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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Bildungsfragen

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eine schon allgemein beobachtete und fest¬
gestellte Erscheinung unserer Gegenwarts¬
kultur, daß man die jungen Leute möglichst
frühe für den zukünftigen Beruf vorzubereiten
versucht; die Gründe dieser Erscheinung sind
verschiedenster Natur. Daß natürlich die
Volksschule durch Abgang einiger besserer
Schüler nach dem Seminare in ihrer obersten
Klasse gute Kräfte verliert, ist klar. Aber
bedauert etwa der Lehrer an anderen höheren
Schulen die Tatsache allzusehr, daß er der
Volksschule für die letzten vier Schuljahre
die besten Schüler entzieht? -- Daß man
Platz für eine neuere Fremdsprache am Se¬
minare durch "weise Mäßigung" in anderen
Fächern schaffen und so das siebente Jahr
vermeiden konnte, ist eine uns Seminar¬
lehrern nicht neue Ansicht, deren Verwirk¬
lichung dem Vorwurf der Oberflächlichkeit im
wissenschaftlichen Betriebe, der bisher schon
dem Seminare von gewisser Seite aus gern
gemacht wurde, zu seiner Berechtigung ver¬
helfen würde.

Herr Dr. Quandt wendet sich dann
zu den Anforderungen, die an die Seminar¬
kandidaten bei der Aufnahmeprüfung gestellt
werden. Er glaubt, daß nun "der schon jetzt
leider von ehrgeizigen Lehrern in Klassen mit
Seminaranwärtern . . . geübte Examensdrill
(Anm. d. Verf.: Von dem wir Seminar¬
lehrer bis jetzt herzlich wenig gespürt haben!)
noch weitere Dimensionen annimmt, ja zur
Notwendigkeit wird." Wir sind vom Gegen¬
teil überzeugt. Wer die Anforderungen für
die Aufnahmeprüfung aufmerksam durchliest,
dem muß klar werden, daß sie gerade ver¬
suchen, die übermäßige Bewertung des ein¬
gedrillten Wissens auszuschalten und der
Denkfähigkeit, der geistigen Beweglichkeit, die
beim Stadt- und Landkinde bis zu gewissem

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Bildungsfragen

[Spaltenumbruch]

eine schon allgemein beobachtete und fest¬
gestellte Erscheinung unserer Gegenwarts¬
kultur, daß man die jungen Leute möglichst
frühe für den zukünftigen Beruf vorzubereiten
versucht; die Gründe dieser Erscheinung sind
verschiedenster Natur. Daß natürlich die
Volksschule durch Abgang einiger besserer
Schüler nach dem Seminare in ihrer obersten
Klasse gute Kräfte verliert, ist klar. Aber
bedauert etwa der Lehrer an anderen höheren
Schulen die Tatsache allzusehr, daß er der
Volksschule für die letzten vier Schuljahre
die besten Schüler entzieht? — Daß man
Platz für eine neuere Fremdsprache am Se¬
minare durch „weise Mäßigung" in anderen
Fächern schaffen und so das siebente Jahr
vermeiden konnte, ist eine uns Seminar¬
lehrern nicht neue Ansicht, deren Verwirk¬
lichung dem Vorwurf der Oberflächlichkeit im
wissenschaftlichen Betriebe, der bisher schon
dem Seminare von gewisser Seite aus gern
gemacht wurde, zu seiner Berechtigung ver¬
helfen würde.

Herr Dr. Quandt wendet sich dann
zu den Anforderungen, die an die Seminar¬
kandidaten bei der Aufnahmeprüfung gestellt
werden. Er glaubt, daß nun „der schon jetzt
leider von ehrgeizigen Lehrern in Klassen mit
Seminaranwärtern . . . geübte Examensdrill
(Anm. d. Verf.: Von dem wir Seminar¬
lehrer bis jetzt herzlich wenig gespürt haben!)
noch weitere Dimensionen annimmt, ja zur
Notwendigkeit wird." Wir sind vom Gegen¬
teil überzeugt. Wer die Anforderungen für
die Aufnahmeprüfung aufmerksam durchliest,
dem muß klar werden, daß sie gerade ver¬
suchen, die übermäßige Bewertung des ein¬
gedrillten Wissens auszuschalten und der
Denkfähigkeit, der geistigen Beweglichkeit, die
beim Stadt- und Landkinde bis zu gewissem

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[0058] [Abbildung] Maßgebliches und Unmaßgebliches Bildungsfragen eine schon allgemein beobachtete und fest¬ gestellte Erscheinung unserer Gegenwarts¬ kultur, daß man die jungen Leute möglichst frühe für den zukünftigen Beruf vorzubereiten versucht; die Gründe dieser Erscheinung sind verschiedenster Natur. Daß natürlich die Volksschule durch Abgang einiger besserer Schüler nach dem Seminare in ihrer obersten Klasse gute Kräfte verliert, ist klar. Aber bedauert etwa der Lehrer an anderen höheren Schulen die Tatsache allzusehr, daß er der Volksschule für die letzten vier Schuljahre die besten Schüler entzieht? — Daß man Platz für eine neuere Fremdsprache am Se¬ minare durch „weise Mäßigung" in anderen Fächern schaffen und so das siebente Jahr vermeiden konnte, ist eine uns Seminar¬ lehrern nicht neue Ansicht, deren Verwirk¬ lichung dem Vorwurf der Oberflächlichkeit im wissenschaftlichen Betriebe, der bisher schon dem Seminare von gewisser Seite aus gern gemacht wurde, zu seiner Berechtigung ver¬ helfen würde. Herr Dr. Quandt wendet sich dann zu den Anforderungen, die an die Seminar¬ kandidaten bei der Aufnahmeprüfung gestellt werden. Er glaubt, daß nun „der schon jetzt leider von ehrgeizigen Lehrern in Klassen mit Seminaranwärtern . . . geübte Examensdrill (Anm. d. Verf.: Von dem wir Seminar¬ lehrer bis jetzt herzlich wenig gespürt haben!) noch weitere Dimensionen annimmt, ja zur Notwendigkeit wird." Wir sind vom Gegen¬ teil überzeugt. Wer die Anforderungen für die Aufnahmeprüfung aufmerksam durchliest, dem muß klar werden, daß sie gerade ver¬ suchen, die übermäßige Bewertung des ein¬ gedrillten Wissens auszuschalten und der Denkfähigkeit, der geistigen Beweglichkeit, die beim Stadt- und Landkinde bis zu gewissem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/58>, abgerufen am 13.11.2024.