Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.Die älteste Besiedlung Deutschlands gegangen, er geht der Auflösung entgegen. Dem müßte vorgebeugt, der Verein Die älteste Besiedlung Deutschlands Gelo Aaemmel von KMOinmer wieder zieht es den Geschichtschreiber zu den Anfängen Da hat nun August Meitzen, der bedeutendste lebende Kenner der ge¬ Die älteste Besiedlung Deutschlands gegangen, er geht der Auflösung entgegen. Dem müßte vorgebeugt, der Verein Die älteste Besiedlung Deutschlands Gelo Aaemmel von KMOinmer wieder zieht es den Geschichtschreiber zu den Anfängen Da hat nun August Meitzen, der bedeutendste lebende Kenner der ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0613" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/226199"/> <fw type="header" place="top"> Die älteste Besiedlung Deutschlands</fw><lb/> <p xml:id="ID_1545" prev="#ID_1544"> gegangen, er geht der Auflösung entgegen. Dem müßte vorgebeugt, der Verein<lb/> müßte vom Magistrat mit Geldmitteln unterstützt und auf jede Weise gefördert<lb/> werden. Falsch angebrachte Sparsamkeit solchen Vereinen gegenüber kann sich<lb/> einmal schwer rächen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die älteste Besiedlung Deutschlands<lb/><note type="byline"> Gelo Aaemmel</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_1546"> KMOinmer wieder zieht es den Geschichtschreiber zu den Anfängen<lb/> der Volksgeschichte zurück, denn in ihnen liegen die verborgnen<lb/> Wurzeln, aus denen allmählich das ganze Kulturleben entsprossen<lb/> ist. Während uns nun die Mittelmeervölker gleich in den ersten<lb/> Nachrichten auf einer verhältnismüßig hohen Kulturstufe ent¬<lb/> gegentreten, die auf der Arbeit zahlloser verschollener Geschlechter beruht, und<lb/> nur selten aus sagenhaften Überlieferungen ein schwacher Lichtstrahl in diese<lb/> Vorzeit sällt, sind wir Deutschen in der günstigen Lage, daß unsre Vorfahren<lb/> in einer Zeit, in die hinein nicht einmal ihre eignen sagenhaften Erinnerungen<lb/> reichen, von hervorragenden Angehörigen eines großen fremden Kulturvolks<lb/> beobachtet und geschildert worden sind, und zwar in zwei durch anderthalb<lb/> Jahrhunderte getrennten Zeiträumen und Entwicklungsstufen, im ersten von<lb/> dem größten Feldherrn und Staatsmann der Römer, C. Julius Cäsar, im<lb/> zweiten von ihrem größten Historiker, Cornelius Taeitus, von dem einen<lb/> sicher, von dem andern doch wahrscheinlich nach eigner Anschauung. Aber so<lb/> viele Nachrichten uns beide erhalten haben, soviel Rätsel geben sie uns auch<lb/> wieder auf, und besonders hängt sast an jedem Satze der „Germania" eine<lb/> wissenschaftliche Streitfrage. Seit Jahrzehnten ist unsre Germanistik und<lb/> Rechtsgeschichte an der Arbeit, durch Rückschlüsse aus spätern Urkunden und<lb/> Nachrichten diese Fragen zu lösen und zu einer klaren Anschauung der Grund¬<lb/> lagen unsers nationalen Daseins zu gelangen, ohne daß dies doch bis jetzt<lb/> vollkommen gelungen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1547" next="#ID_1548"> Da hat nun August Meitzen, der bedeutendste lebende Kenner der ge¬<lb/> samten europäischen Agrargeschichte, für das Verständnis der Grundlagen aller<lb/> Kultur, der Besiedlung und des Anbaus, einen neuen Weg eingeschlagen.<lb/> In einem großartig angelegten Werke, von dem zunächst die erste Abteilung:<lb/> Siedlung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0613]
Die älteste Besiedlung Deutschlands
gegangen, er geht der Auflösung entgegen. Dem müßte vorgebeugt, der Verein
müßte vom Magistrat mit Geldmitteln unterstützt und auf jede Weise gefördert
werden. Falsch angebrachte Sparsamkeit solchen Vereinen gegenüber kann sich
einmal schwer rächen.
Die älteste Besiedlung Deutschlands
Gelo Aaemmel von
KMOinmer wieder zieht es den Geschichtschreiber zu den Anfängen
der Volksgeschichte zurück, denn in ihnen liegen die verborgnen
Wurzeln, aus denen allmählich das ganze Kulturleben entsprossen
ist. Während uns nun die Mittelmeervölker gleich in den ersten
Nachrichten auf einer verhältnismüßig hohen Kulturstufe ent¬
gegentreten, die auf der Arbeit zahlloser verschollener Geschlechter beruht, und
nur selten aus sagenhaften Überlieferungen ein schwacher Lichtstrahl in diese
Vorzeit sällt, sind wir Deutschen in der günstigen Lage, daß unsre Vorfahren
in einer Zeit, in die hinein nicht einmal ihre eignen sagenhaften Erinnerungen
reichen, von hervorragenden Angehörigen eines großen fremden Kulturvolks
beobachtet und geschildert worden sind, und zwar in zwei durch anderthalb
Jahrhunderte getrennten Zeiträumen und Entwicklungsstufen, im ersten von
dem größten Feldherrn und Staatsmann der Römer, C. Julius Cäsar, im
zweiten von ihrem größten Historiker, Cornelius Taeitus, von dem einen
sicher, von dem andern doch wahrscheinlich nach eigner Anschauung. Aber so
viele Nachrichten uns beide erhalten haben, soviel Rätsel geben sie uns auch
wieder auf, und besonders hängt sast an jedem Satze der „Germania" eine
wissenschaftliche Streitfrage. Seit Jahrzehnten ist unsre Germanistik und
Rechtsgeschichte an der Arbeit, durch Rückschlüsse aus spätern Urkunden und
Nachrichten diese Fragen zu lösen und zu einer klaren Anschauung der Grund¬
lagen unsers nationalen Daseins zu gelangen, ohne daß dies doch bis jetzt
vollkommen gelungen wäre.
Da hat nun August Meitzen, der bedeutendste lebende Kenner der ge¬
samten europäischen Agrargeschichte, für das Verständnis der Grundlagen aller
Kultur, der Besiedlung und des Anbaus, einen neuen Weg eingeschlagen.
In einem großartig angelegten Werke, von dem zunächst die erste Abteilung:
Siedlung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen,
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