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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Kolonialpolitiker von großem Nutzen sein,
mag er nun die Bände über das Ausland
oder den neuesten über Deutschland lesen.
Ja sogar es muß betont werden, daß das
Studium der deutschen Kolonialpolitik in
ihrer historischen Entwicklung besonders inter¬
essant und wichtig ist. Eine ganze Reihe
aktueller Kolonialprobleme, die jetzt die kolo¬
nialen Kreise beschäftigen, sind auch früher
schon einmal aufgetaucht; erinnert sei nur an
die Kämpfe zwischen Zivil- und Militärver¬
waltung zu einer Zeit, als Wißmann Gou¬
verneur von Ostafrika war, an den früheren
"Dualaionflikt" usw.

Der Verfasser behandelt zunächst die An¬
fänge unserer kolonialen Entwicklung, die
Kämpfe der kolonialen Kreise und den Wider¬
stand, den Bismarck zuerst einer kolonialen
Betätigung entgegensetzte, bis dann auch er
schließlich dem Drang nach kolonialen Er¬
werbungen nachgab und die "kaufmännischen
Kolonien" guthieß. Im Anschluß daran
schildert Zimniermann in sehr interessanter
Weise die zahlreichen -- teils recht aben¬
teuerlichen -- Versuche, Deutschland über¬
seeischen Besitz zu verschaffen und den Wider¬
stand, den der Reichstag zum großen Teil
der Kolonialpolitik entgegensetzte. Alsdann
gelangen die Entwicklung der einzelnen Ko¬
lonien zur Erörterung und ferner die Vor¬
gänge innerhalb der hiesigen Kolonialverwal¬
tung, die bis zum Jahre 1906 niemals ihrer
Sache gewachsen war, bis schließlich die neue
Am, die unauslöschlich mit dem Namen
Dernburg verknüpft ist, mit dem bisherigen
Verfahren brach und neben einer selbständigen
Behörde auch das Vertrauen des deutschen
Volkes in seine" Überseebesitz schuf.

Wie es in der Natur der Sache liegt,
hat Zimmermann die frühere Entwicklung
wesentlich breiter und ausführlicher behandelt
als die -- zweifellos nicht minder wichtigen
jüngsten Ereignisse. Welche Wirkungen
diese auf unsere Kolonien gehabt haben, das
festzustellen, wird einer späteren Zeit vor¬
behalten sein.

Für eine Neuauslage des ausgezeichneten
Werkes seien einige unwesentliche Ergänzungen
vorgeschlagen: die Ständige Kommission der
Kolonialverwaltung ist im Jahre 1913 unter
Leitung Solss zusammengetreten und hat

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Maßregeln gegen den Gründungsschwindcl
beraten (zu S. 306).

Auch Südwestafrika hat eigene Anleihen
unter Garantie des Reiches aufgenommen und
zwar in Höhe von etwa 26 Millionen Mark
(zu S. 307).

Nicht ganz zutreffend ist die Zusammen¬
stellung auf S. 310: die höchste Dividende
aller kolonialer Unternehmungen Deutsch¬
lands zahlt die Koloniale Bergbaugesellschnft,
die zwischen 2500 Prozent und 3800 Prozent
in den letzten Jahren schwankte; dann
kommen die Pomonciminen mit 176 Prozent,
während die erwähnte Kolmanskop- (nicht
KolmcmS Diamanten-) Gesellschaft erst viel
später folgt. Eine Afrikakompugnie gibt es
nicht. Es muß entweder heißen Ostafrika-
Kompagnie oder Afrikanische Kompagnie.
Beide Gesellschaften haben nichts miteinander
zu tun. Letztere hat niemals eine Dividende
von 16 Prozent ausgeschüttet Die Kakno-
Pflanzung Puga gehört nicht in die Zusammen¬
stellung, da sie gnr nicht in den Kolonien
liegt, sondern in Ecuador. Auch ist die
Statistik, nach der von zwciundzwnnzig
Kakaopflanzungen nur vier eine Dividende
zahlen, nicht richtig. Das Verhältnis ist
vielmehr wesentlich günstiger. Die Zahl der
mit Ertrag arbeitenden Gesellschaften stellte
sich schon im Jahre 1912 auf sieben bei einer
Gesamtzahl von achtzehn Pflanzungen. Die
übrigen Plantagen, auf die die Zahlen des
Verfassers sich beziehen, arbeiten nicht in unseren
Kolonien.

Wie schon erwähnt, handelt es sich hierbei
um ganz unwesentliche Änderungen, die den
Wert der umfangreichen und gründlichen
Arbeit nicht beeinträchtigen. Das Buch kann
jedem -- auch dem Nichtkolonialpolitiker --
zum eifrigen Studium empfohlen werden.
Es bedeutet eine wertvolle Bereicherung
unserer kolonialen Literatur.

Gelo Iohtinger
Kulturpolitik

Das war damals, im Herbste des Jahres
des Heils 1909, ein Heidenspektakel, der die
sonst so friedlichen Täter Tirols durchtobte!
Blätter und Blättchen brachten geharnischte
Wutartikel gegen den unglückseligen Verfasser
einer tollen Satire "Fern von Europa". Auf

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Kolonialpolitiker von großem Nutzen sein,
mag er nun die Bände über das Ausland
oder den neuesten über Deutschland lesen.
Ja sogar es muß betont werden, daß das
Studium der deutschen Kolonialpolitik in
ihrer historischen Entwicklung besonders inter¬
essant und wichtig ist. Eine ganze Reihe
aktueller Kolonialprobleme, die jetzt die kolo¬
nialen Kreise beschäftigen, sind auch früher
schon einmal aufgetaucht; erinnert sei nur an
die Kämpfe zwischen Zivil- und Militärver¬
waltung zu einer Zeit, als Wißmann Gou¬
verneur von Ostafrika war, an den früheren
„Dualaionflikt" usw.

Der Verfasser behandelt zunächst die An¬
fänge unserer kolonialen Entwicklung, die
Kämpfe der kolonialen Kreise und den Wider¬
stand, den Bismarck zuerst einer kolonialen
Betätigung entgegensetzte, bis dann auch er
schließlich dem Drang nach kolonialen Er¬
werbungen nachgab und die „kaufmännischen
Kolonien" guthieß. Im Anschluß daran
schildert Zimniermann in sehr interessanter
Weise die zahlreichen — teils recht aben¬
teuerlichen — Versuche, Deutschland über¬
seeischen Besitz zu verschaffen und den Wider¬
stand, den der Reichstag zum großen Teil
der Kolonialpolitik entgegensetzte. Alsdann
gelangen die Entwicklung der einzelnen Ko¬
lonien zur Erörterung und ferner die Vor¬
gänge innerhalb der hiesigen Kolonialverwal¬
tung, die bis zum Jahre 1906 niemals ihrer
Sache gewachsen war, bis schließlich die neue
Am, die unauslöschlich mit dem Namen
Dernburg verknüpft ist, mit dem bisherigen
Verfahren brach und neben einer selbständigen
Behörde auch das Vertrauen des deutschen
Volkes in seine» Überseebesitz schuf.

Wie es in der Natur der Sache liegt,
hat Zimmermann die frühere Entwicklung
wesentlich breiter und ausführlicher behandelt
als die — zweifellos nicht minder wichtigen
jüngsten Ereignisse. Welche Wirkungen
diese auf unsere Kolonien gehabt haben, das
festzustellen, wird einer späteren Zeit vor¬
behalten sein.

Für eine Neuauslage des ausgezeichneten
Werkes seien einige unwesentliche Ergänzungen
vorgeschlagen: die Ständige Kommission der
Kolonialverwaltung ist im Jahre 1913 unter
Leitung Solss zusammengetreten und hat

[Spaltenumbruch]

Maßregeln gegen den Gründungsschwindcl
beraten (zu S. 306).

Auch Südwestafrika hat eigene Anleihen
unter Garantie des Reiches aufgenommen und
zwar in Höhe von etwa 26 Millionen Mark
(zu S. 307).

Nicht ganz zutreffend ist die Zusammen¬
stellung auf S. 310: die höchste Dividende
aller kolonialer Unternehmungen Deutsch¬
lands zahlt die Koloniale Bergbaugesellschnft,
die zwischen 2500 Prozent und 3800 Prozent
in den letzten Jahren schwankte; dann
kommen die Pomonciminen mit 176 Prozent,
während die erwähnte Kolmanskop- (nicht
KolmcmS Diamanten-) Gesellschaft erst viel
später folgt. Eine Afrikakompugnie gibt es
nicht. Es muß entweder heißen Ostafrika-
Kompagnie oder Afrikanische Kompagnie.
Beide Gesellschaften haben nichts miteinander
zu tun. Letztere hat niemals eine Dividende
von 16 Prozent ausgeschüttet Die Kakno-
Pflanzung Puga gehört nicht in die Zusammen¬
stellung, da sie gnr nicht in den Kolonien
liegt, sondern in Ecuador. Auch ist die
Statistik, nach der von zwciundzwnnzig
Kakaopflanzungen nur vier eine Dividende
zahlen, nicht richtig. Das Verhältnis ist
vielmehr wesentlich günstiger. Die Zahl der
mit Ertrag arbeitenden Gesellschaften stellte
sich schon im Jahre 1912 auf sieben bei einer
Gesamtzahl von achtzehn Pflanzungen. Die
übrigen Plantagen, auf die die Zahlen des
Verfassers sich beziehen, arbeiten nicht in unseren
Kolonien.

Wie schon erwähnt, handelt es sich hierbei
um ganz unwesentliche Änderungen, die den
Wert der umfangreichen und gründlichen
Arbeit nicht beeinträchtigen. Das Buch kann
jedem — auch dem Nichtkolonialpolitiker —
zum eifrigen Studium empfohlen werden.
Es bedeutet eine wertvolle Bereicherung
unserer kolonialen Literatur.

Gelo Iohtinger
Kulturpolitik

Das war damals, im Herbste des Jahres
des Heils 1909, ein Heidenspektakel, der die
sonst so friedlichen Täter Tirols durchtobte!
Blätter und Blättchen brachten geharnischte
Wutartikel gegen den unglückseligen Verfasser
einer tollen Satire „Fern von Europa". Auf

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[0623] Maßgebliches und Unmaßgebliches Kolonialpolitiker von großem Nutzen sein, mag er nun die Bände über das Ausland oder den neuesten über Deutschland lesen. Ja sogar es muß betont werden, daß das Studium der deutschen Kolonialpolitik in ihrer historischen Entwicklung besonders inter¬ essant und wichtig ist. Eine ganze Reihe aktueller Kolonialprobleme, die jetzt die kolo¬ nialen Kreise beschäftigen, sind auch früher schon einmal aufgetaucht; erinnert sei nur an die Kämpfe zwischen Zivil- und Militärver¬ waltung zu einer Zeit, als Wißmann Gou¬ verneur von Ostafrika war, an den früheren „Dualaionflikt" usw. Der Verfasser behandelt zunächst die An¬ fänge unserer kolonialen Entwicklung, die Kämpfe der kolonialen Kreise und den Wider¬ stand, den Bismarck zuerst einer kolonialen Betätigung entgegensetzte, bis dann auch er schließlich dem Drang nach kolonialen Er¬ werbungen nachgab und die „kaufmännischen Kolonien" guthieß. Im Anschluß daran schildert Zimniermann in sehr interessanter Weise die zahlreichen — teils recht aben¬ teuerlichen — Versuche, Deutschland über¬ seeischen Besitz zu verschaffen und den Wider¬ stand, den der Reichstag zum großen Teil der Kolonialpolitik entgegensetzte. Alsdann gelangen die Entwicklung der einzelnen Ko¬ lonien zur Erörterung und ferner die Vor¬ gänge innerhalb der hiesigen Kolonialverwal¬ tung, die bis zum Jahre 1906 niemals ihrer Sache gewachsen war, bis schließlich die neue Am, die unauslöschlich mit dem Namen Dernburg verknüpft ist, mit dem bisherigen Verfahren brach und neben einer selbständigen Behörde auch das Vertrauen des deutschen Volkes in seine» Überseebesitz schuf. Wie es in der Natur der Sache liegt, hat Zimmermann die frühere Entwicklung wesentlich breiter und ausführlicher behandelt als die — zweifellos nicht minder wichtigen jüngsten Ereignisse. Welche Wirkungen diese auf unsere Kolonien gehabt haben, das festzustellen, wird einer späteren Zeit vor¬ behalten sein. Für eine Neuauslage des ausgezeichneten Werkes seien einige unwesentliche Ergänzungen vorgeschlagen: die Ständige Kommission der Kolonialverwaltung ist im Jahre 1913 unter Leitung Solss zusammengetreten und hat Maßregeln gegen den Gründungsschwindcl beraten (zu S. 306). Auch Südwestafrika hat eigene Anleihen unter Garantie des Reiches aufgenommen und zwar in Höhe von etwa 26 Millionen Mark (zu S. 307). Nicht ganz zutreffend ist die Zusammen¬ stellung auf S. 310: die höchste Dividende aller kolonialer Unternehmungen Deutsch¬ lands zahlt die Koloniale Bergbaugesellschnft, die zwischen 2500 Prozent und 3800 Prozent in den letzten Jahren schwankte; dann kommen die Pomonciminen mit 176 Prozent, während die erwähnte Kolmanskop- (nicht KolmcmS Diamanten-) Gesellschaft erst viel später folgt. Eine Afrikakompugnie gibt es nicht. Es muß entweder heißen Ostafrika- Kompagnie oder Afrikanische Kompagnie. Beide Gesellschaften haben nichts miteinander zu tun. Letztere hat niemals eine Dividende von 16 Prozent ausgeschüttet Die Kakno- Pflanzung Puga gehört nicht in die Zusammen¬ stellung, da sie gnr nicht in den Kolonien liegt, sondern in Ecuador. Auch ist die Statistik, nach der von zwciundzwnnzig Kakaopflanzungen nur vier eine Dividende zahlen, nicht richtig. Das Verhältnis ist vielmehr wesentlich günstiger. Die Zahl der mit Ertrag arbeitenden Gesellschaften stellte sich schon im Jahre 1912 auf sieben bei einer Gesamtzahl von achtzehn Pflanzungen. Die übrigen Plantagen, auf die die Zahlen des Verfassers sich beziehen, arbeiten nicht in unseren Kolonien. Wie schon erwähnt, handelt es sich hierbei um ganz unwesentliche Änderungen, die den Wert der umfangreichen und gründlichen Arbeit nicht beeinträchtigen. Das Buch kann jedem — auch dem Nichtkolonialpolitiker — zum eifrigen Studium empfohlen werden. Es bedeutet eine wertvolle Bereicherung unserer kolonialen Literatur. Gelo Iohtinger Kulturpolitik Das war damals, im Herbste des Jahres des Heils 1909, ein Heidenspektakel, der die sonst so friedlichen Täter Tirols durchtobte! Blätter und Blättchen brachten geharnischte Wutartikel gegen den unglückseligen Verfasser einer tollen Satire „Fern von Europa". Auf 89

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/623>, abgerufen am 13.11.2024.