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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.

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Die Beziehungen der ägyptischen Nationalpartei
zu Frankreich

le nationalen Bestrebungen in Ägypten finden in der letzten Zeit
in der europäischen Presse eine immer lebhaftere Beachtung.
Englische Blätter scheuten sich auch nicht, Deutschland dabei als
Helfershelfer der ägyptischen Nationalpartei zu verdächtigen. Die
Politiker an der Themse täten aber besser, lieber nach der Seine
als nach der Spree zu schielen.

Denn trotz der snwuw ve.räig,1e, die Frankreich politisch und offiziell ganz
und gar aus Ägypten hinausdrängte, interessiert man sich in Frankreich für
die Vorgänge am Nil mehr, als der Fernerstehende vielleicht glauben möchte.
Man ist sich hier wohl bewußt, daß Frankreich der marokkanischen Trauben
wegen in Ägypten eine traditionelle Stellung aufgegeben hat, die inne^dis
mutimäis an die französische Politik in den Vereinigten Staaten vor mehr
als hundert Jahren erinnerte. Man behauptet nichts unwahres, wenn man
versichert, daß sich die öffentliche Meinung in Frankreich nur schwer an den
Gedanken gewöhnt, in Ägypten gar nichts mehr sagen zu sollen. Es gibt auch
kaum jemand in Paris, der verkennt, daß das Anwachsen der nationalistischen
Bewegung in Ägypten auf das Ausscheiden Frankreichs aus der politischen
Sphäre Ägyptens zurückzuführen ist. Und nicht umsonst finden die natio¬
nalistischen Stimmen aus dem Pharaonenlande gerade in der großen Pariser
Presse ein Echo, obgleich diese ebensowenig wie die Regierung daran denkt,
dem befreundeten England wirklich Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Aber
es schmeichelt der französischen Eigenliebe, daß der ägyptische Nationalismus
und Unabhängigkeitskampf früher Frankreich als den etwaigen Retter aus der
englischen Knechtschaft betrachtete und auch heute noch trotz der entends voräialö
nicht an das endgiltige Ausscheiden Frankreichs aus der Mitarbeit an der
Politischen Gestaltung des Landes glaubt. Die Bereitwilligkeit, mit der die
große französische Presse, vor allem der einflußreiche ?smxs, den Klagen


Grenzboten II 1907 29


Die Beziehungen der ägyptischen Nationalpartei
zu Frankreich

le nationalen Bestrebungen in Ägypten finden in der letzten Zeit
in der europäischen Presse eine immer lebhaftere Beachtung.
Englische Blätter scheuten sich auch nicht, Deutschland dabei als
Helfershelfer der ägyptischen Nationalpartei zu verdächtigen. Die
Politiker an der Themse täten aber besser, lieber nach der Seine
als nach der Spree zu schielen.

Denn trotz der snwuw ve.räig,1e, die Frankreich politisch und offiziell ganz
und gar aus Ägypten hinausdrängte, interessiert man sich in Frankreich für
die Vorgänge am Nil mehr, als der Fernerstehende vielleicht glauben möchte.
Man ist sich hier wohl bewußt, daß Frankreich der marokkanischen Trauben
wegen in Ägypten eine traditionelle Stellung aufgegeben hat, die inne^dis
mutimäis an die französische Politik in den Vereinigten Staaten vor mehr
als hundert Jahren erinnerte. Man behauptet nichts unwahres, wenn man
versichert, daß sich die öffentliche Meinung in Frankreich nur schwer an den
Gedanken gewöhnt, in Ägypten gar nichts mehr sagen zu sollen. Es gibt auch
kaum jemand in Paris, der verkennt, daß das Anwachsen der nationalistischen
Bewegung in Ägypten auf das Ausscheiden Frankreichs aus der politischen
Sphäre Ägyptens zurückzuführen ist. Und nicht umsonst finden die natio¬
nalistischen Stimmen aus dem Pharaonenlande gerade in der großen Pariser
Presse ein Echo, obgleich diese ebensowenig wie die Regierung daran denkt,
dem befreundeten England wirklich Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Aber
es schmeichelt der französischen Eigenliebe, daß der ägyptische Nationalismus
und Unabhängigkeitskampf früher Frankreich als den etwaigen Retter aus der
englischen Knechtschaft betrachtete und auch heute noch trotz der entends voräialö
nicht an das endgiltige Ausscheiden Frankreichs aus der Mitarbeit an der
Politischen Gestaltung des Landes glaubt. Die Bereitwilligkeit, mit der die
große französische Presse, vor allem der einflußreiche ?smxs, den Klagen


Grenzboten II 1907 29
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[0225] [Abbildung] Die Beziehungen der ägyptischen Nationalpartei zu Frankreich le nationalen Bestrebungen in Ägypten finden in der letzten Zeit in der europäischen Presse eine immer lebhaftere Beachtung. Englische Blätter scheuten sich auch nicht, Deutschland dabei als Helfershelfer der ägyptischen Nationalpartei zu verdächtigen. Die Politiker an der Themse täten aber besser, lieber nach der Seine als nach der Spree zu schielen. Denn trotz der snwuw ve.räig,1e, die Frankreich politisch und offiziell ganz und gar aus Ägypten hinausdrängte, interessiert man sich in Frankreich für die Vorgänge am Nil mehr, als der Fernerstehende vielleicht glauben möchte. Man ist sich hier wohl bewußt, daß Frankreich der marokkanischen Trauben wegen in Ägypten eine traditionelle Stellung aufgegeben hat, die inne^dis mutimäis an die französische Politik in den Vereinigten Staaten vor mehr als hundert Jahren erinnerte. Man behauptet nichts unwahres, wenn man versichert, daß sich die öffentliche Meinung in Frankreich nur schwer an den Gedanken gewöhnt, in Ägypten gar nichts mehr sagen zu sollen. Es gibt auch kaum jemand in Paris, der verkennt, daß das Anwachsen der nationalistischen Bewegung in Ägypten auf das Ausscheiden Frankreichs aus der politischen Sphäre Ägyptens zurückzuführen ist. Und nicht umsonst finden die natio¬ nalistischen Stimmen aus dem Pharaonenlande gerade in der großen Pariser Presse ein Echo, obgleich diese ebensowenig wie die Regierung daran denkt, dem befreundeten England wirklich Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Aber es schmeichelt der französischen Eigenliebe, daß der ägyptische Nationalismus und Unabhängigkeitskampf früher Frankreich als den etwaigen Retter aus der englischen Knechtschaft betrachtete und auch heute noch trotz der entends voräialö nicht an das endgiltige Ausscheiden Frankreichs aus der Mitarbeit an der Politischen Gestaltung des Landes glaubt. Die Bereitwilligkeit, mit der die große französische Presse, vor allem der einflußreiche ?smxs, den Klagen Grenzboten II 1907 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301987/225>, abgerufen am 05.02.2025.