Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Das neue Aunsthaus in Stuttgart und seine erste Ausstellung le Stuttgarter Künstlerschaft will in Zukunft mit regelmäßig Es war nur natürlich, daß auf dem Platze des früheren Hoftheaters und Das neue Aunsthaus in Stuttgart und seine erste Ausstellung le Stuttgarter Künstlerschaft will in Zukunft mit regelmäßig Es war nur natürlich, daß auf dem Platze des früheren Hoftheaters und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326654"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341897_326169/figures/grenzboten_341897_326169_326654_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das neue Aunsthaus in Stuttgart und seine<lb/> erste Ausstellung</head><lb/> <p xml:id="ID_2364"> le Stuttgarter Künstlerschaft will in Zukunft mit regelmäßig<lb/> wiederkehrenden Ausstellungen selbständig hervortreten. In hoch¬<lb/> herziger Freigebigkeit hat König Wilhelm der Zweite von Württem¬<lb/> berg ihr ein dauerndes Heim errichten lassen, das dieser Absicht<lb/> die vornehmste Verwirklichung sichert. Theodor Fischer wurde<lb/> der Bau anvertraut, und er hatte für die künstlerische Lösung der Aufgabe völlig<lb/> freie Hand. Das bedeutete eine nachträgliche ehrende Anerkennung seines<lb/> Schaffens an der Stätte, wo er fast ein Jahrzehnt gewirkt hatte, ohne daß er<lb/> an Hinein hervorragenden öffentlichen Bauwerk seine Kräfte hätte bewähren<lb/> können.</p><lb/> <p xml:id="ID_2365"> Es war nur natürlich, daß auf dem Platze des früheren Hoftheaters und<lb/> des noch älteren, in den späteren Bau zum Teil einfach hineingenommenen neuen<lb/> Lusthauses wiederum ein Haus errichtet wurde, das der Kunstpflege und vor¬<lb/> nehmer Geselligkeit Raum bieten sollte. Und dadurch, daß der Baugrund, den<lb/> das Krongut hergab, an den Schloßplatz grenzt und sich vor den Schloßgarten<lb/> legt, der schon die würdigen Bauten der beiden neuen Theater aufgenommen<lb/> hat, ist auch die Pflegestätte der bildenden Künste der Gegenwart schon nach<lb/> außen hin besonders herausgehoben und in den Mittelpunkt der Residenz und<lb/> der Stadt gerückt. Gerade dieser bevorzugte Bauplatz aber stellte den Architekten<lb/> auch vor eine außerordentliche Aufgabe. Vor dem breit hingelegten Barockbau<lb/> des Schlosses dehnt sich der weite grüne Königsplatz aus. Bauten verschiedener<lb/> Jahrhunderte haben aus ihm einen architekturumschlossenen Freiraum geformt.<lb/> Nun galt es, die durch den Brand des Theaters entstandene Lücke zu schließen<lb/> und die Seitenwand des Platzes wieder bis an den hier vorspringenden Flügel<lb/> der Residenz heranzuführen. Wenn einer, so ist Theodor Fischer davon durch¬<lb/> drungen, daß die Einfühlung in die örtlichen Umstände und die Unterordnung<lb/> unter die gegebene architektonische Situation das erste Gesetz baukünstlerischen<lb/> Schaffens ist. So hat er denn auch in seinem Kunsthaus einzig das erstrebt,<lb/> was gerade diese Umgebung verlangt; der besondere Rhythmus des neuen Bau¬<lb/> werkes wird maßgebend mitbestimmt durch den Formenkomplex, in den es sich<lb/> einfügen soll. Und doch ist aus solcher Selbstverleugnung eine architektonische<lb/> Schöpfung von klaren? und eindrucksvollem Eigenleben erwachsen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
[Abbildung]
Das neue Aunsthaus in Stuttgart und seine
erste Ausstellung
le Stuttgarter Künstlerschaft will in Zukunft mit regelmäßig
wiederkehrenden Ausstellungen selbständig hervortreten. In hoch¬
herziger Freigebigkeit hat König Wilhelm der Zweite von Württem¬
berg ihr ein dauerndes Heim errichten lassen, das dieser Absicht
die vornehmste Verwirklichung sichert. Theodor Fischer wurde
der Bau anvertraut, und er hatte für die künstlerische Lösung der Aufgabe völlig
freie Hand. Das bedeutete eine nachträgliche ehrende Anerkennung seines
Schaffens an der Stätte, wo er fast ein Jahrzehnt gewirkt hatte, ohne daß er
an Hinein hervorragenden öffentlichen Bauwerk seine Kräfte hätte bewähren
können.
Es war nur natürlich, daß auf dem Platze des früheren Hoftheaters und
des noch älteren, in den späteren Bau zum Teil einfach hineingenommenen neuen
Lusthauses wiederum ein Haus errichtet wurde, das der Kunstpflege und vor¬
nehmer Geselligkeit Raum bieten sollte. Und dadurch, daß der Baugrund, den
das Krongut hergab, an den Schloßplatz grenzt und sich vor den Schloßgarten
legt, der schon die würdigen Bauten der beiden neuen Theater aufgenommen
hat, ist auch die Pflegestätte der bildenden Künste der Gegenwart schon nach
außen hin besonders herausgehoben und in den Mittelpunkt der Residenz und
der Stadt gerückt. Gerade dieser bevorzugte Bauplatz aber stellte den Architekten
auch vor eine außerordentliche Aufgabe. Vor dem breit hingelegten Barockbau
des Schlosses dehnt sich der weite grüne Königsplatz aus. Bauten verschiedener
Jahrhunderte haben aus ihm einen architekturumschlossenen Freiraum geformt.
Nun galt es, die durch den Brand des Theaters entstandene Lücke zu schließen
und die Seitenwand des Platzes wieder bis an den hier vorspringenden Flügel
der Residenz heranzuführen. Wenn einer, so ist Theodor Fischer davon durch¬
drungen, daß die Einfühlung in die örtlichen Umstände und die Unterordnung
unter die gegebene architektonische Situation das erste Gesetz baukünstlerischen
Schaffens ist. So hat er denn auch in seinem Kunsthaus einzig das erstrebt,
was gerade diese Umgebung verlangt; der besondere Rhythmus des neuen Bau¬
werkes wird maßgebend mitbestimmt durch den Formenkomplex, in den es sich
einfügen soll. Und doch ist aus solcher Selbstverleugnung eine architektonische
Schöpfung von klaren? und eindrucksvollem Eigenleben erwachsen.
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