Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Deutschland und Neu - Griechenland von Lisenbahn-Direktions-Präsident a, D. Wirklichen Geheimen Vberbaurat Ludwig Schwerins AM Aber auch sonst hatte das Land und das Volk zunächst nicht die Er¬ Alle diese Verhältnisse hatten die Stimmung in Europa dem Lande gegen¬ Deutschland und Neu - Griechenland von Lisenbahn-Direktions-Präsident a, D. Wirklichen Geheimen Vberbaurat Ludwig Schwerins AM Aber auch sonst hatte das Land und das Volk zunächst nicht die Er¬ Alle diese Verhältnisse hatten die Stimmung in Europa dem Lande gegen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0067" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328801"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341899_328733/figures/grenzboten_341899_328733_328801_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Deutschland und Neu - Griechenland<lb/><note type="byline"> von Lisenbahn-Direktions-Präsident a, D.<lb/> Wirklichen Geheimen Vberbaurat Ludwig Schwerins</note></head><lb/> <p xml:id="ID_198"> AM<lb/> MI riechenland, uns Deutschen aus seiner ruhmvollen Vergangenheit<lb/> durch Schule. Wissenschaft und Kunst nahe gebracht, hatte in den<lb/> letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts stark an Interesse und<lb/> Sympathie verloren. Besonders der schlecht vorbereitete Krieg<lb/> " von 1897 hatte mit allen seinen Folgeerscheinungen die frühere<lb/> Achtung vor dem Griechenvolk stark erschüttert.</p><lb/> <p xml:id="ID_199"> Aber auch sonst hatte das Land und das Volk zunächst nicht die Er¬<lb/> wartungen erfüllt, die man in früherer Zeit, als das Land nach dem zehn¬<lb/> jährigen, heldenmütig geführten Freiheitskämpfe ein selbständiger Staat geworden<lb/> war. gehegt hatte. Die Leichtigkeit des Kredits veranlaßte Griechenland seiner<lb/> Zeit zur Kontrahierung einer ungeheuren Staatsschuld, ohne daß die Mittel<lb/> vernünftig angewendet wurden. Zwecklose, unvollendete Straßenanlagen, drei¬<lb/> malige Mobilmachungen, Unterstützung kretischer Aufstände und Flüchtling -ver¬<lb/> schlangen ungeheure Summen und führten schließlich zu dem Staatsbankerott<lb/> von 1893, der nach innen und außen dem Lande unermeßlichen Schaden tat<lb/> und ihm die Sympathien Europas einbüßen ließ. Auch traten im politischen<lb/> Leben, wie im gesamten Staatswesen arge Mißstände hervor. In der Politik<lb/> des Tages zeigte sich ein Aufgehen in Parteipolitik, die zuweilen alles zu ver¬<lb/> schlingen drohte. Das Hineintragen der Politik in das Offizierkorps und das<lb/> Heer erschütterte noch vor wenigen Jahren die Grundfesten des Staats. Die<lb/> Abhängigkeit der Beamtenschaft von der Partei ging soweit, daß mit jedem<lb/> Ministerium ein großer Teil der Beamtenschaft wechselte.</p><lb/> <p xml:id="ID_200" next="#ID_201"> Alle diese Verhältnisse hatten die Stimmung in Europa dem Lande gegen¬<lb/> über in ungünstigster Weise beeinflußt. Aber sie sind erklärlich. Die Ursache<lb/> liegt wohl hauptsächlich in dem schnellen Übergange von Faustrecht und Sklaverei<lb/> zu ungebundenster politischer Freiheit. Die wohltätige Schule des aufgeklärten<lb/> Absolutismus, der in den übrigen Staaten zwischen der Gebundenheit des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0067]
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Deutschland und Neu - Griechenland
von Lisenbahn-Direktions-Präsident a, D.
Wirklichen Geheimen Vberbaurat Ludwig Schwerins
AM
MI riechenland, uns Deutschen aus seiner ruhmvollen Vergangenheit
durch Schule. Wissenschaft und Kunst nahe gebracht, hatte in den
letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts stark an Interesse und
Sympathie verloren. Besonders der schlecht vorbereitete Krieg
" von 1897 hatte mit allen seinen Folgeerscheinungen die frühere
Achtung vor dem Griechenvolk stark erschüttert.
Aber auch sonst hatte das Land und das Volk zunächst nicht die Er¬
wartungen erfüllt, die man in früherer Zeit, als das Land nach dem zehn¬
jährigen, heldenmütig geführten Freiheitskämpfe ein selbständiger Staat geworden
war. gehegt hatte. Die Leichtigkeit des Kredits veranlaßte Griechenland seiner
Zeit zur Kontrahierung einer ungeheuren Staatsschuld, ohne daß die Mittel
vernünftig angewendet wurden. Zwecklose, unvollendete Straßenanlagen, drei¬
malige Mobilmachungen, Unterstützung kretischer Aufstände und Flüchtling -ver¬
schlangen ungeheure Summen und führten schließlich zu dem Staatsbankerott
von 1893, der nach innen und außen dem Lande unermeßlichen Schaden tat
und ihm die Sympathien Europas einbüßen ließ. Auch traten im politischen
Leben, wie im gesamten Staatswesen arge Mißstände hervor. In der Politik
des Tages zeigte sich ein Aufgehen in Parteipolitik, die zuweilen alles zu ver¬
schlingen drohte. Das Hineintragen der Politik in das Offizierkorps und das
Heer erschütterte noch vor wenigen Jahren die Grundfesten des Staats. Die
Abhängigkeit der Beamtenschaft von der Partei ging soweit, daß mit jedem
Ministerium ein großer Teil der Beamtenschaft wechselte.
Alle diese Verhältnisse hatten die Stimmung in Europa dem Lande gegen¬
über in ungünstigster Weise beeinflußt. Aber sie sind erklärlich. Die Ursache
liegt wohl hauptsächlich in dem schnellen Übergange von Faustrecht und Sklaverei
zu ungebundenster politischer Freiheit. Die wohltätige Schule des aufgeklärten
Absolutismus, der in den übrigen Staaten zwischen der Gebundenheit des
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