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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Auf Befühl des Zaren

Vorzulegen, weil er dann bei der nächsten Gelegenheit das Wort pMsibilis
gebrauchen und sich einen roten Strich zuziehn würde, aber wem, man es
täte, würde er das Sätzchen verstehn. Mehr Kopfzerbrechen würden anch einem
Primaner die Sätze verursachen, mit denen Cassirer das Sätzchen umschreibt.
"Sofern dem Denken objektivierende Kraft zugesprochen werden soll, ist es der
nivellierenden Gleichsetzung mit der Vorstellung zu entziehn. Es muß gegen¬
über einer Bezeichnung, die jedes beliebige psychologische Geschehn in gleicher
Weise umfaßt, zum prägnanten erkeuntniskritischcu Wertausdruck werden. So
lange diese Scheidung uicht erfolgt ist, ist die Möglichkeit eines Begriffs -- in
dem tiefern Sinne, in dem sie hier gesucht wird -- durch sein Denken nicht
hinreichend umgrenzt und bestimmt." Er hätte doch ein wenig an den Aus-
spruch des Cartesius denken sollen, den er ein paar Seiten dahinter anführt,
daß wissenschaftliche Definitionen nicht immer das geeignetste Mittel seien,
einem eine Sache klar zu machen; wenn man dem Schüler einen bewegten
Gegenstand zeige, so erkenne er daraus viel besser, was Bewegung ist, als
wenn man ihm sage: sse "eins sillis in xotsntig. prout in xotsntm.




Auf Befehl des Zaren
ZNNI ziveihnndertjährigen Befiehl! der Stadt Se. Petersburg
Eberhard Uräus Von

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Wt. Petersburg ist wohl die einzige Residenz neuern Ursprungs,
die ihre Entstehung dem bloßen Machtwort eines gewaltigen
Willensmenschen verdankt. Auf Befehl Peters des Großen
strömten im Mai 1703 etwa 40000 Arbeiter an der Mündung
der Newa zusammen, wo der Zar kurz zuvor die kleine Schweden-
feste Nyenschanz dem Erdboden gleichgemacht und mit den ans Schaluppen
gesetzten Mannschaften des Preobrashenskischen und des Ssemjonowscheu
Regiments zwei schwedische Wachtschifse mit zusammen 24 Kanonen in
erfolgreichem Überfall genommen hatte. Der Elefant war zum erstenmal ins
Wasser gegangen, und wenige Hiebe seiner furchtbaren Stvßzühue hatten genügt,
es mit dem Blut seiner bisherigen Beherrscher zu färben. Auf Befehl des Zaren
erbauten emsige Helotenscharen an der Stätte dieser seiner ersten Triumphe auf
'nächtigen Pfahlrosten, die sie in den Sumpfboden trieben, eine neue Haupt¬
stadt für das "Mütterchen Rußland." Der Tagelohn dieser in einer Art Nebel-
"ut Sturmhölle arbeitenden Leute betrug drei Kopeke" (etwa sechs Pfennige)
Nachdem sechs Jahre ins Land gegangen waren, wateten noch immer 40000
unermüdlich schaffende Menschen in dem schwanken Moorboden der "Peters¬
burger Seite" am Nordufer des Stromes und der Insel Wassili Ostrow umher.
Es waren aber nicht mehr dieselben, denn etwa hunderttausend waren inzwischen
>-'vu den Fieberdünsten und den übermenschlichen Mühsalen dahingerafft worden.


Auf Befühl des Zaren

Vorzulegen, weil er dann bei der nächsten Gelegenheit das Wort pMsibilis
gebrauchen und sich einen roten Strich zuziehn würde, aber wem, man es
täte, würde er das Sätzchen verstehn. Mehr Kopfzerbrechen würden anch einem
Primaner die Sätze verursachen, mit denen Cassirer das Sätzchen umschreibt.
„Sofern dem Denken objektivierende Kraft zugesprochen werden soll, ist es der
nivellierenden Gleichsetzung mit der Vorstellung zu entziehn. Es muß gegen¬
über einer Bezeichnung, die jedes beliebige psychologische Geschehn in gleicher
Weise umfaßt, zum prägnanten erkeuntniskritischcu Wertausdruck werden. So
lange diese Scheidung uicht erfolgt ist, ist die Möglichkeit eines Begriffs — in
dem tiefern Sinne, in dem sie hier gesucht wird — durch sein Denken nicht
hinreichend umgrenzt und bestimmt." Er hätte doch ein wenig an den Aus-
spruch des Cartesius denken sollen, den er ein paar Seiten dahinter anführt,
daß wissenschaftliche Definitionen nicht immer das geeignetste Mittel seien,
einem eine Sache klar zu machen; wenn man dem Schüler einen bewegten
Gegenstand zeige, so erkenne er daraus viel besser, was Bewegung ist, als
wenn man ihm sage: sse »eins sillis in xotsntig. prout in xotsntm.




Auf Befehl des Zaren
ZNNI ziveihnndertjährigen Befiehl! der Stadt Se. Petersburg
Eberhard Uräus Von

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Wt. Petersburg ist wohl die einzige Residenz neuern Ursprungs,
die ihre Entstehung dem bloßen Machtwort eines gewaltigen
Willensmenschen verdankt. Auf Befehl Peters des Großen
strömten im Mai 1703 etwa 40000 Arbeiter an der Mündung
der Newa zusammen, wo der Zar kurz zuvor die kleine Schweden-
feste Nyenschanz dem Erdboden gleichgemacht und mit den ans Schaluppen
gesetzten Mannschaften des Preobrashenskischen und des Ssemjonowscheu
Regiments zwei schwedische Wachtschifse mit zusammen 24 Kanonen in
erfolgreichem Überfall genommen hatte. Der Elefant war zum erstenmal ins
Wasser gegangen, und wenige Hiebe seiner furchtbaren Stvßzühue hatten genügt,
es mit dem Blut seiner bisherigen Beherrscher zu färben. Auf Befehl des Zaren
erbauten emsige Helotenscharen an der Stätte dieser seiner ersten Triumphe auf
'nächtigen Pfahlrosten, die sie in den Sumpfboden trieben, eine neue Haupt¬
stadt für das „Mütterchen Rußland." Der Tagelohn dieser in einer Art Nebel-
»ut Sturmhölle arbeitenden Leute betrug drei Kopeke» (etwa sechs Pfennige)
Nachdem sechs Jahre ins Land gegangen waren, wateten noch immer 40000
unermüdlich schaffende Menschen in dem schwanken Moorboden der „Peters¬
burger Seite" am Nordufer des Stromes und der Insel Wassili Ostrow umher.
Es waren aber nicht mehr dieselben, denn etwa hunderttausend waren inzwischen
>-'vu den Fieberdünsten und den übermenschlichen Mühsalen dahingerafft worden.


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[0095] Auf Befühl des Zaren Vorzulegen, weil er dann bei der nächsten Gelegenheit das Wort pMsibilis gebrauchen und sich einen roten Strich zuziehn würde, aber wem, man es täte, würde er das Sätzchen verstehn. Mehr Kopfzerbrechen würden anch einem Primaner die Sätze verursachen, mit denen Cassirer das Sätzchen umschreibt. „Sofern dem Denken objektivierende Kraft zugesprochen werden soll, ist es der nivellierenden Gleichsetzung mit der Vorstellung zu entziehn. Es muß gegen¬ über einer Bezeichnung, die jedes beliebige psychologische Geschehn in gleicher Weise umfaßt, zum prägnanten erkeuntniskritischcu Wertausdruck werden. So lange diese Scheidung uicht erfolgt ist, ist die Möglichkeit eines Begriffs — in dem tiefern Sinne, in dem sie hier gesucht wird — durch sein Denken nicht hinreichend umgrenzt und bestimmt." Er hätte doch ein wenig an den Aus- spruch des Cartesius denken sollen, den er ein paar Seiten dahinter anführt, daß wissenschaftliche Definitionen nicht immer das geeignetste Mittel seien, einem eine Sache klar zu machen; wenn man dem Schüler einen bewegten Gegenstand zeige, so erkenne er daraus viel besser, was Bewegung ist, als wenn man ihm sage: sse »eins sillis in xotsntig. prout in xotsntm. Auf Befehl des Zaren ZNNI ziveihnndertjährigen Befiehl! der Stadt Se. Petersburg Eberhard Uräus Von ß^8> Wt. Petersburg ist wohl die einzige Residenz neuern Ursprungs, die ihre Entstehung dem bloßen Machtwort eines gewaltigen Willensmenschen verdankt. Auf Befehl Peters des Großen strömten im Mai 1703 etwa 40000 Arbeiter an der Mündung der Newa zusammen, wo der Zar kurz zuvor die kleine Schweden- feste Nyenschanz dem Erdboden gleichgemacht und mit den ans Schaluppen gesetzten Mannschaften des Preobrashenskischen und des Ssemjonowscheu Regiments zwei schwedische Wachtschifse mit zusammen 24 Kanonen in erfolgreichem Überfall genommen hatte. Der Elefant war zum erstenmal ins Wasser gegangen, und wenige Hiebe seiner furchtbaren Stvßzühue hatten genügt, es mit dem Blut seiner bisherigen Beherrscher zu färben. Auf Befehl des Zaren erbauten emsige Helotenscharen an der Stätte dieser seiner ersten Triumphe auf 'nächtigen Pfahlrosten, die sie in den Sumpfboden trieben, eine neue Haupt¬ stadt für das „Mütterchen Rußland." Der Tagelohn dieser in einer Art Nebel- »ut Sturmhölle arbeitenden Leute betrug drei Kopeke» (etwa sechs Pfennige) Nachdem sechs Jahre ins Land gegangen waren, wateten noch immer 40000 unermüdlich schaffende Menschen in dem schwanken Moorboden der „Peters¬ burger Seite" am Nordufer des Stromes und der Insel Wassili Ostrow umher. Es waren aber nicht mehr dieselben, denn etwa hunderttausend waren inzwischen >-'vu den Fieberdünsten und den übermenschlichen Mühsalen dahingerafft worden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/95>, abgerufen am 23.11.2024.