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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

faser hat. Hat er dann alle zehn Bastfasern
mit je hundert Knoten versehen, so ist die
Zeit des Festessens da und das Bastfasern¬
bündel wird dann zusammen mit dem Schwein
beim Festessen verbrannt.

Der Häuptling als Bankier (Songa
auf Bellalavella)

Der Häuptling ist der reichste an Muschel¬
geldringen. Wenn ein Mann Geld braucht
zur Heirat, um ein Mädchen zu kaufen, so
geht er zum Häuptling und dieser gibt ihm
Geld. Hat er Geld erhalten, so gilt er als
sein Gefolgsmann. Stirbt nun der Schuldner,
bevor er an den Häuptling das Geld zurück¬
gezahlt hat, so sind auch die Kinder dem
Häuptling gefolgpflichtig. Stirbt das Weib
früh, so zahlt der Schuldner dem Häuptling
das Geld zurück, da er dann wieder das
Geld von den Angehörigen der Frau zurück¬
erhält. Wenn der Häuptling gestorben ist,
so wird sein Sohn oder die Witwe Gläubiger.
-- Wenn der Mann stirbt, so gehört sein
Besitztum, Haus.Kann, Kokospalmen, Schweine
und Pflanzung dem ältesten Sohn, nicht allen
Kindern. Die übrigen Kinder werden Ge¬
folgsleute des Häuptlings und müssen für
ihn arbeiten, bis das Geld, das der Mann
für die Heirat bekommen hat, zurückbezahlt ist.

Aus dem Strafrecht

Die Strafe ist vollkommen in die Form
der Rache gekleidet. So tritt uns zunächst
die Tötung als Vergeltung eines Totschlags
oder Mordes entgegen. In der Regel wer¬
den aber gerade diese Taten, mit denen eine
Strafe verbunden sein soll, meuchlerisch be¬
gangen. Tötung wird nicht nur für Mord
oder Totschlag, sondern auch für schwere
körperliche Verletzungen mit tätlichem Aus"
gang und für Zauberei geübt. Besonders
schwer gerächt wird schwerer Ehebruch und
der Verdacht, durch Zauberei den Tod eines
Menschen herbeigeführt zu haben. -- Für
schwere Verwundungen Pflegt man sich da¬
durch zu rächen, daß man gemäß dem Prinzip
der "Aquiws" dem Gegner wieder eine schwere
Verwundung zufügt. Bei zweifellos zufälligem
Totschlag oder Verwundung begnügt man
sich dagegen mit Zahlung von Bußen, ohne
jemand eine Verletzung zuzufügen.

[Spaltenumbruch]

Dem Buche sind siebenunddreißig Stamm¬
tafeln angehängt, die das Leben und Schicksal
einzelner Persönlichkeiten, in denen sich die
Begebenheiten des Lebens gleichsam kristalli¬
sieren, verfolgend, wirkliche Vorkommnisse,
ihre Ursachen und ihren Ablauf feststellen
und erörtern. In Verbindung mit den Aus¬
führungen des darstellenden Teils gewähren
sie einen außerordentlich interessanten Einblick
in die biologischen Verhältnisse der Bevölkerung
von Buin (Bougcrinville) und Lambutjo (Ad¬
miralitätsinseln).

Besonders möchte ich endlich auf die sta¬
tistischen Ergebnisse aufmerksam machen, die
der Verfasser in den Abschnitten: Gesamt¬
statistik, Generationsstufen, Verhältnis der
männlichen zur weiblichen Bevölkerung, Ver¬
hältnis der Gesamtbevölkerung zu den Kindern,
Volksvermehrung, Kindersterblichkeit, Heirats¬
statistik (insbesondere Einehe und Mehrehe),
aus den Stammtafeln ableitet. Die Aus¬
wertung dieser Ergebnisse ist für die Praktischen
Fragen der Eingebvrenenpolitik von unver¬
kennbarer Bedeutung.

Wer mit der Urgeschichte der Kultur, den
Kräften, welche bestimmend auf das Zusammen¬
leben der Menschen einwirken, sich zu be¬
schäftigen Sinn und Neigung hat, der sei, ob
Gelehrter oder Nichtgelehrter, auf die feinen
Beobachtungen und fesselnden Mitteilungen
Thurnwalds hingewiesen.

Aurt Perels
schöne Literatur
Carl Busse: "Geschichte der Wettine-
r"t"rr."

Zweiter Band. (Bielefeld und Leipzig,
Velhagen K Klasing.) Anfangs 1911 (Heft 10)
zeigte ich hier den ersten Band von Busses
"Geschichte der Weltliteratur" an -- jetzt liegt
das Werk mit dem zweiten vollendet vor.
Er führt von der Gegenrenaissance und Gegen¬
reformation des siebzehnten Jahrhunderts bis
zur Gegenwart und behandelt in drei großen
Abschnitten das siebzehnte, das achtzehnte und
das neunzehnte Jahrhundert, wobei selbst¬
verständlich der deutschen Dichtung verhältnis¬
mäßig der Hauptraum zugemessen wird. Auch
hier erkennt man überall den Dichter, der
nach künstlerischer Anschauung strebt, und den
Erzähler, der fesselnd berichtet. Die Abschnitte
sind wohlgegliedert, in sich zusammenhängend

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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faser hat. Hat er dann alle zehn Bastfasern
mit je hundert Knoten versehen, so ist die
Zeit des Festessens da und das Bastfasern¬
bündel wird dann zusammen mit dem Schwein
beim Festessen verbrannt.

Der Häuptling als Bankier (Songa
auf Bellalavella)

Der Häuptling ist der reichste an Muschel¬
geldringen. Wenn ein Mann Geld braucht
zur Heirat, um ein Mädchen zu kaufen, so
geht er zum Häuptling und dieser gibt ihm
Geld. Hat er Geld erhalten, so gilt er als
sein Gefolgsmann. Stirbt nun der Schuldner,
bevor er an den Häuptling das Geld zurück¬
gezahlt hat, so sind auch die Kinder dem
Häuptling gefolgpflichtig. Stirbt das Weib
früh, so zahlt der Schuldner dem Häuptling
das Geld zurück, da er dann wieder das
Geld von den Angehörigen der Frau zurück¬
erhält. Wenn der Häuptling gestorben ist,
so wird sein Sohn oder die Witwe Gläubiger.
— Wenn der Mann stirbt, so gehört sein
Besitztum, Haus.Kann, Kokospalmen, Schweine
und Pflanzung dem ältesten Sohn, nicht allen
Kindern. Die übrigen Kinder werden Ge¬
folgsleute des Häuptlings und müssen für
ihn arbeiten, bis das Geld, das der Mann
für die Heirat bekommen hat, zurückbezahlt ist.

Aus dem Strafrecht

Die Strafe ist vollkommen in die Form
der Rache gekleidet. So tritt uns zunächst
die Tötung als Vergeltung eines Totschlags
oder Mordes entgegen. In der Regel wer¬
den aber gerade diese Taten, mit denen eine
Strafe verbunden sein soll, meuchlerisch be¬
gangen. Tötung wird nicht nur für Mord
oder Totschlag, sondern auch für schwere
körperliche Verletzungen mit tätlichem Aus»
gang und für Zauberei geübt. Besonders
schwer gerächt wird schwerer Ehebruch und
der Verdacht, durch Zauberei den Tod eines
Menschen herbeigeführt zu haben. — Für
schwere Verwundungen Pflegt man sich da¬
durch zu rächen, daß man gemäß dem Prinzip
der „Aquiws" dem Gegner wieder eine schwere
Verwundung zufügt. Bei zweifellos zufälligem
Totschlag oder Verwundung begnügt man
sich dagegen mit Zahlung von Bußen, ohne
jemand eine Verletzung zuzufügen.

[Spaltenumbruch]

Dem Buche sind siebenunddreißig Stamm¬
tafeln angehängt, die das Leben und Schicksal
einzelner Persönlichkeiten, in denen sich die
Begebenheiten des Lebens gleichsam kristalli¬
sieren, verfolgend, wirkliche Vorkommnisse,
ihre Ursachen und ihren Ablauf feststellen
und erörtern. In Verbindung mit den Aus¬
führungen des darstellenden Teils gewähren
sie einen außerordentlich interessanten Einblick
in die biologischen Verhältnisse der Bevölkerung
von Buin (Bougcrinville) und Lambutjo (Ad¬
miralitätsinseln).

Besonders möchte ich endlich auf die sta¬
tistischen Ergebnisse aufmerksam machen, die
der Verfasser in den Abschnitten: Gesamt¬
statistik, Generationsstufen, Verhältnis der
männlichen zur weiblichen Bevölkerung, Ver¬
hältnis der Gesamtbevölkerung zu den Kindern,
Volksvermehrung, Kindersterblichkeit, Heirats¬
statistik (insbesondere Einehe und Mehrehe),
aus den Stammtafeln ableitet. Die Aus¬
wertung dieser Ergebnisse ist für die Praktischen
Fragen der Eingebvrenenpolitik von unver¬
kennbarer Bedeutung.

Wer mit der Urgeschichte der Kultur, den
Kräften, welche bestimmend auf das Zusammen¬
leben der Menschen einwirken, sich zu be¬
schäftigen Sinn und Neigung hat, der sei, ob
Gelehrter oder Nichtgelehrter, auf die feinen
Beobachtungen und fesselnden Mitteilungen
Thurnwalds hingewiesen.

Aurt Perels
schöne Literatur
Carl Busse: „Geschichte der Wettine-
r»t»rr."

Zweiter Band. (Bielefeld und Leipzig,
Velhagen K Klasing.) Anfangs 1911 (Heft 10)
zeigte ich hier den ersten Band von Busses
„Geschichte der Weltliteratur" an — jetzt liegt
das Werk mit dem zweiten vollendet vor.
Er führt von der Gegenrenaissance und Gegen¬
reformation des siebzehnten Jahrhunderts bis
zur Gegenwart und behandelt in drei großen
Abschnitten das siebzehnte, das achtzehnte und
das neunzehnte Jahrhundert, wobei selbst¬
verständlich der deutschen Dichtung verhältnis¬
mäßig der Hauptraum zugemessen wird. Auch
hier erkennt man überall den Dichter, der
nach künstlerischer Anschauung strebt, und den
Erzähler, der fesselnd berichtet. Die Abschnitte
sind wohlgegliedert, in sich zusammenhängend

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[0498] Maßgebliches und Unmaßgebliches faser hat. Hat er dann alle zehn Bastfasern mit je hundert Knoten versehen, so ist die Zeit des Festessens da und das Bastfasern¬ bündel wird dann zusammen mit dem Schwein beim Festessen verbrannt. Der Häuptling als Bankier (Songa auf Bellalavella) Der Häuptling ist der reichste an Muschel¬ geldringen. Wenn ein Mann Geld braucht zur Heirat, um ein Mädchen zu kaufen, so geht er zum Häuptling und dieser gibt ihm Geld. Hat er Geld erhalten, so gilt er als sein Gefolgsmann. Stirbt nun der Schuldner, bevor er an den Häuptling das Geld zurück¬ gezahlt hat, so sind auch die Kinder dem Häuptling gefolgpflichtig. Stirbt das Weib früh, so zahlt der Schuldner dem Häuptling das Geld zurück, da er dann wieder das Geld von den Angehörigen der Frau zurück¬ erhält. Wenn der Häuptling gestorben ist, so wird sein Sohn oder die Witwe Gläubiger. — Wenn der Mann stirbt, so gehört sein Besitztum, Haus.Kann, Kokospalmen, Schweine und Pflanzung dem ältesten Sohn, nicht allen Kindern. Die übrigen Kinder werden Ge¬ folgsleute des Häuptlings und müssen für ihn arbeiten, bis das Geld, das der Mann für die Heirat bekommen hat, zurückbezahlt ist. Aus dem Strafrecht Die Strafe ist vollkommen in die Form der Rache gekleidet. So tritt uns zunächst die Tötung als Vergeltung eines Totschlags oder Mordes entgegen. In der Regel wer¬ den aber gerade diese Taten, mit denen eine Strafe verbunden sein soll, meuchlerisch be¬ gangen. Tötung wird nicht nur für Mord oder Totschlag, sondern auch für schwere körperliche Verletzungen mit tätlichem Aus» gang und für Zauberei geübt. Besonders schwer gerächt wird schwerer Ehebruch und der Verdacht, durch Zauberei den Tod eines Menschen herbeigeführt zu haben. — Für schwere Verwundungen Pflegt man sich da¬ durch zu rächen, daß man gemäß dem Prinzip der „Aquiws" dem Gegner wieder eine schwere Verwundung zufügt. Bei zweifellos zufälligem Totschlag oder Verwundung begnügt man sich dagegen mit Zahlung von Bußen, ohne jemand eine Verletzung zuzufügen. Dem Buche sind siebenunddreißig Stamm¬ tafeln angehängt, die das Leben und Schicksal einzelner Persönlichkeiten, in denen sich die Begebenheiten des Lebens gleichsam kristalli¬ sieren, verfolgend, wirkliche Vorkommnisse, ihre Ursachen und ihren Ablauf feststellen und erörtern. In Verbindung mit den Aus¬ führungen des darstellenden Teils gewähren sie einen außerordentlich interessanten Einblick in die biologischen Verhältnisse der Bevölkerung von Buin (Bougcrinville) und Lambutjo (Ad¬ miralitätsinseln). Besonders möchte ich endlich auf die sta¬ tistischen Ergebnisse aufmerksam machen, die der Verfasser in den Abschnitten: Gesamt¬ statistik, Generationsstufen, Verhältnis der männlichen zur weiblichen Bevölkerung, Ver¬ hältnis der Gesamtbevölkerung zu den Kindern, Volksvermehrung, Kindersterblichkeit, Heirats¬ statistik (insbesondere Einehe und Mehrehe), aus den Stammtafeln ableitet. Die Aus¬ wertung dieser Ergebnisse ist für die Praktischen Fragen der Eingebvrenenpolitik von unver¬ kennbarer Bedeutung. Wer mit der Urgeschichte der Kultur, den Kräften, welche bestimmend auf das Zusammen¬ leben der Menschen einwirken, sich zu be¬ schäftigen Sinn und Neigung hat, der sei, ob Gelehrter oder Nichtgelehrter, auf die feinen Beobachtungen und fesselnden Mitteilungen Thurnwalds hingewiesen. Aurt Perels schöne Literatur Carl Busse: „Geschichte der Wettine- r»t»rr." Zweiter Band. (Bielefeld und Leipzig, Velhagen K Klasing.) Anfangs 1911 (Heft 10) zeigte ich hier den ersten Band von Busses „Geschichte der Weltliteratur" an — jetzt liegt das Werk mit dem zweiten vollendet vor. Er führt von der Gegenrenaissance und Gegen¬ reformation des siebzehnten Jahrhunderts bis zur Gegenwart und behandelt in drei großen Abschnitten das siebzehnte, das achtzehnte und das neunzehnte Jahrhundert, wobei selbst¬ verständlich der deutschen Dichtung verhältnis¬ mäßig der Hauptraum zugemessen wird. Auch hier erkennt man überall den Dichter, der nach künstlerischer Anschauung strebt, und den Erzähler, der fesselnd berichtet. Die Abschnitte sind wohlgegliedert, in sich zusammenhängend

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/498>, abgerufen am 27.07.2024.