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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmcißgeblichcs

erstenmal die Flut auf der Seine kommen sahen. Schließlich sagte einer von
ihnen- "En Frankreich es doch allens verreckt, bi vns love dat Woter bloß bargaf,
hier kopt et ok bargop."

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Eine Berichtigung und andres zu den Minimalzöllen im General¬

tarif.

Leider hat uns in dem Artikel "Minimalzölle im Generaltarif" im vorigen
Heft der Grenzboten ein Schreibfehler einen Streich gespielt. Ans Seite 106 soll
es heißen, daß Date seinen Maßstab zur Bemessung der Kvrnzollhöhe im Durch¬
schnittspreis der vierzig Jahre von 1360 bis 1899 (nicht 1890) gefunden hat.
Es ist das vou Bedeutuug, denn er hat dadurch im Unterschiede von andern
Agrariern verstttndigcrweise auch die schlechten Preise der neunziger Jahre mit in
Rechnung stellt.

Wenn in unserm Artikel das vergebliche Bemühen Dades, einen richtigen
Maßstab für die Höhe im Generaltnrif festzulegender Minimalkornzölle zu ge¬
winnen, gegen diese Festlegung überhaupt ins Treffen geführt wurde, so wird die
Unverständigkeit dieser neumodischen Bindung des Rechts des Kaisers bei der
Vereinbarung von Handelsverträgen mich in Bezug auf Jndnstrieschutzzölle durch
folgendes in dieser Frage gewiß sachverständiges Urteil des Zentralverbands deutscher
Industrieller oder doch seiner Mehrheit vollends bestätigt, das in der Denkschrift
des Geschäftsführers des Verbands vom Juli 1900 abgegeben worden ist. Es
heißt dort ausdrücklich, daß die Regierung gar nicht in der Lage sei, "nach den
Angaben der Interessenten einen Minimaltarif zu konstruieren, der ohne Gefahr
für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands im Sinne der Befürworter eines
solchen Tarifs gesetzlich festgestellt werden könnte." Auch der "Wirtschaftliche Aus¬
schuß" werde die befriedigende Lösung dieser Aufgabe nicht gewährleisten können.
Das Urteil über das Minimum des Zollsatzes werde sehr verschieden ausfallen,
wenn die Frage nach der Möglichkeit des Wettbeiverbs mit der ausländischen Ein¬
fuhr und damit des Weiterbestehe"? des betreffenden Produktionszweigs in den
Vordergrund gestellt werde. Dabei werde sich die Thatsache geltend machen, "daß
in ein und demselben Produktionszweige unter sehr verschiednen Bedingungen ge¬
arbeitet wird, und zwar, was hier besonders ins Gewicht fällt, mit verschiednen
Herstellungskosten und demgemäß mit geringerm oder größerm Nutzen." Daß von
diesem Gesichtspunkt ans das Minimum des erforderlichen Zolls sehr verschieden
beurteilt werden könne und auch beurteilt werde, sei zweifellos. In vielen Fällen
würden von den Produzenten auch absichtlich höhere als die durchaus erforderlichen
Minimalzölle als solche angegeben werden. Das Verlangen, von vornherein den
Zollsatz anzugeben, der beim "Schutz der nationalen Arbeit" den geringsten Nutzen
küsse, rufe einen scharfen Konflikt mit dem Eigennutz hervor, und es sei entschuldbar,
wenn dieser den Sieg davontrage. Das sei bei der Anhörung von Sachverständigen
zur Vorbereitung des deutsch-russischen Handelsvertrags wiederholt vorgekommen.

Die schutzzöllnerischen Gegner der Festlegung von Minimalzöllen im General-


Grenzboten II 1901 ^4
Maßgebliches und Unmcißgeblichcs

erstenmal die Flut auf der Seine kommen sahen. Schließlich sagte einer von
ihnen- „En Frankreich es doch allens verreckt, bi vns love dat Woter bloß bargaf,
hier kopt et ok bargop."

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Eine Berichtigung und andres zu den Minimalzöllen im General¬

tarif.

Leider hat uns in dem Artikel „Minimalzölle im Generaltarif" im vorigen
Heft der Grenzboten ein Schreibfehler einen Streich gespielt. Ans Seite 106 soll
es heißen, daß Date seinen Maßstab zur Bemessung der Kvrnzollhöhe im Durch¬
schnittspreis der vierzig Jahre von 1360 bis 1899 (nicht 1890) gefunden hat.
Es ist das vou Bedeutuug, denn er hat dadurch im Unterschiede von andern
Agrariern verstttndigcrweise auch die schlechten Preise der neunziger Jahre mit in
Rechnung stellt.

Wenn in unserm Artikel das vergebliche Bemühen Dades, einen richtigen
Maßstab für die Höhe im Generaltnrif festzulegender Minimalkornzölle zu ge¬
winnen, gegen diese Festlegung überhaupt ins Treffen geführt wurde, so wird die
Unverständigkeit dieser neumodischen Bindung des Rechts des Kaisers bei der
Vereinbarung von Handelsverträgen mich in Bezug auf Jndnstrieschutzzölle durch
folgendes in dieser Frage gewiß sachverständiges Urteil des Zentralverbands deutscher
Industrieller oder doch seiner Mehrheit vollends bestätigt, das in der Denkschrift
des Geschäftsführers des Verbands vom Juli 1900 abgegeben worden ist. Es
heißt dort ausdrücklich, daß die Regierung gar nicht in der Lage sei, „nach den
Angaben der Interessenten einen Minimaltarif zu konstruieren, der ohne Gefahr
für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands im Sinne der Befürworter eines
solchen Tarifs gesetzlich festgestellt werden könnte." Auch der „Wirtschaftliche Aus¬
schuß" werde die befriedigende Lösung dieser Aufgabe nicht gewährleisten können.
Das Urteil über das Minimum des Zollsatzes werde sehr verschieden ausfallen,
wenn die Frage nach der Möglichkeit des Wettbeiverbs mit der ausländischen Ein¬
fuhr und damit des Weiterbestehe»? des betreffenden Produktionszweigs in den
Vordergrund gestellt werde. Dabei werde sich die Thatsache geltend machen, „daß
in ein und demselben Produktionszweige unter sehr verschiednen Bedingungen ge¬
arbeitet wird, und zwar, was hier besonders ins Gewicht fällt, mit verschiednen
Herstellungskosten und demgemäß mit geringerm oder größerm Nutzen." Daß von
diesem Gesichtspunkt ans das Minimum des erforderlichen Zolls sehr verschieden
beurteilt werden könne und auch beurteilt werde, sei zweifellos. In vielen Fällen
würden von den Produzenten auch absichtlich höhere als die durchaus erforderlichen
Minimalzölle als solche angegeben werden. Das Verlangen, von vornherein den
Zollsatz anzugeben, der beim „Schutz der nationalen Arbeit" den geringsten Nutzen
küsse, rufe einen scharfen Konflikt mit dem Eigennutz hervor, und es sei entschuldbar,
wenn dieser den Sieg davontrage. Das sei bei der Anhörung von Sachverständigen
zur Vorbereitung des deutsch-russischen Handelsvertrags wiederholt vorgekommen.

Die schutzzöllnerischen Gegner der Festlegung von Minimalzöllen im General-


Grenzboten II 1901 ^4
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[0193] Maßgebliches und Unmcißgeblichcs erstenmal die Flut auf der Seine kommen sahen. Schließlich sagte einer von ihnen- „En Frankreich es doch allens verreckt, bi vns love dat Woter bloß bargaf, hier kopt et ok bargop." (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Eine Berichtigung und andres zu den Minimalzöllen im General¬ tarif. Leider hat uns in dem Artikel „Minimalzölle im Generaltarif" im vorigen Heft der Grenzboten ein Schreibfehler einen Streich gespielt. Ans Seite 106 soll es heißen, daß Date seinen Maßstab zur Bemessung der Kvrnzollhöhe im Durch¬ schnittspreis der vierzig Jahre von 1360 bis 1899 (nicht 1890) gefunden hat. Es ist das vou Bedeutuug, denn er hat dadurch im Unterschiede von andern Agrariern verstttndigcrweise auch die schlechten Preise der neunziger Jahre mit in Rechnung stellt. Wenn in unserm Artikel das vergebliche Bemühen Dades, einen richtigen Maßstab für die Höhe im Generaltnrif festzulegender Minimalkornzölle zu ge¬ winnen, gegen diese Festlegung überhaupt ins Treffen geführt wurde, so wird die Unverständigkeit dieser neumodischen Bindung des Rechts des Kaisers bei der Vereinbarung von Handelsverträgen mich in Bezug auf Jndnstrieschutzzölle durch folgendes in dieser Frage gewiß sachverständiges Urteil des Zentralverbands deutscher Industrieller oder doch seiner Mehrheit vollends bestätigt, das in der Denkschrift des Geschäftsführers des Verbands vom Juli 1900 abgegeben worden ist. Es heißt dort ausdrücklich, daß die Regierung gar nicht in der Lage sei, „nach den Angaben der Interessenten einen Minimaltarif zu konstruieren, der ohne Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands im Sinne der Befürworter eines solchen Tarifs gesetzlich festgestellt werden könnte." Auch der „Wirtschaftliche Aus¬ schuß" werde die befriedigende Lösung dieser Aufgabe nicht gewährleisten können. Das Urteil über das Minimum des Zollsatzes werde sehr verschieden ausfallen, wenn die Frage nach der Möglichkeit des Wettbeiverbs mit der ausländischen Ein¬ fuhr und damit des Weiterbestehe»? des betreffenden Produktionszweigs in den Vordergrund gestellt werde. Dabei werde sich die Thatsache geltend machen, „daß in ein und demselben Produktionszweige unter sehr verschiednen Bedingungen ge¬ arbeitet wird, und zwar, was hier besonders ins Gewicht fällt, mit verschiednen Herstellungskosten und demgemäß mit geringerm oder größerm Nutzen." Daß von diesem Gesichtspunkt ans das Minimum des erforderlichen Zolls sehr verschieden beurteilt werden könne und auch beurteilt werde, sei zweifellos. In vielen Fällen würden von den Produzenten auch absichtlich höhere als die durchaus erforderlichen Minimalzölle als solche angegeben werden. Das Verlangen, von vornherein den Zollsatz anzugeben, der beim „Schutz der nationalen Arbeit" den geringsten Nutzen küsse, rufe einen scharfen Konflikt mit dem Eigennutz hervor, und es sei entschuldbar, wenn dieser den Sieg davontrage. Das sei bei der Anhörung von Sachverständigen zur Vorbereitung des deutsch-russischen Handelsvertrags wiederholt vorgekommen. Die schutzzöllnerischen Gegner der Festlegung von Minimalzöllen im General- Grenzboten II 1901 ^4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/193>, abgerufen am 29.06.2024.