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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Land- und Seekrieg

Zeit der allgemeinen Spannung uns die Flvttenvorlage ist
vorüber. Die Vorlage ist nunmehr als Entwurf einer Novelle
zum Flottengesetz vom 10. April 1898 in drei kurze Paragraphen
eingekleidet und mit einer in militärischer Weise knapp und streng
sachlich gehaltnen Begründung versehen der Öffentlichkeit übergeben
worden. Bei der Einbringung des Flottengesetzes von 1898 ist durch Wort und
Schrift viel dafür gethan worden, die Ansichten aller deutschen Kreise über den
Nutzen und Wert der Kriegsmarine zu klären. Auch jetzt bestreben sich zahl¬
reiche patriotisch gesinnte Männer, durch Broschüren und Vortrüge alle Schichten
des Volks über die Flotteilfrage zu unterrichten, und nicht zum wenigsten ist
es die Tagespresse, die zur Belehrung beitrüge und den Kern der Frage nach
der politischen und der wirtschaftlichen Richtung eingehend beleuchtet.

Über die Begründung zur Flvttennovelle ist jedoch bisher außer dem Wort¬
laut wenig veröffentlicht worden, nur die DecknngSfrage ist von den Flotten¬
gegnern in ergiebigster Weise besprochen und namentlich die Deckung durch
Anleihen angegriffen worden. Die Freisinnige Zeitung begnügt sich mit dem
Hinweise, daß die Begründung für die Verdopplung der Schlachtslotte nur
wenig Zeilen betrage, auch sei die Anschauung neu, daß ein Seekrieg um
wirtschaftliche Interessen, besonders um Handelsinteressen geführt werden könne.
Daneben Hort man mehrfach, daß die Novelle halb Programm, halb Gesetz¬
entwurf sei. Nach unsrer Ansicht sind diese Einwendungen nicht berechtigt.
Wir halten vielmehr den Entwurf für eine äußerst geschickte Ausarbeitung. Die
drei Gesetzparagraphen enthalten nichts als Angaben über die Hauptpunkte:
deu Schiffsbestand, die Jndiensthaltung und die Bereitstellung der Mittel. Aber
sie lassen trotz der einfachen Fassung deutlich erkennen, daß die Novelle auf
demselben Boden wie das Gesetz von 1898 aufgebaut ist, und daß die Forde¬
rungen des vermehrten Schiffsbestands mit der Organisation der Kriegsmarine
im engsten Zusammenhange stehn. Die Begründung enthält alles, was zur Be-


Grenzvottn I 1S00 47


Land- und Seekrieg

Zeit der allgemeinen Spannung uns die Flvttenvorlage ist
vorüber. Die Vorlage ist nunmehr als Entwurf einer Novelle
zum Flottengesetz vom 10. April 1898 in drei kurze Paragraphen
eingekleidet und mit einer in militärischer Weise knapp und streng
sachlich gehaltnen Begründung versehen der Öffentlichkeit übergeben
worden. Bei der Einbringung des Flottengesetzes von 1898 ist durch Wort und
Schrift viel dafür gethan worden, die Ansichten aller deutschen Kreise über den
Nutzen und Wert der Kriegsmarine zu klären. Auch jetzt bestreben sich zahl¬
reiche patriotisch gesinnte Männer, durch Broschüren und Vortrüge alle Schichten
des Volks über die Flotteilfrage zu unterrichten, und nicht zum wenigsten ist
es die Tagespresse, die zur Belehrung beitrüge und den Kern der Frage nach
der politischen und der wirtschaftlichen Richtung eingehend beleuchtet.

Über die Begründung zur Flvttennovelle ist jedoch bisher außer dem Wort¬
laut wenig veröffentlicht worden, nur die DecknngSfrage ist von den Flotten¬
gegnern in ergiebigster Weise besprochen und namentlich die Deckung durch
Anleihen angegriffen worden. Die Freisinnige Zeitung begnügt sich mit dem
Hinweise, daß die Begründung für die Verdopplung der Schlachtslotte nur
wenig Zeilen betrage, auch sei die Anschauung neu, daß ein Seekrieg um
wirtschaftliche Interessen, besonders um Handelsinteressen geführt werden könne.
Daneben Hort man mehrfach, daß die Novelle halb Programm, halb Gesetz¬
entwurf sei. Nach unsrer Ansicht sind diese Einwendungen nicht berechtigt.
Wir halten vielmehr den Entwurf für eine äußerst geschickte Ausarbeitung. Die
drei Gesetzparagraphen enthalten nichts als Angaben über die Hauptpunkte:
deu Schiffsbestand, die Jndiensthaltung und die Bereitstellung der Mittel. Aber
sie lassen trotz der einfachen Fassung deutlich erkennen, daß die Novelle auf
demselben Boden wie das Gesetz von 1898 aufgebaut ist, und daß die Forde¬
rungen des vermehrten Schiffsbestands mit der Organisation der Kriegsmarine
im engsten Zusammenhange stehn. Die Begründung enthält alles, was zur Be-


Grenzvottn I 1S00 47
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[0377] [Abbildung] Land- und Seekrieg Zeit der allgemeinen Spannung uns die Flvttenvorlage ist vorüber. Die Vorlage ist nunmehr als Entwurf einer Novelle zum Flottengesetz vom 10. April 1898 in drei kurze Paragraphen eingekleidet und mit einer in militärischer Weise knapp und streng sachlich gehaltnen Begründung versehen der Öffentlichkeit übergeben worden. Bei der Einbringung des Flottengesetzes von 1898 ist durch Wort und Schrift viel dafür gethan worden, die Ansichten aller deutschen Kreise über den Nutzen und Wert der Kriegsmarine zu klären. Auch jetzt bestreben sich zahl¬ reiche patriotisch gesinnte Männer, durch Broschüren und Vortrüge alle Schichten des Volks über die Flotteilfrage zu unterrichten, und nicht zum wenigsten ist es die Tagespresse, die zur Belehrung beitrüge und den Kern der Frage nach der politischen und der wirtschaftlichen Richtung eingehend beleuchtet. Über die Begründung zur Flvttennovelle ist jedoch bisher außer dem Wort¬ laut wenig veröffentlicht worden, nur die DecknngSfrage ist von den Flotten¬ gegnern in ergiebigster Weise besprochen und namentlich die Deckung durch Anleihen angegriffen worden. Die Freisinnige Zeitung begnügt sich mit dem Hinweise, daß die Begründung für die Verdopplung der Schlachtslotte nur wenig Zeilen betrage, auch sei die Anschauung neu, daß ein Seekrieg um wirtschaftliche Interessen, besonders um Handelsinteressen geführt werden könne. Daneben Hort man mehrfach, daß die Novelle halb Programm, halb Gesetz¬ entwurf sei. Nach unsrer Ansicht sind diese Einwendungen nicht berechtigt. Wir halten vielmehr den Entwurf für eine äußerst geschickte Ausarbeitung. Die drei Gesetzparagraphen enthalten nichts als Angaben über die Hauptpunkte: deu Schiffsbestand, die Jndiensthaltung und die Bereitstellung der Mittel. Aber sie lassen trotz der einfachen Fassung deutlich erkennen, daß die Novelle auf demselben Boden wie das Gesetz von 1898 aufgebaut ist, und daß die Forde¬ rungen des vermehrten Schiffsbestands mit der Organisation der Kriegsmarine im engsten Zusammenhange stehn. Die Begründung enthält alles, was zur Be- Grenzvottn I 1S00 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/377>, abgerufen am 05.12.2024.