eit fruchtbar und mehret euch, und wenn euch die Feinde in diesem euerm natürlichen Recht hindern wollen, so trefft sie mit der Schärfe des Schwerts und laßt euch durch nichts andres irre machen. Ob eine Idee, oder der Befehl Jchovcchs -- nur mit der aufopferungsfähigen Bethätigung der in den Worten liegenden Wahrheit giebt ein Volk der Unabhängigkeit seines Daseins die aus¬ reichende Gewähr. Den Juden gehörte das Land nicht, in das sie einbrachen, um Platz für ihr Leben zu gewinnen, aber es war ihnen verheißen worden, und so traf das scharfe Schwert, das ihnen ihr Gottesglaube in die Hand drückte, mit solcher Wucht, daß nicht bloß Raum wurde für eine erste Be¬ siedlung, fondern auch für die spätere völlige Besetzung des Landes. Um¬ gekehrt hatten die Geusen den besten Besitztitel auf das Land ihrer Väter, aber trotz dieses Rechts hätten sie ewig draußen bleiben müssen, wenn nicht ein begeisterter Glaube die Kraft ihres Arms gestählt und ihnen den Sieg über ihre Bedränger verliehen hätte.
Herrschaft wird mit den Mitteln erhalten, durch die sie gewonnen wurde. Diese Wahrheit tönt in den verschiedensten Variationen von aller Menschen Lippen, aber nur wenigen kommt sie aus dem Herzen. Ein tönendes Erz und eine klingende Schelle, weil den Worten die Liebe fehlt, die allein die Kraft der Fortpflanzung hat. In der Glut der Liebe vergeht die Selbstsucht und vereinigt sich mit dein, was im andern ist, zu einer höhern Einheit. Zu der Einheit, die das Ganze will und deshalb unüberwindlich ist. Nicht ein schwäch¬ liches Mitleiden mit dem andern, sondern die höchste, die feinste Form des Egoismus, der das Fortbestehn der Menschheit gewährleistet.
Auch den Bestand der Staaten sichert er auf die Dauer allein. Die Meergeusen fuhren auf den Kämmen der Wogen daher, mit denen ihre Schiffe verwachsen schienen, wie die Leiber der Centauren mit denen ihrer Rosse. Der Geist, der über den Wassern liegt, das freie Meer und die Freiheit der Seelen. Dem Brüllen der Wogen glich ihr Befreiungsgesang, der Glauben und Liebe ins Land trug, das ihm mit heißer Brunst entgegenkam. Briel und Leyden. Hat jemals eine Siegesbotschaft die Gemüter höher aufwallen machen, als die
Grenzboten II 1902 44
Die Lehren der Geschichte Hollands und Englands
eit fruchtbar und mehret euch, und wenn euch die Feinde in diesem euerm natürlichen Recht hindern wollen, so trefft sie mit der Schärfe des Schwerts und laßt euch durch nichts andres irre machen. Ob eine Idee, oder der Befehl Jchovcchs — nur mit der aufopferungsfähigen Bethätigung der in den Worten liegenden Wahrheit giebt ein Volk der Unabhängigkeit seines Daseins die aus¬ reichende Gewähr. Den Juden gehörte das Land nicht, in das sie einbrachen, um Platz für ihr Leben zu gewinnen, aber es war ihnen verheißen worden, und so traf das scharfe Schwert, das ihnen ihr Gottesglaube in die Hand drückte, mit solcher Wucht, daß nicht bloß Raum wurde für eine erste Be¬ siedlung, fondern auch für die spätere völlige Besetzung des Landes. Um¬ gekehrt hatten die Geusen den besten Besitztitel auf das Land ihrer Väter, aber trotz dieses Rechts hätten sie ewig draußen bleiben müssen, wenn nicht ein begeisterter Glaube die Kraft ihres Arms gestählt und ihnen den Sieg über ihre Bedränger verliehen hätte.
Herrschaft wird mit den Mitteln erhalten, durch die sie gewonnen wurde. Diese Wahrheit tönt in den verschiedensten Variationen von aller Menschen Lippen, aber nur wenigen kommt sie aus dem Herzen. Ein tönendes Erz und eine klingende Schelle, weil den Worten die Liebe fehlt, die allein die Kraft der Fortpflanzung hat. In der Glut der Liebe vergeht die Selbstsucht und vereinigt sich mit dein, was im andern ist, zu einer höhern Einheit. Zu der Einheit, die das Ganze will und deshalb unüberwindlich ist. Nicht ein schwäch¬ liches Mitleiden mit dem andern, sondern die höchste, die feinste Form des Egoismus, der das Fortbestehn der Menschheit gewährleistet.
Auch den Bestand der Staaten sichert er auf die Dauer allein. Die Meergeusen fuhren auf den Kämmen der Wogen daher, mit denen ihre Schiffe verwachsen schienen, wie die Leiber der Centauren mit denen ihrer Rosse. Der Geist, der über den Wassern liegt, das freie Meer und die Freiheit der Seelen. Dem Brüllen der Wogen glich ihr Befreiungsgesang, der Glauben und Liebe ins Land trug, das ihm mit heißer Brunst entgegenkam. Briel und Leyden. Hat jemals eine Siegesbotschaft die Gemüter höher aufwallen machen, als die
Grenzboten II 1902 44
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Die Lehren der Geschichte Hollands und Englands
eit fruchtbar und mehret euch, und wenn euch die Feinde in
diesem euerm natürlichen Recht hindern wollen, so trefft sie mit
der Schärfe des Schwerts und laßt euch durch nichts andres
irre machen. Ob eine Idee, oder der Befehl Jchovcchs — nur
mit der aufopferungsfähigen Bethätigung der in den Worten
liegenden Wahrheit giebt ein Volk der Unabhängigkeit seines Daseins die aus¬
reichende Gewähr. Den Juden gehörte das Land nicht, in das sie einbrachen,
um Platz für ihr Leben zu gewinnen, aber es war ihnen verheißen worden,
und so traf das scharfe Schwert, das ihnen ihr Gottesglaube in die Hand
drückte, mit solcher Wucht, daß nicht bloß Raum wurde für eine erste Be¬
siedlung, fondern auch für die spätere völlige Besetzung des Landes. Um¬
gekehrt hatten die Geusen den besten Besitztitel auf das Land ihrer Väter,
aber trotz dieses Rechts hätten sie ewig draußen bleiben müssen, wenn nicht
ein begeisterter Glaube die Kraft ihres Arms gestählt und ihnen den Sieg
über ihre Bedränger verliehen hätte.
Herrschaft wird mit den Mitteln erhalten, durch die sie gewonnen wurde.
Diese Wahrheit tönt in den verschiedensten Variationen von aller Menschen
Lippen, aber nur wenigen kommt sie aus dem Herzen. Ein tönendes Erz und
eine klingende Schelle, weil den Worten die Liebe fehlt, die allein die Kraft
der Fortpflanzung hat. In der Glut der Liebe vergeht die Selbstsucht und
vereinigt sich mit dein, was im andern ist, zu einer höhern Einheit. Zu der
Einheit, die das Ganze will und deshalb unüberwindlich ist. Nicht ein schwäch¬
liches Mitleiden mit dem andern, sondern die höchste, die feinste Form des
Egoismus, der das Fortbestehn der Menschheit gewährleistet.
Auch den Bestand der Staaten sichert er auf die Dauer allein. Die
Meergeusen fuhren auf den Kämmen der Wogen daher, mit denen ihre Schiffe
verwachsen schienen, wie die Leiber der Centauren mit denen ihrer Rosse. Der
Geist, der über den Wassern liegt, das freie Meer und die Freiheit der Seelen.
Dem Brüllen der Wogen glich ihr Befreiungsgesang, der Glauben und Liebe
ins Land trug, das ihm mit heißer Brunst entgegenkam. Briel und Leyden.
Hat jemals eine Siegesbotschaft die Gemüter höher aufwallen machen, als die
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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/353>, abgerufen am 24.01.2025.
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