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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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lNaßgebliches und Unmaßgebliches

Währenddessen war man an der Stelle angekommen, wo sich ihre Wege trennten.
Hunding zog die Mütze, und der Professor reichte ihm wie einem jünger" Freunde
die Hand und sagte: Ich wills versuchen.

Der Cato nahm seine Primaner für voll und behandelte sie wie junge erwachsene
Männer, und das rechneten ihm seine Primaner hoch an.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

(Die Rede des Fürsten Bülow im Abgeordnetenhause. Verständigung über
die Steuerreform in Preußen. Die sächsische Wahlrechtsreform.)

Im Mittelpunkt des politischen Interesses steht gegenwärtig die Rede, die
Fürst Bülow im preußischen Abgeordnetenhause bei der Generaldebatte über den
Staatshaushaltsetat am 19. Januar gehalten hat. Sie scheint auf verschiednen
Seiten eine gewisse Überraschung hervorgerufen zu haben, weil sie zum Teil poli¬
tische Themata behandelte, über die man das Nötige im Reichstage zu hören er¬
wartete. Aber man wird zugeben müssen, daß der Zusammenhang dieser Fragen
mit der preußischen Politik so eng ist, daß sie auch im Abgeordnetenhause erörtert
werden können, und da sich Fürst Bülow, einem schon von Bismarck geübten
und empfohlnen Brauch entsprechend, von Kommissionsberatungen aus wohlerwognen
Gründen fern hält, so erscheint es begreiflich, daß er die im Abgeordnetenhause
gebotne Gelegenheit zu einer von ihm für notwendig gehaltnen politischen Aus¬
sprache wahrnahm, weil die Geschäftseinteilung des Reichstags ihn wahrscheinlich
noch auf längere Zeit hinaus verhindert hätte, dort im Plenum zu sprechen. Er
wollte aber nicht schweigen, während der Kampf in der Presse um alle diese be¬
deutenden Fragen täglich eifriger und schärfer wird.

Die Etatsdebatte im Abgeordnetenhause drehte sich um so wichtige Finanz¬
fragen, daß der Übergang zu der auch die einzelstaatlichen Finanzen so nahe be¬
rührenden Neichsfinanzreform von selbst gegeben war. Deshalb sprach Fürst Bülow
auch über die Nachlaßstcner, weil die verschärfte konservative Agitation gegen diese
Steuer eine Gegenwehr dringend notwendig macht. Der Abgeordnete von Pappen-
Heim hatte sich auch im Abgeordnetenhause scharf gegen die Nachlaßsteuer aus¬
gesprochen. Der Träger der Opposition ist in diesem Falle eigentlich nicht die
konservative Partei, sondern der Bund der Landwirte. Freilich weiß man, daß
sich die Partei ungern zu dem Bunde in Gegensatz stellt und ihre Unabhängig¬
keit nach dieser Richtung in der Regel erst dann betont, wenn größere Werte auf
dem Spiele stehn und die Gefahr eines dauernden Schadens für die Partei näher¬
rückt. Den Grnndbesitzerkreisen ist der Gedanke, daß auch Kinder und Ehegatten
eines Erblassers dem Staate etwas von ihrem Erbteil abgeben sollen, aus begreif¬
lichen Gründen äußerst unsympathisch; daß sich auch die konservative Partei dieser
Stimmung nicht entziehen konnte, ist selbstverständlich. Wenn ihr Widerstand
gegen den Grundgedanken dahin zielte, die Vorschläge der Regierung nur nach
schärfster Prüfung ihrer Notwendigkeit und Unersetzlichkeit und nur in einer Form,
die den eigenartigen Verhältnissen des Grundbesitzes Rechnung trug, anzunehmen,
so läßt sich kaum etwas dagegen einwenden. Aber für eine Jnteressenvereinigung
wie den Bund der Landwirte, die sich so sehr als politische Macht fühlen gelernt
hat, ist eS schwer, in solchen Fällen der Versuchung einer Kraftprobe zu wider¬
steh". Hier muß die Opposition taktischen Zwecken dienen, und deshalb wird sie


lNaßgebliches und Unmaßgebliches

Währenddessen war man an der Stelle angekommen, wo sich ihre Wege trennten.
Hunding zog die Mütze, und der Professor reichte ihm wie einem jünger» Freunde
die Hand und sagte: Ich wills versuchen.

Der Cato nahm seine Primaner für voll und behandelte sie wie junge erwachsene
Männer, und das rechneten ihm seine Primaner hoch an.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

(Die Rede des Fürsten Bülow im Abgeordnetenhause. Verständigung über
die Steuerreform in Preußen. Die sächsische Wahlrechtsreform.)

Im Mittelpunkt des politischen Interesses steht gegenwärtig die Rede, die
Fürst Bülow im preußischen Abgeordnetenhause bei der Generaldebatte über den
Staatshaushaltsetat am 19. Januar gehalten hat. Sie scheint auf verschiednen
Seiten eine gewisse Überraschung hervorgerufen zu haben, weil sie zum Teil poli¬
tische Themata behandelte, über die man das Nötige im Reichstage zu hören er¬
wartete. Aber man wird zugeben müssen, daß der Zusammenhang dieser Fragen
mit der preußischen Politik so eng ist, daß sie auch im Abgeordnetenhause erörtert
werden können, und da sich Fürst Bülow, einem schon von Bismarck geübten
und empfohlnen Brauch entsprechend, von Kommissionsberatungen aus wohlerwognen
Gründen fern hält, so erscheint es begreiflich, daß er die im Abgeordnetenhause
gebotne Gelegenheit zu einer von ihm für notwendig gehaltnen politischen Aus¬
sprache wahrnahm, weil die Geschäftseinteilung des Reichstags ihn wahrscheinlich
noch auf längere Zeit hinaus verhindert hätte, dort im Plenum zu sprechen. Er
wollte aber nicht schweigen, während der Kampf in der Presse um alle diese be¬
deutenden Fragen täglich eifriger und schärfer wird.

Die Etatsdebatte im Abgeordnetenhause drehte sich um so wichtige Finanz¬
fragen, daß der Übergang zu der auch die einzelstaatlichen Finanzen so nahe be¬
rührenden Neichsfinanzreform von selbst gegeben war. Deshalb sprach Fürst Bülow
auch über die Nachlaßstcner, weil die verschärfte konservative Agitation gegen diese
Steuer eine Gegenwehr dringend notwendig macht. Der Abgeordnete von Pappen-
Heim hatte sich auch im Abgeordnetenhause scharf gegen die Nachlaßsteuer aus¬
gesprochen. Der Träger der Opposition ist in diesem Falle eigentlich nicht die
konservative Partei, sondern der Bund der Landwirte. Freilich weiß man, daß
sich die Partei ungern zu dem Bunde in Gegensatz stellt und ihre Unabhängig¬
keit nach dieser Richtung in der Regel erst dann betont, wenn größere Werte auf
dem Spiele stehn und die Gefahr eines dauernden Schadens für die Partei näher¬
rückt. Den Grnndbesitzerkreisen ist der Gedanke, daß auch Kinder und Ehegatten
eines Erblassers dem Staate etwas von ihrem Erbteil abgeben sollen, aus begreif¬
lichen Gründen äußerst unsympathisch; daß sich auch die konservative Partei dieser
Stimmung nicht entziehen konnte, ist selbstverständlich. Wenn ihr Widerstand
gegen den Grundgedanken dahin zielte, die Vorschläge der Regierung nur nach
schärfster Prüfung ihrer Notwendigkeit und Unersetzlichkeit und nur in einer Form,
die den eigenartigen Verhältnissen des Grundbesitzes Rechnung trug, anzunehmen,
so läßt sich kaum etwas dagegen einwenden. Aber für eine Jnteressenvereinigung
wie den Bund der Landwirte, die sich so sehr als politische Macht fühlen gelernt
hat, ist eS schwer, in solchen Fällen der Versuchung einer Kraftprobe zu wider¬
steh». Hier muß die Opposition taktischen Zwecken dienen, und deshalb wird sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/275>, abgerufen am 12.12.2024.