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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Die gelbe Gefahr in Itcrlifornien

eine noch viel glänzendere politische Karriere, welche durch einen "Recall" natürlich
in Frage gestellt werden würde.


Die "Color-line"

Im übrigen stellt sich der Amerikaner im allgemeinen und der Kalifornier
im besonderen etwa auf den folgenden Standpunkt:

Einwanderung ist ein Vorzugsrecht, das wir garantieren, und kein Recht,
das sich Ausländer anmaßen dürfen. Vor etwa einem Jahrhundert herrschte
die Vorstellung, daß die Vereinigten Staaten eine Zufluchtsstätte für die Armen und
Unterdrückten aller Nationen seien, und lange Zeit nahmen wir Menschenbrüder
von dieser Art auf, -- starke, freiheitliebende Elemente, die bei der Entwicklung
des Landes und namentlich seines Bodens unschätzbare Dienste leisteten. Vor
nicht allzulanger Zeit jedoch machte man die Entdeckung, daß viele von den
arm Gelandeten hier arm blieben, und daß eine große Anzahl der Unterdrückten
nur durch eigene moralische und physische Defekte in Fesseln geschlagen waren.
Infolgedessen wurden wir gezwungen, gegen viele dieser Einwanderer, deren
Aufnahme soziale und körperliche Degeneration unseres Volkes bedeutet hätte,
mit Gesetzen vorzugehen. Chronische Proleten, Kranke und Verbrecher wurden
deshalb ausgeschlossen. Keine Rasse sonderte man aus, außer Chinesen und
Japaner.

Diese Ostasiaten sind weder Proletarier, noch Verbrecher, noch sind sie
körperlich hinfällig; deshalb fordern sie den Einlaß in unser Land als ihr ver¬
brieftes Recht, und namentlich pochen die Japaner auf ein solches in geradezu
aufdringlicher Weise. Der Japaner verlangt seine Gleichstellung mit allen anderen
Rassen des Erdballs, und weist gerade jetzt beständig darauf hin, daß unser
Widerwille gegen ihn weiter nichts als ein Rassenvorurteil bedeutet. Warum
wollen wir nicht ehrlich das Zutreffende dieser Behauptung eingestehen? -- Es
fällt uns nicht ein, durch Vermischung mit farbigen Rassen, d. h. in diesem
Falle mit den Japanern, eine Nachkommenschaft zu erzeugen, die wissenschaft¬
lichen Beweisen zufolge notwendigerweise minderwertig ausfallen muß. Wenn
wir nicht ganz offen aussprechen, daß es die Farbenlinie ist, die zu überschreiten
wir nicht willens sind, so hat das seinen Grund nur in dem Umstände, daß
wir einigen Respekt vor der japanischen Flotte haben. Kanada, das teuerste
Kind Englands, ist, was diesen Punkt betrifft, bei dem Mutterlande in die
Schule gegangen und beschränkt, die Farbenlinie ziehend, die jährliche Einwan¬
derung von Japan auf vierhundert Köpfe. Es hat vollkommen recht und sollte
uns hierin zum Vorbilde dienen.


Alters, pars

Dicht vor mir im bequemen Schaukelstuhl sitzt der kleine Japaner Kitagawa.
Er ist Student auf der Leland Stamford Junior University und hört bei mir
Vorlesungen über Deutsch. Der kleine Mann mit dem ovalen gelblichen Ge-


Die gelbe Gefahr in Itcrlifornien

eine noch viel glänzendere politische Karriere, welche durch einen „Recall" natürlich
in Frage gestellt werden würde.


Die „Color-line"

Im übrigen stellt sich der Amerikaner im allgemeinen und der Kalifornier
im besonderen etwa auf den folgenden Standpunkt:

Einwanderung ist ein Vorzugsrecht, das wir garantieren, und kein Recht,
das sich Ausländer anmaßen dürfen. Vor etwa einem Jahrhundert herrschte
die Vorstellung, daß die Vereinigten Staaten eine Zufluchtsstätte für die Armen und
Unterdrückten aller Nationen seien, und lange Zeit nahmen wir Menschenbrüder
von dieser Art auf, — starke, freiheitliebende Elemente, die bei der Entwicklung
des Landes und namentlich seines Bodens unschätzbare Dienste leisteten. Vor
nicht allzulanger Zeit jedoch machte man die Entdeckung, daß viele von den
arm Gelandeten hier arm blieben, und daß eine große Anzahl der Unterdrückten
nur durch eigene moralische und physische Defekte in Fesseln geschlagen waren.
Infolgedessen wurden wir gezwungen, gegen viele dieser Einwanderer, deren
Aufnahme soziale und körperliche Degeneration unseres Volkes bedeutet hätte,
mit Gesetzen vorzugehen. Chronische Proleten, Kranke und Verbrecher wurden
deshalb ausgeschlossen. Keine Rasse sonderte man aus, außer Chinesen und
Japaner.

Diese Ostasiaten sind weder Proletarier, noch Verbrecher, noch sind sie
körperlich hinfällig; deshalb fordern sie den Einlaß in unser Land als ihr ver¬
brieftes Recht, und namentlich pochen die Japaner auf ein solches in geradezu
aufdringlicher Weise. Der Japaner verlangt seine Gleichstellung mit allen anderen
Rassen des Erdballs, und weist gerade jetzt beständig darauf hin, daß unser
Widerwille gegen ihn weiter nichts als ein Rassenvorurteil bedeutet. Warum
wollen wir nicht ehrlich das Zutreffende dieser Behauptung eingestehen? — Es
fällt uns nicht ein, durch Vermischung mit farbigen Rassen, d. h. in diesem
Falle mit den Japanern, eine Nachkommenschaft zu erzeugen, die wissenschaft¬
lichen Beweisen zufolge notwendigerweise minderwertig ausfallen muß. Wenn
wir nicht ganz offen aussprechen, daß es die Farbenlinie ist, die zu überschreiten
wir nicht willens sind, so hat das seinen Grund nur in dem Umstände, daß
wir einigen Respekt vor der japanischen Flotte haben. Kanada, das teuerste
Kind Englands, ist, was diesen Punkt betrifft, bei dem Mutterlande in die
Schule gegangen und beschränkt, die Farbenlinie ziehend, die jährliche Einwan¬
derung von Japan auf vierhundert Köpfe. Es hat vollkommen recht und sollte
uns hierin zum Vorbilde dienen.


Alters, pars

Dicht vor mir im bequemen Schaukelstuhl sitzt der kleine Japaner Kitagawa.
Er ist Student auf der Leland Stamford Junior University und hört bei mir
Vorlesungen über Deutsch. Der kleine Mann mit dem ovalen gelblichen Ge-


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[0326] Die gelbe Gefahr in Itcrlifornien eine noch viel glänzendere politische Karriere, welche durch einen „Recall" natürlich in Frage gestellt werden würde. Die „Color-line" Im übrigen stellt sich der Amerikaner im allgemeinen und der Kalifornier im besonderen etwa auf den folgenden Standpunkt: Einwanderung ist ein Vorzugsrecht, das wir garantieren, und kein Recht, das sich Ausländer anmaßen dürfen. Vor etwa einem Jahrhundert herrschte die Vorstellung, daß die Vereinigten Staaten eine Zufluchtsstätte für die Armen und Unterdrückten aller Nationen seien, und lange Zeit nahmen wir Menschenbrüder von dieser Art auf, — starke, freiheitliebende Elemente, die bei der Entwicklung des Landes und namentlich seines Bodens unschätzbare Dienste leisteten. Vor nicht allzulanger Zeit jedoch machte man die Entdeckung, daß viele von den arm Gelandeten hier arm blieben, und daß eine große Anzahl der Unterdrückten nur durch eigene moralische und physische Defekte in Fesseln geschlagen waren. Infolgedessen wurden wir gezwungen, gegen viele dieser Einwanderer, deren Aufnahme soziale und körperliche Degeneration unseres Volkes bedeutet hätte, mit Gesetzen vorzugehen. Chronische Proleten, Kranke und Verbrecher wurden deshalb ausgeschlossen. Keine Rasse sonderte man aus, außer Chinesen und Japaner. Diese Ostasiaten sind weder Proletarier, noch Verbrecher, noch sind sie körperlich hinfällig; deshalb fordern sie den Einlaß in unser Land als ihr ver¬ brieftes Recht, und namentlich pochen die Japaner auf ein solches in geradezu aufdringlicher Weise. Der Japaner verlangt seine Gleichstellung mit allen anderen Rassen des Erdballs, und weist gerade jetzt beständig darauf hin, daß unser Widerwille gegen ihn weiter nichts als ein Rassenvorurteil bedeutet. Warum wollen wir nicht ehrlich das Zutreffende dieser Behauptung eingestehen? — Es fällt uns nicht ein, durch Vermischung mit farbigen Rassen, d. h. in diesem Falle mit den Japanern, eine Nachkommenschaft zu erzeugen, die wissenschaft¬ lichen Beweisen zufolge notwendigerweise minderwertig ausfallen muß. Wenn wir nicht ganz offen aussprechen, daß es die Farbenlinie ist, die zu überschreiten wir nicht willens sind, so hat das seinen Grund nur in dem Umstände, daß wir einigen Respekt vor der japanischen Flotte haben. Kanada, das teuerste Kind Englands, ist, was diesen Punkt betrifft, bei dem Mutterlande in die Schule gegangen und beschränkt, die Farbenlinie ziehend, die jährliche Einwan¬ derung von Japan auf vierhundert Köpfe. Es hat vollkommen recht und sollte uns hierin zum Vorbilde dienen. Alters, pars Dicht vor mir im bequemen Schaukelstuhl sitzt der kleine Japaner Kitagawa. Er ist Student auf der Leland Stamford Junior University und hört bei mir Vorlesungen über Deutsch. Der kleine Mann mit dem ovalen gelblichen Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/326>, abgerufen am 27.12.2024.