Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.Ein Besuch auf dem Lande August Rarl Bützow von rühlingsstimmung. Hellblauer Himmel, feuchte von Segen Ist das wirklich ein Bild des Krieges oder gibt es draußen nur holden Das erste Gespräch mit dem Landwirt, der dich in seinem noch winter¬ -- Sie kommen aus Berlin, wo die Politik gemacht wird. Sagen Sie, -- Viel Fragen auf einmal. Sie lesen natürlich nur Reventlows Ein Besuch auf dem Lande August Rarl Bützow von rühlingsstimmung. Hellblauer Himmel, feuchte von Segen Ist das wirklich ein Bild des Krieges oder gibt es draußen nur holden Das erste Gespräch mit dem Landwirt, der dich in seinem noch winter¬ — Sie kommen aus Berlin, wo die Politik gemacht wird. Sagen Sie, — Viel Fragen auf einmal. Sie lesen natürlich nur Reventlows <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0128" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330228"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341903_330101/figures/grenzboten_341903_330101_330228_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ein Besuch auf dem Lande<lb/><note type="byline"> August Rarl Bützow</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_433"> rühlingsstimmung. Hellblauer Himmel, feuchte von Segen<lb/> schwangere Luft, große weiße Wolken mit dunklen Rändern, die<lb/> sich übereinanderschieben, als ob sie die Geheimnisse der gnaden-<lb/> spendenden Gottheit, die sich hinter ihnen birgt, verhüllen wollten.<lb/> ! Wiesen, noch bräunlichrot von der Winterfeuchtigkeit, die lange<lb/> auf ihnen stand, Wasserflecken umringt von strotzendfrohen Dotterblumen,<lb/> zwischen den Wiesen die Wasserkanäle angefüllt bis dicht zum Rande. In<lb/> ihnen spiegeln sich freundlich Himmel und Wolken. Gleitet ein Kahn über<lb/> sie hinweg, so hat man Angst, daß der Wasserlauf die Felder überfluten<lb/> könnte. Ochsengespanne, die mit dem gelbweiß der bayerischen Rasse freundlich<lb/> das grüne Bild beleben. Überall zwischen den Wiesen hohe Pappeln die die<lb/> ersten Kätzchen im Frühjahrswinde schaukeln. Wenn im benachbarten Gebüsch<lb/> nach einem starken Aprilregen die Sonnenstrahlen in die knospende Herrlich¬<lb/> keit hineinschauen, so atmest du tief und froh — und das Glück des keimenden<lb/> Lebens erfüllt dich ganz.</p><lb/> <p xml:id="ID_434"> Ist das wirklich ein Bild des Krieges oder gibt es draußen nur holden<lb/> süßen Frieden?</p><lb/> <p xml:id="ID_435"> Das erste Gespräch mit dem Landwirt, der dich in seinem noch winter¬<lb/> kalten Hause empfängt, vor dem die Kastanienbäume schwellen, und die Rho¬<lb/> dodendren mit dicken Knospen nach wärmeren Sonnenstrahlen auslugen, belehrt<lb/> dich, daß du geträumt hast. Die Menschen sind unruhig da draußen in der<lb/> Natur, wie wir drinnen in den Großstädten, erfüllt von der Unruhe der<lb/> Schlachten, die fernab von uns toben.</p><lb/> <p xml:id="ID_436"> — Sie kommen aus Berlin, wo die Politik gemacht wird. Sagen Sie,<lb/> wie steht die Sache? Militärisch ist natürlich unsere Lage ausgezeichnet, aber<lb/> wie liegt die Geschichte diplomatisch, was will Bethmanns Rede wirklich be¬<lb/> deuten? Mußte Tirpitz gehen? Was macht Amerika? Wird Wilson uns zur<lb/> gegebenen Zeit, wenn die Sache gerade so weit ist, daß sie fertig werden<lb/> könnte, den Knüppel zwischen die Beine werfen?</p><lb/> <p xml:id="ID_437" next="#ID_438"> — Viel Fragen auf einmal. Sie lesen natürlich nur Reventlows<lb/> Artikel und weit und breit, wohin Sie kommen, hören Sie nur das eine Echo.<lb/> Daß Tirpitz ging, gehen mußte, oder besser durchaus gehen wollte — hat<lb/> auch bei uns jeder bedauert. Seine Schule aber wird uns bleiben, und das<lb/> ist das wesentliche. Namen tun nichts zur Sache. Männer und Taten bleiben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0128]
[Abbildung]
Ein Besuch auf dem Lande
August Rarl Bützow von
rühlingsstimmung. Hellblauer Himmel, feuchte von Segen
schwangere Luft, große weiße Wolken mit dunklen Rändern, die
sich übereinanderschieben, als ob sie die Geheimnisse der gnaden-
spendenden Gottheit, die sich hinter ihnen birgt, verhüllen wollten.
! Wiesen, noch bräunlichrot von der Winterfeuchtigkeit, die lange
auf ihnen stand, Wasserflecken umringt von strotzendfrohen Dotterblumen,
zwischen den Wiesen die Wasserkanäle angefüllt bis dicht zum Rande. In
ihnen spiegeln sich freundlich Himmel und Wolken. Gleitet ein Kahn über
sie hinweg, so hat man Angst, daß der Wasserlauf die Felder überfluten
könnte. Ochsengespanne, die mit dem gelbweiß der bayerischen Rasse freundlich
das grüne Bild beleben. Überall zwischen den Wiesen hohe Pappeln die die
ersten Kätzchen im Frühjahrswinde schaukeln. Wenn im benachbarten Gebüsch
nach einem starken Aprilregen die Sonnenstrahlen in die knospende Herrlich¬
keit hineinschauen, so atmest du tief und froh — und das Glück des keimenden
Lebens erfüllt dich ganz.
Ist das wirklich ein Bild des Krieges oder gibt es draußen nur holden
süßen Frieden?
Das erste Gespräch mit dem Landwirt, der dich in seinem noch winter¬
kalten Hause empfängt, vor dem die Kastanienbäume schwellen, und die Rho¬
dodendren mit dicken Knospen nach wärmeren Sonnenstrahlen auslugen, belehrt
dich, daß du geträumt hast. Die Menschen sind unruhig da draußen in der
Natur, wie wir drinnen in den Großstädten, erfüllt von der Unruhe der
Schlachten, die fernab von uns toben.
— Sie kommen aus Berlin, wo die Politik gemacht wird. Sagen Sie,
wie steht die Sache? Militärisch ist natürlich unsere Lage ausgezeichnet, aber
wie liegt die Geschichte diplomatisch, was will Bethmanns Rede wirklich be¬
deuten? Mußte Tirpitz gehen? Was macht Amerika? Wird Wilson uns zur
gegebenen Zeit, wenn die Sache gerade so weit ist, daß sie fertig werden
könnte, den Knüppel zwischen die Beine werfen?
— Viel Fragen auf einmal. Sie lesen natürlich nur Reventlows
Artikel und weit und breit, wohin Sie kommen, hören Sie nur das eine Echo.
Daß Tirpitz ging, gehen mußte, oder besser durchaus gehen wollte — hat
auch bei uns jeder bedauert. Seine Schule aber wird uns bleiben, und das
ist das wesentliche. Namen tun nichts zur Sache. Männer und Taten bleiben.
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