Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.Föderalistische und unitarische Parteien von Dr. rer. pol. Mnx Linde le Gliederung eines Einheitsstaates beruht nicht in erster Linie Grenzvoten II 1S12 1
Föderalistische und unitarische Parteien von Dr. rer. pol. Mnx Linde le Gliederung eines Einheitsstaates beruht nicht in erster Linie Grenzvoten II 1S12 1
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[Abbildung]
Föderalistische und unitarische Parteien
von Dr. rer. pol. Mnx Linde
le Gliederung eines Einheitsstaates beruht nicht in erster Linie
auf politischen, sondern auf verwaltungsrechtlichen und verwaltungs¬
technischen Gesichtspunkten: im Interesse der Verwaltung werden
Provinzen, Departements usiv. gebildet. Anders liegen die Ver¬
hältnisse in einem Staatenstaat von der „mosaikartigen Zusammen¬
setzung des Reiches". Er ist nicht in Verwaltungsbezirke gegliedert, sondern
seine Glieder sind selber Staaten: „Einzelstaaten", „Gliedstaaten", wie man sie
nennen will. Über den fünfundzwanzig — oder besser sechsundzwanzig —
Einzelstaatsrcgierungen steht die Negierung des Gesamtstaates, des Reiches.
Wie sich die Aufgaben des Reiches und die der Einzelstaaten von einander abgrenzen,
mit anderen Worten: wie die „Kompetenzen" zwischen dem Reich und den Einzel¬
staaten verteilt sind, sagt die Verfassung. Unsere Reichsverfassung hat — von
allen Einzelheiten abgesehen — eine dreifache Teilung der Kompetenzen vor¬
genommen: 1. Für einen Teil staatlicher Aufgaben sind die Gliedstaaten allein
zuständig, dergestalt, daß ihnen auf diesen Gebieten staatlicher Tätigkeit die
Gesetzgebung wie die Verwaltung zustehen soll (Beispiele: Kirchen- und Schul¬
wesen, Forstwesen, Landwirtschaft, Wasserrecht); 2. Für einen anderen Teil
staatlicher Aufgaben steht dem Reiche die Gesetzgebung und Beaufsichtigung, den
Gliedstaaten die praktische Durchführung der Gesetze zu (Beispiele: Zoll- und
Steuerwesen, Rechtsprechung); 3. Für einen letzten Teil staatlicher Aufgaben steht
dem Reiche allein sowohl die Gesetzgebung wie die Verwaltung zu (Beispiele:
auswärtige Angelegenheiten, Post- und Telegraphenwesen, Marine). Da nun
dem Reiche die „Kompetenz-Kompetenz" d. h. das Recht und die Fähigkeit
zusteht, den Kreis seiner Kompetenzen selbst zu bestimmen, so daß es bisher
von Gliedstaaten geregelte Komplexe staatlicher Tätigkeit seiner Gesetzgebung und
Grenzvoten II 1S12 1
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