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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Uninaßgebliches

litt, war die Kolonialverwaltung selbst. Jetzt sind endlich klare Verhältnisse ge¬
schaffen, und der neue Staatssekretär wird nun in größerer Freiheit eine zweck¬
mäßige Organisation begründen und jetzt erst recht zeigen können, was er vermag.

Eine kleine Episode in den Reichstagsverhandlungen der vergangnen Woche
verdient noch eine Würdigung. Wir meinen den Vorstoß, den der einzige Welse
des neuen Reichstags, der Abgeordnete Götz von Olenhusen, gegen den Reichskanzler
unternahm. Der welfische Heißsporn bereitete sich von vornherein selbst eine moralische
Niederlage durch unqnalifizierbare persönliche Anwürfe gegen den Reichskanzler.
Fürst Bülow tat diese Ungezogenheiten kurz und vornehm ab; wichtiger war seine
klare und feste Erklärung, wodurch er die staatsrechtliche Korrektheit seines Ver¬
haltens in der braunschweigischen Frage und die Rechtmäßigkeit des bekannten
Bundesratsbeschlusses nachwies. Man darf nun hoffen, daß auch diese leidige Frage
bald durch die Wahl eines neuen Regenten zum Abschluß kommen wird.

Der Kampf um den Boden in unsern Ostmarken steht wieder mehr als je im
Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Manchen wenig erfreulichen Beitrag zu
dieser Frage hat der Prozeß geliefert, der jetzt gegen den "polnischen" Güteragenten
und Agitator Martin Biedermann ans Posen in Schneidemühl verhandelt wurde.
Er hatte einen deutschen Besitzer, der ihm sein Gut verkauft hatte, getäuscht und
stand unter der Anklage des Betruges. Der Prozeß enthüllte die traurige Tat¬
sache, daß sich Deutsche von gutem Namen, darunter frühere Offiziere, dazu her¬
gegeben hatten, als Strohmänner bei den Geschäften zu fungieren, wodurch deutscher
Besitz in polnische Hände gebracht werden sollte. Auch behauptete der "Pole"
Biedermann, deutsche Besitzer böten ihm in großer Zahl ihre Güter zum Verkauf
an, nnter der Bedingung, daß er deutsche Strohmänner vorschiebe. Wenn auch diese
Behauptung nicht oder wenigstens nicht in vollem Umfange geglaubt zu werden
braucht, so bleibt noch immer genug übrig, daß man die nationale Gleichgiltigkeit und
Ehrvergessenheit mancher Deutschen in den Ostmarken als tiefe Schmach empfindet.
ES ist noch immer sehr viel ans diesem Felde zu tun, und wir werden alle Kräfte
aufbieten müssen, um unsern nationalen Aufgaben gerecht zu werden. Das wäre
eine würdigere Beleidigung unsers nationalen Sinns als die Aufregung und Nervosität,
die viele von uns über unsre internationalen Beziehungen bekunden.




Bundesrat und Reichstag.

In dem alten deutschen Bundesstaat, der
1806 sein Ende fand, lag die Regierung, wie man sagte, "bei Kaiser und Reich".
Unter diesem "Reich" schlechthin verstand man den Reichstag, damals eine Ver¬
sammlung der mächtigsten Stände des Reiches, die das Recht der Reichsstandschaft
entweder persönlich oder durch Bevollmächtigte ausübten. So könnte man das
Deutschland jener Zeit nahezu als eine ständisch beschränkte Monarchie bezeichnen.
Im modernen vom Konstitutionalismus durchdrungnen Reich ist die Rechtslage
wesentlich anders. Das Reich ist keine Monarchie, sondern ein aristokratisch ge¬
stalteter Bundesstaat. Die Reichsgewalt wird getragen, um mit Bismarck zu
sprechen, von der "Gesamtheit der Verbündeten Regierungen", also von zweiund¬
zwanzig Monarchien und drei Städterepubliken. Das Organ dieses fündund-
zwanzigköpfigen Reichssonveräns ist der Bundesrat. In ihm üben die einzelnen
Gliedstaaten ihre Anteilrechte an der Reichsregierung ans. Ferner ist der heutige
Reichstag keine Ständeversammlung des alten Stiles mehr. Jener hatte den
Charakter des Parlaments verloren, der heutige trägt ihn vollständig. Der heutige
Reichstag ist die geordnete Versammlung, deren Mitglieder den Willen des ganzen
deutschen Volkes frei und unverantwortlich zum Ausdruck bringen sollen. Sein
Wille ist Wille des Volkes, der teil nimmt an der Tätigkeit der Reichsgewalt,
insbesondre an der Gesetzgebung. Gesetz im konstitutionellen Sinn ist eben der


Maßgebliches und Uninaßgebliches

litt, war die Kolonialverwaltung selbst. Jetzt sind endlich klare Verhältnisse ge¬
schaffen, und der neue Staatssekretär wird nun in größerer Freiheit eine zweck¬
mäßige Organisation begründen und jetzt erst recht zeigen können, was er vermag.

Eine kleine Episode in den Reichstagsverhandlungen der vergangnen Woche
verdient noch eine Würdigung. Wir meinen den Vorstoß, den der einzige Welse
des neuen Reichstags, der Abgeordnete Götz von Olenhusen, gegen den Reichskanzler
unternahm. Der welfische Heißsporn bereitete sich von vornherein selbst eine moralische
Niederlage durch unqnalifizierbare persönliche Anwürfe gegen den Reichskanzler.
Fürst Bülow tat diese Ungezogenheiten kurz und vornehm ab; wichtiger war seine
klare und feste Erklärung, wodurch er die staatsrechtliche Korrektheit seines Ver¬
haltens in der braunschweigischen Frage und die Rechtmäßigkeit des bekannten
Bundesratsbeschlusses nachwies. Man darf nun hoffen, daß auch diese leidige Frage
bald durch die Wahl eines neuen Regenten zum Abschluß kommen wird.

Der Kampf um den Boden in unsern Ostmarken steht wieder mehr als je im
Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Manchen wenig erfreulichen Beitrag zu
dieser Frage hat der Prozeß geliefert, der jetzt gegen den „polnischen" Güteragenten
und Agitator Martin Biedermann ans Posen in Schneidemühl verhandelt wurde.
Er hatte einen deutschen Besitzer, der ihm sein Gut verkauft hatte, getäuscht und
stand unter der Anklage des Betruges. Der Prozeß enthüllte die traurige Tat¬
sache, daß sich Deutsche von gutem Namen, darunter frühere Offiziere, dazu her¬
gegeben hatten, als Strohmänner bei den Geschäften zu fungieren, wodurch deutscher
Besitz in polnische Hände gebracht werden sollte. Auch behauptete der „Pole"
Biedermann, deutsche Besitzer böten ihm in großer Zahl ihre Güter zum Verkauf
an, nnter der Bedingung, daß er deutsche Strohmänner vorschiebe. Wenn auch diese
Behauptung nicht oder wenigstens nicht in vollem Umfange geglaubt zu werden
braucht, so bleibt noch immer genug übrig, daß man die nationale Gleichgiltigkeit und
Ehrvergessenheit mancher Deutschen in den Ostmarken als tiefe Schmach empfindet.
ES ist noch immer sehr viel ans diesem Felde zu tun, und wir werden alle Kräfte
aufbieten müssen, um unsern nationalen Aufgaben gerecht zu werden. Das wäre
eine würdigere Beleidigung unsers nationalen Sinns als die Aufregung und Nervosität,
die viele von uns über unsre internationalen Beziehungen bekunden.




Bundesrat und Reichstag.

In dem alten deutschen Bundesstaat, der
1806 sein Ende fand, lag die Regierung, wie man sagte, „bei Kaiser und Reich".
Unter diesem „Reich" schlechthin verstand man den Reichstag, damals eine Ver¬
sammlung der mächtigsten Stände des Reiches, die das Recht der Reichsstandschaft
entweder persönlich oder durch Bevollmächtigte ausübten. So könnte man das
Deutschland jener Zeit nahezu als eine ständisch beschränkte Monarchie bezeichnen.
Im modernen vom Konstitutionalismus durchdrungnen Reich ist die Rechtslage
wesentlich anders. Das Reich ist keine Monarchie, sondern ein aristokratisch ge¬
stalteter Bundesstaat. Die Reichsgewalt wird getragen, um mit Bismarck zu
sprechen, von der „Gesamtheit der Verbündeten Regierungen", also von zweiund¬
zwanzig Monarchien und drei Städterepubliken. Das Organ dieses fündund-
zwanzigköpfigen Reichssonveräns ist der Bundesrat. In ihm üben die einzelnen
Gliedstaaten ihre Anteilrechte an der Reichsregierung ans. Ferner ist der heutige
Reichstag keine Ständeversammlung des alten Stiles mehr. Jener hatte den
Charakter des Parlaments verloren, der heutige trägt ihn vollständig. Der heutige
Reichstag ist die geordnete Versammlung, deren Mitglieder den Willen des ganzen
deutschen Volkes frei und unverantwortlich zum Ausdruck bringen sollen. Sein
Wille ist Wille des Volkes, der teil nimmt an der Tätigkeit der Reichsgewalt,
insbesondre an der Gesetzgebung. Gesetz im konstitutionellen Sinn ist eben der


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[0327] Maßgebliches und Uninaßgebliches litt, war die Kolonialverwaltung selbst. Jetzt sind endlich klare Verhältnisse ge¬ schaffen, und der neue Staatssekretär wird nun in größerer Freiheit eine zweck¬ mäßige Organisation begründen und jetzt erst recht zeigen können, was er vermag. Eine kleine Episode in den Reichstagsverhandlungen der vergangnen Woche verdient noch eine Würdigung. Wir meinen den Vorstoß, den der einzige Welse des neuen Reichstags, der Abgeordnete Götz von Olenhusen, gegen den Reichskanzler unternahm. Der welfische Heißsporn bereitete sich von vornherein selbst eine moralische Niederlage durch unqnalifizierbare persönliche Anwürfe gegen den Reichskanzler. Fürst Bülow tat diese Ungezogenheiten kurz und vornehm ab; wichtiger war seine klare und feste Erklärung, wodurch er die staatsrechtliche Korrektheit seines Ver¬ haltens in der braunschweigischen Frage und die Rechtmäßigkeit des bekannten Bundesratsbeschlusses nachwies. Man darf nun hoffen, daß auch diese leidige Frage bald durch die Wahl eines neuen Regenten zum Abschluß kommen wird. Der Kampf um den Boden in unsern Ostmarken steht wieder mehr als je im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Manchen wenig erfreulichen Beitrag zu dieser Frage hat der Prozeß geliefert, der jetzt gegen den „polnischen" Güteragenten und Agitator Martin Biedermann ans Posen in Schneidemühl verhandelt wurde. Er hatte einen deutschen Besitzer, der ihm sein Gut verkauft hatte, getäuscht und stand unter der Anklage des Betruges. Der Prozeß enthüllte die traurige Tat¬ sache, daß sich Deutsche von gutem Namen, darunter frühere Offiziere, dazu her¬ gegeben hatten, als Strohmänner bei den Geschäften zu fungieren, wodurch deutscher Besitz in polnische Hände gebracht werden sollte. Auch behauptete der „Pole" Biedermann, deutsche Besitzer böten ihm in großer Zahl ihre Güter zum Verkauf an, nnter der Bedingung, daß er deutsche Strohmänner vorschiebe. Wenn auch diese Behauptung nicht oder wenigstens nicht in vollem Umfange geglaubt zu werden braucht, so bleibt noch immer genug übrig, daß man die nationale Gleichgiltigkeit und Ehrvergessenheit mancher Deutschen in den Ostmarken als tiefe Schmach empfindet. ES ist noch immer sehr viel ans diesem Felde zu tun, und wir werden alle Kräfte aufbieten müssen, um unsern nationalen Aufgaben gerecht zu werden. Das wäre eine würdigere Beleidigung unsers nationalen Sinns als die Aufregung und Nervosität, die viele von uns über unsre internationalen Beziehungen bekunden. Bundesrat und Reichstag. In dem alten deutschen Bundesstaat, der 1806 sein Ende fand, lag die Regierung, wie man sagte, „bei Kaiser und Reich". Unter diesem „Reich" schlechthin verstand man den Reichstag, damals eine Ver¬ sammlung der mächtigsten Stände des Reiches, die das Recht der Reichsstandschaft entweder persönlich oder durch Bevollmächtigte ausübten. So könnte man das Deutschland jener Zeit nahezu als eine ständisch beschränkte Monarchie bezeichnen. Im modernen vom Konstitutionalismus durchdrungnen Reich ist die Rechtslage wesentlich anders. Das Reich ist keine Monarchie, sondern ein aristokratisch ge¬ stalteter Bundesstaat. Die Reichsgewalt wird getragen, um mit Bismarck zu sprechen, von der „Gesamtheit der Verbündeten Regierungen", also von zweiund¬ zwanzig Monarchien und drei Städterepubliken. Das Organ dieses fündund- zwanzigköpfigen Reichssonveräns ist der Bundesrat. In ihm üben die einzelnen Gliedstaaten ihre Anteilrechte an der Reichsregierung ans. Ferner ist der heutige Reichstag keine Ständeversammlung des alten Stiles mehr. Jener hatte den Charakter des Parlaments verloren, der heutige trägt ihn vollständig. Der heutige Reichstag ist die geordnete Versammlung, deren Mitglieder den Willen des ganzen deutschen Volkes frei und unverantwortlich zum Ausdruck bringen sollen. Sein Wille ist Wille des Volkes, der teil nimmt an der Tätigkeit der Reichsgewalt, insbesondre an der Gesetzgebung. Gesetz im konstitutionellen Sinn ist eben der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/327>, abgerufen am 05.02.2025.