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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Die Landesverteidigung Dänemarks

Auf Fyen sei eine Garnison (drei Bataillone) mit Landwehrkader und eine
Feldbatterie (vier Kanonen) und auf der Halbinsel Hirtsholm ein Stützpunkt
einzurichten.

Die Truppen Seelands seien mit einem Ballonpark und jedes Linieu-
regiment mit einer Maschinengewehrkompagnie zu Versehen.

Die aus dieser Organisation entstehenden einmaligen Ausgaben für Armee,
Flotte und Befestigungen werden auf 3,9 Millionen Kronen veranschlagt (aus¬
schließlich die Ausgaben für die Zwecke, für die die Mehrheit die einmalige
Bewilligung von acht Millionen Kronen vorgeschlagen habe), während die jähr¬
lichen Ausgaben für Armee und Marine nach den jetzigen Sätzen berechnet
16420000 und 7 781000, also im ganzen ungefähr 24,7 Millionen Kronen
betragen; das sei im Vergleich mit dem Haushalt von 1908/09 eine Erhöhung
um ungefähr 5,1 Millionen Kronen.

Die Minderheit empfiehlt wie die Mehrheit eine Wehrsteuer. Ein Mit¬
glied dieser Minderheit, Herr Villars Lung, empfiehlt in einem Sondervorschlag
die Anlage einer stärkern artilleristischen Verteidigung an Seelands Küsten, als
die Minderheit vorgeschlagen hat, sowie zum Schutze der Häfen und Eisenbahu-
endpunkte die Herstellung genügend wirksamer Mineusperruugen, deren Be¬
wachung durch Geschütze an Land geschehen müsse; er fordert ferner, daß von
dem seefahrenden Flottenmaterial wenigstens der vierte Teil auf Masnodoe
oder in der Nähe davon stationiert werde.

Herr Reedtz-Thode weicht von der Minderheit, zu der er gehört, darin
ab, daß er vorschlägt, daß zwei Linienregimenter und nicht eins westlich vom
Großen Belt in Garnison kommen solle, und daß er dem Vorschlage über An¬
lage von Befestigungen auf und bei der Insel Mors nicht zustimmt. Er
begründet seine von der Minderheit abweichende Ansicht mit Darlegungen, wie
das gute Zusammenwirken der Land- und Seemacht im Frieden am besten
vorbereitet werden könne.


Die zweite Minderheit

Die Herren K. M. Klausen und I. Wittmann gehn in ihren Vorschlägen
von der Auffassung aus, daß es für das dänische Volk unmöglich sei, das
Land oder seine Neutralität gegen die Angriffe einer Großmacht zu verteidigen,
und daß der internationale Charakter und das starke Anwachsen der Sozial¬
demokratie in allen Kulturstaaten und vor allem in Deutschland der sicherste
Bürge für die Erhaltung des Friedens sei. Ein kriegerischer Angriff, so sagen
die Herren, gegen das neutrale und unbewaffnete Dänemark werde in diesen
Ländern den entschiedensten Widerspruch finden und den Angreifern selbst die
ernstesten innern Schwierigkeiten bereiten.

Darum schlägt diese Minderheit vor, daß Dänemark sein Heer und seine
Marine abschaffe, seine Festungswerke zu Lande und zur See abtrage, dagegen
nach dem Gesetz vom 24. Februar 1856 Paragraph 6 denen Wartegelder gebe,
die dadurch um ihre bisherige Stellung kommen würden, und die Gemeinden


Die Landesverteidigung Dänemarks

Auf Fyen sei eine Garnison (drei Bataillone) mit Landwehrkader und eine
Feldbatterie (vier Kanonen) und auf der Halbinsel Hirtsholm ein Stützpunkt
einzurichten.

Die Truppen Seelands seien mit einem Ballonpark und jedes Linieu-
regiment mit einer Maschinengewehrkompagnie zu Versehen.

Die aus dieser Organisation entstehenden einmaligen Ausgaben für Armee,
Flotte und Befestigungen werden auf 3,9 Millionen Kronen veranschlagt (aus¬
schließlich die Ausgaben für die Zwecke, für die die Mehrheit die einmalige
Bewilligung von acht Millionen Kronen vorgeschlagen habe), während die jähr¬
lichen Ausgaben für Armee und Marine nach den jetzigen Sätzen berechnet
16420000 und 7 781000, also im ganzen ungefähr 24,7 Millionen Kronen
betragen; das sei im Vergleich mit dem Haushalt von 1908/09 eine Erhöhung
um ungefähr 5,1 Millionen Kronen.

Die Minderheit empfiehlt wie die Mehrheit eine Wehrsteuer. Ein Mit¬
glied dieser Minderheit, Herr Villars Lung, empfiehlt in einem Sondervorschlag
die Anlage einer stärkern artilleristischen Verteidigung an Seelands Küsten, als
die Minderheit vorgeschlagen hat, sowie zum Schutze der Häfen und Eisenbahu-
endpunkte die Herstellung genügend wirksamer Mineusperruugen, deren Be¬
wachung durch Geschütze an Land geschehen müsse; er fordert ferner, daß von
dem seefahrenden Flottenmaterial wenigstens der vierte Teil auf Masnodoe
oder in der Nähe davon stationiert werde.

Herr Reedtz-Thode weicht von der Minderheit, zu der er gehört, darin
ab, daß er vorschlägt, daß zwei Linienregimenter und nicht eins westlich vom
Großen Belt in Garnison kommen solle, und daß er dem Vorschlage über An¬
lage von Befestigungen auf und bei der Insel Mors nicht zustimmt. Er
begründet seine von der Minderheit abweichende Ansicht mit Darlegungen, wie
das gute Zusammenwirken der Land- und Seemacht im Frieden am besten
vorbereitet werden könne.


Die zweite Minderheit

Die Herren K. M. Klausen und I. Wittmann gehn in ihren Vorschlägen
von der Auffassung aus, daß es für das dänische Volk unmöglich sei, das
Land oder seine Neutralität gegen die Angriffe einer Großmacht zu verteidigen,
und daß der internationale Charakter und das starke Anwachsen der Sozial¬
demokratie in allen Kulturstaaten und vor allem in Deutschland der sicherste
Bürge für die Erhaltung des Friedens sei. Ein kriegerischer Angriff, so sagen
die Herren, gegen das neutrale und unbewaffnete Dänemark werde in diesen
Ländern den entschiedensten Widerspruch finden und den Angreifern selbst die
ernstesten innern Schwierigkeiten bereiten.

Darum schlägt diese Minderheit vor, daß Dänemark sein Heer und seine
Marine abschaffe, seine Festungswerke zu Lande und zur See abtrage, dagegen
nach dem Gesetz vom 24. Februar 1856 Paragraph 6 denen Wartegelder gebe,
die dadurch um ihre bisherige Stellung kommen würden, und die Gemeinden


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[0530] Die Landesverteidigung Dänemarks Auf Fyen sei eine Garnison (drei Bataillone) mit Landwehrkader und eine Feldbatterie (vier Kanonen) und auf der Halbinsel Hirtsholm ein Stützpunkt einzurichten. Die Truppen Seelands seien mit einem Ballonpark und jedes Linieu- regiment mit einer Maschinengewehrkompagnie zu Versehen. Die aus dieser Organisation entstehenden einmaligen Ausgaben für Armee, Flotte und Befestigungen werden auf 3,9 Millionen Kronen veranschlagt (aus¬ schließlich die Ausgaben für die Zwecke, für die die Mehrheit die einmalige Bewilligung von acht Millionen Kronen vorgeschlagen habe), während die jähr¬ lichen Ausgaben für Armee und Marine nach den jetzigen Sätzen berechnet 16420000 und 7 781000, also im ganzen ungefähr 24,7 Millionen Kronen betragen; das sei im Vergleich mit dem Haushalt von 1908/09 eine Erhöhung um ungefähr 5,1 Millionen Kronen. Die Minderheit empfiehlt wie die Mehrheit eine Wehrsteuer. Ein Mit¬ glied dieser Minderheit, Herr Villars Lung, empfiehlt in einem Sondervorschlag die Anlage einer stärkern artilleristischen Verteidigung an Seelands Küsten, als die Minderheit vorgeschlagen hat, sowie zum Schutze der Häfen und Eisenbahu- endpunkte die Herstellung genügend wirksamer Mineusperruugen, deren Be¬ wachung durch Geschütze an Land geschehen müsse; er fordert ferner, daß von dem seefahrenden Flottenmaterial wenigstens der vierte Teil auf Masnodoe oder in der Nähe davon stationiert werde. Herr Reedtz-Thode weicht von der Minderheit, zu der er gehört, darin ab, daß er vorschlägt, daß zwei Linienregimenter und nicht eins westlich vom Großen Belt in Garnison kommen solle, und daß er dem Vorschlage über An¬ lage von Befestigungen auf und bei der Insel Mors nicht zustimmt. Er begründet seine von der Minderheit abweichende Ansicht mit Darlegungen, wie das gute Zusammenwirken der Land- und Seemacht im Frieden am besten vorbereitet werden könne. Die zweite Minderheit Die Herren K. M. Klausen und I. Wittmann gehn in ihren Vorschlägen von der Auffassung aus, daß es für das dänische Volk unmöglich sei, das Land oder seine Neutralität gegen die Angriffe einer Großmacht zu verteidigen, und daß der internationale Charakter und das starke Anwachsen der Sozial¬ demokratie in allen Kulturstaaten und vor allem in Deutschland der sicherste Bürge für die Erhaltung des Friedens sei. Ein kriegerischer Angriff, so sagen die Herren, gegen das neutrale und unbewaffnete Dänemark werde in diesen Ländern den entschiedensten Widerspruch finden und den Angreifern selbst die ernstesten innern Schwierigkeiten bereiten. Darum schlägt diese Minderheit vor, daß Dänemark sein Heer und seine Marine abschaffe, seine Festungswerke zu Lande und zur See abtrage, dagegen nach dem Gesetz vom 24. Februar 1856 Paragraph 6 denen Wartegelder gebe, die dadurch um ihre bisherige Stellung kommen würden, und die Gemeinden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/530>, abgerufen am 22.07.2024.