Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Heißer Tag Das Stroh vom Dach ist bald dahin, schon brennen die Balkenjoche. "Leiwer Gott, Jochen, wenn dit man gaud geiht mit dem Leutnant, dat "Hast eben nicht seihn, Willem? De malt dat, Mensch." -- Beißender Rauch fällt die Braven an. Am Boden geduckt kriechen sie "Vorwärts, da links muß es sein!" Die Tür sperrt sich. -- "Faßt zu. Merken! -- So -- noch einmal!" Ein wuchtiger Tritt spaltet Wispernd kriecht an der balkigen Decke das Feuer dahin, gelbes und rotes; Eilt euch, ihr Braven, mit eurer Last, schon brennt der rettende Ausgang, "Bleib junger Ebeling, wahr dein Leben!" Der hört auf die warnenden "Um Gott, der Schornstein!!" Er schwankt, stürzt, trifft. Dumpf prasselt der Steine Schwall, er zer¬ Der Abend Abendfrieden. -- Hoch vom Himmel herab gießt das Nachtgestirn silbernes "Wißt ihr es schon? Da unten am letzten Haus steigt kräuselnder Rauch Heißer Tag Das Stroh vom Dach ist bald dahin, schon brennen die Balkenjoche. „Leiwer Gott, Jochen, wenn dit man gaud geiht mit dem Leutnant, dat „Hast eben nicht seihn, Willem? De malt dat, Mensch." — Beißender Rauch fällt die Braven an. Am Boden geduckt kriechen sie „Vorwärts, da links muß es sein!" Die Tür sperrt sich. — „Faßt zu. Merken! — So — noch einmal!" Ein wuchtiger Tritt spaltet Wispernd kriecht an der balkigen Decke das Feuer dahin, gelbes und rotes; Eilt euch, ihr Braven, mit eurer Last, schon brennt der rettende Ausgang, „Bleib junger Ebeling, wahr dein Leben!" Der hört auf die warnenden „Um Gott, der Schornstein!!" Er schwankt, stürzt, trifft. Dumpf prasselt der Steine Schwall, er zer¬ Der Abend Abendfrieden. — Hoch vom Himmel herab gießt das Nachtgestirn silbernes „Wißt ihr es schon? Da unten am letzten Haus steigt kräuselnder Rauch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328972"/> <fw type="header" place="top"> Heißer Tag</fw><lb/> <p xml:id="ID_812"> Das Stroh vom Dach ist bald dahin, schon brennen die Balkenjoche.<lb/> schleichend, wie Schlangen, züngeln die gierigen Flammen, auf und ab, hin<lb/> und her. — Atemlos stehen die anderen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_813"> „Leiwer Gott, Jochen, wenn dit man gaud geiht mit dem Leutnant, dat<lb/> tuere all so lang."</p><lb/> <p xml:id="ID_814"> „Hast eben nicht seihn, Willem? De malt dat, Mensch." —</p><lb/> <p xml:id="ID_815"> Beißender Rauch fällt die Braven an. Am Boden geduckt kriechen sie<lb/> vorwärts. — Wie ist das doch heiß. — Wie perlt da der Schweiß von der<lb/> Stirn. Die Augen brennen, die Pulse fliegen. — Heißa, das ist Kampf, heißer<lb/> Kampf! —</p><lb/> <p xml:id="ID_816"> „Vorwärts, da links muß es sein!" 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Heißer Tag
Das Stroh vom Dach ist bald dahin, schon brennen die Balkenjoche.
schleichend, wie Schlangen, züngeln die gierigen Flammen, auf und ab, hin
und her. — Atemlos stehen die anderen. —
„Leiwer Gott, Jochen, wenn dit man gaud geiht mit dem Leutnant, dat
tuere all so lang."
„Hast eben nicht seihn, Willem? De malt dat, Mensch." —
Beißender Rauch fällt die Braven an. Am Boden geduckt kriechen sie
vorwärts. — Wie ist das doch heiß. — Wie perlt da der Schweiß von der
Stirn. Die Augen brennen, die Pulse fliegen. — Heißa, das ist Kampf, heißer
Kampf! —
„Vorwärts, da links muß es sein!" Die Tür sperrt sich. —
„Faßt zu. Merken! — So — noch einmal!" Ein wuchtiger Tritt spaltet
das Holz. Dem muß sie weichen. — Hohe Zeit fürwahr: da liegt ein
runzlichtes Weibchen am Boden, stieren Blickes, röchelnd, einen Rosenkranz in
den krampfigen Fingern. Will noch nicht sterben, die Alte, Um Christi willen,
nicht sterben. —
Wispernd kriecht an der balkigen Decke das Feuer dahin, gelbes und rotes;
gefräßig nagt es am Röhricht, und das fällt lodernd in Fetzen herab, hier und da.
Eilt euch, ihr Braven, mit eurer Last, schon brennt der rettende Ausgang,
bald seid ihr am Ziel! — Da stürzen Balken herab. Merken sällt schwer aufs
Gesicht, die anderen gelangen ins Freie.
„Bleib junger Ebeling, wahr dein Leben!" Der hört auf die warnenden
Rufer nicht, will sie nicht hören. Nein, seinen Sergeanten läßt der nicht sterben.
— Auf halber Treppe liegt der, stöhnend. Schnell ihn von dein lastenden
Gebälke befreit, und dann hinab, mit letzter Kraft, mit keuchender Brust. —
„Um Gott, der Schornstein!!"
Er schwankt, stürzt, trifft. Dumpf prasselt der Steine Schwall, er zer¬
trümmert die Mauer; die zwei sind begraben. Mutige Helfer nahen, sie zu
retten. Merken atmet, der Leutnant hat ihn mit seinem Leibe gedeckt. Junges
Blut —- tot — erschlagen. —
Der Abend
Abendfrieden. — Hoch vom Himmel herab gießt das Nachtgestirn silbernes
Licht in die Felder, auf Busch und Hain. Vom Walde her eilt geschäftig der
Quell zum Dorfe; seine Wasser murmeln und raunen sich zu von demi Unglück,
sie wispern am Wehr und tragen traurige Kunde zu Tal. — In Gärten und
Gassen tuscheln die Burschen, schwatzen die Mädchen. — Grillen im Grase
zirpen einander zu, was sie geschaut, und Glühwürmchen eilen geschäftig mit
ihren Laternchen von Blatt zu Blatt:
„Wißt ihr es schon? Da unten am letzten Haus steigt kräuselnder Rauch
hoch zum Himmel. Dort stehen schluchzend verzweifelte Menschen am Grab
ihrer Habe." —
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