Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.Unser Verhältnis zu Japan Amtsgerichtsrat Gustav Schneider Von n den Nummern 24 und 33 der "Grenzboten" von 1916 wurde Als Japan am 15. August Z914 uns in dem bekannten Ultimatum den Unser Verhältnis zu Japan Amtsgerichtsrat Gustav Schneider Von n den Nummern 24 und 33 der „Grenzboten" von 1916 wurde Als Japan am 15. August Z914 uns in dem bekannten Ultimatum den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0116" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/331526"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341905_331409/figures/grenzboten_341905_331409_331526_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Unser Verhältnis zu Japan<lb/><note type="byline"> Amtsgerichtsrat Gustav Schneider</note> Von</head><lb/> <p xml:id="ID_353"> n den Nummern 24 und 33 der „Grenzboten" von 1916 wurde<lb/> auf die politischen Werke E. von Hartmanns als auf eine Fund¬<lb/> grube politischer Weisheit hingewiesen, und ganz besonders das<lb/> Hartmannsche Buch „Zwei Jahrzehnte deutscher Politik" (1889)<lb/> gerühmt. In diesem Werke findet sich auf Seite 368 ein Satz,<lb/> den man gerade uns Deutschen immer und immer wieder einschärfen muß:<lb/> „Wenn es schon töricht ist, auf Dankbarkeit in der Politik zu rechnen, so ist es<lb/> doppelt töricht, sich durch Ärger über Vergangenes, durch Schmollen und Grollen<lb/> in seinen Entschließungen beeinflussen zu lassen." Wem fällt bei dem ersten<lb/> Teile dieses Satzes nicht unsere früher gegenüber unseren jetzigen Feinden be¬<lb/> triebene Politik ein; besonders unser Verhalten gegenüber Rußland in den<lb/> Jahren 1356, 1863, 1870, 1878, 1904 und 1905! Aber der Unmut, der<lb/> unsere Seele wegen der Undankbarkeit unserer Feinde, ja wegen der von einigen<lb/> sogar begangenen Treulosigkeit, beschleichen will, muß durch die nüchterne,<lb/> realpolitische Erwägung und Mahnung gedämpft werden, die der letzte Teil<lb/> jenes Satzes zum Ausdruck bringt. Wir dürfen uns nur fragen: mit welchen<lb/> Lebensinteressen unserer heutigen Gegner werden sich in Zukunft die unsrigen<lb/> dauernd kreuzen; wo find schwer oder gar nicht ausgleichbare Gegensätze vor¬<lb/> handen? Rudolf Kjellöns Werk „Die politischen Probleme des Weltkrieges"<lb/> (1915) bietet ein Muster solcher Untersuchung. Hier soll die Frage, ob für<lb/> uns die „östliche Orientierung" in Zukunft angezeigt sei, in dem gewöhnlichen<lb/> Sinne dieses Ausdrucks nicht breiter erörtert, zunächst sogar ganz von ihr ab¬<lb/> gesehen, dagegen unser Verhältnis zu der Großmacht des fernen Ostens, zu<lb/> Japan, untersucht und etwas eingehender behandelt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_354" next="#ID_355"> Als Japan am 15. August Z914 uns in dem bekannten Ultimatum den<lb/> „Rat gab", die uns von ihm unterbreiteten Vorschläge auszuführen, knüpfte es<lb/> bewußt an den „freundschaftlichen Rat" an, den wir den Japanern bei Be¬<lb/> endigung des chinesisch-japanischen Krieges im Jahre 1895 gaben: ste sollten<lb/> ihre Forderungen, Rußlands wegen, mäßigen und bescheiden. Indem wir<lb/> damals im Frieden von Shimonoseki zusammen mit Frankreich und Rußland<lb/> den Japanern in den Arm fielen, begingen wir freilich eine Unklugheit, die<lb/> aber in Japan bald in Vergessenheit geraten wäre, wenn nicht England zick-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0116]
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Unser Verhältnis zu Japan
Amtsgerichtsrat Gustav Schneider Von
n den Nummern 24 und 33 der „Grenzboten" von 1916 wurde
auf die politischen Werke E. von Hartmanns als auf eine Fund¬
grube politischer Weisheit hingewiesen, und ganz besonders das
Hartmannsche Buch „Zwei Jahrzehnte deutscher Politik" (1889)
gerühmt. In diesem Werke findet sich auf Seite 368 ein Satz,
den man gerade uns Deutschen immer und immer wieder einschärfen muß:
„Wenn es schon töricht ist, auf Dankbarkeit in der Politik zu rechnen, so ist es
doppelt töricht, sich durch Ärger über Vergangenes, durch Schmollen und Grollen
in seinen Entschließungen beeinflussen zu lassen." Wem fällt bei dem ersten
Teile dieses Satzes nicht unsere früher gegenüber unseren jetzigen Feinden be¬
triebene Politik ein; besonders unser Verhalten gegenüber Rußland in den
Jahren 1356, 1863, 1870, 1878, 1904 und 1905! Aber der Unmut, der
unsere Seele wegen der Undankbarkeit unserer Feinde, ja wegen der von einigen
sogar begangenen Treulosigkeit, beschleichen will, muß durch die nüchterne,
realpolitische Erwägung und Mahnung gedämpft werden, die der letzte Teil
jenes Satzes zum Ausdruck bringt. Wir dürfen uns nur fragen: mit welchen
Lebensinteressen unserer heutigen Gegner werden sich in Zukunft die unsrigen
dauernd kreuzen; wo find schwer oder gar nicht ausgleichbare Gegensätze vor¬
handen? Rudolf Kjellöns Werk „Die politischen Probleme des Weltkrieges"
(1915) bietet ein Muster solcher Untersuchung. Hier soll die Frage, ob für
uns die „östliche Orientierung" in Zukunft angezeigt sei, in dem gewöhnlichen
Sinne dieses Ausdrucks nicht breiter erörtert, zunächst sogar ganz von ihr ab¬
gesehen, dagegen unser Verhältnis zu der Großmacht des fernen Ostens, zu
Japan, untersucht und etwas eingehender behandelt werden.
Als Japan am 15. August Z914 uns in dem bekannten Ultimatum den
„Rat gab", die uns von ihm unterbreiteten Vorschläge auszuführen, knüpfte es
bewußt an den „freundschaftlichen Rat" an, den wir den Japanern bei Be¬
endigung des chinesisch-japanischen Krieges im Jahre 1895 gaben: ste sollten
ihre Forderungen, Rußlands wegen, mäßigen und bescheiden. Indem wir
damals im Frieden von Shimonoseki zusammen mit Frankreich und Rußland
den Japanern in den Arm fielen, begingen wir freilich eine Unklugheit, die
aber in Japan bald in Vergessenheit geraten wäre, wenn nicht England zick-
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