Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches das mehr galt, als was der fliehende Tag und die wandernden Nächte geben Ich fand kein Wort; denn er schien mir mit seinein Schicksal so gewachsen, Die schlichte Grösze dieser Seele, in der etwas von der heiligen Gesetzmäßig¬ Und sie erschütterte mich, also daß Gedanken und Gefühle in ein starkes Ich drückte ihm still die Hand -- er grüßte und ging den Höhenweg empor. Der Mond stand flimmernd gegen die finstern Tannen, daß die wandernde, Ich stand und starrte ihm nach. Das war nicht mehr der Bote Förster -- Durch Graus und Gnaden aller Wetter schreitet sie dahin; die einzige, die Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel Das Hcmptcreignis der Woche auf innerpvlitischem Gebiete ist die entschiedene Grenzboten l 19to 24
Maßgebliches und Unmaßgebliches das mehr galt, als was der fliehende Tag und die wandernden Nächte geben Ich fand kein Wort; denn er schien mir mit seinein Schicksal so gewachsen, Die schlichte Grösze dieser Seele, in der etwas von der heiligen Gesetzmäßig¬ Und sie erschütterte mich, also daß Gedanken und Gefühle in ein starkes Ich drückte ihm still die Hand — er grüßte und ging den Höhenweg empor. Der Mond stand flimmernd gegen die finstern Tannen, daß die wandernde, Ich stand und starrte ihm nach. Das war nicht mehr der Bote Förster — Durch Graus und Gnaden aller Wetter schreitet sie dahin; die einzige, die Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel Das Hcmptcreignis der Woche auf innerpvlitischem Gebiete ist die entschiedene Grenzboten l 19to 24
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Maßgebliches und Unmaßgebliches
das mehr galt, als was der fliehende Tag und die wandernden Nächte geben
können. — etwas, nach dem hin er unverrückbar schritt . . .
Ich fand kein Wort; denn er schien mir mit seinein Schicksal so gewachsen,
daß er mir fast fremd ward.
Die schlichte Grösze dieser Seele, in der etwas von der heiligen Gesetzmäßig¬
keit der Natur lag, hatte ich nicht geahnt in dem einfachen Mann des Volkes,
der ein geringes Amt übte, in strenger Art, wortkarg und unscheinbar.
Und sie erschütterte mich, also daß Gedanken und Gefühle in ein starkes
Bewegen kamen und ich sie nicht in feste Worte fassen konnte.
Ich drückte ihm still die Hand — er grüßte und ging den Höhenweg empor.
Der Mond stand flimmernd gegen die finstern Tannen, daß die wandernde,
hohe Gestalt sich von ihnen abhob und wie mit feinen Linien umleuchtet war . . .
Ich stand und starrte ihm nach. Das war nicht mehr der Bote Förster —
die Gestalt wuchs ins Unpersönliche — sie erschien mir wie die eherne, gewaltig
schreitende Pflicht: eine heldische Gestalt, vom Schicksal gemeißelt, mit großen
tragischen Zügen, die dem sonnigen Glück der flüchtigen Tage vorüberwandcrt und
den kummervollen Nächten, und die am Weg hinter sich die Sorge, die Selbstsucht
und alle neidischen, kleinen Geister läßt.
Durch Graus und Gnaden aller Wetter schreitet sie dahin; die einzige, die
reuelvs ist und die zu jenen Höhen dringt, wo der leuchtende Königsreif des
Friedens ruht.
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel
Das Hcmptcreignis der Woche auf innerpvlitischem Gebiete ist die entschiedene
Stellungnahme des Reichskanzlers zur Polenfrage. Zwar wird niemand, der sich
ein einigermaßen nüchternes Urteil über Personen und Verhältnisse bewahrt hat,
auch nur einen Augenblick wirklich geglaubt haben, Herr v. Bethmann Hollweg
werde als Reichskanzler und Ministerpräsident verleugnen, was er als preußischer
Minister des Innern und als Vizepräsident des Staatsministeriums verfochten hat.
Immerhin ist es nach den politischen Wirbelstürmen des Jahres 1909 nützlich
und notwendig, wenn der neue Herr an der verantwortlichen Stelle für die Reichs¬
politik und die preußische Staatspolitik persönlich hervortritt und mit ausdrück¬
lichen Worten die hier und da schon wild wuchernde Illusion zerstört, als sei ans
verschiedenen wichtigen Gebieten der Staatskunst eine Kursänderung zu er¬
warten. Leute, die aus alleu möglichen, zum Teil recht nebensächlichen und
äußerlichen Erscheinungen der Parteipolitik den Stoff zu den verwegensten
Kombinationen entnehmen, konnten vielleicht glauben, der Reichskanzler werde,
um sich dem Zentrum gegenüber keine Schwierigkeiten zu schaffen, bestimmten
Erklärungen über die Polenpolitik ausweichen. Ernsthafte Beurteiler durften solche
Erwartungen nicht hegen. Also daß Herr v. Bethmann Hollwcg keinen Zweifel
Grenzboten l 19to 24
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