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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Vermehrung des Glücks und der Größe des eignen Landes gegolten, nicht
anders, als bei Völkern, die nicht soviel davon reden. Das Reden davon, das
dem Amerikaner Bedürfnis ist, hat für den, der in republikanischen Verfassungen
"icht die Quintessenz von Freiheit und Humanität sieht, nur insofern seine
Berechtigung, als das amerikanische Völkergemisch, wo eine Tradition die andre
aufhebt, allerdings in Kleinigkeiten weit größere Vorurteilslosigkeit und Be¬
wegungsfreiheit mit sich bringt, als im via Mroxs herrschen, wo die Tradition
nur zu sehr dem die Flügel beschneidet, der nicht Kraft- und Selbstgefühl
genug zu wirksamer Reaktion dagegen in sich trägt. Und dieser Ruhm soll
denn auch den jungen Völkern der neuen Welt nicht genommen werden.


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in unaussprechlicher Name ist ein gutes Symbol für eine un¬
verständliche Sache; ich halte daher den Namen des Tschechen,
der mir zu den nachfolgenden Betrachtungen über den öster¬
reichischen "Staat" Anlaß und Stoff*) geliefert hat, für eine
Passende Überschrift. Lange Zeit hindurch habe ich nichts in der Welt
wehr bewundert als die Nerven der österreichischen Minister, weil es mir schien,
daß ein nur mit gewöhnlichen Nerven ausgerüsteter Mensch an ihrer Stelle
^son nach wenigen Wochen den Verstand verlieren müßte. Nach und nach
'se mir jedoch klar geworden, daß sie keine stärkern Nerven brauchen als ein
Mann, der an dem aus hundert Drehorgeln und^Ansruferstimmen zusammen¬
gesetzten Lärm der Dresdner Vogelwiese seinen Spaß hat. Der Nationalitäten-
Hader ist die Lust dieser Herren, denn er sichert ihnen ihre Stellung. Ich
'"eine nicht die Ministerstellung. Sie sind meistens vom hohen Adel; Öster¬
reich aber besteht, wie auch immer der Buchstabe der Verfassung lauten mag,
thatsächlich aus zwei durch die monarchische Spitze geeinten Adelsrepubliken,
und der Adel vermag seine privilegirte Stellung nur so lange zu behaupten,
es zu keiner wirksamen Volksvertretung kommt. Und dafür sorgt nnn eben
er Natioualitätenhader. Die Deutschen mögen das materielle wie das for¬
melle Recht auf ihrer Seite haben, wenn sie es abwechselnd mit der wilden



^ Die P alackufeier und ihre Widersacher, Ein Mahnruf an die armen christlichen Völker
Österreichs, Von Rudolf Vrba. Prag, 18W. Selbstverlag, In Kommission: CrMo-
Methodsche Buchhandlung, Prag I, und Xaver Pflugmacher in Leipzig,
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Vermehrung des Glücks und der Größe des eignen Landes gegolten, nicht
anders, als bei Völkern, die nicht soviel davon reden. Das Reden davon, das
dem Amerikaner Bedürfnis ist, hat für den, der in republikanischen Verfassungen
"icht die Quintessenz von Freiheit und Humanität sieht, nur insofern seine
Berechtigung, als das amerikanische Völkergemisch, wo eine Tradition die andre
aufhebt, allerdings in Kleinigkeiten weit größere Vorurteilslosigkeit und Be¬
wegungsfreiheit mit sich bringt, als im via Mroxs herrschen, wo die Tradition
nur zu sehr dem die Flügel beschneidet, der nicht Kraft- und Selbstgefühl
genug zu wirksamer Reaktion dagegen in sich trägt. Und dieser Ruhm soll
denn auch den jungen Völkern der neuen Welt nicht genommen werden.


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in unaussprechlicher Name ist ein gutes Symbol für eine un¬
verständliche Sache; ich halte daher den Namen des Tschechen,
der mir zu den nachfolgenden Betrachtungen über den öster¬
reichischen „Staat" Anlaß und Stoff*) geliefert hat, für eine
Passende Überschrift. Lange Zeit hindurch habe ich nichts in der Welt
wehr bewundert als die Nerven der österreichischen Minister, weil es mir schien,
daß ein nur mit gewöhnlichen Nerven ausgerüsteter Mensch an ihrer Stelle
^son nach wenigen Wochen den Verstand verlieren müßte. Nach und nach
'se mir jedoch klar geworden, daß sie keine stärkern Nerven brauchen als ein
Mann, der an dem aus hundert Drehorgeln und^Ansruferstimmen zusammen¬
gesetzten Lärm der Dresdner Vogelwiese seinen Spaß hat. Der Nationalitäten-
Hader ist die Lust dieser Herren, denn er sichert ihnen ihre Stellung. Ich
'"eine nicht die Ministerstellung. Sie sind meistens vom hohen Adel; Öster¬
reich aber besteht, wie auch immer der Buchstabe der Verfassung lauten mag,
thatsächlich aus zwei durch die monarchische Spitze geeinten Adelsrepubliken,
und der Adel vermag seine privilegirte Stellung nur so lange zu behaupten,
es zu keiner wirksamen Volksvertretung kommt. Und dafür sorgt nnn eben
er Natioualitätenhader. Die Deutschen mögen das materielle wie das for¬
melle Recht auf ihrer Seite haben, wenn sie es abwechselnd mit der wilden



^ Die P alackufeier und ihre Widersacher, Ein Mahnruf an die armen christlichen Völker
Österreichs, Von Rudolf Vrba. Prag, 18W. Selbstverlag, In Kommission: CrMo-
Methodsche Buchhandlung, Prag I, und Xaver Pflugmacher in Leipzig,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/696>, abgerufen am 12.12.2024.