Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.Brauchen wir die Ausländer in unsern Kolonien? Rudolf Wagner von in Berlin s hat eine Zeit gegeben, wo wir eine gelinde Gänsehaut bekamen Zum Teil haben sich die Verhältnisse verschoben. Während man früher In der Hauptsache gilt dieses für Südwestafrika, dann aber auch für Ost¬ Aus die besondern Verhältnisse der einzelnen Kolonien werde ich noch Grenzboten II 1308 66
Brauchen wir die Ausländer in unsern Kolonien? Rudolf Wagner von in Berlin s hat eine Zeit gegeben, wo wir eine gelinde Gänsehaut bekamen Zum Teil haben sich die Verhältnisse verschoben. Während man früher In der Hauptsache gilt dieses für Südwestafrika, dann aber auch für Ost¬ Aus die besondern Verhältnisse der einzelnen Kolonien werde ich noch Grenzboten II 1308 66
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[Abbildung]
Brauchen wir die Ausländer in unsern Kolonien?
Rudolf Wagner von in Berlin
s hat eine Zeit gegeben, wo wir eine gelinde Gänsehaut bekamen
über jeden Engländer, der sich in unsern Kolonien niederließ,
über jede Erwerbsgesellschaft, die zum Teil mit englischem Gelde
gegründet wurde. Diese Zeit — sie liegt nur wenige Jahre
zurück — ist, Gott sei Dank! vorüber. Es ist uns inzwischen
das Verständnis aufgedämmert, daß auch fremdes Geld rund ist, daß uns
fremder Unternehmungsgeist vielfach erst auf den Wert unsrer Kolonien hin¬
gewiesen und dadurch auch bei uns anregend gewirkt hat. Selbstverständlich
mußten wir verhindern, daß da und dort der Einfluß fremden (in diesem Fall
englischen) Kapitals übermächtig wurde. Diese Gefahr besteht heute nicht mehr,
wo das deutsche Kapital in immer größerm Umfange kolonialen Unternehmungen
seine Aufmerksamkeit zuwendet und durch den Bau der Eisenbahnen auch eine
gewisse Gewähr für lohnende Arbeit erhalten hat.
Zum Teil haben sich die Verhältnisse verschoben. Während man früher
gewohnt war, die Kolonien lediglich als ein Feld für kapitalistische Unter¬
nehmungen zu betrachten, hat sich allmählich herausgestellt, daß in verschiednen
Gebieten der Schwerpunkt bei der Erschließung auf die Kleinsiedlung gelegt
werden muß, und daß die ausländische Beteiligung auch von diesem Standpunkt
zu betrachten ist.
In der Hauptsache gilt dieses für Südwestafrika, dann aber auch für Ost¬
afrika und Samoa.
Aus die besondern Verhältnisse der einzelnen Kolonien werde ich noch
Zurückkommen, zunächst sei der Einfluß des Ausländertums rein zahlenmäßig
festgestellt. Nach der Bevölkerungsstatistik lebten im Jahre 1907 in unsern
Kolonien insgesamt 11000 Weiße, und zwar 7700 Deutsche und 3300 Aus¬
länder. Davon waren 1309 Engländer und Kolonialengländer. 440 Italiener
und Griechen, 330 Österreicher und Ungarn. 230 Russen. Die übrigen ver¬
teilen sich in kleinerer Anzahl auf die andern Nationalitäten. Man beachte
Grenzboten II 1308 66
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