Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Geharnischte Sonette Es kommt eine Zeit, wo die Menschen in neue Rangordnungen gestellt Der Geist unseres Volkes, der in dieser ehernen Zeit aufflammt in Be¬ Geharnischte Sonette i. "Der Gott, der Eisen wachsen ließ" -- so sang Vor mehr als hundert Jahren uns ein Dichter, Als das verruchte gallische Gelichter schmachvoll das deutsche Reich in Ketten zwang. Da ward die Weltgeschichte Weltenrichter: Nicht Knecht sein sollte Deutschland; stolz und frank Erhob sichs aus des Riesenkampfes Drang Und fegte von dem Thron den Erzvernichter. Heut wieder droht dem teuren Vaterland Von West und Ost der Feind zehnfach Verderben: O,-kommt nur an, es soll euch schlecht geraten I Denn wieder wuchs der Stahl uns in die Hand, Um unsres Reiches Freiheit woll'n wir werben, Und sollten bis zum Kinn durch Blut wir waten! Geharnischte Sonette Es kommt eine Zeit, wo die Menschen in neue Rangordnungen gestellt Der Geist unseres Volkes, der in dieser ehernen Zeit aufflammt in Be¬ Geharnischte Sonette i. „Der Gott, der Eisen wachsen ließ" — so sang Vor mehr als hundert Jahren uns ein Dichter, Als das verruchte gallische Gelichter schmachvoll das deutsche Reich in Ketten zwang. Da ward die Weltgeschichte Weltenrichter: Nicht Knecht sein sollte Deutschland; stolz und frank Erhob sichs aus des Riesenkampfes Drang Und fegte von dem Thron den Erzvernichter. Heut wieder droht dem teuren Vaterland Von West und Ost der Feind zehnfach Verderben: O,-kommt nur an, es soll euch schlecht geraten I Denn wieder wuchs der Stahl uns in die Hand, Um unsres Reiches Freiheit woll'n wir werben, Und sollten bis zum Kinn durch Blut wir waten! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0385" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329119"/> <fw type="header" place="top"> Geharnischte Sonette</fw><lb/> <p xml:id="ID_1287"> Es kommt eine Zeit, wo die Menschen in neue Rangordnungen gestellt<lb/> werden: auf der einen Stufe werden die sein, die Intelligenz, Kraft und Mut<lb/> besitzen, herrliche, gefährliche Dinge zu tun, und auf der nächsten diejenigen, die<lb/> das bescheidenere Niveau bevorzugen. Ich glaube nicht, daß im Kriege der<lb/> Zukunft Zahlen schwer ins Gewicht fallen werden, und ich glaube, daß, sobald<lb/> wohlorganisierte Intelligenz gegen eine Majorität streitet, die Majorität keine die<lb/> Wage haltende Widerstandskraft zur Verfügung haben wird. . ."</p><lb/> <p xml:id="ID_1288"> Der Geist unseres Volkes, der in dieser ehernen Zeit aufflammt in Be¬<lb/> geisterung, bedarf der Ermutigung nicht. Dennoch wird es viele interessieren<lb/> zu hören, daß die Zuversicht drüben so groß nicht ist, besonders da die Stimme<lb/> dieses ernsten Denkers viel mehr Bedeutung hat als der Streit unserer Parteien,<lb/> den man im Auslande für eine Gefährdung der deutschen Einheit hielt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Geharnischte Sonette </head><lb/> <div n="2"> <head> i.</head> <lg xml:id="POEMID_15" type="poem"> <l> „Der Gott, der Eisen wachsen ließ" — so sang<lb/> Vor mehr als hundert Jahren uns ein Dichter,<lb/> Als das verruchte gallische Gelichter<lb/> schmachvoll das deutsche Reich in Ketten zwang.</l> <l> Da ward die Weltgeschichte Weltenrichter:<lb/> Nicht Knecht sein sollte Deutschland; stolz und frank<lb/> Erhob sichs aus des Riesenkampfes Drang<lb/> Und fegte von dem Thron den Erzvernichter.</l> <l> Heut wieder droht dem teuren Vaterland<lb/> Von West und Ost der Feind zehnfach Verderben:<lb/> O,-kommt nur an, es soll euch schlecht geraten I</l> <l> Denn wieder wuchs der Stahl uns in die Hand,<lb/> Um unsres Reiches Freiheit woll'n wir werben,<lb/> Und sollten bis zum Kinn durch Blut wir waten!</l> </lg> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0385]
Geharnischte Sonette
Es kommt eine Zeit, wo die Menschen in neue Rangordnungen gestellt
werden: auf der einen Stufe werden die sein, die Intelligenz, Kraft und Mut
besitzen, herrliche, gefährliche Dinge zu tun, und auf der nächsten diejenigen, die
das bescheidenere Niveau bevorzugen. Ich glaube nicht, daß im Kriege der
Zukunft Zahlen schwer ins Gewicht fallen werden, und ich glaube, daß, sobald
wohlorganisierte Intelligenz gegen eine Majorität streitet, die Majorität keine die
Wage haltende Widerstandskraft zur Verfügung haben wird. . ."
Der Geist unseres Volkes, der in dieser ehernen Zeit aufflammt in Be¬
geisterung, bedarf der Ermutigung nicht. Dennoch wird es viele interessieren
zu hören, daß die Zuversicht drüben so groß nicht ist, besonders da die Stimme
dieses ernsten Denkers viel mehr Bedeutung hat als der Streit unserer Parteien,
den man im Auslande für eine Gefährdung der deutschen Einheit hielt.
Geharnischte Sonette
i. „Der Gott, der Eisen wachsen ließ" — so sang
Vor mehr als hundert Jahren uns ein Dichter,
Als das verruchte gallische Gelichter
schmachvoll das deutsche Reich in Ketten zwang. Da ward die Weltgeschichte Weltenrichter:
Nicht Knecht sein sollte Deutschland; stolz und frank
Erhob sichs aus des Riesenkampfes Drang
Und fegte von dem Thron den Erzvernichter. Heut wieder droht dem teuren Vaterland
Von West und Ost der Feind zehnfach Verderben:
O,-kommt nur an, es soll euch schlecht geraten I Denn wieder wuchs der Stahl uns in die Hand,
Um unsres Reiches Freiheit woll'n wir werben,
Und sollten bis zum Kinn durch Blut wir waten!
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