.
Alles dies würde-schon vor Beendigung des
gegenwärtigen Krieges geschehen, wodurch
unsere Stellung bei den allgemeinen Friedens-
verhandlungen bedeutend gestärkt Werden
würde.

Die Ablehnung dieser Vorschläge würde
uns noch nicht die Sicherheit gewähren, später
eine Lösung im Polnisch-österreichischen Sinne
zu erlangen. Natürlich würde das Verbleiben
Galiziens außerhalb des Polnischen Staates
mit großem Schaden für das Volk verknüpft
sein. Es entsteht aber die Frage, wie die
von deutscher Seite gemachten Schwierigkeiten
zu überwinden Wären. Gegen diese zweite
Lösung erklärt sich die Liga des Polnischen
Staatswesens, die damit rechnet, daß in
einem Jahre die Deutschen in der Ange¬
legenheit des Polnischen Staates nichts mehr
zu sagen haben werden.

Ein Teil der Mitglieder des zwischen-
parleilichen Klubs spricht sich gegenwärtig,
wenn auch zunächst leise, für die österreichisch-
Polnische Lösung aus. Dies ist jedoch durch-

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[0064] Materialien zur Polenpolitik Materialien zur Polenpolitik Die Rolle der Polnischen Geistlichkeit im Kampfe um den Boden beleuchtet folgende Notiz des „Przswodnik Katolicki" (Posen), Ur, 86 vom 8, September 1918, „In der Stadt Budsin mit 2200 Einwohnern kann sich ein polnischer Gärtner niederlassen. Die Lage ist eine zuträgliche an der Bahnstrecke Posen—Schneidemühl. Außerdem wird ihm die Pflege des Kirchhofes'gegen ein Entgelt von 600 bis 800 M, jährlich zugesichert. Es ist ferner eine Wirtschaft von einem evangelischen Deutschen bei Budsin an der Chaussee käuf¬ lich. Die Wirtschaft ist etwa 300 Morgen groß und der Morgen kommt auf etwa 800 Mark zu stehen, — Schließlich ist eine 180 Morgen große Wirtschaft, 7 Kilometer von der Stadt entfernt, zum Preise von 118000 Mark zu erwerben. In diesen Sachen wollen sich Reflektanten durch die Redaktion des „Przewodnik Katolicki" an den Unter¬ zeichneten wenden. Geistlicher Stachowiak, Budsin, Bezirk Vromberg." Die Warschauer Polcnpartcic» und die polnische Frage. In einem Warschauer Brief der Krakauer „Nowa Nefonna" (Ur. 386 vom 4. September 1918) heißt es: „Was aber die Lösung der polnischen Frage selbst anbelangt, so überwiegt im nationalen Zentrum und im Schoße der polnischen Demokratie folgende Meinung: die österreichisch-Polnische Lösung wäre von allen gegenwärtig möglichen Lösungen bei der gegenwärtig Politischen .Konjunktur unzweifelhaft die beste. Jedoch steht ihr der entschiedene Widerstand Deutschlands im Wege und macht sie Problematisch. Der Widerstand gegen diese Lösung ist gegenwärtig weit größer als vor einem Jahre, ja sogar als vor einem halben Jahre. Aus diesem Grunde ist ein weiteres Festhalten an dieser Lösung für uns gewagt und zwar aus folgenden Gründen: 1. wir haben keine Gewißheit, ja nicht ein¬ mal dieWahrscheinlichkeit, daß sich dieseLösung später durchführen ließe; 2. es könnte uns eine andere Lösung, die zwar weniger günstig ist, aber immerhin unserem Volke neue Aussichten der Entwicklung bietet, un¬ möglich gemacht werden. Die Deutschen halten daran fest, daß sie im Falle der österreichisch-polnischen Lösung einige Westkreise des Königreichs ihrem Staate einverleiben werden. Bei einer anderen Kom¬ bination hingegen werden sie im Westen nichts vom Königreich wegnehmen und als Austausch für vier Kreise des Gouvernements Suwalki sind sie bereit, das Gouvernement Grodno und vielleicht noch etwas mehr an das Königreich abzutreten. Außerdem versprechen die Deutschen im Falle dieser zweiten Lösung, mit der Berufung des Erzherzogs Karl Stephan auf den Thron, uns die Verwaltung zu übergeben, die beiden Okkupationen aufzuheben, sich selbst nur die militärische Oberaufsicht vorzubehalten und sich mit der Ausstellung eines Polnischen Heeres von einigen zehntausend Mann einverstanden zu erklären. Durch die zweite Lösung der Polnischen Frage würde also der Bau des Polnischen Staates bedeutend vorwärts gebracht werden. DaS Königreich würde seine Westgrenze be¬ halten und seine Ostgrenze weiter vorschieben. Alles dies würde-schon vor Beendigung des gegenwärtigen Krieges geschehen, wodurch unsere Stellung bei den allgemeinen Friedens- verhandlungen bedeutend gestärkt Werden würde. Die Ablehnung dieser Vorschläge würde uns noch nicht die Sicherheit gewähren, später eine Lösung im Polnisch-österreichischen Sinne zu erlangen. Natürlich würde das Verbleiben Galiziens außerhalb des Polnischen Staates mit großem Schaden für das Volk verknüpft sein. Es entsteht aber die Frage, wie die von deutscher Seite gemachten Schwierigkeiten zu überwinden Wären. Gegen diese zweite Lösung erklärt sich die Liga des Polnischen Staatswesens, die damit rechnet, daß in einem Jahre die Deutschen in der Ange¬ legenheit des Polnischen Staates nichts mehr zu sagen haben werden. Ein Teil der Mitglieder des zwischen- parleilichen Klubs spricht sich gegenwärtig, wenn auch zunächst leise, für die österreichisch- Polnische Lösung aus. Dies ist jedoch durch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/64>, abgerufen am 24.11.2024.