Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.bergab, bald sind Auge und Ohr gefesselt von dem feenhaften Anblick der über Der Prediger in Nöten Thomas Hardy von l. Wie sein Schnupfen kuriert wurde "folge eines Zwischenfcills mußte der Prediger der Wesleygemeinde bergab, bald sind Auge und Ohr gefesselt von dem feenhaften Anblick der über Der Prediger in Nöten Thomas Hardy von l. Wie sein Schnupfen kuriert wurde »folge eines Zwischenfcills mußte der Prediger der Wesleygemeinde <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0045" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302747"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_120" prev="#ID_119"> bergab, bald sind Auge und Ohr gefesselt von dem feenhaften Anblick der über<lb/> die rauschende Poll führenden illuminierten Brücke. Es ist ein eigentümliches,<lb/> fast märchenhaftes Bild: im hochgewölbten Dom schreitet man dahin, das<lb/> Wasser, das der Finsternis entspringt und nach kurzem Lauf auf der andern<lb/> Seite im Dunkel verschwindet, rauscht, rings um uns die staunende Menge,<lb/> und dazu die grotesken Felsgebilde, die als Stalaktiten von der Decke herab¬<lb/> hängen oder als Stalagmiten vom Boden emporwachsen. Bergauf, bergab geht<lb/> die Wanderung, bald schallt ferne Musik zu uns herüber, und wir betreten den<lb/> großen Tanzsaal, worin zwei Musikkorps ihre lustigen Weisen ertönen lassen,<lb/> alles, was sich nicht am Bier labt, zum Tanz auf dein Kiesboden einladend.<lb/> In geradezu musterhafter Ordnung bewegt sich der Menschenstrom immer nur<lb/> in einer bestimmten Richtung, und so treffen wir nach zweieinhalbstündiger<lb/> Wanderung wieder auf der Erdoberfläche ein. Um sieben Uhr gedachten wir<lb/> nach Venedig abzureisen. Eine Festung konnte jedoch nicht ärger belagert sein<lb/> als der Bahnhof in Adelsberg. Nachdem wir den lebensgefährlichen Versuch<lb/> gemacht hatten, die einzige Billettkasse von vorn zu nehmen, umgingen wir sie<lb/> und drangen zum Entsetzen des Billettcurs lind Inspektors von hinten direkt<lb/> in das Bureau ein, nicht eher von der Stelle weichend, als bis wir unsre<lb/> Billetts hatten. Hinter uns wurde auch die Hintertür zugemacht. Wohl fünf¬<lb/> mal pfiff unser Zug ab, ohne fortzufahren, und es ist ein Wunder zu nennen,<lb/> daß bei diesem Durcheinander von Menschen und Bahnzügen kein Unglück<lb/> geschah. Die Nacht war bitterkalt, die Coupes vollgepfropft, und dabei hatten<lb/> wir die Aussicht auf eine zwölfstündige Fahrt. In Görz ist kurzer Aufenthalt,<lb/> endlich tagt der Morgen, wir fahren an grünen Weingärten, in denen sich die<lb/> Rede von Pfahl zu Pfahl, vou Baum zu Baum schlingt — es ist der soge¬<lb/> nannte Pergola- oder Laubenbau —, vorüber und über die nördliche Lagune<lb/> auf der 3800 Meter langen Eisenbahnbrücke in den Bahnhof von Venedig<lb/> ein. Bald sitzen wir wohlgemut in einer der vielen von zwei Gondolieren<lb/> stehend geruderten Wasserdroschken, die uns zum Hotel Bauer-Grünwald bringt.<lb/> Nach drei glücklich verlebten Tagen brachte uns der Dampfer Archiducessa<lb/> Carlotta nach Triest zurück, vou wo aus wir mit dem Schnellzug die Heimreise<lb/> über Wien nach dem Norden antraten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Prediger in Nöten<lb/><note type="byline"> Thomas Hardy</note> von<lb/> l. Wie sein Schnupfen kuriert wurde</head><lb/> <p xml:id="ID_121" next="#ID_122"> »folge eines Zwischenfcills mußte der Prediger der Wesleygemeinde<lb/> seine Ankunft aufschieben, und ein junger Mann kam vorübergehend<lb/> zu seiner Vertretung. Am 13. Januar 1837 war es, als dieser<lb/> junge Geistliche, Herr Stockdcile, seinen bescheidnen Einzug ins Dorf<lb/> hielt, niemand bekannt und fast von niemand gesehen. Doch nachdem<lb/> die Einwohner, die sich das Ansehen gaben, mit ihm in Verbindung<lb/> zu stehn, ihn naher kennen gelernt hatten, waren sie mit dem Stellvertreter ganz<lb/> wohl zufrieden, obschon er bisher kaum ausreichende Charakterfestigkeit erworben<lb/> haben konnte, den hundertundvierzig reinblütigen Methodisten, die um jene Zeit in<lb/> Nieder-Moynton lebten, das Gewissen zu festigen. Obendrein sollte er auch noch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0045]
bergab, bald sind Auge und Ohr gefesselt von dem feenhaften Anblick der über
die rauschende Poll führenden illuminierten Brücke. Es ist ein eigentümliches,
fast märchenhaftes Bild: im hochgewölbten Dom schreitet man dahin, das
Wasser, das der Finsternis entspringt und nach kurzem Lauf auf der andern
Seite im Dunkel verschwindet, rauscht, rings um uns die staunende Menge,
und dazu die grotesken Felsgebilde, die als Stalaktiten von der Decke herab¬
hängen oder als Stalagmiten vom Boden emporwachsen. Bergauf, bergab geht
die Wanderung, bald schallt ferne Musik zu uns herüber, und wir betreten den
großen Tanzsaal, worin zwei Musikkorps ihre lustigen Weisen ertönen lassen,
alles, was sich nicht am Bier labt, zum Tanz auf dein Kiesboden einladend.
In geradezu musterhafter Ordnung bewegt sich der Menschenstrom immer nur
in einer bestimmten Richtung, und so treffen wir nach zweieinhalbstündiger
Wanderung wieder auf der Erdoberfläche ein. Um sieben Uhr gedachten wir
nach Venedig abzureisen. Eine Festung konnte jedoch nicht ärger belagert sein
als der Bahnhof in Adelsberg. Nachdem wir den lebensgefährlichen Versuch
gemacht hatten, die einzige Billettkasse von vorn zu nehmen, umgingen wir sie
und drangen zum Entsetzen des Billettcurs lind Inspektors von hinten direkt
in das Bureau ein, nicht eher von der Stelle weichend, als bis wir unsre
Billetts hatten. Hinter uns wurde auch die Hintertür zugemacht. Wohl fünf¬
mal pfiff unser Zug ab, ohne fortzufahren, und es ist ein Wunder zu nennen,
daß bei diesem Durcheinander von Menschen und Bahnzügen kein Unglück
geschah. Die Nacht war bitterkalt, die Coupes vollgepfropft, und dabei hatten
wir die Aussicht auf eine zwölfstündige Fahrt. In Görz ist kurzer Aufenthalt,
endlich tagt der Morgen, wir fahren an grünen Weingärten, in denen sich die
Rede von Pfahl zu Pfahl, vou Baum zu Baum schlingt — es ist der soge¬
nannte Pergola- oder Laubenbau —, vorüber und über die nördliche Lagune
auf der 3800 Meter langen Eisenbahnbrücke in den Bahnhof von Venedig
ein. Bald sitzen wir wohlgemut in einer der vielen von zwei Gondolieren
stehend geruderten Wasserdroschken, die uns zum Hotel Bauer-Grünwald bringt.
Nach drei glücklich verlebten Tagen brachte uns der Dampfer Archiducessa
Carlotta nach Triest zurück, vou wo aus wir mit dem Schnellzug die Heimreise
über Wien nach dem Norden antraten.
Der Prediger in Nöten
Thomas Hardy von
l. Wie sein Schnupfen kuriert wurde
»folge eines Zwischenfcills mußte der Prediger der Wesleygemeinde
seine Ankunft aufschieben, und ein junger Mann kam vorübergehend
zu seiner Vertretung. Am 13. Januar 1837 war es, als dieser
junge Geistliche, Herr Stockdcile, seinen bescheidnen Einzug ins Dorf
hielt, niemand bekannt und fast von niemand gesehen. Doch nachdem
die Einwohner, die sich das Ansehen gaben, mit ihm in Verbindung
zu stehn, ihn naher kennen gelernt hatten, waren sie mit dem Stellvertreter ganz
wohl zufrieden, obschon er bisher kaum ausreichende Charakterfestigkeit erworben
haben konnte, den hundertundvierzig reinblütigen Methodisten, die um jene Zeit in
Nieder-Moynton lebten, das Gewissen zu festigen. Obendrein sollte er auch noch
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