Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.Mein Tuskulanum von Heinrich Vruse lloo srÄt in podis. divus hast du erreicht, wenn du im entlegensten Winkel Ja, Juvenal hat Recht, drum hab ich ein Gärtchen erworben stattlich beinahe zu schaun, das auf hohen und luftigen Kellern, Raum ist drunten genug im obstaufschüttenden Herbste Gegen den Süden gewandt ist das Haus, und Reben und Pfirsich Zwar mir fehlt ein murmelnder Quell, doch fehlt nicht ein Brunnen, Auch ein Wäldchen ist da, sogar ein herrlicher Hochwald, Sich Tuskulanum zu nennen, gedräuet sich kaum mein Besitztum, Ringsum blaue das Tyrrhenische Meer und blitzt in der Souue, Manch ein Fittich von blendendem Weiß taucht auf in deu Lüften, Endlos schweifet der Blick an den schön geschwungenen Küsten, Sagten die Römer, und schauten hinab auf die Länder von oben; Wendest du aber zur Seite den Blick, so siehst du den Tiber, schauest aus Aldas Höhn und hin aufs Sabinergebirge, Noch ein schöneres Blau, der gepriesne italische Himmel, Ja, was pergliche sich dem? Doch warum stets durch Vergleiche Reizend ist auch die Kette der Hügel im bläulichen Dufte Und am Dome von Minden vorüber in eiligem Laufe Das Idyll, das die folgenden Seiten bringen, ist uns aus dem Nachlaß des am 12. Januar dieses Jahres verstorbnen Dichters und ehemaligen Chefs der Kölnischen Zeitung zur Verfügung gestellt worden. Wir hoffen seinen Freunden und Verehrern eine Freude damit zu machen, daß mir es hier mitteilen. *) Der Harrt ist ein sich zwischen Bückeburg und dem Bade Eilfer hinziehender, in"
herrlichem Buchenwalde bedeckter Ausläufer der Weserberge. Mein Tuskulanum von Heinrich Vruse lloo srÄt in podis. divus hast du erreicht, wenn du im entlegensten Winkel Ja, Juvenal hat Recht, drum hab ich ein Gärtchen erworben stattlich beinahe zu schaun, das auf hohen und luftigen Kellern, Raum ist drunten genug im obstaufschüttenden Herbste Gegen den Süden gewandt ist das Haus, und Reben und Pfirsich Zwar mir fehlt ein murmelnder Quell, doch fehlt nicht ein Brunnen, Auch ein Wäldchen ist da, sogar ein herrlicher Hochwald, Sich Tuskulanum zu nennen, gedräuet sich kaum mein Besitztum, Ringsum blaue das Tyrrhenische Meer und blitzt in der Souue, Manch ein Fittich von blendendem Weiß taucht auf in deu Lüften, Endlos schweifet der Blick an den schön geschwungenen Küsten, Sagten die Römer, und schauten hinab auf die Länder von oben; Wendest du aber zur Seite den Blick, so siehst du den Tiber, schauest aus Aldas Höhn und hin aufs Sabinergebirge, Noch ein schöneres Blau, der gepriesne italische Himmel, Ja, was pergliche sich dem? Doch warum stets durch Vergleiche Reizend ist auch die Kette der Hügel im bläulichen Dufte Und am Dome von Minden vorüber in eiligem Laufe Das Idyll, das die folgenden Seiten bringen, ist uns aus dem Nachlaß des am 12. Januar dieses Jahres verstorbnen Dichters und ehemaligen Chefs der Kölnischen Zeitung zur Verfügung gestellt worden. Wir hoffen seinen Freunden und Verehrern eine Freude damit zu machen, daß mir es hier mitteilen. *) Der Harrt ist ein sich zwischen Bückeburg und dem Bade Eilfer hinziehender, in«
herrlichem Buchenwalde bedeckter Ausläufer der Weserberge. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0506" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237030"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341875_236523/figures/grenzboten_341875_236523_237030_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Mein Tuskulanum<lb/><note type="byline"> von Heinrich Vruse</note></head><lb/> <quote type="epigraph"> lloo srÄt in podis.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1984"> divus hast du erreicht, wenn du im entlegensten Winkel<lb/> Dich zum Besitzer und Herrn einer Lacerte gemacht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1985"> Ja, Juvenal hat Recht, drum hab ich ein Gärtchen erworben<lb/> Und ein Häuschen darin, besser ein Haus Wohl genannt,</p><lb/> <p xml:id="ID_1986"> stattlich beinahe zu schaun, das auf hohen und luftigen Kellern,<lb/> Alle gefällig gewölbt, fest ist und trocken erbaut.</p><lb/> <p xml:id="ID_1987"> Raum ist drunten genug im obstaufschüttenden Herbste<lb/> Für Vorräte und Wein, sauber vom Fasse gezapft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1988"> Gegen den Süden gewandt ist das Haus, und Reben und Pfirsich<lb/> Ranken zum oberen Stock schon mit den Zweigen hinauf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1989"> Zwar mir fehlt ein murmelnder Quell, doch fehlt nicht ein Brunnen,<lb/> Klares und köstliches Naß immer zu spenden bereit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1990"> Auch ein Wäldchen ist da, sogar ein herrlicher Hochwald,<lb/> Wenige Schritte, so gehn wir in dem Schatten des Harris.'^)</p><lb/> <p xml:id="ID_1991"> Sich Tuskulanum zu nennen, gedräuet sich kaum mein Besitztum,<lb/> Denn wer pergliche sich euch, Tuskulums reizenden Hohn?</p><lb/> <p xml:id="ID_1992"> Ringsum blaue das Tyrrhenische Meer und blitzt in der Souue,<lb/> Und wie ein silbernes Band schlingt sich die Brandung herum.</p><lb/> <p xml:id="ID_1993"> Manch ein Fittich von blendendem Weiß taucht auf in deu Lüften,<lb/> Manch ein Segel belebt schimmernd die Fläche des Meers.</p><lb/> <p xml:id="ID_1994"> Endlos schweifet der Blick an den schön geschwungenen Küsten,<lb/> Denn sie liebten den Ort, welcher die Gegend beherrscht,</p><lb/> <p xml:id="ID_1995"> Sagten die Römer, und schauten hinab auf die Länder von oben;<lb/> Rvmas Herrschergeist zeigte sich selbst im Geschmack.</p><lb/> <p xml:id="ID_1996"> Wendest du aber zur Seite den Blick, so siehst du den Tiber,<lb/> siehest die Zierde der Welt leuchten, die ewige Stadt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1997"> schauest aus Aldas Höhn und hin aufs Sabinergebirge,<lb/> Und wo das Meer und die Luft fließen zusammen, da strahlt</p><lb/> <p xml:id="ID_1998"> Noch ein schöneres Blau, der gepriesne italische Himmel,<lb/> Welcher mit heiterem Glanz lachend die Erde verklärt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1999"> Ja, was pergliche sich dem? Doch warum stets durch Vergleiche<lb/> Stören den reinen Genuß des, was die Stunde uns gönnt? —</p><lb/> <p xml:id="ID_2000"> Reizend ist auch die Kette der Hügel im bläulichen Dufte<lb/> Bis zur Pforte, woraus strömet die Weser hervor</p><lb/> <p xml:id="ID_2001"> Und am Dome von Minden vorüber in eiligem Laufe<lb/> Rauscht in die Ebne hinab, die bis zum Meere sich dehnt.</p><lb/> <note xml:id="FID_33" place="foot"> Das Idyll, das die folgenden Seiten bringen, ist uns aus dem Nachlaß des am 12. Januar<lb/> dieses Jahres verstorbnen Dichters und ehemaligen Chefs der Kölnischen Zeitung zur Verfügung<lb/> gestellt worden. Wir hoffen seinen Freunden und Verehrern eine Freude damit zu machen,<lb/> daß mir es hier mitteilen.</note><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> *) Der Harrt ist ein sich zwischen Bückeburg und dem Bade Eilfer hinziehender, in«<lb/> herrlichem Buchenwalde bedeckter Ausläufer der Weserberge.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0506]
[Abbildung]
Mein Tuskulanum
von Heinrich Vruse
lloo srÄt in podis.
divus hast du erreicht, wenn du im entlegensten Winkel
Dich zum Besitzer und Herrn einer Lacerte gemacht.
Ja, Juvenal hat Recht, drum hab ich ein Gärtchen erworben
Und ein Häuschen darin, besser ein Haus Wohl genannt,
stattlich beinahe zu schaun, das auf hohen und luftigen Kellern,
Alle gefällig gewölbt, fest ist und trocken erbaut.
Raum ist drunten genug im obstaufschüttenden Herbste
Für Vorräte und Wein, sauber vom Fasse gezapft.
Gegen den Süden gewandt ist das Haus, und Reben und Pfirsich
Ranken zum oberen Stock schon mit den Zweigen hinauf.
Zwar mir fehlt ein murmelnder Quell, doch fehlt nicht ein Brunnen,
Klares und köstliches Naß immer zu spenden bereit.
Auch ein Wäldchen ist da, sogar ein herrlicher Hochwald,
Wenige Schritte, so gehn wir in dem Schatten des Harris.'^)
Sich Tuskulanum zu nennen, gedräuet sich kaum mein Besitztum,
Denn wer pergliche sich euch, Tuskulums reizenden Hohn?
Ringsum blaue das Tyrrhenische Meer und blitzt in der Souue,
Und wie ein silbernes Band schlingt sich die Brandung herum.
Manch ein Fittich von blendendem Weiß taucht auf in deu Lüften,
Manch ein Segel belebt schimmernd die Fläche des Meers.
Endlos schweifet der Blick an den schön geschwungenen Küsten,
Denn sie liebten den Ort, welcher die Gegend beherrscht,
Sagten die Römer, und schauten hinab auf die Länder von oben;
Rvmas Herrschergeist zeigte sich selbst im Geschmack.
Wendest du aber zur Seite den Blick, so siehst du den Tiber,
siehest die Zierde der Welt leuchten, die ewige Stadt.
schauest aus Aldas Höhn und hin aufs Sabinergebirge,
Und wo das Meer und die Luft fließen zusammen, da strahlt
Noch ein schöneres Blau, der gepriesne italische Himmel,
Welcher mit heiterem Glanz lachend die Erde verklärt.
Ja, was pergliche sich dem? Doch warum stets durch Vergleiche
Stören den reinen Genuß des, was die Stunde uns gönnt? —
Reizend ist auch die Kette der Hügel im bläulichen Dufte
Bis zur Pforte, woraus strömet die Weser hervor
Und am Dome von Minden vorüber in eiligem Laufe
Rauscht in die Ebne hinab, die bis zum Meere sich dehnt.
Das Idyll, das die folgenden Seiten bringen, ist uns aus dem Nachlaß des am 12. Januar
dieses Jahres verstorbnen Dichters und ehemaligen Chefs der Kölnischen Zeitung zur Verfügung
gestellt worden. Wir hoffen seinen Freunden und Verehrern eine Freude damit zu machen,
daß mir es hier mitteilen.
*) Der Harrt ist ein sich zwischen Bückeburg und dem Bade Eilfer hinziehender, in«
herrlichem Buchenwalde bedeckter Ausläufer der Weserberge.
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