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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Darstellung. Ich kann hier nicht näher auf diese Frage eingehen und empfehle
dem Leser, der sich dafür interessirt, eine Leipziger Inauguraldissertation von
Hermann Lindemann über Alphonse Daudet als Humoristen (1896), eine ein¬
gehende Studie, die sich auch durch ihre geschmackvolle Form noch besonders
auszeichnet.

Es liegt nahe, den Humoristen Daudet mit Dickens zu vergleiche", und
in der That ist schou oft auf die Ähnlichkeiten zwischen beiden Schriftstellern
hingewiesen worden, ans die Entbehrungen und das Elend in ihrer Jugend,
auf deu Kampf beider mit den Widerwärtigkeiten des schriftstellerischen Berufs,
auf ihre Selbstbiographien, der von Daudet in I^s ?edle Ollere und der von
Dickens in vavick OoppvrllsIÄ. Ja auch manche Gestalten und Szenen bei
Daudet haben eine auffallende Ähnlichkeit mit einigen bei Dickens, z. B. der
Vater Delobelle in ^roinont Semne mit Mr. Turveydrop in Dickens Llealc
Hou8v, manche Stellen in ^elc erinnern an Uiollolas UiMvd? und Oliver
1ol8t usw. Aber man darf nicht vergessen, daß sich, wenn zwei Schriftsteller
dasselbe Problem oder dieselbe Gesellschaftsschicht behandeln, auch manche Ideen
und manche Gestalten beiden aufdrängen werden; es ist daher immer gewagt,
gleich von Entlehnungen zu sprechen, wo es sich nur um zufällige Wegkreuzungen
handeln kann. Daudet selbst ist immer ungehalten darüber gewesen, wenn man
ihn mit Dickens verglich, auch schou dann verglich, als er noch nichts von diesem
Schriftsteller gelesen hatte. Er weist den versteckten Borwurs der Anlehnung
entschieden zurück, besonders in seinem Buche Ireirw ans as ?g.ris, tu8wire
as 1lors8, mit den Worten: ^e ins 8SN8 an scvur l'^mour as violcsi^
ponr 1lZ8 al8A'riieie3 et les P-MVI'L8, 1S8 snlM068 rnsleö8 g.n Illi8ere as8 x>'rcmäs3
vitio8, s'in en soinins lui uns freres as la vie iiÄvrg.mes, l'odliAÄticin as
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Maßgebliches und Unmaßgebliches
Wider den Umsturz.

Der dauernde Bestand einer vorläufig hinreichend
starken deutschen Kriegsflotte ist durch die letzten Neichstagsbeschlüsse gesichert. Die
positiven Parteien haben -- hoffentlich aus vollem Herzen -- ja gesagt; die stets
verneinenden sind "unentwegt" ihren Grundsätzen treu geblieben und konnten das
ja auch ruhig, da die verantwortliche Entscheidung an andrer Stelle lag. Die
Parteien, die diese Entscheidung gaben, die das Zünglein an der Wage waren,
haben zum Schluß politische, wirtschaftliche und sogar konstitutionelle Bedenken
beiseite gesetzt, weil sie begriffen, daß sie andernfalls eine selbstmörderische Thorheit
begehen würden. Denn die Negierung hätte mit keiner wirksamern Wahlparole


Darstellung. Ich kann hier nicht näher auf diese Frage eingehen und empfehle
dem Leser, der sich dafür interessirt, eine Leipziger Inauguraldissertation von
Hermann Lindemann über Alphonse Daudet als Humoristen (1896), eine ein¬
gehende Studie, die sich auch durch ihre geschmackvolle Form noch besonders
auszeichnet.

Es liegt nahe, den Humoristen Daudet mit Dickens zu vergleiche», und
in der That ist schou oft auf die Ähnlichkeiten zwischen beiden Schriftstellern
hingewiesen worden, ans die Entbehrungen und das Elend in ihrer Jugend,
auf deu Kampf beider mit den Widerwärtigkeiten des schriftstellerischen Berufs,
auf ihre Selbstbiographien, der von Daudet in I^s ?edle Ollere und der von
Dickens in vavick OoppvrllsIÄ. Ja auch manche Gestalten und Szenen bei
Daudet haben eine auffallende Ähnlichkeit mit einigen bei Dickens, z. B. der
Vater Delobelle in ^roinont Semne mit Mr. Turveydrop in Dickens Llealc
Hou8v, manche Stellen in ^elc erinnern an Uiollolas UiMvd? und Oliver
1ol8t usw. Aber man darf nicht vergessen, daß sich, wenn zwei Schriftsteller
dasselbe Problem oder dieselbe Gesellschaftsschicht behandeln, auch manche Ideen
und manche Gestalten beiden aufdrängen werden; es ist daher immer gewagt,
gleich von Entlehnungen zu sprechen, wo es sich nur um zufällige Wegkreuzungen
handeln kann. Daudet selbst ist immer ungehalten darüber gewesen, wenn man
ihn mit Dickens verglich, auch schou dann verglich, als er noch nichts von diesem
Schriftsteller gelesen hatte. Er weist den versteckten Borwurs der Anlehnung
entschieden zurück, besonders in seinem Buche Ireirw ans as ?g.ris, tu8wire
as 1lors8, mit den Worten: ^e ins 8SN8 an scvur l'^mour as violcsi^
ponr 1lZ8 al8A'riieie3 et les P-MVI'L8, 1S8 snlM068 rnsleö8 g.n Illi8ere as8 x>'rcmäs3
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Maßgebliches und Unmaßgebliches
Wider den Umsturz.

Der dauernde Bestand einer vorläufig hinreichend
starken deutschen Kriegsflotte ist durch die letzten Neichstagsbeschlüsse gesichert. Die
positiven Parteien haben — hoffentlich aus vollem Herzen — ja gesagt; die stets
verneinenden sind „unentwegt" ihren Grundsätzen treu geblieben und konnten das
ja auch ruhig, da die verantwortliche Entscheidung an andrer Stelle lag. Die
Parteien, die diese Entscheidung gaben, die das Zünglein an der Wage waren,
haben zum Schluß politische, wirtschaftliche und sogar konstitutionelle Bedenken
beiseite gesetzt, weil sie begriffen, daß sie andernfalls eine selbstmörderische Thorheit
begehen würden. Denn die Negierung hätte mit keiner wirksamern Wahlparole


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[0203] Darstellung. Ich kann hier nicht näher auf diese Frage eingehen und empfehle dem Leser, der sich dafür interessirt, eine Leipziger Inauguraldissertation von Hermann Lindemann über Alphonse Daudet als Humoristen (1896), eine ein¬ gehende Studie, die sich auch durch ihre geschmackvolle Form noch besonders auszeichnet. Es liegt nahe, den Humoristen Daudet mit Dickens zu vergleiche», und in der That ist schou oft auf die Ähnlichkeiten zwischen beiden Schriftstellern hingewiesen worden, ans die Entbehrungen und das Elend in ihrer Jugend, auf deu Kampf beider mit den Widerwärtigkeiten des schriftstellerischen Berufs, auf ihre Selbstbiographien, der von Daudet in I^s ?edle Ollere und der von Dickens in vavick OoppvrllsIÄ. Ja auch manche Gestalten und Szenen bei Daudet haben eine auffallende Ähnlichkeit mit einigen bei Dickens, z. B. der Vater Delobelle in ^roinont Semne mit Mr. Turveydrop in Dickens Llealc Hou8v, manche Stellen in ^elc erinnern an Uiollolas UiMvd? und Oliver 1ol8t usw. Aber man darf nicht vergessen, daß sich, wenn zwei Schriftsteller dasselbe Problem oder dieselbe Gesellschaftsschicht behandeln, auch manche Ideen und manche Gestalten beiden aufdrängen werden; es ist daher immer gewagt, gleich von Entlehnungen zu sprechen, wo es sich nur um zufällige Wegkreuzungen handeln kann. Daudet selbst ist immer ungehalten darüber gewesen, wenn man ihn mit Dickens verglich, auch schou dann verglich, als er noch nichts von diesem Schriftsteller gelesen hatte. Er weist den versteckten Borwurs der Anlehnung entschieden zurück, besonders in seinem Buche Ireirw ans as ?g.ris, tu8wire as 1lors8, mit den Worten: ^e ins 8SN8 an scvur l'^mour as violcsi^ ponr 1lZ8 al8A'riieie3 et les P-MVI'L8, 1S8 snlM068 rnsleö8 g.n Illi8ere as8 x>'rcmäs3 vitio8, s'in en soinins lui uns freres as la vie iiÄvrg.mes, l'odliAÄticin as gÄ»ner uioir pg.in avluck 8si?.e M8; s's3t In, s'jirucZ'ins, uotrs piu.8 grNiäs rL88LUld1»it06. Maßgebliches und Unmaßgebliches Wider den Umsturz. Der dauernde Bestand einer vorläufig hinreichend starken deutschen Kriegsflotte ist durch die letzten Neichstagsbeschlüsse gesichert. Die positiven Parteien haben — hoffentlich aus vollem Herzen — ja gesagt; die stets verneinenden sind „unentwegt" ihren Grundsätzen treu geblieben und konnten das ja auch ruhig, da die verantwortliche Entscheidung an andrer Stelle lag. Die Parteien, die diese Entscheidung gaben, die das Zünglein an der Wage waren, haben zum Schluß politische, wirtschaftliche und sogar konstitutionelle Bedenken beiseite gesetzt, weil sie begriffen, daß sie andernfalls eine selbstmörderische Thorheit begehen würden. Denn die Negierung hätte mit keiner wirksamern Wahlparole

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/203>, abgerufen am 26.12.2024.