Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.Litteratur wieder etwas besser geworden, aber unendlich viel bleibt noch zu thun. Gebt M. ". Litteratur Volkswirtschaftliche Schriften. Die Nationnlökonomcn Proudhvnischer Litteratur wieder etwas besser geworden, aber unendlich viel bleibt noch zu thun. Gebt M. «. Litteratur Volkswirtschaftliche Schriften. Die Nationnlökonomcn Proudhvnischer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/225686"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_240" prev="#ID_239"> wieder etwas besser geworden, aber unendlich viel bleibt noch zu thun. Gebt<lb/> unsern Töchtern eine tüchtige Facherziehung, richtet Haushaltungsschulen ein, lehrt<lb/> Krankenpflege und alle Zweige, die mit dem Haushalt zusammenhängen, und die<lb/> auch außerhalb des Nahmens der Familie eine lohnende Thätigkeit bilden. Man<lb/> wende nicht ein, daß es bei dem jetzigen Stande der Industrie vorteilhafter sei,<lb/> „fertige Sachen" zu kaufen, daß man alles zum Leben nötige für billiges Geld<lb/> fix und fertig erhalte. Das ist nicht wahr, wenn auch Bebel in seinem Buche<lb/> „Die Frau" das goldne Zeitalter preist, wo die Frau es „nicht mehr nötig hat,"<lb/> zu kochen (als ob Kochen nicht ein sehr pläsirliches Geschäft wäre!). Die bestein¬<lb/> gerichtete Garküche wird die Speisen immer noch ein gut Teil teurer liefern, als<lb/> sie im Haushalte hergestellt werden können, von der moralischen Seite natürlich<lb/> ganz abgesehen. Wenn die Arbeiterfrauen rechnen oder überhaupt nur ernstlich<lb/> denken könnten, so würden ihnen diese Phrasen wie viele andre gar nicht imponiren.<lb/> Ich war einmal unfreiwillige Zeugin eines Gesprächs, das jüdische Kaufleute mit<lb/> einander führten; der Refrain war: „An fertiger Ware wird das Meiste verdient."<lb/> Das läßt sich aber auf alle Zweige der Hauswirtschaft anwenden. Noch immer<lb/> lohnt es sich, selbst zu nähen, im Hause Wäsche, Kleider usw. anfertigen zu lassen,<lb/> Früchte und Gemüse selbst einzukochen, zu backen, zu waschen, zu platten. Mau<lb/> muß es nur ordentlich verstehen. Aber da sitzt der Haken! Unsern Mädchen wird<lb/> nicht mehr von Jugend an die Zuverlässigkeit und Exaktheit eingebläut, die dazu<lb/> gehört, und ohne tüchtige Anstrengung läßt sich das alles auch uicht lernen.</p><lb/> <note type="byline"> M. «.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <div n="2"> <head> Volkswirtschaftliche Schriften.</head> <p xml:id="ID_241" next="#ID_242"> Die Nationnlökonomcn Proudhvnischer<lb/> Richtung sehen bekanntlich das Grundübel der Zeit weder in der Loslösung der<lb/> Massen vom Grund nud Boden noch in einer unbilligen Verteilung des in der<lb/> Produktion entstehenden Mehrwerth, sondern darin, daß sich in die Warenverteilung,<lb/> in deu Hnudel viele überflüssige Personen einschleichen, die als Schmarotzer anzu¬<lb/> sehen und daher auszustoßen seie». Aus dieser Anschauung sind die Konsumvereine<lb/> hervorgegangen, und es ist nur natürlich, daß die Genossenschaftsleiter die ganze<lb/> Volkswirtschaft in dieser einseitigen Weise auffassen, was nichts schadet, da ja eben<lb/> der einzelne reformatorisch thätige nur eben die Seite des volkswirtschaftliche»<lb/> Prozesses ius Auge zu fassen hat, auf die seine Thätigkeit gerichtet ist; die ans<lb/> andern Seiten thätigen mögen ihn ergänzen. Von diesem genossenschaftlichen<lb/> Standpunkte aus hat or. Hans Müller im Auftrage des Verbands schweizerischer<lb/> Konsumvereine für die zweite Landesausstellung in Genf voriges Jahr sein Buch:<lb/> Die schweizerischen Konsumgenossenschaften (Basel, Verlag des Verbands<lb/> schweizerischer Konsumvereine, 1396) geschrieben. In der Schweiz mußte die fehler¬<lb/> hafte Wnrenverteilung schon deswegen zuerst ins Ange fallen, weil bis vor wenigen<lb/> Jahrzehnten die Bodeufrage gar nicht vorhanden war und auch heute noch nur in<lb/> geringem Umfange vorhanden ist. In den vierziger Jahren wurde die Zahl der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
Litteratur
wieder etwas besser geworden, aber unendlich viel bleibt noch zu thun. Gebt
unsern Töchtern eine tüchtige Facherziehung, richtet Haushaltungsschulen ein, lehrt
Krankenpflege und alle Zweige, die mit dem Haushalt zusammenhängen, und die
auch außerhalb des Nahmens der Familie eine lohnende Thätigkeit bilden. Man
wende nicht ein, daß es bei dem jetzigen Stande der Industrie vorteilhafter sei,
„fertige Sachen" zu kaufen, daß man alles zum Leben nötige für billiges Geld
fix und fertig erhalte. Das ist nicht wahr, wenn auch Bebel in seinem Buche
„Die Frau" das goldne Zeitalter preist, wo die Frau es „nicht mehr nötig hat,"
zu kochen (als ob Kochen nicht ein sehr pläsirliches Geschäft wäre!). Die bestein¬
gerichtete Garküche wird die Speisen immer noch ein gut Teil teurer liefern, als
sie im Haushalte hergestellt werden können, von der moralischen Seite natürlich
ganz abgesehen. Wenn die Arbeiterfrauen rechnen oder überhaupt nur ernstlich
denken könnten, so würden ihnen diese Phrasen wie viele andre gar nicht imponiren.
Ich war einmal unfreiwillige Zeugin eines Gesprächs, das jüdische Kaufleute mit
einander führten; der Refrain war: „An fertiger Ware wird das Meiste verdient."
Das läßt sich aber auf alle Zweige der Hauswirtschaft anwenden. Noch immer
lohnt es sich, selbst zu nähen, im Hause Wäsche, Kleider usw. anfertigen zu lassen,
Früchte und Gemüse selbst einzukochen, zu backen, zu waschen, zu platten. Mau
muß es nur ordentlich verstehen. Aber da sitzt der Haken! Unsern Mädchen wird
nicht mehr von Jugend an die Zuverlässigkeit und Exaktheit eingebläut, die dazu
gehört, und ohne tüchtige Anstrengung läßt sich das alles auch uicht lernen.
M. «.
Litteratur
Volkswirtschaftliche Schriften. Die Nationnlökonomcn Proudhvnischer
Richtung sehen bekanntlich das Grundübel der Zeit weder in der Loslösung der
Massen vom Grund nud Boden noch in einer unbilligen Verteilung des in der
Produktion entstehenden Mehrwerth, sondern darin, daß sich in die Warenverteilung,
in deu Hnudel viele überflüssige Personen einschleichen, die als Schmarotzer anzu¬
sehen und daher auszustoßen seie». Aus dieser Anschauung sind die Konsumvereine
hervorgegangen, und es ist nur natürlich, daß die Genossenschaftsleiter die ganze
Volkswirtschaft in dieser einseitigen Weise auffassen, was nichts schadet, da ja eben
der einzelne reformatorisch thätige nur eben die Seite des volkswirtschaftliche»
Prozesses ius Auge zu fassen hat, auf die seine Thätigkeit gerichtet ist; die ans
andern Seiten thätigen mögen ihn ergänzen. Von diesem genossenschaftlichen
Standpunkte aus hat or. Hans Müller im Auftrage des Verbands schweizerischer
Konsumvereine für die zweite Landesausstellung in Genf voriges Jahr sein Buch:
Die schweizerischen Konsumgenossenschaften (Basel, Verlag des Verbands
schweizerischer Konsumvereine, 1396) geschrieben. In der Schweiz mußte die fehler¬
hafte Wnrenverteilung schon deswegen zuerst ins Ange fallen, weil bis vor wenigen
Jahrzehnten die Bodeufrage gar nicht vorhanden war und auch heute noch nur in
geringem Umfange vorhanden ist. In den vierziger Jahren wurde die Zahl der
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