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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Das ungarländische Deutschtum
und das Deutsche Reich

le magyarische Jcihrtausendfeier und der deutsche Kaiserbesuch in
Ofen-Pest, den alten deutschen Städten, die jetzt ungeschichtlich
Buda-Pesth genannt werden, haben die Veranstalter nur zu sehr
befriedigt, obgleich die idealen und die materiellen Kosten haupt¬
sächlich von den Nichtmagyaren, besonders von den Deutschen
bestritten worden sind.

Bei unparteiischer Forschung kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die
Neiterhorden Arpads weder die Gesittung in die weiten Dvnauebnen Pannoniens
gebracht, noch sie erhalten und weitergebildet haben. Erst die von den unga¬
rischen Königen herbeigerufnen Deutschen, die während der Völkerwanderung
leider diese fruchtbaren Gefilde verlassen hatten, haben das Land der europäischen
Kultur erschlossen. Das türkische Joch wurde auch nicht durch den ritterlichen
Magyaren gebrochen, denn er kämpfte auf der Seite des Halbmonds mit
seinen Verwandten vom finnisch-ugrischen Stamme, sondern die deutschen Reichs¬
heere, die jahrhundertelang durch den Türkenpfennig unterhalten wurden, ge¬
wannen das ungarische Gebiet dem Habsburgischen Kaiserhause. Die unga?
rische Freiheit diente bis zum Ausgleich von 1867 nur zum bequemen Vorwand
für den Hoch- und Volksverrat herrschsüchtiger Magnaten. Leider fließt aber
selbst in den stolzesten Vertretern des magyarischen Adels kein nationales Blut,
sondern ihre Abstammung ist deutsch, wie folgende Namen ergeben: Baborsay,
Batthyanyi, Forgach. Dubinyi. Ujhelyi, Nitzky, Sztaray, Palffy, Hedervary
(Hedrichsburg) u. a.

Die Magyaren waren zwar bis zur Türkeunot, durch die schließlich ganz
Ungarn türkisch wurde, die Herren des Landes. Aber auf den Edelhöfen, in
den Städten, an den Gebirgsrändern, in den Dörfern, an den österreichischen


Grenzboten II 1898 58


Das ungarländische Deutschtum
und das Deutsche Reich

le magyarische Jcihrtausendfeier und der deutsche Kaiserbesuch in
Ofen-Pest, den alten deutschen Städten, die jetzt ungeschichtlich
Buda-Pesth genannt werden, haben die Veranstalter nur zu sehr
befriedigt, obgleich die idealen und die materiellen Kosten haupt¬
sächlich von den Nichtmagyaren, besonders von den Deutschen
bestritten worden sind.

Bei unparteiischer Forschung kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die
Neiterhorden Arpads weder die Gesittung in die weiten Dvnauebnen Pannoniens
gebracht, noch sie erhalten und weitergebildet haben. Erst die von den unga¬
rischen Königen herbeigerufnen Deutschen, die während der Völkerwanderung
leider diese fruchtbaren Gefilde verlassen hatten, haben das Land der europäischen
Kultur erschlossen. Das türkische Joch wurde auch nicht durch den ritterlichen
Magyaren gebrochen, denn er kämpfte auf der Seite des Halbmonds mit
seinen Verwandten vom finnisch-ugrischen Stamme, sondern die deutschen Reichs¬
heere, die jahrhundertelang durch den Türkenpfennig unterhalten wurden, ge¬
wannen das ungarische Gebiet dem Habsburgischen Kaiserhause. Die unga?
rische Freiheit diente bis zum Ausgleich von 1867 nur zum bequemen Vorwand
für den Hoch- und Volksverrat herrschsüchtiger Magnaten. Leider fließt aber
selbst in den stolzesten Vertretern des magyarischen Adels kein nationales Blut,
sondern ihre Abstammung ist deutsch, wie folgende Namen ergeben: Baborsay,
Batthyanyi, Forgach. Dubinyi. Ujhelyi, Nitzky, Sztaray, Palffy, Hedervary
(Hedrichsburg) u. a.

Die Magyaren waren zwar bis zur Türkeunot, durch die schließlich ganz
Ungarn türkisch wurde, die Herren des Landes. Aber auf den Edelhöfen, in
den Städten, an den Gebirgsrändern, in den Dörfern, an den österreichischen


Grenzboten II 1898 58
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[0465] [Abbildung] Das ungarländische Deutschtum und das Deutsche Reich le magyarische Jcihrtausendfeier und der deutsche Kaiserbesuch in Ofen-Pest, den alten deutschen Städten, die jetzt ungeschichtlich Buda-Pesth genannt werden, haben die Veranstalter nur zu sehr befriedigt, obgleich die idealen und die materiellen Kosten haupt¬ sächlich von den Nichtmagyaren, besonders von den Deutschen bestritten worden sind. Bei unparteiischer Forschung kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Neiterhorden Arpads weder die Gesittung in die weiten Dvnauebnen Pannoniens gebracht, noch sie erhalten und weitergebildet haben. Erst die von den unga¬ rischen Königen herbeigerufnen Deutschen, die während der Völkerwanderung leider diese fruchtbaren Gefilde verlassen hatten, haben das Land der europäischen Kultur erschlossen. Das türkische Joch wurde auch nicht durch den ritterlichen Magyaren gebrochen, denn er kämpfte auf der Seite des Halbmonds mit seinen Verwandten vom finnisch-ugrischen Stamme, sondern die deutschen Reichs¬ heere, die jahrhundertelang durch den Türkenpfennig unterhalten wurden, ge¬ wannen das ungarische Gebiet dem Habsburgischen Kaiserhause. Die unga? rische Freiheit diente bis zum Ausgleich von 1867 nur zum bequemen Vorwand für den Hoch- und Volksverrat herrschsüchtiger Magnaten. Leider fließt aber selbst in den stolzesten Vertretern des magyarischen Adels kein nationales Blut, sondern ihre Abstammung ist deutsch, wie folgende Namen ergeben: Baborsay, Batthyanyi, Forgach. Dubinyi. Ujhelyi, Nitzky, Sztaray, Palffy, Hedervary (Hedrichsburg) u. a. Die Magyaren waren zwar bis zur Türkeunot, durch die schließlich ganz Ungarn türkisch wurde, die Herren des Landes. Aber auf den Edelhöfen, in den Städten, an den Gebirgsrändern, in den Dörfern, an den österreichischen Grenzboten II 1898 58

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/465>, abgerufen am 26.12.2024.