Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

(Minister von Butte. König Eduard auf Reisen und die
Reichsspiegel.

internationalen Beziehungen. Vom türkisch-ägyptischen Streit. Die Reichstags¬
entschädigung und die preußische Verfassung. Koloniale Studienreisen.)

Es ist wohl noch niemals vorgekommen, daß einem dahingeschiednen Minister
so einstimmig von der Presse aller Parteien der Kranz uneingeschränkten Lobes auf
die Bahre gelegt worden ist wie dem seinem Amte und dem gesamten Vaterlande
so früh entrissenen Eisenbahnminister von Butte. Deutschland hätte von ihm für
sein Verkehrswesen noch große Dienste erwarten dürfen. Die heldenmütige Hin¬
gabe an sein Amt, die er besonders in den letzten Monaten in geradezu vorbild¬
licher Weise betätigte, ist zum Glück bei uns keine vereinzelte Erscheinung, er
wollte dem Leben noch jede Stunde für den Dienst abgewinnen, aber um so
seltner ist das einhellige Vertrauen und die persönliche Wertschätzung, deren er
sich nicht nur in den Handels- und industriellen Kreisen hinsichtlich seiner auf
die Vereinfachung des deutschen Eisenbahnwesens gerichteten Bemühungen, in
den Parlamenten, sondern auch bei allen deutschen Regierungen erfreute. Unfälle
sind ja unsern Eisenbahnen auch unter seiner Verwaltung nicht erspart geblieben,
das hieße Unmögliches verlangen, wohl aber hat er mit großer Energie und
Umsicht nicht nur Schäden zu beseitigen verstanden, sondern er ist auch ununter¬
brochen bemüht gewesen, den ganzen Eisenbahnfahrdienst, die innere Einrichtung
der Waggons und alle sonstigen der Bequemlichkeit der Reisenden dienenden Ein¬
richtungen immer vollkommner zu gestalten. Nicht weniger war er bedacht, dem
ganzen Dienst- und Arbeitspersonal nach Möglichkeit Erleichterung zu schaffen. In
militärischen Kreisen konnte man wohl gelegentlich hören, es müsse unter Buttes
Leitung der Eisenbahnaufmarsch der mobilen deutschen Armee ein wahres Vergnügen
sein. Es ist nicht dazu gekommen. Wäre der Dahingeschiedne aber noch berufe"
gewesen, dem Vaterlande diesen Dienst zu leisten, er würde es sicherlich in hoher
Vollendung getan haben. Es hat ja anfangs mancherlei Nasenrümpfen gegeben,
daß ein General mit diesem Portefeuille betraut worden war. Aber die Art, wie
Minister von Butte das Amt geführt hat, hat alle Gegner dieser Ernennung sehr
bald damit ausgesöhnt. Eine seiner vielen hervorragenden Eigenschaften war sein
praktischer Blick, seine reale Auffassung der Verhältnisse, die nur der Sache galt,
und sein bereitwilliges Eingehn auf jede nützliche Anregung. Dabei kam ihm als
altem Soldaten die Kunst, Leute zu behandeln, außerordentlich zustatten. Er hat es
in schwierigen Augenblicken ebenso verstanden, das Vertrauen der untern Beamten¬
schichten sowie der im Eisenbahndienst beschäftigten vielen Tausende von Arbeitern
auf seine wohlwollende Fürsorge zu richten, wie er ihnen andrerseits für die Fälle
von Aufständen, Arbeitseinstellungen und dergleichen an seiner unerbittlichen Strenge
keinen Zweifel gelassen hat. Auch da war der alte Soldat am Platze. Die vielen
Vorzüge, die er in seiner Person vereinigte, haben nicht nur den maßgebenden Stellen,
sondern weiten Kreisen den Gedanken nahegelegt, die Leitung unsers Eisenbahn¬
wesens bet der Wahl des Nachfolgers wiederum militärischen Händen anzuvertrauen.
Die damit gemachte Erfahrung ist jedenfalls eine recht gute gewesen.

In internationaler Beziehung ist offenbar eine gewisse Beruhigung eingetreten,
soweit die Beziehungen der europäischen Nationen zueinander in Frage kommen.
Erwünscht bliebe, daß sich ein Teil unsrer Presse von der ihr anhaftenden Nervosität
in bezug auf den König von England frei machte. Alle seine Bewegungen werden
unter der Voraussetzung deutschfeindlicher Zwecke registriert und beobachtet. Ob der
König den olympischen Spielen beiwohnt, auf dem Rückwege Neapel berührt oder
gar der Eröffnung der Ausstellung in Mailand beiwohnen will -- sofort sind allerlei
Betrachtungen darüber zur Hand, daß alle diese Bewegungen nur gegen Deutschland
gerichtete Zwecke verfolgen. Dem König von Italien wurde es sogar als eine Art
Schändlichkeit angerechnet, daß der König von England die erste italienische Welt¬
ausstellung besuche, der deutsche Kaiser, der Verbündete, nicht. Würde der Kaiser


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

(Minister von Butte. König Eduard auf Reisen und die
Reichsspiegel.

internationalen Beziehungen. Vom türkisch-ägyptischen Streit. Die Reichstags¬
entschädigung und die preußische Verfassung. Koloniale Studienreisen.)

Es ist wohl noch niemals vorgekommen, daß einem dahingeschiednen Minister
so einstimmig von der Presse aller Parteien der Kranz uneingeschränkten Lobes auf
die Bahre gelegt worden ist wie dem seinem Amte und dem gesamten Vaterlande
so früh entrissenen Eisenbahnminister von Butte. Deutschland hätte von ihm für
sein Verkehrswesen noch große Dienste erwarten dürfen. Die heldenmütige Hin¬
gabe an sein Amt, die er besonders in den letzten Monaten in geradezu vorbild¬
licher Weise betätigte, ist zum Glück bei uns keine vereinzelte Erscheinung, er
wollte dem Leben noch jede Stunde für den Dienst abgewinnen, aber um so
seltner ist das einhellige Vertrauen und die persönliche Wertschätzung, deren er
sich nicht nur in den Handels- und industriellen Kreisen hinsichtlich seiner auf
die Vereinfachung des deutschen Eisenbahnwesens gerichteten Bemühungen, in
den Parlamenten, sondern auch bei allen deutschen Regierungen erfreute. Unfälle
sind ja unsern Eisenbahnen auch unter seiner Verwaltung nicht erspart geblieben,
das hieße Unmögliches verlangen, wohl aber hat er mit großer Energie und
Umsicht nicht nur Schäden zu beseitigen verstanden, sondern er ist auch ununter¬
brochen bemüht gewesen, den ganzen Eisenbahnfahrdienst, die innere Einrichtung
der Waggons und alle sonstigen der Bequemlichkeit der Reisenden dienenden Ein¬
richtungen immer vollkommner zu gestalten. Nicht weniger war er bedacht, dem
ganzen Dienst- und Arbeitspersonal nach Möglichkeit Erleichterung zu schaffen. In
militärischen Kreisen konnte man wohl gelegentlich hören, es müsse unter Buttes
Leitung der Eisenbahnaufmarsch der mobilen deutschen Armee ein wahres Vergnügen
sein. Es ist nicht dazu gekommen. Wäre der Dahingeschiedne aber noch berufe»
gewesen, dem Vaterlande diesen Dienst zu leisten, er würde es sicherlich in hoher
Vollendung getan haben. Es hat ja anfangs mancherlei Nasenrümpfen gegeben,
daß ein General mit diesem Portefeuille betraut worden war. Aber die Art, wie
Minister von Butte das Amt geführt hat, hat alle Gegner dieser Ernennung sehr
bald damit ausgesöhnt. Eine seiner vielen hervorragenden Eigenschaften war sein
praktischer Blick, seine reale Auffassung der Verhältnisse, die nur der Sache galt,
und sein bereitwilliges Eingehn auf jede nützliche Anregung. Dabei kam ihm als
altem Soldaten die Kunst, Leute zu behandeln, außerordentlich zustatten. Er hat es
in schwierigen Augenblicken ebenso verstanden, das Vertrauen der untern Beamten¬
schichten sowie der im Eisenbahndienst beschäftigten vielen Tausende von Arbeitern
auf seine wohlwollende Fürsorge zu richten, wie er ihnen andrerseits für die Fälle
von Aufständen, Arbeitseinstellungen und dergleichen an seiner unerbittlichen Strenge
keinen Zweifel gelassen hat. Auch da war der alte Soldat am Platze. Die vielen
Vorzüge, die er in seiner Person vereinigte, haben nicht nur den maßgebenden Stellen,
sondern weiten Kreisen den Gedanken nahegelegt, die Leitung unsers Eisenbahn¬
wesens bet der Wahl des Nachfolgers wiederum militärischen Händen anzuvertrauen.
Die damit gemachte Erfahrung ist jedenfalls eine recht gute gewesen.

In internationaler Beziehung ist offenbar eine gewisse Beruhigung eingetreten,
soweit die Beziehungen der europäischen Nationen zueinander in Frage kommen.
Erwünscht bliebe, daß sich ein Teil unsrer Presse von der ihr anhaftenden Nervosität
in bezug auf den König von England frei machte. Alle seine Bewegungen werden
unter der Voraussetzung deutschfeindlicher Zwecke registriert und beobachtet. Ob der
König den olympischen Spielen beiwohnt, auf dem Rückwege Neapel berührt oder
gar der Eröffnung der Ausstellung in Mailand beiwohnen will — sofort sind allerlei
Betrachtungen darüber zur Hand, daß alle diese Bewegungen nur gegen Deutschland
gerichtete Zwecke verfolgen. Dem König von Italien wurde es sogar als eine Art
Schändlichkeit angerechnet, daß der König von England die erste italienische Welt¬
ausstellung besuche, der deutsche Kaiser, der Verbündete, nicht. Würde der Kaiser


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0292" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299333"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/>
          <note type="argument"> (Minister von Butte. König Eduard auf Reisen und die</note><lb/>
          <div n="2">
            <head> Reichsspiegel.</head><lb/>
            <note type="argument"> internationalen Beziehungen. Vom türkisch-ägyptischen Streit. Die Reichstags¬<lb/>
entschädigung und die preußische Verfassung.  Koloniale Studienreisen.)</note><lb/>
            <p xml:id="ID_1316"> Es ist wohl noch niemals vorgekommen, daß einem dahingeschiednen Minister<lb/>
so einstimmig von der Presse aller Parteien der Kranz uneingeschränkten Lobes auf<lb/>
die Bahre gelegt worden ist wie dem seinem Amte und dem gesamten Vaterlande<lb/>
so früh entrissenen Eisenbahnminister von Butte. Deutschland hätte von ihm für<lb/>
sein Verkehrswesen noch große Dienste erwarten dürfen. Die heldenmütige Hin¬<lb/>
gabe an sein Amt, die er besonders in den letzten Monaten in geradezu vorbild¬<lb/>
licher Weise betätigte, ist zum Glück bei uns keine vereinzelte Erscheinung, er<lb/>
wollte dem Leben noch jede Stunde für den Dienst abgewinnen, aber um so<lb/>
seltner ist das einhellige Vertrauen und die persönliche Wertschätzung, deren er<lb/>
sich nicht nur in den Handels- und industriellen Kreisen hinsichtlich seiner auf<lb/>
die Vereinfachung des deutschen Eisenbahnwesens gerichteten Bemühungen, in<lb/>
den Parlamenten, sondern auch bei allen deutschen Regierungen erfreute. Unfälle<lb/>
sind ja unsern Eisenbahnen auch unter seiner Verwaltung nicht erspart geblieben,<lb/>
das hieße Unmögliches verlangen, wohl aber hat er mit großer Energie und<lb/>
Umsicht nicht nur Schäden zu beseitigen verstanden, sondern er ist auch ununter¬<lb/>
brochen bemüht gewesen, den ganzen Eisenbahnfahrdienst, die innere Einrichtung<lb/>
der Waggons und alle sonstigen der Bequemlichkeit der Reisenden dienenden Ein¬<lb/>
richtungen immer vollkommner zu gestalten. Nicht weniger war er bedacht, dem<lb/>
ganzen Dienst- und Arbeitspersonal nach Möglichkeit Erleichterung zu schaffen. In<lb/>
militärischen Kreisen konnte man wohl gelegentlich hören, es müsse unter Buttes<lb/>
Leitung der Eisenbahnaufmarsch der mobilen deutschen Armee ein wahres Vergnügen<lb/>
sein. Es ist nicht dazu gekommen. Wäre der Dahingeschiedne aber noch berufe»<lb/>
gewesen, dem Vaterlande diesen Dienst zu leisten, er würde es sicherlich in hoher<lb/>
Vollendung getan haben. Es hat ja anfangs mancherlei Nasenrümpfen gegeben,<lb/>
daß ein General mit diesem Portefeuille betraut worden war. Aber die Art, wie<lb/>
Minister von Butte das Amt geführt hat, hat alle Gegner dieser Ernennung sehr<lb/>
bald damit ausgesöhnt. Eine seiner vielen hervorragenden Eigenschaften war sein<lb/>
praktischer Blick, seine reale Auffassung der Verhältnisse, die nur der Sache galt,<lb/>
und sein bereitwilliges Eingehn auf jede nützliche Anregung. Dabei kam ihm als<lb/>
altem Soldaten die Kunst, Leute zu behandeln, außerordentlich zustatten. Er hat es<lb/>
in schwierigen Augenblicken ebenso verstanden, das Vertrauen der untern Beamten¬<lb/>
schichten sowie der im Eisenbahndienst beschäftigten vielen Tausende von Arbeitern<lb/>
auf seine wohlwollende Fürsorge zu richten, wie er ihnen andrerseits für die Fälle<lb/>
von Aufständen, Arbeitseinstellungen und dergleichen an seiner unerbittlichen Strenge<lb/>
keinen Zweifel gelassen hat. Auch da war der alte Soldat am Platze. Die vielen<lb/>
Vorzüge, die er in seiner Person vereinigte, haben nicht nur den maßgebenden Stellen,<lb/>
sondern weiten Kreisen den Gedanken nahegelegt, die Leitung unsers Eisenbahn¬<lb/>
wesens bet der Wahl des Nachfolgers wiederum militärischen Händen anzuvertrauen.<lb/>
Die damit gemachte Erfahrung ist jedenfalls eine recht gute gewesen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1317" next="#ID_1318"> In internationaler Beziehung ist offenbar eine gewisse Beruhigung eingetreten,<lb/>
soweit die Beziehungen der europäischen Nationen zueinander in Frage kommen.<lb/>
Erwünscht bliebe, daß sich ein Teil unsrer Presse von der ihr anhaftenden Nervosität<lb/>
in bezug auf den König von England frei machte. Alle seine Bewegungen werden<lb/>
unter der Voraussetzung deutschfeindlicher Zwecke registriert und beobachtet. Ob der<lb/>
König den olympischen Spielen beiwohnt, auf dem Rückwege Neapel berührt oder<lb/>
gar der Eröffnung der Ausstellung in Mailand beiwohnen will &#x2014; sofort sind allerlei<lb/>
Betrachtungen darüber zur Hand, daß alle diese Bewegungen nur gegen Deutschland<lb/>
gerichtete Zwecke verfolgen. Dem König von Italien wurde es sogar als eine Art<lb/>
Schändlichkeit angerechnet, daß der König von England die erste italienische Welt¬<lb/>
ausstellung besuche, der deutsche Kaiser, der Verbündete, nicht.  Würde der Kaiser</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0292] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches (Minister von Butte. König Eduard auf Reisen und die Reichsspiegel. internationalen Beziehungen. Vom türkisch-ägyptischen Streit. Die Reichstags¬ entschädigung und die preußische Verfassung. Koloniale Studienreisen.) Es ist wohl noch niemals vorgekommen, daß einem dahingeschiednen Minister so einstimmig von der Presse aller Parteien der Kranz uneingeschränkten Lobes auf die Bahre gelegt worden ist wie dem seinem Amte und dem gesamten Vaterlande so früh entrissenen Eisenbahnminister von Butte. Deutschland hätte von ihm für sein Verkehrswesen noch große Dienste erwarten dürfen. Die heldenmütige Hin¬ gabe an sein Amt, die er besonders in den letzten Monaten in geradezu vorbild¬ licher Weise betätigte, ist zum Glück bei uns keine vereinzelte Erscheinung, er wollte dem Leben noch jede Stunde für den Dienst abgewinnen, aber um so seltner ist das einhellige Vertrauen und die persönliche Wertschätzung, deren er sich nicht nur in den Handels- und industriellen Kreisen hinsichtlich seiner auf die Vereinfachung des deutschen Eisenbahnwesens gerichteten Bemühungen, in den Parlamenten, sondern auch bei allen deutschen Regierungen erfreute. Unfälle sind ja unsern Eisenbahnen auch unter seiner Verwaltung nicht erspart geblieben, das hieße Unmögliches verlangen, wohl aber hat er mit großer Energie und Umsicht nicht nur Schäden zu beseitigen verstanden, sondern er ist auch ununter¬ brochen bemüht gewesen, den ganzen Eisenbahnfahrdienst, die innere Einrichtung der Waggons und alle sonstigen der Bequemlichkeit der Reisenden dienenden Ein¬ richtungen immer vollkommner zu gestalten. Nicht weniger war er bedacht, dem ganzen Dienst- und Arbeitspersonal nach Möglichkeit Erleichterung zu schaffen. In militärischen Kreisen konnte man wohl gelegentlich hören, es müsse unter Buttes Leitung der Eisenbahnaufmarsch der mobilen deutschen Armee ein wahres Vergnügen sein. Es ist nicht dazu gekommen. Wäre der Dahingeschiedne aber noch berufe» gewesen, dem Vaterlande diesen Dienst zu leisten, er würde es sicherlich in hoher Vollendung getan haben. Es hat ja anfangs mancherlei Nasenrümpfen gegeben, daß ein General mit diesem Portefeuille betraut worden war. Aber die Art, wie Minister von Butte das Amt geführt hat, hat alle Gegner dieser Ernennung sehr bald damit ausgesöhnt. Eine seiner vielen hervorragenden Eigenschaften war sein praktischer Blick, seine reale Auffassung der Verhältnisse, die nur der Sache galt, und sein bereitwilliges Eingehn auf jede nützliche Anregung. Dabei kam ihm als altem Soldaten die Kunst, Leute zu behandeln, außerordentlich zustatten. Er hat es in schwierigen Augenblicken ebenso verstanden, das Vertrauen der untern Beamten¬ schichten sowie der im Eisenbahndienst beschäftigten vielen Tausende von Arbeitern auf seine wohlwollende Fürsorge zu richten, wie er ihnen andrerseits für die Fälle von Aufständen, Arbeitseinstellungen und dergleichen an seiner unerbittlichen Strenge keinen Zweifel gelassen hat. Auch da war der alte Soldat am Platze. Die vielen Vorzüge, die er in seiner Person vereinigte, haben nicht nur den maßgebenden Stellen, sondern weiten Kreisen den Gedanken nahegelegt, die Leitung unsers Eisenbahn¬ wesens bet der Wahl des Nachfolgers wiederum militärischen Händen anzuvertrauen. Die damit gemachte Erfahrung ist jedenfalls eine recht gute gewesen. In internationaler Beziehung ist offenbar eine gewisse Beruhigung eingetreten, soweit die Beziehungen der europäischen Nationen zueinander in Frage kommen. Erwünscht bliebe, daß sich ein Teil unsrer Presse von der ihr anhaftenden Nervosität in bezug auf den König von England frei machte. Alle seine Bewegungen werden unter der Voraussetzung deutschfeindlicher Zwecke registriert und beobachtet. Ob der König den olympischen Spielen beiwohnt, auf dem Rückwege Neapel berührt oder gar der Eröffnung der Ausstellung in Mailand beiwohnen will — sofort sind allerlei Betrachtungen darüber zur Hand, daß alle diese Bewegungen nur gegen Deutschland gerichtete Zwecke verfolgen. Dem König von Italien wurde es sogar als eine Art Schändlichkeit angerechnet, daß der König von England die erste italienische Welt¬ ausstellung besuche, der deutsche Kaiser, der Verbündete, nicht. Würde der Kaiser

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/292
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/292>, abgerufen am 26.12.2024.