Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.Die polnische Frage Übersicht ihrer Entwicklung bis Mitte Juni von Dr. Raimund Friedr. Uaindl eit Jahrzehnten bestehen unter den Polen zwei Parteien. Die Die extreme Partei konnte die Erfüllung ihrer Hoffnungen Das letztere war nun durchaus nicht nach dein Geschmacke aller Polen. *) Darüber mein "Polen und die polnisch - ruthenische Frage", 2. Auflage (Leipzig, '^eubner), **) Auch darüber mein "Polen".
Die polnische Frage Übersicht ihrer Entwicklung bis Mitte Juni von Dr. Raimund Friedr. Uaindl eit Jahrzehnten bestehen unter den Polen zwei Parteien. Die Die extreme Partei konnte die Erfüllung ihrer Hoffnungen Das letztere war nun durchaus nicht nach dein Geschmacke aller Polen. *) Darüber mein „Polen und die polnisch - ruthenische Frage", 2. Auflage (Leipzig, '^eubner), **) Auch darüber mein „Polen".
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[Abbildung]
Die polnische Frage
Übersicht ihrer Entwicklung bis Mitte Juni
von Dr. Raimund Friedr. Uaindl
eit Jahrzehnten bestehen unter den Polen zwei Parteien. Die
eine hält an der jagellouischen Idee (Polen vom Meer zum Meere)
fest, die andere bewegt sich mit ihren Wünschen in erreichbaren
Grenzen.*)
Die extreme Partei konnte die Erfüllung ihrer Hoffnungen
seit der Verinnigung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Österreich nur
auf die dritte Teilungsmacht setzen: nur Rußland konnte den beiden anderen
alle einst polnischen Gebiete entreißen und sie mit Russischpolen verbinden.
Dies war ein Hauptgrund des wachsenden Russophilismus der Allpolen. Ihnen
kam der russische Oberkommandierende Nikolai Nikolajewitsch mit seinem bekannten
Aufruf an die Polen vom 1. August 1914 entgegen, worin er den „ersehnten
Traum" Polens zu verwirklichen versprach. Doch sollte dieses Polen in
brüderlicher Vereinigung mit Nußland unter russischem Zepter erstehen.
Das letztere war nun durchaus nicht nach dein Geschmacke aller Polen.
Diese verzichteten auf die Mitwirkung Rußlands, besonders da dessen vorüber¬
gehende Erfolge rasch zusammenbrachen. Sie hielten sich an die siegreichen
^erbündeten. Einig waren sich diese Polen darin, daß eine Beanspruchung von
-preußischpolen untunlich sei. Dagegen hofften alle auf eine Verbindung von
^alizien mit dem neuen Polen. Wie aber diese zu gestalten sei, darüber
herrschte wieder Uneinigkeit.**) Die einen — die unpraktischen Politiker —
dachten an ein selbständiges Polen, das mit Deutschland und Österreich im
Vundesverhältnis stehen sollte. Die nüchtern denkenden polnischen Führer —
"ne die Krakauer Konservativen — sahen sofort ein, daß Osterreich seine größte
Provinz nicht abtreten könnte und daß daher eine Verbindung dieses Gebietes
^ut Polen nur erfolgen würde, wenn die von Rußland abgetrennten Gebiete
-Polens mit Galizien zu einem einheitlichen staatlichen Organismus im Nahmen
des österreichischen Kaiserstaates vereinigt werden. Diesen Standpunkt billigte nach
dem Falle von Warschau das Oberste Polnische Nationalkomitee (August 1915).
-^an darf annehmen, daß für diese Entschließung nicht nur die Niederlage
*) Darüber mein „Polen und die polnisch - ruthenische Frage", 2. Auflage (Leipzig,
'^eubner),
**) Auch darüber mein „Polen".
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