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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Lin Stück Znknnftsswat in Frankreich

durch eher als durch das Gegenteil mancher gute Soldat dem Heeresdienst
erhalten. Toleranz ist eigentlich von alters her unter preußischen Fahnen geübt
worden. Es war der große Preußenkönig selbst, der folgende Grundsätze aufge¬
stellt hat: "Es muß allermaßen cvitieret werden, Leuten, die einer Sekte zuge¬
than, in den Kopf zu bringen, als ob man solche so viel achtete, als ob man
sie deshalb verfolgte und sie durch Gewalt von ihren Irrtümern zurückbringen
wollte, da die Erfahrung durch alle Zeiten gelehrt hat, daß, wenn Leute, so
in die radikalsten Irrtümer verfallen, durch Bedruck und Verfolgung zurück¬
gebracht werden sollen, selbe sich umsomehr darin opiniatrieret haben, in völligen
Fanatismus verfalle" sind, dadurch aber auf die Phantasie geraten, als ob
doch etwas Sonderliches unter dergleichen Sekten stecken müsse, weil man solche
nicht anders als durch Gewalt reprimieren müsse. Wohcrgegeu aber, wenn
man dergleichen Leute und ihre Sekten meprisieret und gethan hat, als ob sie
nicht einmal einiger Attention wert und Leute waren, die eher Mitleiden als
Haß verdienten, dabei aber nur darauf gesehen hat, daß die Häupter der Sekte
das Land meiden, die andern aber sich als Bürger und Unterthanen aufführen
müssen, solche sich endlich ihrer Thorheit geschämt haben und entweder selbst
zurückgekommen sind, oder doch andern keine Impression gemacht, und keinen
weitern Zuwachs noch Anhang gefunden, mithin endlich unvermerkt aufgehöret
haben."

Es müßte interessant sein, die Erfahrungen, die mit den verschiednen
Sektierern im Heere schon gemacht worden sind, kennen zu lernen. Aus ihnen
könnten gewiß allgemeine Grundsätze, die bei ihrer Behandlung zu befolge"
wären, gewonnen werden, zum Segen für das Heer und uicht zum wenigsten
auch für so manche in ihrem Gewissen geängstigte und um ihr Heil besorgte
M B. Wohlfahrt enschenseele.




Gin Stück Zukunftsstaat in Frankreich
Hugo Böttger von

wischen der phantastischen Phalanstcrie des Fourier und dem
nüchtern-praktischen Zukunftsstaate des Bellary liegt Gobius
Fmnilisterium in Guise (Frankreich), eine Kombination der Er¬
zeugung von Kochherden, Öfen, Küchengeräten und Menschen,
alles im Großbetriebe. Wohl bei keinem industriellen Wohlfahrts¬
unternehmen sehen nur eine solche Vielseitigkeit der patriarchalischen Fürsorge,
eine solche bis in das kleinste Detail die Entschließungen des Einzelnen über¬
flüssig machende Regelung der Wirtschaft, wie in der von I. B. A. Godin
begründeten Familisteregesellschaft von Guise, Collin und Cie. Gewinnbeteili¬
gung, Vergesellschaftung des Unternehmens, gemeinsame Wohnung, eigne Volks-


Lin Stück Znknnftsswat in Frankreich

durch eher als durch das Gegenteil mancher gute Soldat dem Heeresdienst
erhalten. Toleranz ist eigentlich von alters her unter preußischen Fahnen geübt
worden. Es war der große Preußenkönig selbst, der folgende Grundsätze aufge¬
stellt hat: „Es muß allermaßen cvitieret werden, Leuten, die einer Sekte zuge¬
than, in den Kopf zu bringen, als ob man solche so viel achtete, als ob man
sie deshalb verfolgte und sie durch Gewalt von ihren Irrtümern zurückbringen
wollte, da die Erfahrung durch alle Zeiten gelehrt hat, daß, wenn Leute, so
in die radikalsten Irrtümer verfallen, durch Bedruck und Verfolgung zurück¬
gebracht werden sollen, selbe sich umsomehr darin opiniatrieret haben, in völligen
Fanatismus verfalle» sind, dadurch aber auf die Phantasie geraten, als ob
doch etwas Sonderliches unter dergleichen Sekten stecken müsse, weil man solche
nicht anders als durch Gewalt reprimieren müsse. Wohcrgegeu aber, wenn
man dergleichen Leute und ihre Sekten meprisieret und gethan hat, als ob sie
nicht einmal einiger Attention wert und Leute waren, die eher Mitleiden als
Haß verdienten, dabei aber nur darauf gesehen hat, daß die Häupter der Sekte
das Land meiden, die andern aber sich als Bürger und Unterthanen aufführen
müssen, solche sich endlich ihrer Thorheit geschämt haben und entweder selbst
zurückgekommen sind, oder doch andern keine Impression gemacht, und keinen
weitern Zuwachs noch Anhang gefunden, mithin endlich unvermerkt aufgehöret
haben."

Es müßte interessant sein, die Erfahrungen, die mit den verschiednen
Sektierern im Heere schon gemacht worden sind, kennen zu lernen. Aus ihnen
könnten gewiß allgemeine Grundsätze, die bei ihrer Behandlung zu befolge»
wären, gewonnen werden, zum Segen für das Heer und uicht zum wenigsten
auch für so manche in ihrem Gewissen geängstigte und um ihr Heil besorgte
M B. Wohlfahrt enschenseele.




Gin Stück Zukunftsstaat in Frankreich
Hugo Böttger von

wischen der phantastischen Phalanstcrie des Fourier und dem
nüchtern-praktischen Zukunftsstaate des Bellary liegt Gobius
Fmnilisterium in Guise (Frankreich), eine Kombination der Er¬
zeugung von Kochherden, Öfen, Küchengeräten und Menschen,
alles im Großbetriebe. Wohl bei keinem industriellen Wohlfahrts¬
unternehmen sehen nur eine solche Vielseitigkeit der patriarchalischen Fürsorge,
eine solche bis in das kleinste Detail die Entschließungen des Einzelnen über¬
flüssig machende Regelung der Wirtschaft, wie in der von I. B. A. Godin
begründeten Familisteregesellschaft von Guise, Collin und Cie. Gewinnbeteili¬
gung, Vergesellschaftung des Unternehmens, gemeinsame Wohnung, eigne Volks-


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[0435] Lin Stück Znknnftsswat in Frankreich durch eher als durch das Gegenteil mancher gute Soldat dem Heeresdienst erhalten. Toleranz ist eigentlich von alters her unter preußischen Fahnen geübt worden. Es war der große Preußenkönig selbst, der folgende Grundsätze aufge¬ stellt hat: „Es muß allermaßen cvitieret werden, Leuten, die einer Sekte zuge¬ than, in den Kopf zu bringen, als ob man solche so viel achtete, als ob man sie deshalb verfolgte und sie durch Gewalt von ihren Irrtümern zurückbringen wollte, da die Erfahrung durch alle Zeiten gelehrt hat, daß, wenn Leute, so in die radikalsten Irrtümer verfallen, durch Bedruck und Verfolgung zurück¬ gebracht werden sollen, selbe sich umsomehr darin opiniatrieret haben, in völligen Fanatismus verfalle» sind, dadurch aber auf die Phantasie geraten, als ob doch etwas Sonderliches unter dergleichen Sekten stecken müsse, weil man solche nicht anders als durch Gewalt reprimieren müsse. Wohcrgegeu aber, wenn man dergleichen Leute und ihre Sekten meprisieret und gethan hat, als ob sie nicht einmal einiger Attention wert und Leute waren, die eher Mitleiden als Haß verdienten, dabei aber nur darauf gesehen hat, daß die Häupter der Sekte das Land meiden, die andern aber sich als Bürger und Unterthanen aufführen müssen, solche sich endlich ihrer Thorheit geschämt haben und entweder selbst zurückgekommen sind, oder doch andern keine Impression gemacht, und keinen weitern Zuwachs noch Anhang gefunden, mithin endlich unvermerkt aufgehöret haben." Es müßte interessant sein, die Erfahrungen, die mit den verschiednen Sektierern im Heere schon gemacht worden sind, kennen zu lernen. Aus ihnen könnten gewiß allgemeine Grundsätze, die bei ihrer Behandlung zu befolge» wären, gewonnen werden, zum Segen für das Heer und uicht zum wenigsten auch für so manche in ihrem Gewissen geängstigte und um ihr Heil besorgte M B. Wohlfahrt enschenseele. Gin Stück Zukunftsstaat in Frankreich Hugo Böttger von wischen der phantastischen Phalanstcrie des Fourier und dem nüchtern-praktischen Zukunftsstaate des Bellary liegt Gobius Fmnilisterium in Guise (Frankreich), eine Kombination der Er¬ zeugung von Kochherden, Öfen, Küchengeräten und Menschen, alles im Großbetriebe. Wohl bei keinem industriellen Wohlfahrts¬ unternehmen sehen nur eine solche Vielseitigkeit der patriarchalischen Fürsorge, eine solche bis in das kleinste Detail die Entschließungen des Einzelnen über¬ flüssig machende Regelung der Wirtschaft, wie in der von I. B. A. Godin begründeten Familisteregesellschaft von Guise, Collin und Cie. Gewinnbeteili¬ gung, Vergesellschaftung des Unternehmens, gemeinsame Wohnung, eigne Volks-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/435>, abgerufen am 13.11.2024.