Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Bündnisses mit Österreich-Ungarn bezweifelt, weil England die von uns schon be-
sprochnen Bemühungen zur Wiederherstellung des durch die böhmische Krisis
gestörten Einvernehmens mit Österreich-Ungarn unternommen hat^ Die Gelegen¬
heit wird von manchen Seilen benutzt, um von Wiederaufnahme, der englischen
..Einkreisungspolitik" zu' sprechen und die alte Nervosität wieder aufleben zu lassen.
Wie wir zu dieser Frage stehn, ist eigentlich kaum nötig zu sagen. Wir haben die
sogenannte Einlreisungspolitik schon damals für ein Phantom erklärt, als es bei
uns beinahe zum guten Ton gehörte, daran zu glauben. ^ Nachdem inzwischen die
Ereignisse der Weltpolitik so deutlich die Schwächen, der englischen Politik erwiesen
haben, die bei uns als besonders schlauer und feiner, gegen uns gerichteter Ein¬
kreisungsversuch gedeutet wurde, erscheint es beinahe unverständlich, daß das Be¬
streben der englischen auswärtigen Politik, die Übeln Folgen eines gemachten Fehlers
wieder auszugleichen, von deutschen Stimmen benutzt wird, um alte Torheiten auf¬
zuwärmen, die uns nach jeder Richtung nur Nachteil bringen können. Es erleichtert
auch England gegenüber unsre Politik nicht. Im englischen Parlament hat es
wieder merkwürdige Anfragen wegen der Beziehungen zu Deutschland und wegen
der beiderseitigen Flottenrüstungen gegeben. Aber die Antwort des englischen
Premierministers gibt uns keine rechten Unterlagen für eine nutzbringende Weiter-
crörterung dieser Frage, und es wäre vielleicht das beste, wenn die Erörterungen
über Deutschland und England überhaupt eine Zeit lang ruhten. ^




Wehrpflicht und Wahlpflicht.

So traurig die Erfahrungen sein mögen, die
man mit der Reichsfinanzreform gemacht hat, so haben sie doch das Gute gehabt,, daß
die Teilnahme an ^ dein Zustandekommen der Reichsfinanzreform wächst, daß der Reichs-
gcdcmke stärker wird und weitere Kreise zieht/ daß die Mitarbeit am Rcichswerke
zunimmt. Und wenn die Teilnahme und die Mitarbeit an dem Ausbau des Reiches
wachsen, so wachsen auch die Aussichten, eine feste finanzielle Grundlage für das
Reich'zu bekommen. . '! ^ ^. /'.^ v'/ ^'-^

Das Verständnis für diese Aufgaben hat man bisher hauptsächlich durch Auf¬
klärung, Belehrung, kurz durch Unterricht zu wecken/ zu verbreiten und zu vertiefen
gesucht. Man darf aber hierbei nicht vergessen^ daß Unterricht ohne Erziehung keinen
vollen Erfolg erreichen kann. Darum sollte man das Augenmerk auch auf die Mittel
der Erziehung zu richten nicht vergessen. Hier ist es nun wichtig, von vornherein
zik betonen, daß nicht der Staat oder die Regierung zur Mitarbeit am Neichswerk
erzieht, sondern das Volk selbst, daß wir also keinen Polizeistaat" sondern einen Volks-
staat haben, worin das ganze Volk jeden einzelnen zur Reichsarbeit erzieht. Von
den Mitteln, die dem deutschen Volke hierbei zu Gebote stehen, ist eins schon lange
bekannt und uns in Fleesch und Blut übergegangen: die Wehrpflicht. Man sagt zwar
allgemeine Wehrpflicht, aber in Wirklichkett ist die Wehrpflicht nicht allgemein.
Einseitig hat man diesen Begriff als Dienst mit der Waffe aufgefaßt und geglaubt,
jeden nicht waffenfähigen Mann von dieser Pflicht befreien zu dürfen, ja auch den
waffenfähigen, wenn er überzählig ist, ohne daß beide zu einer Ersatzleistung heran¬
gezogen würden. Daß dies keine allgemeine Wehrpflicht ist, dürfte einleuchten.
Man sollte bedenken, daß sich auch ein nicht waffenfähiger Mann wehren kann, wenn
er, wie es früher möglich war, einen Ersatzmann selbst stellt oder stellen hilft. Kurz,
es handelt sich um eine Wehrsteuer, die der zahlen muß, der nicht mit der Waffe
dem Vaterlande dient. Die Gründe, die Treitschke und seine Anhänger gegen eine
solche Steuer vorgebracht haben, sind nicht stichhaltig, weil sie von einer falschen
Voraussetzung außgehm Wie man den Dienst mit der Waffe als eine Ehre an¬
sehen soll, so soll man auch die Steuer, die Wehrsteuer, als eine Ehre ansehen^
Diese Steuer hat also keinen finanziellen Charakter, sondern einen moralischen. Bei


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Bündnisses mit Österreich-Ungarn bezweifelt, weil England die von uns schon be-
sprochnen Bemühungen zur Wiederherstellung des durch die böhmische Krisis
gestörten Einvernehmens mit Österreich-Ungarn unternommen hat^ Die Gelegen¬
heit wird von manchen Seilen benutzt, um von Wiederaufnahme, der englischen
..Einkreisungspolitik" zu' sprechen und die alte Nervosität wieder aufleben zu lassen.
Wie wir zu dieser Frage stehn, ist eigentlich kaum nötig zu sagen. Wir haben die
sogenannte Einlreisungspolitik schon damals für ein Phantom erklärt, als es bei
uns beinahe zum guten Ton gehörte, daran zu glauben. ^ Nachdem inzwischen die
Ereignisse der Weltpolitik so deutlich die Schwächen, der englischen Politik erwiesen
haben, die bei uns als besonders schlauer und feiner, gegen uns gerichteter Ein¬
kreisungsversuch gedeutet wurde, erscheint es beinahe unverständlich, daß das Be¬
streben der englischen auswärtigen Politik, die Übeln Folgen eines gemachten Fehlers
wieder auszugleichen, von deutschen Stimmen benutzt wird, um alte Torheiten auf¬
zuwärmen, die uns nach jeder Richtung nur Nachteil bringen können. Es erleichtert
auch England gegenüber unsre Politik nicht. Im englischen Parlament hat es
wieder merkwürdige Anfragen wegen der Beziehungen zu Deutschland und wegen
der beiderseitigen Flottenrüstungen gegeben. Aber die Antwort des englischen
Premierministers gibt uns keine rechten Unterlagen für eine nutzbringende Weiter-
crörterung dieser Frage, und es wäre vielleicht das beste, wenn die Erörterungen
über Deutschland und England überhaupt eine Zeit lang ruhten. ^




Wehrpflicht und Wahlpflicht.

So traurig die Erfahrungen sein mögen, die
man mit der Reichsfinanzreform gemacht hat, so haben sie doch das Gute gehabt,, daß
die Teilnahme an ^ dein Zustandekommen der Reichsfinanzreform wächst, daß der Reichs-
gcdcmke stärker wird und weitere Kreise zieht/ daß die Mitarbeit am Rcichswerke
zunimmt. Und wenn die Teilnahme und die Mitarbeit an dem Ausbau des Reiches
wachsen, so wachsen auch die Aussichten, eine feste finanzielle Grundlage für das
Reich'zu bekommen. . '! ^ ^. /'.^ v'/ ^'-^

Das Verständnis für diese Aufgaben hat man bisher hauptsächlich durch Auf¬
klärung, Belehrung, kurz durch Unterricht zu wecken/ zu verbreiten und zu vertiefen
gesucht. Man darf aber hierbei nicht vergessen^ daß Unterricht ohne Erziehung keinen
vollen Erfolg erreichen kann. Darum sollte man das Augenmerk auch auf die Mittel
der Erziehung zu richten nicht vergessen. Hier ist es nun wichtig, von vornherein
zik betonen, daß nicht der Staat oder die Regierung zur Mitarbeit am Neichswerk
erzieht, sondern das Volk selbst, daß wir also keinen Polizeistaat» sondern einen Volks-
staat haben, worin das ganze Volk jeden einzelnen zur Reichsarbeit erzieht. Von
den Mitteln, die dem deutschen Volke hierbei zu Gebote stehen, ist eins schon lange
bekannt und uns in Fleesch und Blut übergegangen: die Wehrpflicht. Man sagt zwar
allgemeine Wehrpflicht, aber in Wirklichkett ist die Wehrpflicht nicht allgemein.
Einseitig hat man diesen Begriff als Dienst mit der Waffe aufgefaßt und geglaubt,
jeden nicht waffenfähigen Mann von dieser Pflicht befreien zu dürfen, ja auch den
waffenfähigen, wenn er überzählig ist, ohne daß beide zu einer Ersatzleistung heran¬
gezogen würden. Daß dies keine allgemeine Wehrpflicht ist, dürfte einleuchten.
Man sollte bedenken, daß sich auch ein nicht waffenfähiger Mann wehren kann, wenn
er, wie es früher möglich war, einen Ersatzmann selbst stellt oder stellen hilft. Kurz,
es handelt sich um eine Wehrsteuer, die der zahlen muß, der nicht mit der Waffe
dem Vaterlande dient. Die Gründe, die Treitschke und seine Anhänger gegen eine
solche Steuer vorgebracht haben, sind nicht stichhaltig, weil sie von einer falschen
Voraussetzung außgehm Wie man den Dienst mit der Waffe als eine Ehre an¬
sehen soll, so soll man auch die Steuer, die Wehrsteuer, als eine Ehre ansehen^
Diese Steuer hat also keinen finanziellen Charakter, sondern einen moralischen. Bei


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0586" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314289"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_3033" prev="#ID_3032"> Bündnisses mit Österreich-Ungarn bezweifelt, weil England die von uns schon be-<lb/>
sprochnen Bemühungen zur Wiederherstellung des durch die böhmische Krisis<lb/>
gestörten Einvernehmens mit Österreich-Ungarn unternommen hat^ Die Gelegen¬<lb/>
heit wird von manchen Seilen benutzt, um von Wiederaufnahme, der englischen<lb/>
..Einkreisungspolitik" zu' sprechen und die alte Nervosität wieder aufleben zu lassen.<lb/>
Wie wir zu dieser Frage stehn, ist eigentlich kaum nötig zu sagen. Wir haben die<lb/>
sogenannte Einlreisungspolitik schon damals für ein Phantom erklärt, als es bei<lb/>
uns beinahe zum guten Ton gehörte, daran zu glauben. ^ Nachdem inzwischen die<lb/>
Ereignisse der Weltpolitik so deutlich die Schwächen, der englischen Politik erwiesen<lb/>
haben, die bei uns als besonders schlauer und feiner, gegen uns gerichteter Ein¬<lb/>
kreisungsversuch gedeutet wurde, erscheint es beinahe unverständlich, daß das Be¬<lb/>
streben der englischen auswärtigen Politik, die Übeln Folgen eines gemachten Fehlers<lb/>
wieder auszugleichen, von deutschen Stimmen benutzt wird, um alte Torheiten auf¬<lb/>
zuwärmen, die uns nach jeder Richtung nur Nachteil bringen können. Es erleichtert<lb/>
auch England gegenüber unsre Politik nicht. Im englischen Parlament hat es<lb/>
wieder merkwürdige Anfragen wegen der Beziehungen zu Deutschland und wegen<lb/>
der beiderseitigen Flottenrüstungen gegeben. Aber die Antwort des englischen<lb/>
Premierministers gibt uns keine rechten Unterlagen für eine nutzbringende Weiter-<lb/>
crörterung dieser Frage, und es wäre vielleicht das beste, wenn die Erörterungen<lb/>
über Deutschland und England überhaupt eine Zeit lang ruhten. ^</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Wehrpflicht und Wahlpflicht. </head>
            <p xml:id="ID_3034"> So traurig die Erfahrungen sein mögen, die<lb/>
man mit der Reichsfinanzreform gemacht hat, so haben sie doch das Gute gehabt,, daß<lb/>
die Teilnahme an ^ dein Zustandekommen der Reichsfinanzreform wächst, daß der Reichs-<lb/>
gcdcmke stärker wird und weitere Kreise zieht/ daß die Mitarbeit am Rcichswerke<lb/>
zunimmt. Und wenn die Teilnahme und die Mitarbeit an dem Ausbau des Reiches<lb/>
wachsen, so wachsen auch die Aussichten, eine feste finanzielle Grundlage für das<lb/>
Reich'zu bekommen.  . '!  ^ ^.    /'.^ v'/ ^'-^</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3035" next="#ID_3036"> Das Verständnis für diese Aufgaben hat man bisher hauptsächlich durch Auf¬<lb/>
klärung, Belehrung, kurz durch Unterricht zu wecken/ zu verbreiten und zu vertiefen<lb/>
gesucht. Man darf aber hierbei nicht vergessen^ daß Unterricht ohne Erziehung keinen<lb/>
vollen Erfolg erreichen kann. Darum sollte man das Augenmerk auch auf die Mittel<lb/>
der Erziehung zu richten nicht vergessen. Hier ist es nun wichtig, von vornherein<lb/>
zik betonen, daß nicht der Staat oder die Regierung zur Mitarbeit am Neichswerk<lb/>
erzieht, sondern das Volk selbst, daß wir also keinen Polizeistaat» sondern einen Volks-<lb/>
staat haben, worin das ganze Volk jeden einzelnen zur Reichsarbeit erzieht. Von<lb/>
den Mitteln, die dem deutschen Volke hierbei zu Gebote stehen, ist eins schon lange<lb/>
bekannt und uns in Fleesch und Blut übergegangen: die Wehrpflicht. Man sagt zwar<lb/>
allgemeine Wehrpflicht, aber in Wirklichkett ist die Wehrpflicht nicht allgemein.<lb/>
Einseitig hat man diesen Begriff als Dienst mit der Waffe aufgefaßt und geglaubt,<lb/>
jeden nicht waffenfähigen Mann von dieser Pflicht befreien zu dürfen, ja auch den<lb/>
waffenfähigen, wenn er überzählig ist, ohne daß beide zu einer Ersatzleistung heran¬<lb/>
gezogen würden. Daß dies keine allgemeine Wehrpflicht ist, dürfte einleuchten.<lb/>
Man sollte bedenken, daß sich auch ein nicht waffenfähiger Mann wehren kann, wenn<lb/>
er, wie es früher möglich war, einen Ersatzmann selbst stellt oder stellen hilft. Kurz,<lb/>
es handelt sich um eine Wehrsteuer, die der zahlen muß, der nicht mit der Waffe<lb/>
dem Vaterlande dient. Die Gründe, die Treitschke und seine Anhänger gegen eine<lb/>
solche Steuer vorgebracht haben, sind nicht stichhaltig, weil sie von einer falschen<lb/>
Voraussetzung außgehm Wie man den Dienst mit der Waffe als eine Ehre an¬<lb/>
sehen soll, so soll man auch die Steuer, die Wehrsteuer, als eine Ehre ansehen^<lb/>
Diese Steuer hat also keinen finanziellen Charakter, sondern einen moralischen. Bei</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0586] Maßgebliches und Unmaßgebliches Bündnisses mit Österreich-Ungarn bezweifelt, weil England die von uns schon be- sprochnen Bemühungen zur Wiederherstellung des durch die böhmische Krisis gestörten Einvernehmens mit Österreich-Ungarn unternommen hat^ Die Gelegen¬ heit wird von manchen Seilen benutzt, um von Wiederaufnahme, der englischen ..Einkreisungspolitik" zu' sprechen und die alte Nervosität wieder aufleben zu lassen. Wie wir zu dieser Frage stehn, ist eigentlich kaum nötig zu sagen. Wir haben die sogenannte Einlreisungspolitik schon damals für ein Phantom erklärt, als es bei uns beinahe zum guten Ton gehörte, daran zu glauben. ^ Nachdem inzwischen die Ereignisse der Weltpolitik so deutlich die Schwächen, der englischen Politik erwiesen haben, die bei uns als besonders schlauer und feiner, gegen uns gerichteter Ein¬ kreisungsversuch gedeutet wurde, erscheint es beinahe unverständlich, daß das Be¬ streben der englischen auswärtigen Politik, die Übeln Folgen eines gemachten Fehlers wieder auszugleichen, von deutschen Stimmen benutzt wird, um alte Torheiten auf¬ zuwärmen, die uns nach jeder Richtung nur Nachteil bringen können. Es erleichtert auch England gegenüber unsre Politik nicht. Im englischen Parlament hat es wieder merkwürdige Anfragen wegen der Beziehungen zu Deutschland und wegen der beiderseitigen Flottenrüstungen gegeben. Aber die Antwort des englischen Premierministers gibt uns keine rechten Unterlagen für eine nutzbringende Weiter- crörterung dieser Frage, und es wäre vielleicht das beste, wenn die Erörterungen über Deutschland und England überhaupt eine Zeit lang ruhten. ^ Wehrpflicht und Wahlpflicht. So traurig die Erfahrungen sein mögen, die man mit der Reichsfinanzreform gemacht hat, so haben sie doch das Gute gehabt,, daß die Teilnahme an ^ dein Zustandekommen der Reichsfinanzreform wächst, daß der Reichs- gcdcmke stärker wird und weitere Kreise zieht/ daß die Mitarbeit am Rcichswerke zunimmt. Und wenn die Teilnahme und die Mitarbeit an dem Ausbau des Reiches wachsen, so wachsen auch die Aussichten, eine feste finanzielle Grundlage für das Reich'zu bekommen. . '! ^ ^. /'.^ v'/ ^'-^ Das Verständnis für diese Aufgaben hat man bisher hauptsächlich durch Auf¬ klärung, Belehrung, kurz durch Unterricht zu wecken/ zu verbreiten und zu vertiefen gesucht. Man darf aber hierbei nicht vergessen^ daß Unterricht ohne Erziehung keinen vollen Erfolg erreichen kann. Darum sollte man das Augenmerk auch auf die Mittel der Erziehung zu richten nicht vergessen. Hier ist es nun wichtig, von vornherein zik betonen, daß nicht der Staat oder die Regierung zur Mitarbeit am Neichswerk erzieht, sondern das Volk selbst, daß wir also keinen Polizeistaat» sondern einen Volks- staat haben, worin das ganze Volk jeden einzelnen zur Reichsarbeit erzieht. Von den Mitteln, die dem deutschen Volke hierbei zu Gebote stehen, ist eins schon lange bekannt und uns in Fleesch und Blut übergegangen: die Wehrpflicht. Man sagt zwar allgemeine Wehrpflicht, aber in Wirklichkett ist die Wehrpflicht nicht allgemein. Einseitig hat man diesen Begriff als Dienst mit der Waffe aufgefaßt und geglaubt, jeden nicht waffenfähigen Mann von dieser Pflicht befreien zu dürfen, ja auch den waffenfähigen, wenn er überzählig ist, ohne daß beide zu einer Ersatzleistung heran¬ gezogen würden. Daß dies keine allgemeine Wehrpflicht ist, dürfte einleuchten. Man sollte bedenken, daß sich auch ein nicht waffenfähiger Mann wehren kann, wenn er, wie es früher möglich war, einen Ersatzmann selbst stellt oder stellen hilft. Kurz, es handelt sich um eine Wehrsteuer, die der zahlen muß, der nicht mit der Waffe dem Vaterlande dient. Die Gründe, die Treitschke und seine Anhänger gegen eine solche Steuer vorgebracht haben, sind nicht stichhaltig, weil sie von einer falschen Voraussetzung außgehm Wie man den Dienst mit der Waffe als eine Ehre an¬ sehen soll, so soll man auch die Steuer, die Wehrsteuer, als eine Ehre ansehen^ Diese Steuer hat also keinen finanziellen Charakter, sondern einen moralischen. Bei

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/586
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/586>, abgerufen am 30.12.2024.