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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Die englische Erbschaftssteuer

a binnen kurzem im Deutschen Reiche die Veröffentlichung eines
schon jetzt viel cmgefochtnen Gesetzentwurfs bevorsteht, der eine Er¬
weiterung der bestehenden Reichserbschaftsstener nach verschiednen
Richtungen, besonders aber durch Einführung einer allgemeinen
Nachlaßsteuer vorsieht, so dürfte es wohl angebracht sein, einmal
eine umfassendere Übersicht über die einschlägige Gesetzgebung des Landes zu
geben, das die Erbschaftssteuer in langer geschichtlicher Entwicklung in weitesten
Umfange ausgebildet und in stärkstem Maße zur Befriedigung der staatlichen
Bedürfnisse herangezogen hat.

In England gibt es ein ganzes System von Erbschaftssteuern (im weitern
Sinne sogenannte DsatK vutiss), das im Jahre 1906 zusammen die Summe
von 291900000 Mark in den Staatsschatz und außerdem von 89500000 Mark
Zuschüsse für die Lokalverwaltungen lieferte. Von den verschiednen einzelnen
Steuern ist die wichtigste die Nachlaßsteuer (IZswto vnd^), die den Nachlaß
als solchen zum Gegenstande hat, in der Regel von den Testamentsvollstreckern
oder den Nachlaßverwaltern entrichtet werden muß und nach der Größe des
Nachlasses, nicht aber nach dem Verhältnis des oder der Erben zum Erblasser
(Verwandtschaftsgrad) abgestuft ist. Sie wird zum Teil zum Besten der
Lokalverwaltungen erhoben. Nebst einigen Nebensteuern, die noch von älterer
Zeit her in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, erbrachte sie rund
214000000 Mark für den Staatsschatz und die obenerwähnten 89500000 Mark
für die Lokalverwaltungen. Seit dem 19. April 1907 ist die Nachlaßsteuer
für Nachlaßmassen im Werte von mehr als 3000000 Mark noch weiter erhöht
worden. Diese Erhöhung brachte nach Ausweis der diesjährigen Budgetrede
in der Zeit vom 19. April 1907 bis zum 31. März 1908 einen Mehrertrag
von 12200000 Mark. Außerdem besteht eine den Erben als solchen be¬
lastende eigentliche Erbsteuer, die unter dem Namen I^ac^ vnd^ (von be¬
weglichem Vermögen) und Snooession vnd/ (hauptsächlich von unbeweglichem


Grenzboten IV 1908 29


Die englische Erbschaftssteuer

a binnen kurzem im Deutschen Reiche die Veröffentlichung eines
schon jetzt viel cmgefochtnen Gesetzentwurfs bevorsteht, der eine Er¬
weiterung der bestehenden Reichserbschaftsstener nach verschiednen
Richtungen, besonders aber durch Einführung einer allgemeinen
Nachlaßsteuer vorsieht, so dürfte es wohl angebracht sein, einmal
eine umfassendere Übersicht über die einschlägige Gesetzgebung des Landes zu
geben, das die Erbschaftssteuer in langer geschichtlicher Entwicklung in weitesten
Umfange ausgebildet und in stärkstem Maße zur Befriedigung der staatlichen
Bedürfnisse herangezogen hat.

In England gibt es ein ganzes System von Erbschaftssteuern (im weitern
Sinne sogenannte DsatK vutiss), das im Jahre 1906 zusammen die Summe
von 291900000 Mark in den Staatsschatz und außerdem von 89500000 Mark
Zuschüsse für die Lokalverwaltungen lieferte. Von den verschiednen einzelnen
Steuern ist die wichtigste die Nachlaßsteuer (IZswto vnd^), die den Nachlaß
als solchen zum Gegenstande hat, in der Regel von den Testamentsvollstreckern
oder den Nachlaßverwaltern entrichtet werden muß und nach der Größe des
Nachlasses, nicht aber nach dem Verhältnis des oder der Erben zum Erblasser
(Verwandtschaftsgrad) abgestuft ist. Sie wird zum Teil zum Besten der
Lokalverwaltungen erhoben. Nebst einigen Nebensteuern, die noch von älterer
Zeit her in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, erbrachte sie rund
214000000 Mark für den Staatsschatz und die obenerwähnten 89500000 Mark
für die Lokalverwaltungen. Seit dem 19. April 1907 ist die Nachlaßsteuer
für Nachlaßmassen im Werte von mehr als 3000000 Mark noch weiter erhöht
worden. Diese Erhöhung brachte nach Ausweis der diesjährigen Budgetrede
in der Zeit vom 19. April 1907 bis zum 31. März 1908 einen Mehrertrag
von 12200000 Mark. Außerdem besteht eine den Erben als solchen be¬
lastende eigentliche Erbsteuer, die unter dem Namen I^ac^ vnd^ (von be¬
weglichem Vermögen) und Snooession vnd/ (hauptsächlich von unbeweglichem


Grenzboten IV 1908 29
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[0217] [Abbildung] Die englische Erbschaftssteuer a binnen kurzem im Deutschen Reiche die Veröffentlichung eines schon jetzt viel cmgefochtnen Gesetzentwurfs bevorsteht, der eine Er¬ weiterung der bestehenden Reichserbschaftsstener nach verschiednen Richtungen, besonders aber durch Einführung einer allgemeinen Nachlaßsteuer vorsieht, so dürfte es wohl angebracht sein, einmal eine umfassendere Übersicht über die einschlägige Gesetzgebung des Landes zu geben, das die Erbschaftssteuer in langer geschichtlicher Entwicklung in weitesten Umfange ausgebildet und in stärkstem Maße zur Befriedigung der staatlichen Bedürfnisse herangezogen hat. In England gibt es ein ganzes System von Erbschaftssteuern (im weitern Sinne sogenannte DsatK vutiss), das im Jahre 1906 zusammen die Summe von 291900000 Mark in den Staatsschatz und außerdem von 89500000 Mark Zuschüsse für die Lokalverwaltungen lieferte. Von den verschiednen einzelnen Steuern ist die wichtigste die Nachlaßsteuer (IZswto vnd^), die den Nachlaß als solchen zum Gegenstande hat, in der Regel von den Testamentsvollstreckern oder den Nachlaßverwaltern entrichtet werden muß und nach der Größe des Nachlasses, nicht aber nach dem Verhältnis des oder der Erben zum Erblasser (Verwandtschaftsgrad) abgestuft ist. Sie wird zum Teil zum Besten der Lokalverwaltungen erhoben. Nebst einigen Nebensteuern, die noch von älterer Zeit her in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, erbrachte sie rund 214000000 Mark für den Staatsschatz und die obenerwähnten 89500000 Mark für die Lokalverwaltungen. Seit dem 19. April 1907 ist die Nachlaßsteuer für Nachlaßmassen im Werte von mehr als 3000000 Mark noch weiter erhöht worden. Diese Erhöhung brachte nach Ausweis der diesjährigen Budgetrede in der Zeit vom 19. April 1907 bis zum 31. März 1908 einen Mehrertrag von 12200000 Mark. Außerdem besteht eine den Erben als solchen be¬ lastende eigentliche Erbsteuer, die unter dem Namen I^ac^ vnd^ (von be¬ weglichem Vermögen) und Snooession vnd/ (hauptsächlich von unbeweglichem Grenzboten IV 1908 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/217>, abgerufen am 22.07.2024.