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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Geographische und Aoloniallitteratur

Einen schönen Gruß von mir hier, einer Schülerin deines Sohnes mit
Namen Betel.

Beim Lesen dieses Briefes war mein erster Eindruck: Wie viele Briefe em¬
pfange ich von hochgebildeten Europäern, die viel weniger Sinn und Herz aus¬
sprechen als diese Zeilen eines heidnischen Negermädchens! Zum zweiten aber
empfand ich die Wohlthat der Einrichtung, die die Mission als Vertreterin idealer
Menschlichkeit mitten in der Barbarei der Wilden und neben dem barbarischen Wett¬
bewerb der Kulturmenschen um Geld und Gut auf afrikanischen Boden anpflanzt.


33 Jahre in Ostasien. Erinnerungen eines deutschen Diplomaten. Von M. von Brand.
Band HI (Schtußband). Großoktav. Geheftet 6,60 Mark, gebunden L Mark. Leipzig, Georg
Wigand, 1901

Dieser dritte Band behandelt die Zeit von 1875 bis 1893, die der Verfasser,
abgesehen von kurzen Urlauben, ganz in China zugebracht hat. Es ist die Zeit
seiner regsten und fruchtbarsten Thätigkeit, zugleich die Zeit des Erstarkens und
Selbstäudigwerdens Deutschlands im fernen Osten; in diesen Jahren sind die Keime
ausgesät worden, aus denen der Einfluß hervorgegangen ist, der sich seitdem in
der Erwerbung von Kiautschau und der deutsche" Gebiete in Tientsin, Schanghai
und Harlan, endlich in der Walderseeschen Führung der Expeditionstrnppen kräftig
erwiesen hat. Es kommen in diesem Bande Fragen zur Besprechung, die nicht
bloß hochpolitisch, sondern auch rein menschlich bedeutend sind. Ein Blick in das
Inhaltsverzeichnis zeigt n. a. Die christliche Mission in China -- Die Opiumfrage --
Russisch-Chinesische Beziehungen -- Französisch-Chinesische Beziehungen -- England
und China -- China, Korea und Japan. Das sind zum Teil Dinge, über die in den
Kreisen der Politiker ganz verschiedne Auffassungen herrschen, und es ist ein wahres
Verdienst, das Herr von Brandt sich dnrch ihre Besprechung erwirbt. Wir sind in
Deutschland an so manche akademische Behandlung derartiger Fragen gewöhnt, daß uns
die freie, weitschauende Auffassung des Diplomaten zuerst erstaunt, dann aber finden
wir soviel gesunden Menschenverstand in seinen Urteilen, daß wir sie anch da be¬
herzigen, wo wir nicht ganz mit dem Diplomaten einig sind. So ist es z. V.
gleich in der Opiumfrage. Brandt ist nicht geneigt, in dem Opinmgenuß die Gefahr
für das chinesische Volk zu sehen, wie viele Missionare und auch manche von seinen
Kollegen. Nun ist es aber Thatsache, daß er in China selbst immer so aufgefaßt
worden ist; der Opiumhandel der Britisch-Indischen Kompagnie mit China ist
immer in chinesischen Augen ungesetzlich gewesen, aber mit Hilfe bestochner Beamten
bis 1837, zeitweilig sogar mit Unterstützung der Vizekönige, halb-öffentlich betrieben
worden. Im Jahre 1837 nahm die chinesische Regierung eine energische Haltung
gegen die Opiumeinfuhr an, wie die Engländer behaupten, weil sie den Abfluß des
Silbers verhindern wollte; in dem sogenannten Opiumkrieg war dann die Wieder-
zulassung des Opiums eine stillschweigende Voraussetzung, und der Nangkinger
Frieden von 1842 bestimmte die Herausgabe des von den Chinesen konfiszierten
Opiums, was natürlich den Wiederanfang des Handels bedeutete. Die chinesische
Regierung wollte ihn dann mehr als einmal verbieten, erschwerte ihn, machte ihn aber
auch wieder zum Gegenstand einer ertragreichen Zollpolitik, war jedoch dabei offenbar
immer von seiner Verderblichkeit für China überzeugt, bis endlich 1890 aller
Widerstand angesichts der wachsenden Verbreitung des verbotenen Opiumbaues in
China selbst aufhörte, der nun freigegeben wurde. Die Chinesen haben aber doch
immer die Beseitigung des Opiums aus dem Zolltarif angestrebt, besonders stark
zuletzt 1869. In England selbst war, nachdem seit sechzig Jahren der Kampf gegen
den Opiumhandel Indiens nach China im Parlament und in der Presse vergeblich
geführt worden war, 1893 eine Königliche Opiumkommission ernannt worden, die
w: vergangnen April ihren Bericht erstattete; für Indien wird darin der im allge¬
meinen mäßige Genuß des Opiums als weitverbreitet zugegeben, es bestehe aber darum
kein Grund zum Verbot des Baues, der Herstellung und des Handels mit Opium;


Grenzboten IV 1902 20
Geographische und Aoloniallitteratur

Einen schönen Gruß von mir hier, einer Schülerin deines Sohnes mit
Namen Betel.

Beim Lesen dieses Briefes war mein erster Eindruck: Wie viele Briefe em¬
pfange ich von hochgebildeten Europäern, die viel weniger Sinn und Herz aus¬
sprechen als diese Zeilen eines heidnischen Negermädchens! Zum zweiten aber
empfand ich die Wohlthat der Einrichtung, die die Mission als Vertreterin idealer
Menschlichkeit mitten in der Barbarei der Wilden und neben dem barbarischen Wett¬
bewerb der Kulturmenschen um Geld und Gut auf afrikanischen Boden anpflanzt.


33 Jahre in Ostasien. Erinnerungen eines deutschen Diplomaten. Von M. von Brand.
Band HI (Schtußband). Großoktav. Geheftet 6,60 Mark, gebunden L Mark. Leipzig, Georg
Wigand, 1901

Dieser dritte Band behandelt die Zeit von 1875 bis 1893, die der Verfasser,
abgesehen von kurzen Urlauben, ganz in China zugebracht hat. Es ist die Zeit
seiner regsten und fruchtbarsten Thätigkeit, zugleich die Zeit des Erstarkens und
Selbstäudigwerdens Deutschlands im fernen Osten; in diesen Jahren sind die Keime
ausgesät worden, aus denen der Einfluß hervorgegangen ist, der sich seitdem in
der Erwerbung von Kiautschau und der deutsche« Gebiete in Tientsin, Schanghai
und Harlan, endlich in der Walderseeschen Führung der Expeditionstrnppen kräftig
erwiesen hat. Es kommen in diesem Bande Fragen zur Besprechung, die nicht
bloß hochpolitisch, sondern auch rein menschlich bedeutend sind. Ein Blick in das
Inhaltsverzeichnis zeigt n. a. Die christliche Mission in China — Die Opiumfrage —
Russisch-Chinesische Beziehungen — Französisch-Chinesische Beziehungen — England
und China — China, Korea und Japan. Das sind zum Teil Dinge, über die in den
Kreisen der Politiker ganz verschiedne Auffassungen herrschen, und es ist ein wahres
Verdienst, das Herr von Brandt sich dnrch ihre Besprechung erwirbt. Wir sind in
Deutschland an so manche akademische Behandlung derartiger Fragen gewöhnt, daß uns
die freie, weitschauende Auffassung des Diplomaten zuerst erstaunt, dann aber finden
wir soviel gesunden Menschenverstand in seinen Urteilen, daß wir sie anch da be¬
herzigen, wo wir nicht ganz mit dem Diplomaten einig sind. So ist es z. V.
gleich in der Opiumfrage. Brandt ist nicht geneigt, in dem Opinmgenuß die Gefahr
für das chinesische Volk zu sehen, wie viele Missionare und auch manche von seinen
Kollegen. Nun ist es aber Thatsache, daß er in China selbst immer so aufgefaßt
worden ist; der Opiumhandel der Britisch-Indischen Kompagnie mit China ist
immer in chinesischen Augen ungesetzlich gewesen, aber mit Hilfe bestochner Beamten
bis 1837, zeitweilig sogar mit Unterstützung der Vizekönige, halb-öffentlich betrieben
worden. Im Jahre 1837 nahm die chinesische Regierung eine energische Haltung
gegen die Opiumeinfuhr an, wie die Engländer behaupten, weil sie den Abfluß des
Silbers verhindern wollte; in dem sogenannten Opiumkrieg war dann die Wieder-
zulassung des Opiums eine stillschweigende Voraussetzung, und der Nangkinger
Frieden von 1842 bestimmte die Herausgabe des von den Chinesen konfiszierten
Opiums, was natürlich den Wiederanfang des Handels bedeutete. Die chinesische
Regierung wollte ihn dann mehr als einmal verbieten, erschwerte ihn, machte ihn aber
auch wieder zum Gegenstand einer ertragreichen Zollpolitik, war jedoch dabei offenbar
immer von seiner Verderblichkeit für China überzeugt, bis endlich 1890 aller
Widerstand angesichts der wachsenden Verbreitung des verbotenen Opiumbaues in
China selbst aufhörte, der nun freigegeben wurde. Die Chinesen haben aber doch
immer die Beseitigung des Opiums aus dem Zolltarif angestrebt, besonders stark
zuletzt 1869. In England selbst war, nachdem seit sechzig Jahren der Kampf gegen
den Opiumhandel Indiens nach China im Parlament und in der Presse vergeblich
geführt worden war, 1893 eine Königliche Opiumkommission ernannt worden, die
w: vergangnen April ihren Bericht erstattete; für Indien wird darin der im allge¬
meinen mäßige Genuß des Opiums als weitverbreitet zugegeben, es bestehe aber darum
kein Grund zum Verbot des Baues, der Herstellung und des Handels mit Opium;


Grenzboten IV 1902 20
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[0163] Geographische und Aoloniallitteratur Einen schönen Gruß von mir hier, einer Schülerin deines Sohnes mit Namen Betel. Beim Lesen dieses Briefes war mein erster Eindruck: Wie viele Briefe em¬ pfange ich von hochgebildeten Europäern, die viel weniger Sinn und Herz aus¬ sprechen als diese Zeilen eines heidnischen Negermädchens! Zum zweiten aber empfand ich die Wohlthat der Einrichtung, die die Mission als Vertreterin idealer Menschlichkeit mitten in der Barbarei der Wilden und neben dem barbarischen Wett¬ bewerb der Kulturmenschen um Geld und Gut auf afrikanischen Boden anpflanzt. 33 Jahre in Ostasien. Erinnerungen eines deutschen Diplomaten. Von M. von Brand. Band HI (Schtußband). Großoktav. Geheftet 6,60 Mark, gebunden L Mark. Leipzig, Georg Wigand, 1901 Dieser dritte Band behandelt die Zeit von 1875 bis 1893, die der Verfasser, abgesehen von kurzen Urlauben, ganz in China zugebracht hat. Es ist die Zeit seiner regsten und fruchtbarsten Thätigkeit, zugleich die Zeit des Erstarkens und Selbstäudigwerdens Deutschlands im fernen Osten; in diesen Jahren sind die Keime ausgesät worden, aus denen der Einfluß hervorgegangen ist, der sich seitdem in der Erwerbung von Kiautschau und der deutsche« Gebiete in Tientsin, Schanghai und Harlan, endlich in der Walderseeschen Führung der Expeditionstrnppen kräftig erwiesen hat. Es kommen in diesem Bande Fragen zur Besprechung, die nicht bloß hochpolitisch, sondern auch rein menschlich bedeutend sind. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt n. a. Die christliche Mission in China — Die Opiumfrage — Russisch-Chinesische Beziehungen — Französisch-Chinesische Beziehungen — England und China — China, Korea und Japan. Das sind zum Teil Dinge, über die in den Kreisen der Politiker ganz verschiedne Auffassungen herrschen, und es ist ein wahres Verdienst, das Herr von Brandt sich dnrch ihre Besprechung erwirbt. Wir sind in Deutschland an so manche akademische Behandlung derartiger Fragen gewöhnt, daß uns die freie, weitschauende Auffassung des Diplomaten zuerst erstaunt, dann aber finden wir soviel gesunden Menschenverstand in seinen Urteilen, daß wir sie anch da be¬ herzigen, wo wir nicht ganz mit dem Diplomaten einig sind. So ist es z. V. gleich in der Opiumfrage. Brandt ist nicht geneigt, in dem Opinmgenuß die Gefahr für das chinesische Volk zu sehen, wie viele Missionare und auch manche von seinen Kollegen. Nun ist es aber Thatsache, daß er in China selbst immer so aufgefaßt worden ist; der Opiumhandel der Britisch-Indischen Kompagnie mit China ist immer in chinesischen Augen ungesetzlich gewesen, aber mit Hilfe bestochner Beamten bis 1837, zeitweilig sogar mit Unterstützung der Vizekönige, halb-öffentlich betrieben worden. Im Jahre 1837 nahm die chinesische Regierung eine energische Haltung gegen die Opiumeinfuhr an, wie die Engländer behaupten, weil sie den Abfluß des Silbers verhindern wollte; in dem sogenannten Opiumkrieg war dann die Wieder- zulassung des Opiums eine stillschweigende Voraussetzung, und der Nangkinger Frieden von 1842 bestimmte die Herausgabe des von den Chinesen konfiszierten Opiums, was natürlich den Wiederanfang des Handels bedeutete. Die chinesische Regierung wollte ihn dann mehr als einmal verbieten, erschwerte ihn, machte ihn aber auch wieder zum Gegenstand einer ertragreichen Zollpolitik, war jedoch dabei offenbar immer von seiner Verderblichkeit für China überzeugt, bis endlich 1890 aller Widerstand angesichts der wachsenden Verbreitung des verbotenen Opiumbaues in China selbst aufhörte, der nun freigegeben wurde. Die Chinesen haben aber doch immer die Beseitigung des Opiums aus dem Zolltarif angestrebt, besonders stark zuletzt 1869. In England selbst war, nachdem seit sechzig Jahren der Kampf gegen den Opiumhandel Indiens nach China im Parlament und in der Presse vergeblich geführt worden war, 1893 eine Königliche Opiumkommission ernannt worden, die w: vergangnen April ihren Bericht erstattete; für Indien wird darin der im allge¬ meinen mäßige Genuß des Opiums als weitverbreitet zugegeben, es bestehe aber darum kein Grund zum Verbot des Baues, der Herstellung und des Handels mit Opium; Grenzboten IV 1902 20

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/163>, abgerufen am 01.09.2024.