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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Das Wesen der Freimaurerei
1)1'. v. Bischofs von

eher das Wesen freimaurerischer Bestrebungen ist wohl ein Wort
der Aufklärung am Platze, denn es sind darüber großenteils
recht mangelhafte und irrige Vorstellungen im Umlauf.

Dieses und jenes freilich weiß heute ein jeder von der Frei¬
maurerei. Auch unsre Tagesblätter bringen ja ab und zu Be¬
merkungen, die auf die Freimaurer und ihre Bestrebungen Bezug haben. So
ist zum Beispiel in der Presse nicht selten von Anschuldigungen die Rede, die
die katholische Kirche und ihre Wortführer gegen das Freimaurertum erheben.
Wo gewisse Interessen der Papstkirche Schaden leiden, da beschuldigt man die
Freimaurer als die Urheber dieser Wirkungen. In Erlassen aller Art, auch
in gewichtigen Bannbullen sind bekanntlich seit langem die Päpste gegen die
"verderbliche Sekte" der Freimaurer zu Felde gezogen; es gibt wohl kaum eine
Gemeinschaft, die so heftig und so andauernd vom Papsttum verdammt worden
ist und noch verdammt wird wie der Freimaurerbund. Der Zeitungsleser
erinnert sich vielleicht anch, welchen drastischen Ausdruck diese Feindschaft
seinerzeit in der sogenannten Taxilafsiire fand, als sich angesehene katholische
Kirchenfürsten von einem Schwindler düpieren ließen, der ihnen unter anderm
weismachte, die Freimaurer stünden in einem unmittelbaren Pakt mit dein
Teufel. Neuerdings wiederum haben die Tagesblütter berichtet, wie die Frei¬
maurerlogen in Frankreich die Trennung der Kirche vom Staate und deren
mannigfaltige Begleiterscheinungen ins Werk gesetzt haben sollen. Man liest,
wie Präsidenten, Minister und andre führende Geister unsers Nachbarvolkes
zu den Freimaurern zählen, und wie sich in den Logen Republikaner aller
Schattierungen, auch Wortführer des Sozialismus, zu gemeinsamen Bestrebungen
vereinigen. Auch aus andern romanischen Ländern wird gelegentlich über die
Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten durch das Freimaurertum berichtet.
Aus germanischen Ländern andrerseits erfährt man zum Beispiel, wie in England,
dem Heimatland des heutigen Manrertnms, die Loge als eine zeremonienreiche
Kluborganisation des "honetten Bürgertums" uuter Beteiligung des .Königs¬
hauses und des hohen Adels eine Rolle spielt und auf dem Gebiete der
Wohltätigkeit hervorragend tätig ist. Wer ferner über die Vereinigten Staaten
liest, der bekommt zu wissen, daß dort die Logenbrüder nach vielen Hundert-
tausenden zählen, mit allerhand Pomp auftreten und als Unterstützungs¬
gemeinschaft bedeutendes leisten. Sodann wird wohl auch gelegentlich in der




Das Wesen der Freimaurerei
1)1'. v. Bischofs von

eher das Wesen freimaurerischer Bestrebungen ist wohl ein Wort
der Aufklärung am Platze, denn es sind darüber großenteils
recht mangelhafte und irrige Vorstellungen im Umlauf.

Dieses und jenes freilich weiß heute ein jeder von der Frei¬
maurerei. Auch unsre Tagesblätter bringen ja ab und zu Be¬
merkungen, die auf die Freimaurer und ihre Bestrebungen Bezug haben. So
ist zum Beispiel in der Presse nicht selten von Anschuldigungen die Rede, die
die katholische Kirche und ihre Wortführer gegen das Freimaurertum erheben.
Wo gewisse Interessen der Papstkirche Schaden leiden, da beschuldigt man die
Freimaurer als die Urheber dieser Wirkungen. In Erlassen aller Art, auch
in gewichtigen Bannbullen sind bekanntlich seit langem die Päpste gegen die
„verderbliche Sekte" der Freimaurer zu Felde gezogen; es gibt wohl kaum eine
Gemeinschaft, die so heftig und so andauernd vom Papsttum verdammt worden
ist und noch verdammt wird wie der Freimaurerbund. Der Zeitungsleser
erinnert sich vielleicht anch, welchen drastischen Ausdruck diese Feindschaft
seinerzeit in der sogenannten Taxilafsiire fand, als sich angesehene katholische
Kirchenfürsten von einem Schwindler düpieren ließen, der ihnen unter anderm
weismachte, die Freimaurer stünden in einem unmittelbaren Pakt mit dein
Teufel. Neuerdings wiederum haben die Tagesblütter berichtet, wie die Frei¬
maurerlogen in Frankreich die Trennung der Kirche vom Staate und deren
mannigfaltige Begleiterscheinungen ins Werk gesetzt haben sollen. Man liest,
wie Präsidenten, Minister und andre führende Geister unsers Nachbarvolkes
zu den Freimaurern zählen, und wie sich in den Logen Republikaner aller
Schattierungen, auch Wortführer des Sozialismus, zu gemeinsamen Bestrebungen
vereinigen. Auch aus andern romanischen Ländern wird gelegentlich über die
Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten durch das Freimaurertum berichtet.
Aus germanischen Ländern andrerseits erfährt man zum Beispiel, wie in England,
dem Heimatland des heutigen Manrertnms, die Loge als eine zeremonienreiche
Kluborganisation des „honetten Bürgertums" uuter Beteiligung des .Königs¬
hauses und des hohen Adels eine Rolle spielt und auf dem Gebiete der
Wohltätigkeit hervorragend tätig ist. Wer ferner über die Vereinigten Staaten
liest, der bekommt zu wissen, daß dort die Logenbrüder nach vielen Hundert-
tausenden zählen, mit allerhand Pomp auftreten und als Unterstützungs¬
gemeinschaft bedeutendes leisten. Sodann wird wohl auch gelegentlich in der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/30>, abgerufen am 22.07.2024.