Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Beethovens Weltanschauung Ol-, Hermann Seeliger von in Nehmt die Gottheit auf in euren Willen le Welt ist ein König und will geschmeichelt sein, soll sie sich günstig *) von Kalischer (5 Bände), von Prelinger (4 Bünde), von E. Kastner Volksausgabe
(Hesses Verlag); ferner Ludwig Rost, Beethoven-Brevier, 2. Auflage, bearbeitet von Soko- lowski (Seemann). Von Thayers Beethoven-Biographie wurde die von Riemann besorgte Neuauflage von Band 1 bis 3 benutzt. Beethovens Weltanschauung Ol-, Hermann Seeliger von in Nehmt die Gottheit auf in euren Willen le Welt ist ein König und will geschmeichelt sein, soll sie sich günstig *) von Kalischer (5 Bände), von Prelinger (4 Bünde), von E. Kastner Volksausgabe
(Hesses Verlag); ferner Ludwig Rost, Beethoven-Brevier, 2. Auflage, bearbeitet von Soko- lowski (Seemann). Von Thayers Beethoven-Biographie wurde die von Riemann besorgte Neuauflage von Band 1 bis 3 benutzt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0121" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326291"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341897_326169/figures/grenzboten_341897_326169_326291_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Beethovens Weltanschauung<lb/><note type="byline"> Ol-, Hermann Seeliger</note> von in </head><lb/> <quote type="epigraph"> Nehmt die Gottheit auf in euren Willen<lb/> Und sie steigt von ihrem Weltenthron.<lb/> Schiller, Das Ideal und das Leben.</quote><lb/> <p xml:id="ID_543" next="#ID_544"> le Welt ist ein König und will geschmeichelt sein, soll sie sich günstig<lb/> zeigen — doch wahre Kunst ist eigensinnig, läßt sich nicht in<lb/> schmeichelnde Formen drängen", aber gerade dem, der diese Worte<lb/> schrieb, und in seinem künstlerischen Schaffen die unerhörteste<lb/> Subjektivität bekundete, hat sie rückhaltlos wie kaum einem anderen<lb/> der großen Schaffenden die Anerkennung seiner überragenden Größe und<lb/> Genialität zuteil werden lassen. Schier unendlich ist die Beethoven-Literatur,<lb/> für die leider noch ein kritisch sichtender Katalog fehlt, und unermüdlich ist seit<lb/> dem Erscheinen der Schindlerschen Beethoven-Biographie die Forschung bemüht,<lb/> das Verständnis dieser so ganz einzigartigen Künstlerindividualität der Welt zu<lb/> vermitteln. Die große von Thaver begonnene, von Riemann überarbeitete und<lb/> vollendete Lebensbeschreibung des Meisters, die in drei Ausgaben vorliegende<lb/> Sammlung seiner Briefe*), die zahllosen kleinen Monographien und Studien<lb/> zeigen, wie lebhaft sich besonders das letzte Jahrzehnt mit dem Beethoven-<lb/> Problem beschäftigt hat. Und gerade hundert Jahre, nachdem Goethe in einem<lb/> vom .19. Juli 1872 datierten Briefe an Christiane sein Urteil über den Ton¬<lb/> dichter in die Worte zusammenfaßte: „Zusammengefaßter, energischer, inniger<lb/> habe ich noch keinen Künstler gesehen; man kann begreifen, wie er zur Welt<lb/> wunderlich stehen muß", ein Urteil, wodurch das bekannte an Zelter geschrieben<lb/> von der „leider gänzlich ungebändigten Persönlichkeit" seine Ergänzung findet,<lb/> erschien Paul Vetters „Beethoven", sozusagen der erschöpfende Kommentar zu<lb/> den offenbar divergenten Aussprüchen des Dichters, das beste Buch wohl, das</p><lb/> <note xml:id="FID_46" place="foot"> *) von Kalischer (5 Bände), von Prelinger (4 Bünde), von E. Kastner Volksausgabe<lb/> (Hesses Verlag); ferner Ludwig Rost, Beethoven-Brevier, 2. Auflage, bearbeitet von Soko-<lb/> lowski (Seemann). Von Thayers Beethoven-Biographie wurde die von Riemann besorgte<lb/> Neuauflage von Band 1 bis 3 benutzt.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0121]
[Abbildung]
Beethovens Weltanschauung
Ol-, Hermann Seeliger von in
Nehmt die Gottheit auf in euren Willen
Und sie steigt von ihrem Weltenthron.
Schiller, Das Ideal und das Leben.
le Welt ist ein König und will geschmeichelt sein, soll sie sich günstig
zeigen — doch wahre Kunst ist eigensinnig, läßt sich nicht in
schmeichelnde Formen drängen", aber gerade dem, der diese Worte
schrieb, und in seinem künstlerischen Schaffen die unerhörteste
Subjektivität bekundete, hat sie rückhaltlos wie kaum einem anderen
der großen Schaffenden die Anerkennung seiner überragenden Größe und
Genialität zuteil werden lassen. Schier unendlich ist die Beethoven-Literatur,
für die leider noch ein kritisch sichtender Katalog fehlt, und unermüdlich ist seit
dem Erscheinen der Schindlerschen Beethoven-Biographie die Forschung bemüht,
das Verständnis dieser so ganz einzigartigen Künstlerindividualität der Welt zu
vermitteln. Die große von Thaver begonnene, von Riemann überarbeitete und
vollendete Lebensbeschreibung des Meisters, die in drei Ausgaben vorliegende
Sammlung seiner Briefe*), die zahllosen kleinen Monographien und Studien
zeigen, wie lebhaft sich besonders das letzte Jahrzehnt mit dem Beethoven-
Problem beschäftigt hat. Und gerade hundert Jahre, nachdem Goethe in einem
vom .19. Juli 1872 datierten Briefe an Christiane sein Urteil über den Ton¬
dichter in die Worte zusammenfaßte: „Zusammengefaßter, energischer, inniger
habe ich noch keinen Künstler gesehen; man kann begreifen, wie er zur Welt
wunderlich stehen muß", ein Urteil, wodurch das bekannte an Zelter geschrieben
von der „leider gänzlich ungebändigten Persönlichkeit" seine Ergänzung findet,
erschien Paul Vetters „Beethoven", sozusagen der erschöpfende Kommentar zu
den offenbar divergenten Aussprüchen des Dichters, das beste Buch wohl, das
*) von Kalischer (5 Bände), von Prelinger (4 Bünde), von E. Kastner Volksausgabe
(Hesses Verlag); ferner Ludwig Rost, Beethoven-Brevier, 2. Auflage, bearbeitet von Soko-
lowski (Seemann). Von Thayers Beethoven-Biographie wurde die von Riemann besorgte
Neuauflage von Band 1 bis 3 benutzt.
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