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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

demokratie zum Vaterlands, zur Nation echt,
oder ob die Partei ein konsequenter Feind
des deutschen Volkstums ist, was anzunehmen
sehr nahe liegt.

erinnern, daß es "die Kraft des Gemüts ist,
welche Siege erkämpft", daß uns der natio¬
nalen Idee, aus der Liebe zum Vaterlande
"der mutige Vaterlandsverteidiger und der
ruhige und rechtliche Bürger von selbst folgt",
daß darum in der staatsbürgerlichen Er¬
ziehung unserer Tage diese enthusiastischen
Momente mehr als bisher zur Geltung ge¬
Braune bracht werden müssen*).

Wenn Deutschland auf dem kühnen Wege
zur höchsten Höhe fortschreiten will, dann
darf das Ziel der Jugenderziehung nicht der
einseitig staatsbürgerlich gebildete Deutsche,
sondern der nationalbegeisterte, sein Volkstum
über alles liebende, für die Ausbreitung der
deutschen Kultur wirkende deutsche Mann
sein. Wir wollen weniger Staatsbürger als
staatsbürgerlich orientierte gute Deutsche mit
starker Schätzung ihres Volkstums erziehen.
Nicht der deutsche Staatsbürger, sondern der
staatsbürgerliche Deutsche gewährleistet die
Zukunft des Deutschen Reiches, des deutschen
Volkes.


Die Schulfeier in der Fortbildungs¬

schule.

Durch die Novelle zur Gewerbe¬
ordnung vom 27. Dezember 1911 ist der
bisherige Z 120 in der Bestimmung ab¬
geändert und erweitert, daß die Pflicht zum
Besuch einer Fortbildungsschule, soweit nicht
noch ein Landesgesetz besteht, durch statutarische
Bestimmung einer Gemeinde oder eines
weiteren Kommunalverbandes sür die im
Absatz 1 dieses Paragraphen bezeichneten
Arbeiter eingeführt werden kann, daß ferner
diese Pflicht auch für die Zeit ihrer Arbeits¬
losigkeit besteht. Außerdem ist die Be¬
stimmung hinzugefügt, daß die Unterrichts¬
zeit von der hierfür nach Landesrecht zu¬
stehenden Behörde festgesetzt und bekannt
gemacht werden soll. Es fragt sich, ob diese
Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule
auch die Pflicht umfaßt, die Schulfeiern, ins¬
besondere Patriotische Feiern, wie z. B. die
Kaisergeburtstagsfeier, zu besuchen und die
Teilnahme an solchen Feiern mit Strafe
erzwungen werden kann. Meines Erachtens
ist diese Frage zu verneinen. Der gesetzliche
Grund in der betreffenden Bestimmung ist
der, daß die gewerblichen Arbeiter nach Be¬
endigung ihrer Schulzeit sich in den für die
Gewerbe nötigen Elementar- und sonstigen
Fächern vervollkommnen. Es ist daher im
Absatz 1 des § 120, der durch die erwähnte
Novelle keine Änderung erfahren hat, ledig¬
lich vom Unterricht und Unterrichtsstunden
die Rede, nicht aber von Schulfeiern. Wenn

Und hauptsächlich um das letzte handelt
es sich. Das Volkstum ist das Grundlegende,
das Primäre. Es ist die Voraussetzung,
nicht die Folge des Staats. Indem aber die
staatsbürgerliche Erziehung es in den Hinter¬
grund schiebt, kehrt sie das Verhältnis zwischen
Volkstum und Staat um. Ob das dem
deutschen Volkstum zum Vorteil gereicht?

Obwohl ich nicht die Begeisterung vieler
für die amerikanische Erziehung teile, meine
ich doch, daß wir hier von ihr lernen können.
Ihr Ziel, soweit sie ihre Wirksamkeit entfaltet,
ist nicht der amerikanische Staatsbürger,
fondern der nationale, der für sein Volkstum
und dessen hervorragende Stellung für die
Menschheitskultur begeisterte Amerikaner. Be¬
sonders augenfällig wird das in der Stellung
zur körperlichen Ertüchtigung, zum Sport.
Nicht staatliche Rücksichten treiben den Ameri¬
kaner dazu, sondern nationale.

Was man für das Volkstum tut, kommt
immer dem Staate zugute. Aber nicht in
allen Fällen schließt das staatliche Wohl das
nationale ein. Ein noch so guter Staats¬
bürger kann unter Umständen den Nigger¬
boxer Johnson auf seinen Schultern im
Triumphe herumtragen, nimmer aber ein
nationalerzogener Deutscher.



Unsere Gegenwart verlangt mehr als die
Erziehung zum staatsbürgerlichen Gedanken,
die zur nationalen Idee. Hier Packen Wir
das Deutsche Reich an seiner tiefsten Wurzel.
Im Fichtejahr ist es unsere Pflicht, daran zu


G. Cl.
*) Wer von unseren geehrten Lesern sich
für den hier zum Ausdruck gebrachten Ge¬
danken interessiert hat, wird auch gern den
Aussatz "Prolegomena zu aller Weltpolitik"
in Heft Is vom 22. April d. I. lesen.
Maßgebliches und Unmaßgebliches

demokratie zum Vaterlands, zur Nation echt,
oder ob die Partei ein konsequenter Feind
des deutschen Volkstums ist, was anzunehmen
sehr nahe liegt.

erinnern, daß es „die Kraft des Gemüts ist,
welche Siege erkämpft", daß uns der natio¬
nalen Idee, aus der Liebe zum Vaterlande
„der mutige Vaterlandsverteidiger und der
ruhige und rechtliche Bürger von selbst folgt",
daß darum in der staatsbürgerlichen Er¬
ziehung unserer Tage diese enthusiastischen
Momente mehr als bisher zur Geltung ge¬
Braune bracht werden müssen*).

Wenn Deutschland auf dem kühnen Wege
zur höchsten Höhe fortschreiten will, dann
darf das Ziel der Jugenderziehung nicht der
einseitig staatsbürgerlich gebildete Deutsche,
sondern der nationalbegeisterte, sein Volkstum
über alles liebende, für die Ausbreitung der
deutschen Kultur wirkende deutsche Mann
sein. Wir wollen weniger Staatsbürger als
staatsbürgerlich orientierte gute Deutsche mit
starker Schätzung ihres Volkstums erziehen.
Nicht der deutsche Staatsbürger, sondern der
staatsbürgerliche Deutsche gewährleistet die
Zukunft des Deutschen Reiches, des deutschen
Volkes.


Die Schulfeier in der Fortbildungs¬

schule.

Durch die Novelle zur Gewerbe¬
ordnung vom 27. Dezember 1911 ist der
bisherige Z 120 in der Bestimmung ab¬
geändert und erweitert, daß die Pflicht zum
Besuch einer Fortbildungsschule, soweit nicht
noch ein Landesgesetz besteht, durch statutarische
Bestimmung einer Gemeinde oder eines
weiteren Kommunalverbandes sür die im
Absatz 1 dieses Paragraphen bezeichneten
Arbeiter eingeführt werden kann, daß ferner
diese Pflicht auch für die Zeit ihrer Arbeits¬
losigkeit besteht. Außerdem ist die Be¬
stimmung hinzugefügt, daß die Unterrichts¬
zeit von der hierfür nach Landesrecht zu¬
stehenden Behörde festgesetzt und bekannt
gemacht werden soll. Es fragt sich, ob diese
Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule
auch die Pflicht umfaßt, die Schulfeiern, ins¬
besondere Patriotische Feiern, wie z. B. die
Kaisergeburtstagsfeier, zu besuchen und die
Teilnahme an solchen Feiern mit Strafe
erzwungen werden kann. Meines Erachtens
ist diese Frage zu verneinen. Der gesetzliche
Grund in der betreffenden Bestimmung ist
der, daß die gewerblichen Arbeiter nach Be¬
endigung ihrer Schulzeit sich in den für die
Gewerbe nötigen Elementar- und sonstigen
Fächern vervollkommnen. Es ist daher im
Absatz 1 des § 120, der durch die erwähnte
Novelle keine Änderung erfahren hat, ledig¬
lich vom Unterricht und Unterrichtsstunden
die Rede, nicht aber von Schulfeiern. Wenn

Und hauptsächlich um das letzte handelt
es sich. Das Volkstum ist das Grundlegende,
das Primäre. Es ist die Voraussetzung,
nicht die Folge des Staats. Indem aber die
staatsbürgerliche Erziehung es in den Hinter¬
grund schiebt, kehrt sie das Verhältnis zwischen
Volkstum und Staat um. Ob das dem
deutschen Volkstum zum Vorteil gereicht?

Obwohl ich nicht die Begeisterung vieler
für die amerikanische Erziehung teile, meine
ich doch, daß wir hier von ihr lernen können.
Ihr Ziel, soweit sie ihre Wirksamkeit entfaltet,
ist nicht der amerikanische Staatsbürger,
fondern der nationale, der für sein Volkstum
und dessen hervorragende Stellung für die
Menschheitskultur begeisterte Amerikaner. Be¬
sonders augenfällig wird das in der Stellung
zur körperlichen Ertüchtigung, zum Sport.
Nicht staatliche Rücksichten treiben den Ameri¬
kaner dazu, sondern nationale.

Was man für das Volkstum tut, kommt
immer dem Staate zugute. Aber nicht in
allen Fällen schließt das staatliche Wohl das
nationale ein. Ein noch so guter Staats¬
bürger kann unter Umständen den Nigger¬
boxer Johnson auf seinen Schultern im
Triumphe herumtragen, nimmer aber ein
nationalerzogener Deutscher.



Unsere Gegenwart verlangt mehr als die
Erziehung zum staatsbürgerlichen Gedanken,
die zur nationalen Idee. Hier Packen Wir
das Deutsche Reich an seiner tiefsten Wurzel.
Im Fichtejahr ist es unsere Pflicht, daran zu


G. Cl.
*) Wer von unseren geehrten Lesern sich
für den hier zum Ausdruck gebrachten Ge¬
danken interessiert hat, wird auch gern den
Aussatz „Prolegomena zu aller Weltpolitik"
in Heft Is vom 22. April d. I. lesen.
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[0538] Maßgebliches und Unmaßgebliches demokratie zum Vaterlands, zur Nation echt, oder ob die Partei ein konsequenter Feind des deutschen Volkstums ist, was anzunehmen sehr nahe liegt. erinnern, daß es „die Kraft des Gemüts ist, welche Siege erkämpft", daß uns der natio¬ nalen Idee, aus der Liebe zum Vaterlande „der mutige Vaterlandsverteidiger und der ruhige und rechtliche Bürger von selbst folgt", daß darum in der staatsbürgerlichen Er¬ ziehung unserer Tage diese enthusiastischen Momente mehr als bisher zur Geltung ge¬ Braune bracht werden müssen*). Wenn Deutschland auf dem kühnen Wege zur höchsten Höhe fortschreiten will, dann darf das Ziel der Jugenderziehung nicht der einseitig staatsbürgerlich gebildete Deutsche, sondern der nationalbegeisterte, sein Volkstum über alles liebende, für die Ausbreitung der deutschen Kultur wirkende deutsche Mann sein. Wir wollen weniger Staatsbürger als staatsbürgerlich orientierte gute Deutsche mit starker Schätzung ihres Volkstums erziehen. Nicht der deutsche Staatsbürger, sondern der staatsbürgerliche Deutsche gewährleistet die Zukunft des Deutschen Reiches, des deutschen Volkes. Die Schulfeier in der Fortbildungs¬ schule. Durch die Novelle zur Gewerbe¬ ordnung vom 27. Dezember 1911 ist der bisherige Z 120 in der Bestimmung ab¬ geändert und erweitert, daß die Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule, soweit nicht noch ein Landesgesetz besteht, durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes sür die im Absatz 1 dieses Paragraphen bezeichneten Arbeiter eingeführt werden kann, daß ferner diese Pflicht auch für die Zeit ihrer Arbeits¬ losigkeit besteht. Außerdem ist die Be¬ stimmung hinzugefügt, daß die Unterrichts¬ zeit von der hierfür nach Landesrecht zu¬ stehenden Behörde festgesetzt und bekannt gemacht werden soll. Es fragt sich, ob diese Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule auch die Pflicht umfaßt, die Schulfeiern, ins¬ besondere Patriotische Feiern, wie z. B. die Kaisergeburtstagsfeier, zu besuchen und die Teilnahme an solchen Feiern mit Strafe erzwungen werden kann. Meines Erachtens ist diese Frage zu verneinen. Der gesetzliche Grund in der betreffenden Bestimmung ist der, daß die gewerblichen Arbeiter nach Be¬ endigung ihrer Schulzeit sich in den für die Gewerbe nötigen Elementar- und sonstigen Fächern vervollkommnen. Es ist daher im Absatz 1 des § 120, der durch die erwähnte Novelle keine Änderung erfahren hat, ledig¬ lich vom Unterricht und Unterrichtsstunden die Rede, nicht aber von Schulfeiern. Wenn Und hauptsächlich um das letzte handelt es sich. Das Volkstum ist das Grundlegende, das Primäre. Es ist die Voraussetzung, nicht die Folge des Staats. Indem aber die staatsbürgerliche Erziehung es in den Hinter¬ grund schiebt, kehrt sie das Verhältnis zwischen Volkstum und Staat um. Ob das dem deutschen Volkstum zum Vorteil gereicht? Obwohl ich nicht die Begeisterung vieler für die amerikanische Erziehung teile, meine ich doch, daß wir hier von ihr lernen können. Ihr Ziel, soweit sie ihre Wirksamkeit entfaltet, ist nicht der amerikanische Staatsbürger, fondern der nationale, der für sein Volkstum und dessen hervorragende Stellung für die Menschheitskultur begeisterte Amerikaner. Be¬ sonders augenfällig wird das in der Stellung zur körperlichen Ertüchtigung, zum Sport. Nicht staatliche Rücksichten treiben den Ameri¬ kaner dazu, sondern nationale. Was man für das Volkstum tut, kommt immer dem Staate zugute. Aber nicht in allen Fällen schließt das staatliche Wohl das nationale ein. Ein noch so guter Staats¬ bürger kann unter Umständen den Nigger¬ boxer Johnson auf seinen Schultern im Triumphe herumtragen, nimmer aber ein nationalerzogener Deutscher. Unsere Gegenwart verlangt mehr als die Erziehung zum staatsbürgerlichen Gedanken, die zur nationalen Idee. Hier Packen Wir das Deutsche Reich an seiner tiefsten Wurzel. Im Fichtejahr ist es unsere Pflicht, daran zu G. Cl. *) Wer von unseren geehrten Lesern sich für den hier zum Ausdruck gebrachten Ge¬ danken interessiert hat, wird auch gern den Aussatz „Prolegomena zu aller Weltpolitik" in Heft Is vom 22. April d. I. lesen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/538>, abgerufen am 04.07.2024.