Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Reichsgerichtsdentsch sich die Sammlerobjckte über den innern Wert alter Schuhnägel erheben sollen. Keines der üblichen Reisehandbücher führt auf diesen Weg der Kunst¬ Reichsgerichtsdeutsch Min Berliner Anwalt hat vor einiger Zeit in der Vossischen Zuzugeben ist der Revision, daß Beklagter den Vorwurf, den Reichsgerichtsdentsch sich die Sammlerobjckte über den innern Wert alter Schuhnägel erheben sollen. Keines der üblichen Reisehandbücher führt auf diesen Weg der Kunst¬ Reichsgerichtsdeutsch Min Berliner Anwalt hat vor einiger Zeit in der Vossischen Zuzugeben ist der Revision, daß Beklagter den Vorwurf, den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0568" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302556"/> <fw type="header" place="top"> Reichsgerichtsdentsch</fw><lb/> <p xml:id="ID_2436" prev="#ID_2435"> sich die Sammlerobjckte über den innern Wert alter Schuhnägel erheben sollen.<lb/> Sicherlich gibt es hier noch Entdeckungen zu machen, und Eroberungen persönlicher<lb/> Art gehören, wie nun vielfach dargelegt, zum eigentlichen Kunstgenuß auf Reisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2437"> Keines der üblichen Reisehandbücher führt auf diesen Weg der Kunst¬<lb/> betrachtung und Neisebevbachtung. Sie bedürfen ausnahmlos der Ergänzung<lb/> nach der Seite des Bodenständigen hin, des Heimatlichen und eben darin Ur¬<lb/> wüchsigen. Was hier zu scheu ist, kann übrigens gar nicht in Bücher gefaßt<lb/> werden, sondern es muß gesucht, mit den eignen Augen gesehen, mit den eignen<lb/> Empfindungen erfaßt werden. Es ist kein Zufall, daß das Hauptaugenmerk<lb/> anf die Architektur des Volkes gerichtet ist, und daß der Kodak im Dienste des<lb/> Kunstgenusses auf die nichtssagende Totalansicht verzichtet und lieber Detcnl-<lb/> anfnahmen macht, die das Kleine und Unscheinbare möglichst groß darstellen.<lb/> Die Schönheit eines Landes und der Natur ist wesentlich von dem Menschen¬<lb/> werk bestimmt, und in den entzückenden alten Städten und Dörfern unsrer<lb/> Provinzen sind es nicht die vereinzelten monumentalen Werke, sondern die Un¬<lb/> scheinbarkeit und Schlichtheit der gewöhnlichen Bürger- und Bauernhüuser<lb/> und der sonstigen Bauten, die den Ausschlag geben. Sie bilden im Vergleich<lb/> zu dem, was der Durchschnitt der heutigen Zeit schafft, einen so großen ästhe¬<lb/> tischen Wert, daß wir sie mit vollem Recht künstlerisch empfinden, obschon die<lb/> ursprünglichen Hersteller bei ihrer Arbeit gar nicht an Kunst dachten. Nichts¬<lb/> destoweniger ist es ein guter Instinkt, der uns auf unsern Reisen und Wanderungen<lb/> zur primitiven Baukunst des Volkes hinzieht, denn ein wachsendes Volk, das<lb/><note type="byline"> I°seys Ang. Lux</note> in seiner Bildung fortschreitet, ist ein hauendes Volk. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Reichsgerichtsdeutsch</head><lb/> <p xml:id="ID_2438"> Min Berliner Anwalt hat vor einiger Zeit in der Vossischen<lb/> Zeitung folgenden Satz aus einem Urteil des Reichsgerichts vom<lb/> 26. Oktober 1906 III 62/06 abdrucken lassen, der dann in andre<lb/> Zeitungen übergegangen ist:</p><lb/> <p xml:id="ID_2439" next="#ID_2440"> Zuzugeben ist der Revision, daß Beklagter den Vorwurf, den<lb/> Kläger, welcher auf einen Rat die von ihm in dessen Vertretung gegen die Gläubiger<lb/> des Kaufmanns H. erhobenen Jnterventionsklagen auf Freigabe der bei letzterem<lb/> gepfändeten Mobiliargegenstände als aussichtslos zurückgezogen hat, dann aber mit<lb/> seiner Klage gegen den Kaufmann L., der ihm diese Gegenstände, als ihm gehörig und<lb/> dem H. in Miete gegeben, vor den Pfändungen verkauft hatte, anf Herausgabe der<lb/> in Berichtigung des Kaufpreises ausgehändigten Wechselurkunden aus dem Grunde,<lb/> daß der behauptete Nechtsmaugel nicht bestanden hat, rechtskräftig abgewiesen ist, bei<lb/> Führung der erstgedachten Rechtsstreitigkeiten fahrlässigerweise seltsam beraten und<lb/> dadurch in Schaden gebracht zu haben, durch den Einwand allein, daß sein Ratschlag<lb/> im Einklang gestanden habe mit der in der mündlichen Verhandlung erster Instanz</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0568]
Reichsgerichtsdentsch
sich die Sammlerobjckte über den innern Wert alter Schuhnägel erheben sollen.
Sicherlich gibt es hier noch Entdeckungen zu machen, und Eroberungen persönlicher
Art gehören, wie nun vielfach dargelegt, zum eigentlichen Kunstgenuß auf Reisen.
Keines der üblichen Reisehandbücher führt auf diesen Weg der Kunst¬
betrachtung und Neisebevbachtung. Sie bedürfen ausnahmlos der Ergänzung
nach der Seite des Bodenständigen hin, des Heimatlichen und eben darin Ur¬
wüchsigen. Was hier zu scheu ist, kann übrigens gar nicht in Bücher gefaßt
werden, sondern es muß gesucht, mit den eignen Augen gesehen, mit den eignen
Empfindungen erfaßt werden. Es ist kein Zufall, daß das Hauptaugenmerk
anf die Architektur des Volkes gerichtet ist, und daß der Kodak im Dienste des
Kunstgenusses auf die nichtssagende Totalansicht verzichtet und lieber Detcnl-
anfnahmen macht, die das Kleine und Unscheinbare möglichst groß darstellen.
Die Schönheit eines Landes und der Natur ist wesentlich von dem Menschen¬
werk bestimmt, und in den entzückenden alten Städten und Dörfern unsrer
Provinzen sind es nicht die vereinzelten monumentalen Werke, sondern die Un¬
scheinbarkeit und Schlichtheit der gewöhnlichen Bürger- und Bauernhüuser
und der sonstigen Bauten, die den Ausschlag geben. Sie bilden im Vergleich
zu dem, was der Durchschnitt der heutigen Zeit schafft, einen so großen ästhe¬
tischen Wert, daß wir sie mit vollem Recht künstlerisch empfinden, obschon die
ursprünglichen Hersteller bei ihrer Arbeit gar nicht an Kunst dachten. Nichts¬
destoweniger ist es ein guter Instinkt, der uns auf unsern Reisen und Wanderungen
zur primitiven Baukunst des Volkes hinzieht, denn ein wachsendes Volk, das
I°seys Ang. Lux in seiner Bildung fortschreitet, ist ein hauendes Volk.
Reichsgerichtsdeutsch
Min Berliner Anwalt hat vor einiger Zeit in der Vossischen
Zeitung folgenden Satz aus einem Urteil des Reichsgerichts vom
26. Oktober 1906 III 62/06 abdrucken lassen, der dann in andre
Zeitungen übergegangen ist:
Zuzugeben ist der Revision, daß Beklagter den Vorwurf, den
Kläger, welcher auf einen Rat die von ihm in dessen Vertretung gegen die Gläubiger
des Kaufmanns H. erhobenen Jnterventionsklagen auf Freigabe der bei letzterem
gepfändeten Mobiliargegenstände als aussichtslos zurückgezogen hat, dann aber mit
seiner Klage gegen den Kaufmann L., der ihm diese Gegenstände, als ihm gehörig und
dem H. in Miete gegeben, vor den Pfändungen verkauft hatte, anf Herausgabe der
in Berichtigung des Kaufpreises ausgehändigten Wechselurkunden aus dem Grunde,
daß der behauptete Nechtsmaugel nicht bestanden hat, rechtskräftig abgewiesen ist, bei
Führung der erstgedachten Rechtsstreitigkeiten fahrlässigerweise seltsam beraten und
dadurch in Schaden gebracht zu haben, durch den Einwand allein, daß sein Ratschlag
im Einklang gestanden habe mit der in der mündlichen Verhandlung erster Instanz
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