Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
tNemxhis und die Pyramide"

man sich auf die Verteidigung der Maaslinie beschränkte. Wir sind immer
vorbereitet gewesen auf einen Einmarsch der Deutschen von Osten her und haben
nie an die Möglichkeit gedacht, daß den in Elsaß-Lothringen stehenden Truppen
nur eine demonstrative Rolle zufallen könne.

Was nun die Armee anlangt, so fordert der General die Erziehung zur
Offensive und zur Vaterlandsliebe; diesen beiden Forderungen müsse das "Volk
in Waffen" genügen.



Memphis und die Pyramiden
Gd. Högl von in
(Fortsetzung)

> ir wenden uns zunächst dem Häuschen zu, worin Mariette wohnte,
als er die Ruinen von Memphis vom Wüstensand befreite, und
!das jetzt den Reisenden als Frühstücksraum dient. Hier wird
abgestiegen, und unsre Fellachen tragen die Frühstückskörbe, die
!man uns fürsorglich vom Hotel mitgegeben hat, in die kühlen
Räume des Hauses, um sie vor der versengenden Glut der Sonne zu schützen;
wir selbst wollen erst die Grüber besuchen, bevor wir uns an Speise und
Trank laben. In der unmittelbaren Nähe des Hauses liegt das Serapeum,
die Gruft der heiligen Apisstiere, die Mariette auffand, und deren Entdeckung
er wie folgt schildert: "Ich gestehe, daß ich, als ich am 12. November 1851
zum erstenmal in die Apisgruft eindrang, so tief von Erstaunen ergriffen wurde,
daß diese Empfindung, obgleich fünf Jahre seitdem vergangen sind, noch immer
in meiner Seele nachklingt. Durch einen mir schwer erklärlichen Zufall war
ein Gemach des Apisgrabes, das man im dreißigsten Jahre Ramses des Zweiten
vermauert hatte, den Plünderern des Denkmals entgangen, und ich war so
glücklich, es unberührt wiederzufinden. Dreitausendsiebenhundert Jahre hatten
nichts an seiner ursprünglichen Gestalt zu ändern vermocht. Die Finger des
Ägypters, der den letzten Stein in das Gemäuer einsetzte, das man, um die
Tür zu verkleiden, errichtet hatte, waren noch auf dem Kalk erkennbar. Nackte
Füße hatten ihren Eindruck auf der Sandschicht zurückgelassen, die in einer Ecke
der Totenkammer lag. Nichts fehlte an dieser Stätte des Todes, in der seit
beinahe vierzig Jahrhunderten ein balsamierter Stier ruhte. Mehr als einem
Reisenden wird es schrecklich erscheinen, hier jahrelang allein in einer Wüste zu
leben; aber Entdeckungen wie die der Kammer Ramses des Zweiten lassen Ein¬
drücke zurück, denen gegenüber alles übrige in nichts versinkt, und die man immer
neu zu beleben wünscht."

Die Gruft besteht aus einem etwa dreihundert Meter langen, drei Meter
hohen und sechs Meter breiten Schacht, der in den Felsen getrieben ist. Ein
breiter Gang, über den die Sarkophage hineingerollt sind, führt in die Gruft
hinab. Im Innern des Felsens sind an beiden Seiten des Ganges große
Nischen ausgehauen, in denen die kolossalen Granitsarkophage der Apisstierc
stehn. Vierundzwanzig Särge sind erhalten, jeder aus einem Block gehauen
und an den äußern Seiten spiegelblank poliert. Das Gewicht eines solchen


tNemxhis und die Pyramide»

man sich auf die Verteidigung der Maaslinie beschränkte. Wir sind immer
vorbereitet gewesen auf einen Einmarsch der Deutschen von Osten her und haben
nie an die Möglichkeit gedacht, daß den in Elsaß-Lothringen stehenden Truppen
nur eine demonstrative Rolle zufallen könne.

Was nun die Armee anlangt, so fordert der General die Erziehung zur
Offensive und zur Vaterlandsliebe; diesen beiden Forderungen müsse das „Volk
in Waffen" genügen.



Memphis und die Pyramiden
Gd. Högl von in
(Fortsetzung)

> ir wenden uns zunächst dem Häuschen zu, worin Mariette wohnte,
als er die Ruinen von Memphis vom Wüstensand befreite, und
!das jetzt den Reisenden als Frühstücksraum dient. Hier wird
abgestiegen, und unsre Fellachen tragen die Frühstückskörbe, die
!man uns fürsorglich vom Hotel mitgegeben hat, in die kühlen
Räume des Hauses, um sie vor der versengenden Glut der Sonne zu schützen;
wir selbst wollen erst die Grüber besuchen, bevor wir uns an Speise und
Trank laben. In der unmittelbaren Nähe des Hauses liegt das Serapeum,
die Gruft der heiligen Apisstiere, die Mariette auffand, und deren Entdeckung
er wie folgt schildert: „Ich gestehe, daß ich, als ich am 12. November 1851
zum erstenmal in die Apisgruft eindrang, so tief von Erstaunen ergriffen wurde,
daß diese Empfindung, obgleich fünf Jahre seitdem vergangen sind, noch immer
in meiner Seele nachklingt. Durch einen mir schwer erklärlichen Zufall war
ein Gemach des Apisgrabes, das man im dreißigsten Jahre Ramses des Zweiten
vermauert hatte, den Plünderern des Denkmals entgangen, und ich war so
glücklich, es unberührt wiederzufinden. Dreitausendsiebenhundert Jahre hatten
nichts an seiner ursprünglichen Gestalt zu ändern vermocht. Die Finger des
Ägypters, der den letzten Stein in das Gemäuer einsetzte, das man, um die
Tür zu verkleiden, errichtet hatte, waren noch auf dem Kalk erkennbar. Nackte
Füße hatten ihren Eindruck auf der Sandschicht zurückgelassen, die in einer Ecke
der Totenkammer lag. Nichts fehlte an dieser Stätte des Todes, in der seit
beinahe vierzig Jahrhunderten ein balsamierter Stier ruhte. Mehr als einem
Reisenden wird es schrecklich erscheinen, hier jahrelang allein in einer Wüste zu
leben; aber Entdeckungen wie die der Kammer Ramses des Zweiten lassen Ein¬
drücke zurück, denen gegenüber alles übrige in nichts versinkt, und die man immer
neu zu beleben wünscht."

Die Gruft besteht aus einem etwa dreihundert Meter langen, drei Meter
hohen und sechs Meter breiten Schacht, der in den Felsen getrieben ist. Ein
breiter Gang, über den die Sarkophage hineingerollt sind, führt in die Gruft
hinab. Im Innern des Felsens sind an beiden Seiten des Ganges große
Nischen ausgehauen, in denen die kolossalen Granitsarkophage der Apisstierc
stehn. Vierundzwanzig Särge sind erhalten, jeder aus einem Block gehauen
und an den äußern Seiten spiegelblank poliert. Das Gewicht eines solchen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299309"/>
          <fw type="header" place="top"> tNemxhis und die Pyramide»</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1182" prev="#ID_1181"> man sich auf die Verteidigung der Maaslinie beschränkte. Wir sind immer<lb/>
vorbereitet gewesen auf einen Einmarsch der Deutschen von Osten her und haben<lb/>
nie an die Möglichkeit gedacht, daß den in Elsaß-Lothringen stehenden Truppen<lb/>
nur eine demonstrative Rolle zufallen könne.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1183"> Was nun die Armee anlangt, so fordert der General die Erziehung zur<lb/>
Offensive und zur Vaterlandsliebe; diesen beiden Forderungen müsse das &#x201E;Volk<lb/>
in Waffen" genügen.</p>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Memphis und die Pyramiden<lb/><note type="byline"> Gd. Högl </note> von in<lb/>
(Fortsetzung)</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1184"> &gt; ir wenden uns zunächst dem Häuschen zu, worin Mariette wohnte,<lb/>
als er die Ruinen von Memphis vom Wüstensand befreite, und<lb/>
!das jetzt den Reisenden als Frühstücksraum dient. Hier wird<lb/>
abgestiegen, und unsre Fellachen tragen die Frühstückskörbe, die<lb/>
!man uns fürsorglich vom Hotel mitgegeben hat, in die kühlen<lb/>
Räume des Hauses, um sie vor der versengenden Glut der Sonne zu schützen;<lb/>
wir selbst wollen erst die Grüber besuchen, bevor wir uns an Speise und<lb/>
Trank laben. In der unmittelbaren Nähe des Hauses liegt das Serapeum,<lb/>
die Gruft der heiligen Apisstiere, die Mariette auffand, und deren Entdeckung<lb/>
er wie folgt schildert: &#x201E;Ich gestehe, daß ich, als ich am 12. November 1851<lb/>
zum erstenmal in die Apisgruft eindrang, so tief von Erstaunen ergriffen wurde,<lb/>
daß diese Empfindung, obgleich fünf Jahre seitdem vergangen sind, noch immer<lb/>
in meiner Seele nachklingt. Durch einen mir schwer erklärlichen Zufall war<lb/>
ein Gemach des Apisgrabes, das man im dreißigsten Jahre Ramses des Zweiten<lb/>
vermauert hatte, den Plünderern des Denkmals entgangen, und ich war so<lb/>
glücklich, es unberührt wiederzufinden. Dreitausendsiebenhundert Jahre hatten<lb/>
nichts an seiner ursprünglichen Gestalt zu ändern vermocht. Die Finger des<lb/>
Ägypters, der den letzten Stein in das Gemäuer einsetzte, das man, um die<lb/>
Tür zu verkleiden, errichtet hatte, waren noch auf dem Kalk erkennbar. Nackte<lb/>
Füße hatten ihren Eindruck auf der Sandschicht zurückgelassen, die in einer Ecke<lb/>
der Totenkammer lag. Nichts fehlte an dieser Stätte des Todes, in der seit<lb/>
beinahe vierzig Jahrhunderten ein balsamierter Stier ruhte. Mehr als einem<lb/>
Reisenden wird es schrecklich erscheinen, hier jahrelang allein in einer Wüste zu<lb/>
leben; aber Entdeckungen wie die der Kammer Ramses des Zweiten lassen Ein¬<lb/>
drücke zurück, denen gegenüber alles übrige in nichts versinkt, und die man immer<lb/>
neu zu beleben wünscht."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1185" next="#ID_1186"> Die Gruft besteht aus einem etwa dreihundert Meter langen, drei Meter<lb/>
hohen und sechs Meter breiten Schacht, der in den Felsen getrieben ist. Ein<lb/>
breiter Gang, über den die Sarkophage hineingerollt sind, führt in die Gruft<lb/>
hinab. Im Innern des Felsens sind an beiden Seiten des Ganges große<lb/>
Nischen ausgehauen, in denen die kolossalen Granitsarkophage der Apisstierc<lb/>
stehn. Vierundzwanzig Särge sind erhalten, jeder aus einem Block gehauen<lb/>
und an den äußern Seiten spiegelblank poliert.  Das Gewicht eines solchen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0268] tNemxhis und die Pyramide» man sich auf die Verteidigung der Maaslinie beschränkte. Wir sind immer vorbereitet gewesen auf einen Einmarsch der Deutschen von Osten her und haben nie an die Möglichkeit gedacht, daß den in Elsaß-Lothringen stehenden Truppen nur eine demonstrative Rolle zufallen könne. Was nun die Armee anlangt, so fordert der General die Erziehung zur Offensive und zur Vaterlandsliebe; diesen beiden Forderungen müsse das „Volk in Waffen" genügen. Memphis und die Pyramiden Gd. Högl von in (Fortsetzung) > ir wenden uns zunächst dem Häuschen zu, worin Mariette wohnte, als er die Ruinen von Memphis vom Wüstensand befreite, und !das jetzt den Reisenden als Frühstücksraum dient. Hier wird abgestiegen, und unsre Fellachen tragen die Frühstückskörbe, die !man uns fürsorglich vom Hotel mitgegeben hat, in die kühlen Räume des Hauses, um sie vor der versengenden Glut der Sonne zu schützen; wir selbst wollen erst die Grüber besuchen, bevor wir uns an Speise und Trank laben. In der unmittelbaren Nähe des Hauses liegt das Serapeum, die Gruft der heiligen Apisstiere, die Mariette auffand, und deren Entdeckung er wie folgt schildert: „Ich gestehe, daß ich, als ich am 12. November 1851 zum erstenmal in die Apisgruft eindrang, so tief von Erstaunen ergriffen wurde, daß diese Empfindung, obgleich fünf Jahre seitdem vergangen sind, noch immer in meiner Seele nachklingt. Durch einen mir schwer erklärlichen Zufall war ein Gemach des Apisgrabes, das man im dreißigsten Jahre Ramses des Zweiten vermauert hatte, den Plünderern des Denkmals entgangen, und ich war so glücklich, es unberührt wiederzufinden. Dreitausendsiebenhundert Jahre hatten nichts an seiner ursprünglichen Gestalt zu ändern vermocht. Die Finger des Ägypters, der den letzten Stein in das Gemäuer einsetzte, das man, um die Tür zu verkleiden, errichtet hatte, waren noch auf dem Kalk erkennbar. Nackte Füße hatten ihren Eindruck auf der Sandschicht zurückgelassen, die in einer Ecke der Totenkammer lag. Nichts fehlte an dieser Stätte des Todes, in der seit beinahe vierzig Jahrhunderten ein balsamierter Stier ruhte. Mehr als einem Reisenden wird es schrecklich erscheinen, hier jahrelang allein in einer Wüste zu leben; aber Entdeckungen wie die der Kammer Ramses des Zweiten lassen Ein¬ drücke zurück, denen gegenüber alles übrige in nichts versinkt, und die man immer neu zu beleben wünscht." Die Gruft besteht aus einem etwa dreihundert Meter langen, drei Meter hohen und sechs Meter breiten Schacht, der in den Felsen getrieben ist. Ein breiter Gang, über den die Sarkophage hineingerollt sind, führt in die Gruft hinab. Im Innern des Felsens sind an beiden Seiten des Ganges große Nischen ausgehauen, in denen die kolossalen Granitsarkophage der Apisstierc stehn. Vierundzwanzig Särge sind erhalten, jeder aus einem Block gehauen und an den äußern Seiten spiegelblank poliert. Das Gewicht eines solchen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/268
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/268>, abgerufen am 26.12.2024.