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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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mögen, auch noch so schwer, schließlich vernarben, angetanen Schimpf vergißt
kein Volk von Ehre und bestände es aus lauter Pazifisten. Es,ist aber viel mehr
als Schimpf, es ist ekle Besudelung, was die Feinde, weit voran die "Al^reif
Nation", dem deutschen Wesen zu bieten wagten, und mag man im einzelnen
noch so viel "psychologisches" Verständnis aufbringen, die Tatsache bleibt
unerschütterlich: sie hoben einen anderen Geist als wir; wenn dieses Wort für
ihre aus Abgründen des Hasses geborenen Produkte perversester Phantasien nicht
zu schade ist. Jeder, der sich zwingt, die von Avenarius gesammelte Galerie der
Scheußlichkeiten (es hängen auch harmlosere Produkte daneben) aufmerksam zu
durchwandern, muß zu diesem Ergebnis kommen. Oder sagen wir vorsichtiger:
er sollte es."

Gewiß: "Vor Tische las mans anders. Zur Zeit des Burenkrieges haben
französische Karikaturisten ähnliche Greuel wie sie jetzt die bonnes angeblich ver¬
übten, dem geliebten Ententefreunde England nachgesagt. (Vgl die von Avenanus
reproduzierte Nummer der "Assiette an Verirre" aus dem Jahre 1901) ebenso
wie man gelegentlich wohl bei sich selber Grausamkeiten konstatierte (S. 37).
Gewiß: sie haben nicht nur den deutschen Kaiser, sondern auch ihren vergötterten
Bonaparte als Kleinkinderfresser hingestellt. (Die geipi ßten Kinder sind ein altes
Greuelmvtiv, das man am Engländer ebenso wie 1870 am Bayern in Bazeilles
übt, vgl. Trüffel, lVrlistoirs cis Trance en imaZes, 86 e l'ableau.)

Schließlich ist dem Verfasser zuzugeben, daß wir Deutschen, deren Land von
dem eigentlichen Elend des Krieges verschont blieb, es immerhin leichter hatten,
besonnen zu bleiben als zumal die Franzosen, und daß wir keine deißköpfigen
Romanen sind. Trotzalledem, es bleibt ein Rest, der bei aller Entschuldigung und
Erklärung nicht aufgeht, und dieser Nest ist gerade der Bodensatz der Gemeinheit,
ein geistiger Unflat von so widerlichem Verkommen ins Abdominale, und die Kloake,
daß man schaudert. Wir verzichten auf Wiedergabe der betreffenden Schmutzereien,
möge der reife Leser sich selbst überzeugen.

Wahilich wir haben einen anderen Geist als sie, trotz unseres Zusammen¬
bruchs oder gerade deswegen können wir das frei bekennen, und wenn die gewiß
edle Absicht des Kunstwartherausgebers, durch Niedrigeryängen der Pasquille auf
friderizianische Manier den Geist der Verleumdung und Verhetzung auszutreiben,
ihren Zweck erreichen soll: wir haben einen kürzeren Weg der Läuterung zu
gehen als jlne.

Wo hat sich der durch alle Kotgassen der Verleumdung geschleifte Deutsche
je zu solchen Verirrungen erniedrigt? Man zeige uns Beweise. Ehe das nicht
geschieht, halten wir es für einen bedauerlichen Mangel an nationaler Würde,
Artunterschiede zu solchen des Gradis abzuschwächen und jene dadurch zu ver¬
wischen, indem man wie z. B. Edgar Se> iger in der "Frankfurter Zeitung" (bei
Besprechung unseres Buches) vor phansäe-hafler Selbsigerechtigkcit und Üoerhebung
warnt, weil es ja auch auf unserer Seite während des Krieges "Geschmacklosig¬
keiten genng" gegeben habe. Geschmacklosigkeiten gewiß, aber nicht dergleichen
Perversitäien, wie sie das Avenariussche Buch in Fülle bietet, über die allerdings
Herr Steiger milden Auges hinwegsieht. Nein, es ist kein Pharisäerdünkel, hier
den Trennungsstrich scharf zu ziehen (auch der Herausgeber tut das, vgl. beispiels¬
weise S. 136, 222), Wohl aber ist das steigerte Verhalten ein typisches Beispiel
für das krankhafte Gerechtigkeitsgefühl, vor dem schon Klopstock die Deutschen
warnte, und das heute nach unglücklich verlaufenem Kriege -- besonders in einem
Teile unserer Tagespresse -- zu wahren Ekstasen der Selbstbefleckung geführt hat.


Dr. h. V. Meisner.
Carl Jentsch "Volkswirtschaftslehre". Grundbegriffe und Grundsätze der
Volkswirtschaft. Vierte vnbesserte und vermehrte Auslage besorgt von Dr. Anton
Heinrich Rose. Verlag von Fr. Wilh. Grunvw in Leipzig 19l8. Geh. 4,80 M,
geb. 6,50 M.

Die Neuordnung unseres staatlichen Lebens hat mit den Rechten auch die
Pflichten des einzelnen auf eine ungeheure Höhe gehoben. Für jedermann ist


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mögen, auch noch so schwer, schließlich vernarben, angetanen Schimpf vergißt
kein Volk von Ehre und bestände es aus lauter Pazifisten. Es,ist aber viel mehr
als Schimpf, es ist ekle Besudelung, was die Feinde, weit voran die „Al^reif
Nation", dem deutschen Wesen zu bieten wagten, und mag man im einzelnen
noch so viel „psychologisches" Verständnis aufbringen, die Tatsache bleibt
unerschütterlich: sie hoben einen anderen Geist als wir; wenn dieses Wort für
ihre aus Abgründen des Hasses geborenen Produkte perversester Phantasien nicht
zu schade ist. Jeder, der sich zwingt, die von Avenarius gesammelte Galerie der
Scheußlichkeiten (es hängen auch harmlosere Produkte daneben) aufmerksam zu
durchwandern, muß zu diesem Ergebnis kommen. Oder sagen wir vorsichtiger:
er sollte es."

Gewiß: „Vor Tische las mans anders. Zur Zeit des Burenkrieges haben
französische Karikaturisten ähnliche Greuel wie sie jetzt die bonnes angeblich ver¬
übten, dem geliebten Ententefreunde England nachgesagt. (Vgl die von Avenanus
reproduzierte Nummer der „Assiette an Verirre" aus dem Jahre 1901) ebenso
wie man gelegentlich wohl bei sich selber Grausamkeiten konstatierte (S. 37).
Gewiß: sie haben nicht nur den deutschen Kaiser, sondern auch ihren vergötterten
Bonaparte als Kleinkinderfresser hingestellt. (Die geipi ßten Kinder sind ein altes
Greuelmvtiv, das man am Engländer ebenso wie 1870 am Bayern in Bazeilles
übt, vgl. Trüffel, lVrlistoirs cis Trance en imaZes, 86 e l'ableau.)

Schließlich ist dem Verfasser zuzugeben, daß wir Deutschen, deren Land von
dem eigentlichen Elend des Krieges verschont blieb, es immerhin leichter hatten,
besonnen zu bleiben als zumal die Franzosen, und daß wir keine deißköpfigen
Romanen sind. Trotzalledem, es bleibt ein Rest, der bei aller Entschuldigung und
Erklärung nicht aufgeht, und dieser Nest ist gerade der Bodensatz der Gemeinheit,
ein geistiger Unflat von so widerlichem Verkommen ins Abdominale, und die Kloake,
daß man schaudert. Wir verzichten auf Wiedergabe der betreffenden Schmutzereien,
möge der reife Leser sich selbst überzeugen.

Wahilich wir haben einen anderen Geist als sie, trotz unseres Zusammen¬
bruchs oder gerade deswegen können wir das frei bekennen, und wenn die gewiß
edle Absicht des Kunstwartherausgebers, durch Niedrigeryängen der Pasquille auf
friderizianische Manier den Geist der Verleumdung und Verhetzung auszutreiben,
ihren Zweck erreichen soll: wir haben einen kürzeren Weg der Läuterung zu
gehen als jlne.

Wo hat sich der durch alle Kotgassen der Verleumdung geschleifte Deutsche
je zu solchen Verirrungen erniedrigt? Man zeige uns Beweise. Ehe das nicht
geschieht, halten wir es für einen bedauerlichen Mangel an nationaler Würde,
Artunterschiede zu solchen des Gradis abzuschwächen und jene dadurch zu ver¬
wischen, indem man wie z. B. Edgar Se> iger in der „Frankfurter Zeitung" (bei
Besprechung unseres Buches) vor phansäe-hafler Selbsigerechtigkcit und Üoerhebung
warnt, weil es ja auch auf unserer Seite während des Krieges „Geschmacklosig¬
keiten genng" gegeben habe. Geschmacklosigkeiten gewiß, aber nicht dergleichen
Perversitäien, wie sie das Avenariussche Buch in Fülle bietet, über die allerdings
Herr Steiger milden Auges hinwegsieht. Nein, es ist kein Pharisäerdünkel, hier
den Trennungsstrich scharf zu ziehen (auch der Herausgeber tut das, vgl. beispiels¬
weise S. 136, 222), Wohl aber ist das steigerte Verhalten ein typisches Beispiel
für das krankhafte Gerechtigkeitsgefühl, vor dem schon Klopstock die Deutschen
warnte, und das heute nach unglücklich verlaufenem Kriege — besonders in einem
Teile unserer Tagespresse — zu wahren Ekstasen der Selbstbefleckung geführt hat.


Dr. h. V. Meisner.
Carl Jentsch „Volkswirtschaftslehre". Grundbegriffe und Grundsätze der
Volkswirtschaft. Vierte vnbesserte und vermehrte Auslage besorgt von Dr. Anton
Heinrich Rose. Verlag von Fr. Wilh. Grunvw in Leipzig 19l8. Geh. 4,80 M,
geb. 6,50 M.

Die Neuordnung unseres staatlichen Lebens hat mit den Rechten auch die
Pflichten des einzelnen auf eine ungeheure Höhe gehoben. Für jedermann ist


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[0279] Neue Bücher mögen, auch noch so schwer, schließlich vernarben, angetanen Schimpf vergißt kein Volk von Ehre und bestände es aus lauter Pazifisten. Es,ist aber viel mehr als Schimpf, es ist ekle Besudelung, was die Feinde, weit voran die „Al^reif Nation", dem deutschen Wesen zu bieten wagten, und mag man im einzelnen noch so viel „psychologisches" Verständnis aufbringen, die Tatsache bleibt unerschütterlich: sie hoben einen anderen Geist als wir; wenn dieses Wort für ihre aus Abgründen des Hasses geborenen Produkte perversester Phantasien nicht zu schade ist. Jeder, der sich zwingt, die von Avenarius gesammelte Galerie der Scheußlichkeiten (es hängen auch harmlosere Produkte daneben) aufmerksam zu durchwandern, muß zu diesem Ergebnis kommen. Oder sagen wir vorsichtiger: er sollte es." Gewiß: „Vor Tische las mans anders. Zur Zeit des Burenkrieges haben französische Karikaturisten ähnliche Greuel wie sie jetzt die bonnes angeblich ver¬ übten, dem geliebten Ententefreunde England nachgesagt. (Vgl die von Avenanus reproduzierte Nummer der „Assiette an Verirre" aus dem Jahre 1901) ebenso wie man gelegentlich wohl bei sich selber Grausamkeiten konstatierte (S. 37). Gewiß: sie haben nicht nur den deutschen Kaiser, sondern auch ihren vergötterten Bonaparte als Kleinkinderfresser hingestellt. (Die geipi ßten Kinder sind ein altes Greuelmvtiv, das man am Engländer ebenso wie 1870 am Bayern in Bazeilles übt, vgl. Trüffel, lVrlistoirs cis Trance en imaZes, 86 e l'ableau.) Schließlich ist dem Verfasser zuzugeben, daß wir Deutschen, deren Land von dem eigentlichen Elend des Krieges verschont blieb, es immerhin leichter hatten, besonnen zu bleiben als zumal die Franzosen, und daß wir keine deißköpfigen Romanen sind. Trotzalledem, es bleibt ein Rest, der bei aller Entschuldigung und Erklärung nicht aufgeht, und dieser Nest ist gerade der Bodensatz der Gemeinheit, ein geistiger Unflat von so widerlichem Verkommen ins Abdominale, und die Kloake, daß man schaudert. Wir verzichten auf Wiedergabe der betreffenden Schmutzereien, möge der reife Leser sich selbst überzeugen. Wahilich wir haben einen anderen Geist als sie, trotz unseres Zusammen¬ bruchs oder gerade deswegen können wir das frei bekennen, und wenn die gewiß edle Absicht des Kunstwartherausgebers, durch Niedrigeryängen der Pasquille auf friderizianische Manier den Geist der Verleumdung und Verhetzung auszutreiben, ihren Zweck erreichen soll: wir haben einen kürzeren Weg der Läuterung zu gehen als jlne. Wo hat sich der durch alle Kotgassen der Verleumdung geschleifte Deutsche je zu solchen Verirrungen erniedrigt? Man zeige uns Beweise. Ehe das nicht geschieht, halten wir es für einen bedauerlichen Mangel an nationaler Würde, Artunterschiede zu solchen des Gradis abzuschwächen und jene dadurch zu ver¬ wischen, indem man wie z. B. Edgar Se> iger in der „Frankfurter Zeitung" (bei Besprechung unseres Buches) vor phansäe-hafler Selbsigerechtigkcit und Üoerhebung warnt, weil es ja auch auf unserer Seite während des Krieges „Geschmacklosig¬ keiten genng" gegeben habe. Geschmacklosigkeiten gewiß, aber nicht dergleichen Perversitäien, wie sie das Avenariussche Buch in Fülle bietet, über die allerdings Herr Steiger milden Auges hinwegsieht. Nein, es ist kein Pharisäerdünkel, hier den Trennungsstrich scharf zu ziehen (auch der Herausgeber tut das, vgl. beispiels¬ weise S. 136, 222), Wohl aber ist das steigerte Verhalten ein typisches Beispiel für das krankhafte Gerechtigkeitsgefühl, vor dem schon Klopstock die Deutschen warnte, und das heute nach unglücklich verlaufenem Kriege — besonders in einem Teile unserer Tagespresse — zu wahren Ekstasen der Selbstbefleckung geführt hat. Dr. h. V. Meisner. Carl Jentsch „Volkswirtschaftslehre". Grundbegriffe und Grundsätze der Volkswirtschaft. Vierte vnbesserte und vermehrte Auslage besorgt von Dr. Anton Heinrich Rose. Verlag von Fr. Wilh. Grunvw in Leipzig 19l8. Geh. 4,80 M, geb. 6,50 M. Die Neuordnung unseres staatlichen Lebens hat mit den Rechten auch die Pflichten des einzelnen auf eine ungeheure Höhe gehoben. Für jedermann ist

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/279>, abgerufen am 22.07.2024.